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GIRLS UNDER GLASS – IKON – ANGELZOOM – ESCAPE WITH ROMEO – NIK PAGE – TRANSIT POETRY

Ort: Leipzig WGT Werk II

Datum: 13.05.2005

Praktischerweise fand das erste für uns interessante Konzert im Werk II statt, denn dort ereignete sich die Bändchenausgabe ohne Schlangestehen und wir konnten uns schnell ins Getümmel stürzen. Als wir die Halle betraten, standen gerade TRANSIT POETRY auf der Bühne und überraschten uns mit stimmigen Klängen. Schade, dass wir nur noch den letzten Song mitbekamen und sie sich dann schon verabschieden mussten, wir hätten gerne noch ein wenig zugehört.

Direkt danach ging es mit NIK PAGE & THE SACRIFIGHT ARMY weiter. Die Halle hatte sich zwischenzeitlich schon ganz gut gefüllt und Songs wie „Shape my World“, „Seelenfänger“, „Dein Kuss“ und Mysteryland“ konnten das Publikum durchaus begeistern. Nik posierte hinter seinem düsterdekorierten Mikroständer extravagant wie üblich und setzte seine dunkle Stimme gekonnt ein. Die harten elektronischen Klänge wurden immer wieder durch hellere Backing Vocals von Dara Pain abgerundet. Abgesehen von der musikalischen Unterstützung bot sie natürlich auch optisch einige Reize. Zum Schluss ließ es die Band dann noch einmal ordentlich mit „Absurdistan“ krachen. Der Keyboarder Jamie avancierte währenddessen zum Fahnenschwenker und ließ ein großes schwarzes Banner über den Köpfen der Zuhörer effektvoll kreisen. Der Auftritt bot für uns auf jeden Fall einen kraftvollen Auftakt für das Kommende.

Thomas Elbern (manch einer mag ihn noch aus seiner „Graffiti“-Zeit beim WDR-Radio in den 80er Jahren kennen) hat sich der Reunion seiner ursprünglichen Band PINK TURNS BLUE nicht angeschlossen – zugunsten seines eigenen Projektes ESCAPE WITH ROMEO, die jeder Szenekenner durch den Überhit „Somebody“ kennt (hach, da hab ich doch gleich nach meiner Rückkehr mal wieder den „German Mystic Sound Sampler II“ der Zillo von 1991 hervorgebuddelt). Und die vier Jungs in der klassischen Besetzung Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboards fingen mich gleich emotional mit einer ihrer 100%-Wave-Pop-Perlen ein – „I’m lost in the anteroom of your love“ (vom 2002er Album „Love Alchemy“). Flirrend-treibende Gitarren, ein Rhythmus mit Zwang zum Mitwippen, verträumte Synthie-Sphären und ein (sicher nicht gerade innovativer aber doch) gefühlvoller Text mit hoher „So empfinde ich auch“-Trefferquote. Nun war ich auch geistig und stimmungsmäßig wieder auf dem WGT angekommen!

„Alaska“, „It’s Loneliness“ und die Klassiker „White Room“ und „Somebody“ – nur einige Nummern des mit ca. 40 Minuten viel zu kurzen Auftritts, die durchweg zu überzeugen wussten. Schön wäre natürlich noch ein rein akustischer Song gewesen. Aber da kann man sich dann auch mit der aktuellen Live-DVD/ CD „Document“ vertrösten, die „Somebody“ gleich zweimal enthält – einmal davon rein mit (zwei) Akustik-Gitarren unterlegt.

Das Debütalbum von ANGELZOOM brillierte durch sehr eingängige, luftig-melodiöse, „Heavenly Voices“-geprägte Kompositionen, die neben Hauptsängerin Claudia Uhle (X-PERIENCE) von JOACHIM WITT, Anke Hachfeld (MILA MAR bzw. MILÚ) und NIK PAGE bereichert wurden – immer mit einem Bein auf der Popschiene und dennoch ohne charttypische Blaupause. Leider sprang der Zauberfunke der Studioproduktion in der Live-Darbietung nicht ganz über. Das mag an der Abstinenz eines Joachim Witt bzw. einer Anke Hachfeld gelegen haben, aber vorallem nervte nach einer Weile das micky-maus-ähnliche Stimmchen der durch knallrote Haare auffallenden Sängerin, die in einen dicken Mantel gepackt die Bühne betrat – nur, um diesen nach einer Weile mit den Worten abzulegen, wie warm es doch sei – und uns ein Girlie-Shirt mit der Aufschrift „Göttin“ zu präsentieren. Nun ja, über Geschmäcker lässt sich ja bekanntlich streiten und ob Göttin oder nicht, die musikalische Darbietung gewann dadurch nicht an Qualität.

Zu allem Überfluss betrat schließlich auch noch Nik Page die Bühne und begleitete Claudia zu dem von ihm komponierten Stück „Tiefenrausch“ und (eine Weile später) bei der Coverversion von DEINE LAKAIEN´s „Into My Arms“. Vielleicht war es auch der hohe Anteil an gewagten Coverversionen, der letztendlich einen recht faden Eindruck hinterliess. Neben dem LAKAIEN-Stück gab es noch Neuinterpretationen von DEPECHE MODE´s „Blasphemous Rumours“ und STING´s „Fragile“. Sie blieben jeweils deutlich hinter den Originalen zurück – zumal DEPECHE-Coverversionen schon lange nur noch zum Gähnen anregen. Schade, eine wirklich hübsche Studioproduktion von Produzent Bernd Wendlandt (der Name verspricht ja eigentlich viel), aber an der Liveumsetzung muss noch deutlich gefeilt werden. Ein Lob geht aber an die zwei Musiker der LETZTEN INSTANZ, die an ihren Streichinstrumenten eine solide Arbeit machten.

IKON ist das Synomym für klassischen Gothic-Rock aus Australien mit leichten JOY DIVISON- und Neofolk-Anleihen. Leider ist der Gesang bei Weitem nicht so einprägsam wie der von Ian Curtis, wirkt über einen längeren Zeitraum doch etwas monoton. Hat irgendwie keinen so richtigen Ohrwurm-Charakter, aber auch keine Ecken und Kanten. Dennoch haben IKON eine treue Fangemeinde, die sie gebührend abfeiern. Dennoch : Auf mich wirkt selbst das DEATH IN JUNE Cover „Fall Apart“ eher müde.

Auch die GIRLS UNDER GLASS um Mastermind Volker Zacharias (der sich vor langer Zeit „Zaphor“ nannte, was ich wirklich witzig fand, da ich selbst zu C64-Zeiten das Pseudonym „Zaphod Beeblebrox“ verwendete) steuern mittlerweile zielstrebig auf ihr 20-jähriges Bandjubiläum zu. Und dieses wird bereits jetzt mit größter Anstrengung vorbereitet: Es kam nicht von ungefähr, dass das Set dieses Abends ein wahres „Best Of“-Programm mit richtig alten Schmankerln wie z.B. dem allerersten Stück überhaupt („Humus“) oder so zeitlosen Klassikern wie „Lucky“, „When I Think About You“, „Reach For The Stars“ oder der zornig-furchterregenden Zugabe „Du Tier“ wurde, denn der Auftritt wurde von nicht weniger als 11(!) Kameras gefilmt! Nun wurde dieses Jahr auf dem WGT ja so gut wie jedes Konzert in Bewegtbildern festgehalten, die meisten sogar mit einem Kamerakran, aber 11 unterschiedliche Perspektiven dürften wohl der absolute Rekord gewesen sein.

Neben den beliebten Klassikern gab es aber auch das ein oder andere Stück des aktuellen und wirklich herausragenden Longplayers „Zyklus“ zu hören – so startete man gleich zu Beginn des Konzertes mit dem druckvollen „Touch Me“ und ging unmittelbar in den Album-Opener „In die Einsamkeit“ über. Da Peter Spilles anlässlich der Vorab-Vorstellung des kommenden PROJECT PITCHFORK-Albums ohnehin in Leipzig zugegen war, wurde er für die aktuelle Single-Auskopplung „Ohne Dich“ mit auf die Bühne zitiert – wäre nicht nötig gewesen, aber nun ja… danke für Deinen Shouting-Einsatz, Peter! Besser kam da schon wieder der ebenfalls vom aktuellen Album stammende „Feuerengel“. Ein solides Set, das zeigt, das die Hamburger auch nach 20 Jahren noch nicht müde geworden sind – auf die kommenden 20!

Copyright Fotos: Tiri/ Sandro Griesbach (TRANSIT POETRY)/ Claudia Schöne (GIRLS UNDER GLASS)

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