Ort: Nijmegen - Goffertpark
Datum: 02.07.2006
Was ein Wochenende! Deutschland im Halbfinale der WM, England und Brasilien raus, Schumi auf der Pole beim US-Grand Prix und bombastisches Sommerwetter! Die Krönung sollte an diesem schönen Sommer-Sonntag der Ausflug ins Land der „nicht nach Berlin fahrenden“ Niederlande sein. Denn im wunderschönen Goffertpark (schaut euch mal die Bilder auf www.goffertpark-nijmegen.nl an!!) sollte an diesem Tag ein besonderes Open Air stattfinden. Denn neben den großen Festivals spielen Axl Rose und seine neue Mannschaft einige Headliner-Shows, u.a. eben auch in eben der Stadt unweit der deutschen Grenze. Das tolle Wetter hatte allerdings seine Schattenseiten, vor allem wenn man, wie der hier berichtende Terror-Verleger, mächtig sonnen- und lichtempfindlich ist. So wurde sich mit höchstmöglichem Sonnenschutz und Cap bewaffnet auf ins Innere des Open Air-Geländes gemacht und erst mal mit einer Erfrischung ein schattiges Plätzchen gesichert.
Um 16:45 enterten dann die US-Metaller von BLOODSIMPLE die Bühne. Auf diesen Zusammenschluss des Ex-Sängers der Hardcore-Pioniere VISION OF DISORDER mit ehem. MEDICATION-Musikern war ich besonders gespannt, zählt ihr Album „A Cruel World“ doch schon seit Monaten zu den Scheiben, die bei mir am meisten vor allem im Auto rotieren. So legten Geburtstagskind Kyle (Bass) und seine Kollegen auch gleich ordentlich los, wobei Shouter Tim erst passend zu seinem Einsatz auf die Bühne kam. Los ging’s mit dem Brecher „What if I lost it“ und das Teil ist live ein ebenso mächtiger Kracher wie auf Platte. Doch auch der Hit „Sell me out“, das brachiale „Blood in, Blood out“ und der Album-Titelsong rocken wie Hölle und als meine Fave-Killer „Path to Prevail“ kam, schauten bei dem Härtegrad die meisten der bisher noch nicht so zahlreich erschienenden Rock-Fans doch etwas erschrocken. Leider war es am heutigen Tag eindeutig das falsche Publikum für die Amis, denn mit dem sehr harten Sound von BLOODSIMPLE konnten viele nichts anfangen. Dennoch gab das Quintett alles, Tim holte alles aus seiner eindrucksvollen Stimme raus und vor allem Basser Kyle war mit seinen Monster-Dreads, die er unablässig umherschwang, ein absoluter Blickfang! Cooler Gig und hoffentlich bald in deutschen Clubs zu betrachten!
Nach, für Open Air-Verhältnisse, einer recht kurzen Pause war alles bereit für die Sideband der SLIPKNOT-Maden Corey Taylor und James Root. Ersterer ähnelt mit seinem blonden Wuschel-Kopp mittlerweile etwas Sammy Hagar, rockt aber um einiges mehr. Eröffnet wurde gleich mit „30/30-150“ vom kommenden Killer-Album „Come what(ever) may“, von welchem man schon recht viele Tracks im Programm hatte. So z.B. den grandiosen Rocker „Made of Scars“, „Hell & Consequences“, “Reborn” und das Titelstück. Vom self-titled Debüt durften natürlich u.a. “Blotter” und am Ende der Knaller „Get inside“ nicht fehlen! STONE SOUR rockten recht ordentlich, wobei Neu-Drummer Roy Mayorga (ex-SOULFLY) wiedermal an „das Tier“ aus der Muppet-Show erinnerte und vorne vor allem Corey und James die Mosh-Action brachten. Corey hatte doch seinen Spaß mit einigen Fans, welche er anscheinend von den letzten Festivals wiedererkannte. Sonst moshte er seine Mähne unablässig und brachte dazu noch eine wirklich gute Gesangsleistung, was in der Vergangenheit bei SLIPKNOT nicht immer der Fall war. Am Ende versprach der blonde Fronter eine baldige Rückkehr. Hoffentlich auch in deutsche Clubs, denn das neue Album ist richtig gut, wie auch die Band live, und das sollte man sich doch unbedingt noch mal live antun können!
Nun war es Zeit für eine Legende des Rock N’ Roll. Nach einigen Jahren Pause (Sänger Layne Staley starb 2002 an einer Überdosis Heroin) haben sich Jerry Cantrell (Gitarre), Mike Inez (Bass) und Sean Kinney (Drums) vor gut einem Jahr zu Gunsten eines Benefiz-Konzerts wieder als ALICE IN CHAINS zusammengetan und hatten dabei soviel Spaß, dass man zusammenblieb und seitdem mit div. Gästen (u.a. Duff von VELVET REVOLVER, Ex-GN’R), Phil Anselmo (DOWN, Ex-PANTERA) oder Pete Lachman (ex-DAMAGEPLAN) die Bühnen rockt. Für die Europa-Dates hatte man COMES WITH THE FALL-Fronter William DuVall als Sänger engagiert. Und den Grund dafür zeigte der äußerlich etwas an LENNY KRAVITZ erinnernde Sänger an diesem Abend mehr als deutlich. Mit einer wirklich guten Leistung performte der dunkelhäutige Frontmann Klassiker des Rocks wie „Angry Chair“, „Down that River“ und natürlich „Them Bones“. Für „We die young“ kamen dann noch mal Tim und Kyle von BLOODSIMPLE auf die Bühne und Tim zeigte ein weiteres Mal, was für eine eindrucksvolle Stimme er doch besitzt. Jerry Cantrell war, wie gewohnt, an seinem Platz festgetackert und sorgte von dort aus für seine bekannt tolle Gitarrenarbeit. Dafür schwang Mike Inez seine Monster-Mähne unablässig und William war dauernd auf der Bühne unterwegs. Keine Frage, in Sachen Ausstrahlung und Gesang könnte niemand die alten ALICE IN CHAINS-Hits besser performen als Staley selbst. Doch auch mit DuVall überkam einen ein wahres Gänsehaut-Feeling, als die Band den Übersong „Rooster“ oder das überragende „Would?“ anstimmte. Geniale Songs für die Ewigkeit. Eine Ewigkeit dauerte der Gig dann nicht, und nach gut einer Stunde verließ die Grunge-Legende dann doch recht gut bejubelt die sonnenüberflutete Bühne.
Nun hieß es warten… und das kann bei Axl Rose schon recht lange dauern, wie man weiß. Doch so hatten die mittlerweile locker über 20.000 Fans genug Zeit, sich noch mal mit Erfrischungen auszustatten und sich einen guten Platz zu suchen. So wurde in aller Ruhe die Bühne umgebaut und vorbereitet. Locker 70 Minuten nach ALICE IN CHAINS’ Gig nahmen dann die Männer an den Spots ihre Positionen ein und wurden in die Höhe gewuchtet, kurz darauf krochen die Kamera-Männer an ihre Plätze… die Lichtanlage wurde unablässig getestet, und als wäre es abgesprochen, eine weitere halbe Stunde später, Punkt 21:30, als die Sonne gerade hinter den Bäumen verschwand und damit etwas Erholung in Sachen Hitze gönnte, erklang endlich das Intro und Robin Fink (ex-NINE INCH NAILS) ließ das unverkennbar ersten Riff zu „Welcome to the Jungle“ ertönen. Recht gemächlich kamen die Jungs auf die Bühne, um dann aber richtig loszurocken.
Fink wie gewohnt in eigenwilligem Outfit und Axl mit Porno-Sonnenbrille rockten mit ihren Kollegen „It’s so easy“ und „Mr. Brownstone“, dass es eine wahre Freude war. Und spätestens bei den Screams sollten alle Zweifel an Axls Stimme beseitigt gewesen sein. War diese beim 2002er MTV-Auftritt und der folgenden Skandal-Tour noch eher schlecht, wirkte sie jetzt, wie der gesamte Fronter, um einiges besser in Form und vor allem war der Skandal-Rocker mit viel mehr Spaß bei der Sache. Alleine die typischen tänzelnden Bewegungen wirken 2006 etwas schwerfällig und nicht mehr ganz so geschmeidig wie vor 15 Jahren. Im Verlaufe der Show wurde der Dreads-Träger aber agiler und so gab es auch seine legendären Sprints über die Bühne zu sehen. Besonderer Blickfang war neben dem Sänger und dem langmähnigen Gitarristen vor allem NENA-Axtmann Richard Fortus, der während der gesamten Show abging wie Hulle, seine Gitarre rumwirbelte, poste und reichlich Spaß am Rocken hatte.
Stichwort Gitarristen. Man kann sicherlich darüber streiten, ob man wirklich drei Gitarristen braucht, aber eines wurde spätestens an diesem Abend deutlich: Ob Robin Fink, Richard Fortus oder Buckethead-Nachfolger Ron „Bumblefoot“ Thal, alle drei zockten ihr Parts ohne Makel und tight ohne Ende. War eben der Gitarrensound bei den ersten Songs noch etwas dünn, änderte sich das beim Cover-Song „Live and let die“, wo es nicht nur laut knallende Flammen-Pyros zu bestaunen gab, sondern eben auch die Riffs ne Ecke fetter kamen. Besonders Aushilfs-Drummer Frank Ferrer (Brain ist gerade bei seiner hochschwangeren Frau) freute sich hier und auch später bei „You could be mine“ tierisch über die gelungene Performance und wurde immer wieder von Keyboarder Dizzy Reed beglückwünscht. Nun war es Zeit für einen neuen Song von der vielleicht irgendwann erscheinenden neuen Platte „Chinese Democracy“. „Better“ wurde von Axl lächelnd mit den schon bekannten Worten „You sure know this one from downloading, motherfuckers“ eingeleitet und macht auf jeden Fall neugierig auf eben die neue Platte und welche Richtung Axl damit gehen wird. Nach der etwas schrebbeligen Einlage (Solo will ich das nicht nennen) von Robin Fink ging es weiter mit alten Hits. „Sweet Child O’Mine“ und „Knockin’ on Heaven’s Door“ brachten die gut, wenn auch nicht enthusiastisch mitgehenden Fans richtig zum Feiern, wobei Richard bei ersterem durch ein gelungenes Solo überzeugen konnte und Axl bei zweiterem soviel Spaß hatte, dass er beim sonst dritten und letzten Mitsing-Part seiner Band mit nur einem Fingerzeig (der Mann hat seine Musiker eindrucksvoll unter Kontrolle) anzeigte, noch eine weitere Fan-Passage nachzuschieben. Einen kurzen Schock-Moment gab es, als Robin bei „S.C.O.M.“ am seitlichen Bühnenausläufer direkt neben der Pyro-Vorrichtung stand, total in sein Spiel vertieft war und das Teil dann losging. Glücklicherweise passierte nichts, doch der erstaunte Blick hinter der Rauchwolke her zeigte, dass dies auch hätte daneben gehen können. Dizzy leitete dann am, unterm Drum-Podest hervor geholten, Piano mit einem Solo den nächsten neuen Song ein. Das getragene „The Blues“ ist derzeit mein Fave von den bislang bekannten neuen Songs (neben diesem und „Better“ wurden zuletzt auch „I.R.S.“ und „Chinese Democracy“ live vorgestellt) und zeigt, dass Axl noch immer verdammt gute Titel schreiben kann sowie diese super mit seinen Leuten arrangiert. Bei der nächsten Solo-Einlage gaben Richard und Robin dann „Beautiful“ zum Besten und den nächsten Kracher „Out ta get me“ vom ersten Album „Appetite for Destruction“ widmete Axl dann der schwedischen Polizei und wandelte eine Passage mal eben in „So you can BITE me“ um. Nach dem nicht fehlen dürfenden „November Rain“ bekam dann auch der neue Mann an der dritten Gitarre seine Solo-Zeit. So zockte Ron „Bumblefoot“ Thal mit seiner speziellen Fuss-Gitarre „Don’t cry“, was natürlich von tausenden Fan-Stimmen begleitet wurde. Nach „My Michelle“ (heute leider ohne ex-SKID ROW-Stimme Sebastian Bach) war es an der Zeit die Band vorzustellen. Als Axl dann alle sieben durch hatte und meinte, dass da noch einer fehlen würde, erahnte ich schon, was bzw. wer nun kommen würde…
Mr. Izzy Stradlin, seines Zeichen Gunner der ersten Stunde und 1991 ausgestiegen, kam auf die Bühne und sofort brach ohrenbetäubender Jubel aus, der noch stärker wurde, als auch die Letzten realisierten, dass er es auch wirklich war! Nun war der Höhepunkt erreicht und die gesamte Band gab noch mal alles. Bei „Think about you“ rannte besonders Ron, wie schon die gesamten zwei Stunden, wieder dauernd von einer Seite der Bühne zu anderen und dabei mehr als einmal beinahe seine Kollegen fast über den Haufen. Izzy zockt noch immer arschcool, und als man die beiden dann bei „Patience“ zusammen sah und die Fans zum Ende des Songs mit einstimmten, war das Gänsehaut-Feeling pur! Zum Ende kamen sogar „Izzy, Izzy“-Sprechchöre auf. „Nighttrain“ wurde dann nochmals richtig energisch abgerockt und vor allem Izzy sah man den Spaß richtig an. Selten sah man sonst in der Vergangenheit den Alt-Gunner so aus sich rausgehen. So wanderte er sogar an den Bühnenrand, poste und kommunizierte mit den Fans oder rockte mit Robin um die Wette. Dieser leitete dann mit einer weiteren Schrebbel-Einlage „Paradise City“ ein, und die Gunners boten dann mit Feuerwerk und Konfetti-Regen den grandiosen Abschluss eines wirklich tollen Konzerts!
Ich muss zugeben, dass ich 13 Jahre nach meinem GN’R-Konzert in Köln, nach der sehr langen Wartezeit (immerhin weit mehr als 10 Jahre) auf neues Material, den dürftigen Vorstellungen vor 4 Jahren und dem verdienten Erfolg von VELVET REVOLVER mehr als nur zweifelte, dass Axl und die neuen GUNS N’ ROSES je an die damaligen Erfolge werden anknüpfen können. Ob sie dies denn nun wirklich schaffen, bleibt sicherlich weiterhin abzuwarten, doch eines wurde bei diesem Konzert in Holland mehr als deutlich: Axl ist 2006 stimmlich genauso gut wie damals und hat (zumindest an diesem Abend) richtig Spaß, seine Band spielt auch tight wie eine wirkliche Band und bringt obendrein noch musikalisch eine Top-Leistung. Dazu lassen die neuen Songs auf ein wirklich ordentliches neues Album hoffen… sollte es denn mal irgendwann rauskommen.
3 richtig gute Support Bands, eine tolle Headliner-Show, Deutschland im Halbfinale und Schumi gewinnt in Indianapolis… dazu noch Bomben-Wetter… das bislang beste Wochenende des Jahres!
Setlist GUNS N’ ROSES
Welcome To The Jungle
It’s So Easy
Mr. Brownstone
Live And Let Die
Better
Robin Solo
Sweet Child O‘ Mine
Knockin‘ On Heavens Door
Dizzy Solo (ABBA)
The Blues
You Could Be Mine
Richard & Robin Solo (Beautiful)
Out Ta Get Me
November Rain
Ron Solo (Don’t Cry)
My Michelle
mit Izzy:
Think about you
Patience
Nighttrain
Robin Solo
Paradise City
Hinterlassen Sie einen Kommentar.
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.