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HATEBREED – CALIBAN – BORN FROM PAIN – MAROON

Ort: Bielefeld - Forum

Datum: 08.06.2004

Es war warm an diesem Dienstag, aber trotzdem war ich neugierig auf das bevorstehende Konzert und freute mich auf den Abend. Denn im Bielefelder Forum – in der Nähe von Bahnhof und Cinemaxx gelegen – sollte an diesem Tag ein Konzert der besonderen Art stattfinden. Durch die Hitze war ich auch an diesem Tag mal wieder relativ kaputt, aber trotzdem fit genug, um mich doch wie ein kleines Kind auf den Abend zu freuen. Zwei deutsche, eine niederländische und eine amerikanische Band sollten/ wollten an diesem Abend alle ins Staunen versetzen. Gleich vier meiner persönlichen Favoriten, was laute und harte Musik betrifft, an EINEM Abend auf EINEM Konzert, hintereinander zu sehen, was war ich aufgeregt. Als ich am Forum eintraf, liefen mir zunächst die beiden Sänger Jamey (HATEBREED) und Ché (BORN FROM PAIN) über den Weg. Beide waren verdammt nett und nur mal so nebenbei: Eigentlich denken viele, dass Bands immer eher hochnäsig oder „unnahbar“ wirken, ich kann nur sagen: Nein, es ist nicht so, auf jeden Fall nicht bei diesen Kerlen. Die Jungs von MAROON hatte ich auch schon erspäht und alle freuten sich sichtlich auf die anstehende Show. Wen ich allerdings noch vermisste, das war der CALIBAN-Fünfer. Schnell nachgefragt und erfahren: Die standen im Stau zwischen Herford und Bielefeld auf der A2, oh je, ob die das noch schaffen würden?

Jetzt aber mal zum Beginn der abendlichen Veranstaltung: Wenn ich ganz ehrlich bin, hatte ich ja auch damit gerechnet, dass das Forum voll und warm wird, aber dass das dann so heiß werden würde, war nicht zu erwarten. Nun gut, ich sollte endlich mal zu den Protagonisten des Abends überleiten: Marc (g), Andre (v), Nick (d), Tom (b) und Sebastian (g) von MAROON kommen aus Nordhausen und musizieren seit ihrer Gründung 1998 in genau dieser Besetzung. Vorher waren sie alle auch schon bei anderen Acts aktiv. Dass die Jungs gut sind, wusste ich ja schon von ihrem Debüt „Antagonist“, welches 2002 bei Catalyst Records (einem Label aus Indianapolis/ USA) herauskam, aber nun war ich ja doch ein wenig gespannt darauf, wie sie uns ihr neues Material vorstellen würden. Das Forum schien noch nicht so voll zu sein, das konnte aber auch daran liegen, dass es nur so wirkte, weil die Leute in einem Halbkreis um die Bühne herum standen und sich nicht trauten, in die Mitte oder an die Nähe der Bühne zu schreiten. So sagte Andre, der Sänger, nach dem dritten oder vierten Lied dann auch genau das, was ich die ganze Zeit dachte: „Leute, es ist nie schön als erste Band des Abends zu spielen…“. Er hat schon recht, die Leute anzuheizen, ist eine recht schwere Aufgabe für die erste Band, die sich natürlich auch darüber freuen würde, wenn zur eigenen Musik getanzt, gemosht oder einfach nur Stimmung gemacht wird. Ich stand ziemlich weit vorne, da ich erstens den Sound gut fand und zweitens die Musik an sich auch. Trotz der eher ruhigen und nur kopfnickenden Zuschauer boten die fünf Herren eine gute Bühnenshow. Nachdem sie ca. eine gute halbe Stunde – mein Zeitgefühl war an diesem Abend nicht ganz optimal – gespielt hatten, in der sie viele der neueren Songs von der im Mai erschienenen Scheibe „Endorsed by Hate“ zum besten gegeben hatten, gingen sie dann aber doch mit einem erleichterten Gesicht von der Bühne.

Der Laden füllte sich doch noch stetig und ich kann gar nicht alle Eindrücke schildern, die ich an diesem Abend hatte. Sehr ansehnliche Männer, wo das Auge hinsah, da war doch der Grundstein für eine „heiße“ Show gelegt. BORN FROM PAIN kommen aus den Niederlanden und haben im April 2003 ihr letztes Album „Sands of Time“ veröffentlicht. Auch sie waren zu fünft und gaben wie ihre Vorgänger ihr Bestes, um die noch eher bewegungslose Menge zu animieren. Ché hatte uns vor dem Konzertbeginn noch ein paar Minuten für ein kurzes aber interessantes Interview zur Verfügung gestanden. Er ist ein wirklich netter Mensch und vor allem wurde meine Frage (ob ihnen die „Arbeit“, die sie tun, denn Spaß mache) mit Beginn ihrer Show eindrucksvoll bestätigt. Sie fegten über die Stage und wirbelten doch eher herum, als einfach nur verhalten dazustehen. Im Bereich vor der Bühne tat sich nun auch langsam etwas, es bewegten sich doch einige in den Halbkreis hinein und tanzten. Allen voran und mittendrin stand ich, keine Rücksicht auf Verluste… Ich weiß schließlich, worauf ich mich einlasse, wenn ich mich auf ein Hardcore-Konzert als Frau inmitten von „Andersgeschlechtlichen“ begebe. Nachdem wieder etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde vergangen war, ließen uns die BORN FROM PAIN-Mitglieder verschnaufen und neue Flüssigkeit zu uns nehmen, da es echt eine verdammt warme Angelegenheit war und wir uns schon mal auf den dritten Akt CALIBAN vorbereiten mussten.

Ich hatte die Jungs immer noch nicht gesehen, aber von einem Bekannten erfahren, dass sie etwa zur Hälfte der Spielzeit von BORN FROM PAIN angekommen waren. Nun gut, mal sehen, was mich da vorne zwischen den ganzen Jungs und Männern in der gefährlichen Nähe des Moshpits erwarten würde. Da waren sie dann auch schon, immer so nach 15 Minuten Pause betrat die nächste Band die Stage, denn alles wurde natürlich immer und immer wieder um- und abgebaut. Jeder spielte mit seinem eigenen Equipment, so weit ich mich erinnern kann, wurde lediglich das Schlagzeug bandübergreifend eingesetzt. Ich hörte nur einen ganz leisen Klang und dann war ich schon mittendrin, das Wasser lief mir an den Beinen und am Rücken herunter. CALIBAN, die aus dem Ruhrpott stammen, spielten „Forsaken Horizon“ von der Platte „Shadow Hearts“, ein echter Liebling von mir vom 2003er Werk (gleichzeitig auch das letzte bis jetzt erschienene). Ich kannte ihre Show ja bereits vom Sommer des letzten Jahres (With Full Force), wo sie mich auch schon mitgerissen haben. Ich wusste, dass es noch härter werden würde, aber mit dem „weißen Turnschuh“ eines Unbekannten im rechten Auge hatte ich dann doch nicht gerechnet. Aber egal, mit so etwas muss man leben, wenn man sich als scheinbar einzige Frau so weit bei einem Hardcore-Konzert nach vorne wagt, dennoch bereue ich nichts. Dann wurde es Zeit für die „Wall of Death“, welche von Shouter Andy Dörner angesagt wurde. Zur Erklärung: Vor der Bühne räumen alle das Feld und gehen an die jeweilige Seite, stellen sich gegenüber auf, vergleichbar mit einer Art „Passage“, die jemand durchlaufen kann, ohne dass er bedrängt wird. Am Kopf des ganzen stehen dann die, die dort eher nicht mit hinein gezogen werden wollen, sowie diejenigen, welche hinter den Läufern der „Wall“ stehen. In dem Moment, als er das Zeichen gab, aufeinander zuzurennen, war ich so fasziniert von der Begeisterung der Masse, dass ich fast vergas, mich dem Pit zu entziehen. Das, was IN dem Pit geschah, kann ich nicht wirklich mitteilen… Ich weiß nur, dass ich von den hinteren Rängen auf einmal direkt neben der Bühne wieder zum Stillstand kam. Nach dem dritten oder vierten Lied schien es so, als wäre es leerer geworden – wie ich von einigen zu hören bekam, fanden sie den Sound nicht besonders gut und auch der zweite Sänger und Gitarrist traf wohl nicht wirklich alle Töne. Wahrscheinlich ging das bei mir eher unter, da ich halt so mitgerissen war von der Show. Im großen und ganzen kann ich aber sagen, dass Marc Görtz (g), Andy Dörner (v), Engin Güres (b), Denis Schmidt (g) und Robert Krämer (d) überzeugt haben und die Masse zum Toben brachten.

Zum Abkühlen musste ich aber jetzt wirklich nach draußen, und das war eine gute Idee: Auch wenn es immer noch recht warm war, ein kleines laues Lüftchen machte das Ganze dann aber doch sehr erträglich. Was ich nun erkannte, war, dass es Männer gab, wohin ich nur sah, und die Frauen blieben dünn gesät, was ich doch eher schade fand. Auf den ganzen Abend verteilt hatten sich ungefähr 150 männliche und 30 weibliche Wesen im Forum eingefunden. Ich frage mich, ob es immer noch daran liegt, dass die Damen ein wenig ängstlicher sind und in einer Masse von sich umherschlagenden Männern unterzugehen drohen. Oder ob sie einfach keine Lust auf solche Musik haben. Da kann ich leider auch nur spekulieren. Aber nun zum weiteren Konzertverlauf: Die Bühne wurde umgebaut und auf einer der Boxen stand jetzt eine Uhr, die 10:30 Uhr anzeigte. Alle fragten sich, wozu dieses Accessoire gut sein sollte!? Egal, wichtiger war doch, dass gleich die Headliner HATEBREED die Stage besteigen würden. Jamey Jasta (v), Sean Martin (g), Chris Beattie (b) und Matt Byrne (d) betraten die Bühne und die Leute fingen an zu jubeln, allen war bewusst, dass sie nun die volle Dröhnung bekommen würden. Einen „kleinen“ Zwischenfall bekam ich noch zu spüren, eine Faust in meinem Gesicht, verdammt schmerzhaft aber auch wieder eher nebensächlich für mich. Es ging tierisch ab, ca. 30 oder 40 Leute befanden sich mitten in dem Moshpit und bewegten alle Körperteile, wie sie es für richtig hielten. Dass da hier und da mal einer was abbekam, interessierte keinen mehr, der Adrenalinspiegel war zu hoch. Während des Circlepits verlor ein Bekannter von mir seinen Schuh, humpelte mit fremder Hilfe zur Bühne und stand auf einmal auf ihr. Jamey lachte und bat die Masse, nach dem Kleidungsstück zu suchen. Da flog er auch schon, Treter wieder angezogen und weiter moshen, so muss das sein. Die Präsenz der Amerikaner war einfach berauschend und ich kann sie gar nicht genug loben. Mir blieb dann irgendwann noch mal die Luft weg, weil ich einen Ellenbogen auf den Solarplexus bekam, aber auch das war nach einiger Zeit wieder gut. Verluste gibt es überall, also warum nicht auch bei mir? Sean, der Bassist, glich bei genauerer Betrachtung dem Teufel höchstpersönlich, seine Mimik sprach für sich. „I will be heard“ und „Live for this“ brachten dann alle zum Mitgrölen, wirklich alle Stimmen waren zu hören, keiner konnte den Mund mehr halten und wie man schnell erkannte, waren auch die vier HATEBREED-Mitglieder sehr angetan und animierten alle, sich noch mehr zu bewegen, was fast ausnahmslos gelang. Die Uhr zeigte nun kurz vor halb zwölf an und HATEBREED kamen zum Schluss, leider, wie ich sagen muss. Aber vielleicht auch gar nicht so schlimm, denn alle waren so aufgekratzt, das es besser war, wenn der Adrenalin Spiegel sich wieder ein wenig senkte, mich eingeschlossen.

Fazit: Das Konzert war überragend und für mich in den letzten Wochen das beste seiner Art. Nicht nur von der Musik her, sondern auch vom Publikum. Viele hätten am liebsten nicht mehr aufgehört, zu tanzen, wenn man das, was da stattfand, denn „Tanzen“ nennen kann… Ich werde die Jungs demnächst alle noch einmal sehen und mich wieder richtig mitreißen lassen: Auf dem With Full Force in der Nähe von Leipzig. Ich rate euch, wenn ihr die Möglichkeit habt, in eurer Nähe einmal ein Konzert der beteiligten Bands zu besuchen, scheut euch nicht dorthin zu gehen, es lohnt sich auf jeden Fall. Trotz der „Prügeleien“ der Fans wurde keiner ernsthaft verletzt, denn wenn jemand beim Moshen hinfällt, wird ihm sofort von den anderen wieder aufgeholfen. Hardcore-Fans sind halt keine brutalen Schläger, sondern geben Acht auf das, was sie tun. Ich wünsche euch jetzt schon mal viel Spaß beim Festival Sommer und man sieht sich auf dem Full Force, den Bericht werdet ihr dann auch bald auf dieser Seite lesen können.

Copyright Fotos: Dominique Dahl

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