Ort: Osnabrück - N8
Datum: 08.09.2007
Das Hellflame Festival hat sich in nur wenigen Jahren zu einem Pflichttermin für Anhänger extremer Metalkunst entwickelt. Jedes Jahr werden die namhaftesten Bands aus Black, Death und Thrash Metal verpflichtet, um den Mattenschwingern einen Tag Vollbedienung der ersten Klasse zu verpassen. 2007 wird es in Lichtenfels gar einen „The South side of Hell“-Ableger mit leicht verändertem Billing geben!
Den um eine gute halbe Stunde verspäteten Start markierten heute die Lokal-Helden SECRETS OF THE MOON, die mit ihrem eindringlichen Prog-Black Metal noch vor wenigen Wochen erst auf den Part-San, Wacken, Summer Breeze und sogar Hole in the Sky–Festivals ordentlich punkten konnten. Und auch zu dieser recht frühen Tageszeit schafften es die Osnabrücker sogleich mit dem Überkracher „Ordinance“ zu begeistern. Beeindruckend, wie Fronter sG in seinen Songs auf- und mitgeht und wie versiert und jederzeit auf den Punkt T. Thelemnar sein Kit bearbeitete. So gingen auch die ersten Fans schon gut mit und brachten dem Vierer die angemessene Begrüßung. Alleine Gitarrist A.D. wirkte wieder einmal abwesend und etwas zurückgezogen, zeigte der Axtmann doch nur wenig Bewegung auf der Bühne und verzog auch sonst kaum eine Miene. Der zu Beginn etwas sehr breiige Sound drückte das packende Erlebnis leider etwas, wurde aber im Laufe des Gigs um einiges besser. So pumpte man Kracher wie „Ghost“, „Seraphim is dead“ oder das mit dem Gassenhauer „Am I evil?“ eingeleitete „Miasma“ von der Bühne und beendete ein gutes Set mit einem weiteren Kracher „Lucifer speaks“, um sich dann mit „Versus“ zu verabschieden!
Für Diskussionen sorgte im Vorfeld eine Band namens WOLFBRIGADE. So passt eine old school Punk-Band doch eigentlich gar nicht ins Billing dieses Festivals. Doch überraschend viele Leutchens, darunter auch so einige Schwarzkittel, fanden den Weg vor die Bühne, um den seit wenigen Monaten wieder aktiven WOLFBRIGADE ihre Ehre Teil werden zu lassen. Das mag z.T. auch daran liegen, dass der Gitarrist in früheren Tagen bei so „unbekannten“ Bands wie MARDUK oder DIMENSION ZERO aktiv war und so wohl einige Fans auf seine Punk-Band aufmerksam machen konnte. Und dass die Schweden wieder mit Volldampf bei der Sache sind, zeigten sie heute eindrucksvoll. Mit einem leicht blechernden Sound knallten die Nordlichter einen PunkCrust-Hammer nach dem anderen in die Menge, in welcher sich sogar ein kleiner Pogo-Pit bildete. Die Axtfraktion wirbelte engagiert über die Bretter und besonders der glatzköpfige Fronter Micke tobte energiegeladen über die Bühne. Leider klingen die Songs von WOLFBRIGADE dann doch oft sehr ähnlich, was die 40 Minuten etwas langatmig werden liess, so dass sich einige Anwesende dem Auffüllen ihrer Promille-Pegel zuwendeten. Dennoch markierten die Schweden eine positive Überraschung des Abends.
Überraschend früh mussten auch die schwedischen Death Metal-Veteranen von GRAVE auf die Bühne. Ähnlich wie schon auf dem Party San war bei der heutigen Show ein Set voller old school-Klassiker angekündigt, so wollte die Band nur Songs der ersten drei Alben zocken! Und gleich mit dem Opener „You’ll never see“ hatten die Nordmannen schon gewonnen. Kaum ein Death Metal-Fan, der diesen Evergreen nicht kennt und demnach flogen schon zu Beginn so einige Mähnen! Neben dem obligatorischen „Deformed“ hatte man mit „Unkown“ einen lange nicht gespielten Knaller ausgesucht, der, wie auch „For your god“, gleich euphorisch gefeiert wurde, während die Band um Fronter Ola wie eh und je etwas statisch agierte. Die abschließenden „Into the Grave“ und natürlich das nicht fehlen dürfende „Soulless“ schossen die Death Metal-Fans dann endgültig den Elchtod-Himmel (äh… Hölle)!
Mit „Killing Peace“ haben sich ONSLAUGHT nach vielen vielen Jahren beachtlich zurückgemeldet! Nun galt es, diese Leistung live zu bestätigen und der Meute den ersten Thrash-Frontalangriff des Abends zu verpassen. Das gelang den Briten auch recht ordentlich. So wurden neue Kracher wie eben „Killing Peace“ oder das von mir schon in der Rezi als Live-Killer betitelte „Burn“ knallhart in die Fans gebrettert, die auch sofort ordentlich abgingen. Die letzten zwei Jahre seit der Reunion haben sich bezahlt gemacht und die Band um Shouter Sy Keller und Gitarrist Nige Rockett wirkte voll auf der Höhe und spielerisch auf dem Punkt. Auf die Dauer etwas sehr anstrengend waren allerdings die teilweise recht hohen und kreischenden Vocal-Parts des ansonsten amtlich und schön aggressiv singenden Sys. Doch dass machte den meisten Moshern nix aus und so wurden dann besonders alte Knaller wie „Metal Forces“ ordentlich abgefeiert, was der Band aus Großbritannnien sichtlich gefiel.
Schweden Teil 3: NAGLFAR machten sich bereit, für das erste Black Metal-Vollbrett des Abends zu sorgen. Dabei besannen sie sich in ihrem Set natürlich auf Kracher der letzten beiden Alben „Pariah“ und „Harvest“, vergassen aber auch nicht die Gassenhauer der „Sheol“- und „Vittra“-Platten. Motiviert, aber auch spürbar routiniert zockten die Schwarzkittel um Gitarrist Marcus „Vargher“ Norman und Fronter Kris Olivius ihre Songs runter. Dabei lag das Hauptaugenmerk natürlich wie sonst auch auf dem charismatischen Shouter, der die Menge von Beginn an fest im Griff hatte, durchweg die Stimmung anfeuerte und scheinbar jeden einzelnen Mosher mit seinen bitterbösen Blicken fixierte. Eine gute aber eben Routine-Show von NAGLFAR!
Über sieben Jahre waren BENEDICTION mehr oder minder von der Bildfläche verschwunden. Ab und an gab es Gerüchte über Line Up-Wechsel, neue Label-Deals, Shows und Alben, doch erst jetzt, wo sich Drum-Beast Nick Barker (TESTAMENT, ex-CRADLE OF FILTH, ex-DIMMU BORGIR, ex-BRUJERIA) fürs kommende Album „Killing Music“ hinters Kit geklemmt und Nuclear Blast die Death Metal-Veteranen wieder aufgenommen hat, kommt endlich Fahrt in die Sache. Heute hatten die britischen Herren zudem noch einiges wieder gut zu machen, waren Gig und Verhalten auf dem WFF wohl unter aller Sau. Und scheinbar gab es auch diesmal die ein oder andere Ungereimtheit, denn BENEDICTION enterten mit sichtlich viel Wut im Bauch die Bühne und Shouter Dave Hunt ließ sich auch sonst zu der ein oder anderen Spitze hinreissen. Diese Energie nutzten die old school-Deather, um Klassiker wie „Agonize“, „I“, „Unfound Mortality“ oder „Jumping at Shadows“ mächtig fett und straight in die steil gehende Menge zu feuern. Nur vier Haudegen an ihren Gitarren bekommen solche Riffwände hin: BOLT THROWERs Barry Thompson und Gavin Ward, sowie eben die hier aktiven Peter Rew/ Darren Brookes! Als Vorboten zum neuen Album „Killing Music“ hatten BENEDICTION dann auch gleich den Titelsong im Gepäck, welcher sich optimal in die Reihe der Band-Gassenhauer einfügt. Viel zu früh und lt. Band auf Ansage des Veranstalters beendeten die Briten dann mit dem von den Fans laut geforderten „Subconsious Terror“ das Set und ließen ihre Anhänger mit dem Wissen zurück, dass BENEDICTION in dieser Form bald wieder mächtig mitmischen werden!
Old School Thrash, die zweite: DESTRUCTION lieferten auf dem diesjährigen Wacken ja eine mächtige Show ab (siehe Bericht). Heute ging es wieder klassisch, aber nicht weniger energiegeladen ab. So versammelten sich nicht nur massig Fans, sondern auch einiger Musiker der anderen Bands im Innenraum, um sich die Thrash Metal-Legende genauer anzuschauen! Und auch nach fast 25 Jahren Vollgas haben Schmier und Mike nichts von ihrer Power verloren und auch Marc macht hinter seinen Drums da keine Ausnahme. „Nailed to the Cross“, „Eternal Ban“, „Mad Butcher“, “The Butcher strikes back” und und und… Schlag auf Schlag, Mosh auf Mosh und in einem fetten Sound ging es mit der Thrash Metal-Legende ins Gefecht. Dabei vergaß Schmier nicht zu erwähnen, dass er, so geil die Show auf dem Wacken auch war, die intime Club-Atmosphäre, bei der einem die Fans direkt in die Fresse moshen, bei weitem bervorzugt und zudem stolz ist, dass Thrash Metal wieder so hoch im Kurs steht. Kein Wunder, denn wenn es um guten und fetten Sound geht, spielen die deutschen Legenden ihre ca. gleich lang aktiven Kollegen, wie z.B. SLAYER live mehr als locker an die Wand! So waren DESTRUCTION unbestritten die eigentlichen Headliner des Abends!
Ursprünglich sollten die norwegischen Black Metal-Urgesteine GORGOROTH den Abend vollenden. Doch da die nordischen Bösewichter sich mit dem Veranstalter überworfen hatten, wurden sie durch die schwedischen Grenzgänger SHINING ersetzt, deren Fronter Kvarforth auch gleich eine „Night of Blood, Fire and Death“ ankündigte. Mit mittlerweile einer Stunde Verspätung war es dann endlich soweit. Niklas Kvarforth und seine Mannen betraten mit dem Intro die Bühne und dann gab der umstrittene Fronter das Zeichen zum Start. Vor der Show gab es die wildesten Gerüchte und Spekulationen, was für eine Blutorgie heute geboten werden würde. Wie sehr würde sich der abgedrehte Shouter selbst verletzen und wie stark würde er die Fans mit einbeziehen (bei einer Show reichte Kvarforth blutige Rasierklingen an die Fans weiter)? Doch für seine Verhältnisse hielt sich der polarisierende Sänger heute im Zaum. Doch selbst dies ist im Vergleich zu anderen Bands noch sehr extrem. So lebt der Schwede grandiose Songs wie „Claws of Perdition“ oder „Lat Oss ta allt Fran Varandra“ durch und durch, schreit, growlt, jauchzt und leidet mit jedem Auf und ab in den Stücken mit, wirbelt über die Bühne, kriecht auf dem Boden umher oder kniet einfach nur und schaut mit leerem Blick umher und durch die Fans hindurch. Dazu besudelt er sich mit Kunstblut, spuckt dieses auch reichlich in die ersten Reihen, beschimpft einige Fans, die ihn zu provozieren versuchen und steckt einem vorher kennengelernten Mädel seine verschmierte Zunge in den Hals. Krasse Show, aber viel TamTam um nichts? Von wegen, denn Kvarforth kommt mehr als authentisch rüber und als der Fronter die Verbände um sein Handgelenk löst und die Bandagen an Fans verschenkt, kommen böse und kaum verheilte Wunden zum Vorschein und auch der restliche Oberkörper sowie die Arme sind mit Narben übersäht, welche der Mann sich während des Gigs immer wieder selbst aufreisst. Keine Frage, eine Show von SHINING ist nichts für schwache Nerven und sicherlich nicht jedermans Geschmack. Und dennoch war ich nach den für den Sänger selbst fast lebensgefährlichen Shows in der Vergangenheit auf krassere Bilder gefasst. Eins ist allerdings unbestritten: Die Songs (vor allem die neuen) von SHINING sind genial und auch die Musiker um Basser Phil a. Cirone lieferten live eine präzise und einwandfreie Leistung ab. Und mir persönlich ist eine Formation, die live und auf Platte so spielerisch on top ist und ein kranker Fronter, der seine Gedanken und Gefühle über seine Musik verarbeitet, lieber, als ein Kvarforth, bei dem man Angst haben muss, dass er sich und seinem Umfeld irgendwann etwas Gravierendes antut. Von daher kann man hier sicherlich von einem intensiven und krassen, aber auf jeden Fall würdigen Finale eines wieder einmal tollen Festivals sprechen, welches von Anfang bis Ende mit ausnahmslos Top-Bands besetzt war!!
Copyright Fotos: Dirk Ruchay/ Michael Werneke
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