Ort: Georgsmarienhütte - Eventcenter B51
Datum: 17.09.2005
Das zweite Baller-Package in dieser Woche erwartete mich an diesem Abend, wobei die Zusammenstellung doch etwas abwechslungsreicher ausfiel als beim NILE, UNLEASHED, BEHEMOTH-Konzert vor einigen Tagen. Aufgrund der Vielzahl an Bands würde es aber wieder ein sehr langer und lauter Abend werden… Wobei wir auf MISERY SPEAKS und die Lokalmatadoren NEBELHEER verzichten mussten, während es von LOST SOUL zumindest noch Fotobeweise gibt.
Als ich gegen ca. 18 30 Uhr die zu diesem Zeitpunkt leidlich gefüllte Halle betrat, drängte symphonischer Black Metal aus den Boxen, und eine Horde weiß-getünchter Musiker versuchte mit viel Bombast die Menge zu unterhalten. Das konnten ja wohl schlecht DIVINE EMPIRE sein, die ursprünglich diesen Slot innehatten, aber aufgrund interner Streitigkeiten erst mal alle Dates gecancelled haben. Den Ersatz LOST SOUL aus Polen habe ich auch irgendwie anders in Erinnerung und richtig… die Franzosen ANOREXIA NERVOSA waren es, die im Billing um einen Platz nach oben gerutscht waren, während die Osteuropäer sich bereits wieder backstage tummelten. Obwohl schon viele Jahre aktiv haben mich die Herren immer nur beiläufig interessiert, wenngleich man sagen muss, dass ihr keyboardgetränkter Schwarzkittelsound einen recht ordentlichen Eindruck machte. Das sahen auch die entsprechenden Fans so und verabschiedeten unsere westlichen Nachbarn nach ihrem letzten Stück „Sister September“ recht wohlwollend.
Danach ging es weiter mit den Death Veteranen ROTTING CHRIST. Ich finde die Griechen schon seit Jahren sehr ansprechend und bedauere doch, dass sie meist etwas untergehen. Es machte Spaß mal wieder gute alte Kracher der Marke „The Sign of Evil Existence“, „Non Serviam“, das coole „King of Stellar War“ oder „Visions of a blind Order“ und „Athanatoi Este“ auf die Ohren zu kriegen. Das ganze ging auch in einem ordentlichen Sound durch die Boxen, so dass einige der bis dahin ca. 300 Anwesenden schon mal ordentlich die Matten kreisen ließen. Showtechnisch boten RC zwar eine engagierte, aber auch unspektakuläre Show. Hoffentlich kommt man zum nächsten Album mit weniger Bands auf Tour, was den Griechen sicherlich gut tun würde.
Nun wurde es deutlich voller vor der Bühne. Durch die Outfits des heutigen Abends konnte man schon im Vorfeld ahnen, dass eine Vielzahl der Metal-Fans neben den Thüringern auch wegen den norddeutschen Blackies ENDSTILLE aufgelaufen waren. Die Kieler legten auch gleich deftig mit „Dominanz“ los. Doch was war auf einmal mit dem Sound los? Gut, dass die Songs im ganzen etwas scheppriger klingen mag wohl gewollt sein, doch die Snare-Drum knallte überlaut oder war gar nicht zu hören, und im ganzen war das Schlagzeug nicht wirklich gerade vom feinsten abgestimmt. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass dies der Preis dafür ist, dass M.D. ohne Trigger agiert. Neben dem miesen Drum-Sound hatte auch Gitarrist Wachtfels immer mal wieder seine Schwierigkeiten mit dem Monitor-Sound, und am Ende fiel sein Instrument sogar ganz aus und konnte auch nicht wieder auf volle Lautstärke gebracht werden. Schade, denn die Songauswahl war wirklich amtlich. So kamen neben neuen Killern wie „Bastard“, dem fast groovigen „I bless you… God“ und dem Übersong vom gleichbetitelten Album „Navigator“ auch einige ältere Kracher wie z.B. „Ripping Angelflesh“ zum Zuge. Während Basser Cruor und Gitarrist Wachtfels den ganzen Gig über einen Radius wie auf einem Bierdeckel hatten, lag das Hauptaugenmerk natürlich auf Frontkreischer Iblis, der engagiert seine Hasstiraden in die gut mitgehende Menge rotzte, welche die Schwarzheimer immer wieder mit „Endstille, Endstille“-Rufen anfeuerte. Da durften die Kieler am Ende sogar noch eine Zugabe draufpacken. Ein ordentlicher Gig, und mit besserem Sound könnte die Band in Zukunft noch so einige reißen. Das Potenzial dafür ist auf alle Fälle vorhanden!
Durch die Zugabe war man dann auch wieder im Zeitplan, bei welchem man bis dahin 10Min. zu früh dran war. Doch die Pünktlichkeit wurde sogleich wieder durch eine gut 45 minütige Umbaupause zunichte gemacht. Dann gingen Pausen-Musik und Licht aus, und man durfte noch mal 10Min. warten, bis die Herren Petrov, Hellid, Elgstrand und Aushilfs-Drummer Ole die Bretter betraten. Richtig, nur vier Mucker, denn Uffe Cederlund war ja vor einigen Wochen erst aus der Band geflogen. Im Vorfeld dieses Festivals hatte sich bei mir etwas Verwunderung breit gemacht. So waren die schwedischen Death Metal-Legenden schon direkt nach ENDSTILLE und noch vor EISREGEN und VADER eingeplant. Doch nun zeigten die Veteranen, was Sache ist. Der Sound war plötzlich wieder top und ENTOMBED rockten alles in Grund und Boden. Einen Groover nach dem nächsten zogen die Schweden aus dem Ärmel. Ganz alte Kracher wie „Supposed to Rot“ und „Revel in Flesh“ waren genauso am Start, wie die Death `n` Roll-Klassiker „Out of Hand“, „Demon“, „Serpent Speech“ und mein persönlicher Favourite, das Cover „Night of the Vampire“ oder auch das noch neuere „Retalitation“. Allerdings merkte man schon, dass mit Alex Hellid nun nur noch ein Sechs-Saiter auf der Bühne stand, denn gerade bei den Soli fehlte einfach die zweite Gitarre, um den ansonsten druckvollen Sound aufrecht zu erhalten. Da konnte auch der etwas lautere Bass nicht viel ausgleichen. Dafür war Frontsau L-G Petrov war mal wieder voll bei der Sache. So gab’s erstmal einige Lehrstunden in Sachen „wie viel Bierflaschen kann man in 60 Min. mit den Zähnen öffnen“ und dazu noch einige Becherchen Wodka. Der Sänger wuselte unablässig über die Bühne, schüttelte seine deutlich ausgedünnte Mähne, wirkte mit steigendem Pegel zwar etwas wie Ozzy, hatte aber dafür sichtbar seinen Spaß. Diesen hatte auch die Meute vor der Bühne, die zwar im Vergleich zu ENDSTILLE zahlenmäßig etwas kleiner und vor allem im Durchschnitt älter geworden war (so waren einige der mittlerweile über 700 Leutchens extra nur wegen ENTOMBED gekommen), die aber die Band und vor allem DEN Klassiker schlechthin – „Left Hand Path“ – ordentlich abfeierten. Ein cooler Auftritt der Schweden, der von den folgenden Bands nur schwer zu toppen sein dürfte… wobei Petrov & Co. von den angesetzten 80 Min. Spielzeit leider nur knapp 60 ausnutzten.
Ok, „Publikum-Wechsel-Dich-Spiel“ die zweite. Nun wurde es relativ voll vor der Bühne, denn die Thüringer EISREGEN schickten sich an ihren Gig zu beginnen. Bei einigen weiblichen Gästen lag das Augenmerk dabei auf Gitarrist Burschi Lenz, der sich mittlerweile zu einem kleinen Frauenschwarm entwickelt hat. Vorweg muss ich zugeben, dass ich mit der Mucke der Ostdeutschen nie wirklich warm geworden bin, doch lasse ich mich immer gerne von einer guten Live-Performance überzeugen. Doch Fehlanzeige. Manchmal frage ich mich wirklich, ob einige Bands nicht besser wollen oder einfach nicht können. Jedenfalls war der Sound im Vergleich zu ENTOMBED plötzlich wieder grottig. Die Drums waren leicht schepprig, das Keyboard und die Geige klangen ziemlich schief, und die Gitarre war größtenteils viel zu leise. Ok, das Hauptaugenmerk lag eh auf Sänger Michael Roth und seinen provokanten Texten. Die Band ist Kult, keine Frage. Von meiner Seite aus finde ich die Auftritte der Thüringer allerdings nicht cool, sondern einfach nur langweilig. Sänger Michael steht nur am Bühnenrand und blickt in die Runde, die Saitenfraktion bewegte meist nicht mal den Kopf zum Takt, und der Keyboarder sieht aus, als würde er gleich im Stehen einpennen. Zusammen mit dem schlechten Sound würden die 60Min. sicherlich sehr lang werden. Diese ganzen Mankos hielten die Fans aber nicht davon ab, die Combo ordentlich abzufeiern. Während die ältere Metal-Fraktion teils gelangweilt Löcher in die Luft starrte oder sich über die Band lustig machte, wurden von den Anhängern der Ostdeutschen Songs wie „Wundwasser“, „Der Ripper von Rostow“, „Herzblut“ und „In der Grube“ laut mitgesungen. Neue Tracks gab es auch. So wurden „ElektroHexe“ und das provokante „Tausend tote Nutten“ von der anstehenden EP vorgestellt, wobei diese keinerlei Überraschungen bereithielten. Einige Songs musste man sich aufgrund der Indizierung für nach 00:00 Uhr aufheben (für mich auch der einzige Grund diese Band nach den Legenden von ENTOMBED spielen zu lassen). So kamen „Klassiker“ wie „Meine tote russische Freundin“, „Deutschland in Flammen“ und das für die neue EP umgetextete „Thüringen 2005“ erst am Ende des Sets zum Zuge. Sorry, Leute. Ihr konntet mich nicht überzeugen, und das nächste Mal soll man die Kollegen dann doch besser ganz am Ende spielen lassen (wenn es wegen der 18-Regel nicht anders geht), dann hätte man nach ENTOMBED und den nun folgenden VADER schon das Weite suchen können. Da half auch nicht die Tanzaktion eines nur in Unterhose bekleideten Fans, der auf die Bühne kraxelte und mit Geigerin 2T erstmal das Tanzbein schwang. Das Highlight der EISREGEN-Show…
Spät war es geworden und so einige der über 800 Leutchens an diesem Abend hatten schon nach ENTOMBED und/ oder EISREGEN die ehemalige Dütehalle verlassen. Kein Wunder, ging das Festival doch schon nachmittags los, und als die Polen-Deather VADER auf die Bühne kamen, war es dann immerhin 01:00h. Seit Jahren sind VADER mit einer der Top-Liveacts im Death Metal. Und auch trotz der fortgeschrittenen Nachtzeit zeigten sich Peter, Mauser &Co. motiviert, wie eh und je. Mit einem fetten und vor allem lauten Sound zeigte das Quartett der voran gegangenen Truppe deutlich, wo der Hammer hängt. Gleich zu Beginn präsentierte man vom im November erscheinenden neuen Album „The Art of War“ den Knaller „This is the War“. Ein typischer VADER-Kracher mit Hammerblast und sauviel Groove. Und so ging es auch weiter. “Carnal“, „Epitaph“, „Wings“, „Black to the Blind“… ein Brecher folgte dem nächsten. Dabei konzentrierten sich die Polen wiedermal weniger aufs Stageacting und mehr auf die Kraft ihrer Songs. So briet Mauser mit seinen Riffs so ziemlich alles zu, Drummer Daray (Nachfolger des kürzlich verstorbenen Doc.) verprügelte wieder eindrucksvoll seine Kessel, dass es eine wahre Freude war, und Bandleader Peter sah in seinem Priester-Outfit mit rotem Kragen heute mal wieder besonders evil aus. Die fette Performance des Vierers brachte auch die noch Anwesenden dazu, die letzten Kräfte zu mobilisieren und ordentlich die Matten kreisen zu lassen. Mittlerweile habe ich die Jungens schon x-mal live gesehen, und immer wieder konnte man mehr als überzeugen.
Da es schon gut auf 02:00h zuging, machte ich mich dann nach einem langen und sehr lauten Abend auf den Heimweg, während VADER noch gut eine halbe Stunde trümmern würden. Ein an sich gelungenes Festival, das mit ENDSTILLE und ROTTING CHRIST zwei ordentliche, mit EISREGEN eine äußerst dürftige und mit ENTOMBED und VADER zwei Killer-Performances zu bieten hatte. Dennoch sind insgesamt 9 Bands und eine Länge von weit über 10 Stunden einfach zuviel. Damit tut man weder den jungen Support-Bands noch dem erst spät spielenden Headliner und schon gar nicht den ausharrenden Fans einen Gefallen. Diese hatten mit steigendem Pegel übrigens verstärkt Probleme mit dem eigenwilligen Wertmarken-System des Getränke-Verkaufs.
Copyright Fotos: Hellectric
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