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HURRICANE 2015

Ort: Scheeßel – Eichenring

Datum: 19.06.2015 - 21.06.2015

Mein 15. Hurricane in Folge und das zehnte Festival mit Terrorverlag-Berichterstattung! So ein Doppel-Jubiläum ist doch eigentlich Grund genug, um auf ganz besondere Art und Weise gefeiert zu werden. Da kam die kurzfristige Anfrage des Veranstalters FKP Scorpio, ob ich beim Hurricane mitarbeiten könne, fast wie gerufen und nach einem kurzen Moment des Überlegens entschloss ich mich, PLACEBO, MARTERIA, FLORENCE + THE MACHINE und die 48 übrigen Bands auf meinem persönlichen Konzert-Zettel zu streichen, mich von Donnerstag bis Montag in den Dienst des Festivals zu stellen und meinen Standort von vor der Bühne dahinter zu wechseln.

Statt die Warm-up-Party im White Tent mitsamt ELJOT QUENT, FUCK ART, LET’S DANCE, SUPERSHIRT und ALLE FARBEN zu feiern, agierte ich am Donnerstag erstmals backstage beim Hurricane und machte ich mich schließlich kurz vor Mitternacht auf den Weg ins Hotel, um am nächsten Morgen mit den Hühnern aufzustehen. Um 7.00 Uhr begann am Freitag bei mir nämlich wieder der „Ernst des Festival-Lebens“. Die Zusammenarbeit mit den neuen, durch die Bank sehr netten Kollegen klappte reibungslos und die Arbeit riss bis in die späten Abendstunden nicht ab. Musikalisch wurden wir dabei von den Künstlern unterstützt, die auf der Blue Stage ihren Auftritt hatten. Als besonders zuträglich erwies sich dabei der Sound der PAROV STELAR BAND aus Österreich. Der Mix aus Jazz, House, Elektro und Breakbeat brachte Schwung in unseren Container und ich bin mit sicher, dass auch vor der Bühne der Elektroswing des 40-jährigen DJs und Produzenten ordentlich abgefeiert wurde. Gleiches dürfte beim vorherigen Slot von FRITTENBUDE der Fall gewesen sein, während der wunderbare Indie-Rock des australischen Geschwister-Duos ANGUS & JULIA STONE zum entspannten Zuhören einlud. Als ich mein Tagwerk erledigt hatte und mich ins Freie begab, musste ich feststellen, dass PLACEBO auf der Hauptbühne bereits ihren letzten Song „Infra-red“ spielten. Im Übrigen regnete es auch noch, weshalb ich auf die kleine Stippvisite zu Brian Molko & Co. verzichtete.

Der Samstag entwickelte sich für uns im Hintergrund zu einem wahren Hip-Hop Open, denn die blaue Bühne war nach dem eröffnenden Indie-Pop der Hamburger Formation TONBANDGERÄT und der elfköpfigen Ska-/ Reggae-Combo HOFFMAESTRO aus Stockholm fest in der Hand von Hip-Hop- und Rap-Kapellen. Die Running Order setzte sich entsprechend fort mit dem Rapper KONTRA K, dem Berliner HipHop-/ Reggae-Duo SDP und den 257ERS. Der letztgenannte Dreier zerrte allerdings arg an unseren Nerven und so fühlte sich die Stunde Spielzeit deutlich länger an. Wenn eine Band beim diesjährigen Hurricane überflüssig war, dann die 257ERS! Weiter ging’s mit ALLIGATOAH, CRO und einem Special Guest, der sich als K.I.Z. entpuppte. Den Kehraus machte um 0.45 Uhr JAN DELAY mit seiner DISCO NO.1, der uns am Vormittag bereits mit seinem Soundcheck beglückt hatte. Gern hätte ich auf der Red Stage noch den BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB gesehen, aber wir hatten wir alle Hände voll zu tun, und ich habe ja im Juni noch mal das Vergnügen, die Kalifornier bei ihrem Clubgig in Nijmegen zu erleben.

Dann war’s auch schon Sonntag und die etliche Festivalbesucher rüsteten sich bereits am Morgen für den Aufbruch, auf den Stages und dahinter ging’s stattdessen weiterhin hoch her. Auf meiner „Haus“-Bühne machten den Anfang SKINNY LISTER, die ich im April erstmals als Support für CHUCK RAGAN gesehen hatte und heute halt nur hören konnte. Der Folk-Punk aus London sorgte trotzdem für gute Laune und auch der Indie-Rock der VACCINES, die ebenfalls in der britischen Hauptstadt beheimatet sind, wusste zu gefallen. Etwas anders sah es mit den nachfolgenden DEATH FROM ABOVE 1979 aus. Nach einer gewissen Zeit ging der brachiale Sound der Kanadier doch ein wenig aufs Gemüt, weshalb unser Team auch dankbar war, als Clemens Rehbein und Philipp Dausch, besser bekannt als MILKY CHANCE, die Stage mit Beschlag belegten. Weiter ging’s mit NOEL GALLAGHER’S HIGH FLYING BIRDS und da durfte natürlich ein Song aus der OASIS-Ära nicht fehlen. Die Rede ist selbstverständlich von „Wonderwall“, das nicht nur im großen Auditorium, sondern auch in unserer kleinen Blechbüchse mitgesungen wurde. Die vier Norwegerinnern von KATZENJAMMER habe ich zum ersten Mal am Hurricane-Sonntag 2010 live wahrgenommen. Damals spielten die Damen noch mittags um 13.00 Uhr, heuer waren sie für 19.15 Uhr gebucht und überschnitten sich mit ARCHIVE, die wie zuvor OLLI SCHULZ die rote Bühne unsicher machten. Alle drei hätte ich unter anderen Umständen gern in Augenschein genommen, doch die Arbeit rief, bevor unsere Truppe zwischendurch noch einen kleinen gemeinsamen Umtrunk nahm und das große Finale mit FLORENCE + THE MACHINE, PAUL KALKBRENNER, CASPER und WHOMADEWHO an den unterschiedlichen Stationen startete. Überraschende Klänge hatte ich derweil am Abend auf dem Weg zum Essen vernommen. Das waren doch MADSEN, die da auf der Green rockten? Sollte da nicht BEN HOWARD spielen? Nun, der britische Singer-Songwriter war kurzfristig erkrankt, doch die Brüder aus dem Wendland zögerten nicht lange und sprangen ein. Wahrlich kein schlechter Ersatz, der übrigens im Tourbus der FOO FIGHTERS angereist war. Ein anderer war auf die Schnelle nicht zu haben und Dave Grohl und seine Mannen brauchen das Gefährt ja nicht mehr, nachdem sich der Fronter auf der Bühne in Göteborg das Wadenbein gebrochen hatte und die restliche Tour abgesagt werden musste (den Unfall-Gig hatte Mr. Grohl nach einer provisorischen Behandlung übrigens noch im Sitzen beendet!)

Das 19. Hurricane neigte sich dem Ende zu, für unsere inzwischen bestens eingespielte Mannschaft war aber lange noch nicht Schluss und auch am Montag war noch einiges zu tun. Selbst unter der Maßgabe, dass Schlaf seit Donnerstag Mangelware war, das eigentliche Festivalgeschehen mehr oder weniger an mir vorbeirauschte und ich einen Musiker eher im Catering-Zelt als auf der Bühne zu Gesicht bekam, war es mir doch ein großes Vergnügen, das Hurricane hinter den Kulissen zu erleben. Mit vielen neuen Eindrücken machte ich mich am Montagnachmittag hundemüde, aber in bester Stimmung auf den Heimweg, um direkt nach der Ankunft ins Bett zu fallen und zwölf Stunden durchzuschlafen. Aber ich werde bestimmt nicht die Einzige gewesen sein, die mit einem gewissen Schlafdefizit zu kämpfen hatte, denn nach den Live-Konzerten konnte wie üblich noch bis in die frühen Morgenstunden im Disco-Zelt weitergefeiert werden und wer dann immer noch nicht genug hatte, machte auf dem Camping-Platz weiter.

Ganz so bunt hat es unser Fotograf am Samstag nicht getrieben, aber er hat viele schöne Fotos für die Terrorverlag-Leser geschossen und zudem seine Eindrücke nicht nur bildlich, sondern auch textlich festgehalten.

Für mich war in diesem Jahr Premiere auf dem Hurricane, obwohl ich das Gelände, auf dem das Festival stattfindet, in der Vergangenheit schon mehrfach besucht hatte und zwar für die Events, für die es eigentlich erschaffen worden war. In den 90ern schaute ich mir auf dem Oval die Sandbahn Motorrad WM Kämpfe der damaligen Stars wie Egon Müller, Karl Maier, Gerd Riss, Simon Wigg und Robbie Kessler an und mehr als 15 Jahre später befinde ich mich nun wieder hier, nur haben sich die Zuschauerzahlen mehr als versechsfacht und die Dezibelzahlen, die von den insgesamt vier Bühnen schallen, übertreffen jedes Motorengeräusch von damals.

Auf der Hurricane Homepage konnte man sich selbstredend schon vorab informieren, wann und auf welcher Bühne die einzelnen Künstler spielen würden. So konnte ich mir meinen persönlichen Zeitplan schnüren und ihn abarbeiten. Als Einstieg wählte ich den schwedischen Singer/ Songwritter THE TALLEST MAN ON EARTH mit seiner Band, der es – bei mittlerweile richtig gutem Wetter – verstand, die Menge vor der Bühne mitzureißen. Danach ging es zur Blue Stage und dem „Kinderspielplatz“ der 257ERS. Es ist nicht „meine“ Musik, aber den Kids gefiel die Performance der Jungs oben auf der Stage. Während sich die meisten meiner Fotografenkollegen aufmachten, um auf der Hauptbühne GEORGE EZRA abzulichten, begab ich mich in das große Zelt, das sich ein paar hundert Meter gegenüber der Mainstage befand. Dort spielte mit etwas Verspätung die Indie-Pop-Band SHEPPARD, die wohl die weiteste Anreise nach Scheeßel hatte. Mit „Geronimo“ landeten die Australier nicht nur in Deutschland ein Riesen-Hit und neben weiteren eigenen Songs servierten sie noch eine coole Coverversion des WHEATUS-Klassikers „Teenage Dirtbag“. Wieder zurück zur Blue Stage, auf der ALLIGATOAH die komplette Bühne ausnutzte, um sich in seinem römischen Streitwagen auf einer Wolke über die Menschheit lustig zu machen. Persönlich gespannt war ich auf DIE ANTWOORD, die mit ihrer multivisuellen Bühnenshow den Festivalbesuchern einiges für die Augen und auch Ohren boten. Neben MARTERIA eines meiner Highlights des Samstags. Ich denke, ich verrate nichts Neues, wenn ich erwähne, dass beim Auftritt von CRO die ersten Reihen fast aus weiblichen Fans bestanden, und der Junge mit der Panda-Maske konnte bei seinem Gig mit einigen Hits aufwarten und zum Abschluss seines Auftritts gab’s noch ein kleines Feuerwerk. Danach schaute ich noch einmal im Zelt vorbei, wo KLINGANDE auf der Stage seine DJ-Künste darbot. Das Finale des Samstages läutete MARTERIA ein, der genau eine Woche vorher in seiner Heimatstadt Rostock sein bis dato größtes Einzelkonzert vor 20.000 Fans ablieferte und auch hier strotzten die Mädels und Jungs auf der Bühne nur so vor Spielfreude. Das Gleiche kann man auch von JAN DELAY & DISKO NO.1 behaupten, die fast gleich zeitgleich auf der Blue Stage spielten, kein Wunder, hatten die Hamburger doch fast ein Heimspiel.

Das Line Up des Hurricanes kann sich jedes Jahr sehen lassen und auch die verschiedensten musikalischen Spielarten waren vertreten, da ist eigentlich für jeden etwas dabei. Im Vorfeld wurde viel über die Einführung des bargeldlosen Bezahlens auf dem Gelände diskutiert und teilweise verteufelt. Ich persönlich fand es angenehm, vor allem auch, da alles reibungslos und unkompliziert klappte. Bis zum nächsten Mal, Hurricane!

Copyright Fotos: Jörg Rambow

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