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ICON OF COIL – ROTERSAND – CYBER AXIS

Ort: WGT Leipzig - Parkbühne

Datum: 30.05.2004

Der Sonntag des WGTs 2004: Ein Fest für Elektrofreunde oder eher ein Alptraum? Ein Fest, weil eine ganze Armada bekannter Acts aufspielte, um den Fan synthetischer Klänge zu verwöhnen. Ein Alptraum, weil man davon nur einen Bruchteil mitnehmen konnte, vieles spielte sich nämlich parallel ab. Da war die „weiche“ Schiene mit DE/VISION, MELOTRON und NAMNAMBULU im Haus Auensee, die harte Fraktion im Haus Leipzig mit FEINDFLUG, GRENDEL und anderen Black Rain/ NoiTekk-Acts, und im Werk II durften sich diverse Cold Meat Industry-Bands austoben. Und… dann war da noch die Parkbühne, auf die wir jetzt mal ein Augenmerk legen wollen.

Bei wunderschönem Wetter tigerte der schwarze Mob am frühen Nachmittag zum Clara Zetkin Park, in dem es sich auch schon „normale“ Sonnenanbeter gemütlich gemacht hatten. Ob es dann später bei den teilweise doch recht harschen Klängen noch gemütlich blieb, kann man an dieser Stelle nicht klären… Jedenfalls betraten wir gegen 14 30 Uhr das Mini-Kolosseum mit angeschlossenem Biergarten, zu diesem Zeitpunkt befanden sich nur eine Handvoll Fans auf dem Gelände. Das sollte sich aber rasch ändern, als der erste Act die ausladende Bühne betrat.

Ob helles Sonnenlicht am Nachmittag nun die richtige Untermalung für „düstere“ Elektroformationen ist, sei mal dahingestellt. Hätte es aber in Strömen geregnet, wäre man auch nicht zufrieden gewesen. So enterten dann gegen 15 Uhr die deutschen CYBER AXIS die Bühnenbretter bzw. den „Bühnenbeton“. Axel Kleintjes und Oliver Müller (Begründer von CA) wurden dabei von einem Live-Gitarristen aber keinem „lebendigen“ Drummer unterstützt. Nach langen brachliegenden Jahren hatte man sich ja im letzten Jahr mit der ansprechenden Scheibe „Skin“ zurückgemeldet, auf welche logischerweise das Hauptaugenmerk bei der Songauswahl gelegt wurde. Stücke wie „What would Jesus do?“ oder auch der Titeltrack kamen dann recht brachial aus den Boxen, wobei CYBER AXIS eher in der Elektro Metal-Ecke zuhause sind, was man an den Reaktionen der Anwesenden ablesen konnte. Die waren offensichtlich mehr auf den später zu erwartenden Future Pop eingestellt und kommentierten die Darbietungen der Ruhrgebietler höflich aber reserviert. Mit ihren Military Hosen und der recht aggressiven Bühnenshow wirkten Müller und Kleintjes (die beide Gesangparts übernahmen) auf mich wie die elektronische Antwort auf die Hardmetaller PRO-PAIN. Ganz im Gegensatz dazu verhielt sich natürlich die Coverversion, für welche man sich bereits im Vorfeld „entschuldigte“: „Can’t get you out of my Head“ von der lieben Kylie. Manch Zuschauer schaute doch etwas irritiert, was mich persönlich sehr amüsierte. Übrigens waren auch Tom und Carsten von den Labelkollegen [:SITD:] anwesend, um die Jungs ein wenig zu unterstützen. Insgesamt kein legendärer Auftritt aber ein netter Wachmacher.

Danach war ich sehr gespannt auf die Darbietungen von ROTERSAND, die mit ihrer Debüt-CD „Truth is Fanatic“ und der dazugehörigen Single „Merging Oceans“ gute Reaktionen in den DAC-Charts erhalten hatten. Man trat erwartungsgemäß als Trio auf: Gun und Krischan dezent hinten an den Keyboards versteckt und Sänger Rasc (auch THE FAIR SEX) als agiler Frontmann. Eigentlich eine One Man Show, welche der bullige/ glatzköpfige Shouter hier bot, der wie ein Derwisch von links nach rechte über die Bühne tobte. Lediglich seine Stimme hätte ich mir live ein wenig akzentuierter vorgestellt, so war die Sache doch manchmal eher gebrüllt als gesungen. Dennoch kam man beim Auditorium deutlich besser an als die direkten Vorgänger, denn die Mischung aus Trance und Future Pop passte recht gut zum heimlichen Headliner, der bald folgen sollte… Auch Joakim und Eskil von COVENANT hörten sich die Songs an, von denen die schon erwähnte Single sowie das wunderschöne „Almost Violent“ besonders hervorstachen.

Dann war es soweit: Die norwegischen Future Popper um Mädchenschwarm Andy LaPlegua sollten folgen und das Rondell war plötzlich bis zum bersten voll. Die „Andy Andy“-Sprechchöre in den ersten Reihen nahmen gar fast BRAVO-artige Ausmaße an. Keine Frage, ICON OF COIL sind momentan richtig angesagt. Neben Herrn LP, der bereits am Vortag als COMBICHRIST in der Agra tätig war, trat wieder die Stammbesetzung mit Lund und Komor auf, der noch in Gent von einer jungen Cyberdame ersetzt worden war. Aber die Show machte hier nur einer und der hatte wieder sein bekanntes „Eisernes Kreuz“-Lederoberteil an. Auch er nutzte die ganze Weite der Bühne und schien sich fast einen Spaß daraus zu machen, die Fotographen zu foppen, die mal auf einen Moment der Ruhe hofften. Im Hintergrund konnte man zudem Ronan Harris von VNV beobachten, der sichtlich gut gelaunt den treibenden Stücken lauschte. Allerdings brachten dann technische Probleme die kühnen Recken etwas aus dem Konzept: Das Keyboard, welches für die Flächen zuständig war, gab mitten im Track „Access und Amplify“ den Geist auf. Nach einer kurzen Grübelphase entschloss man sich nur mit Gesang auf dem Beatfundament weiterzumachen, was zwar etwas merkwürdig klang, aber dennoch sehr ehrenwert war. Und nach 2, 3 Songs hatte sich das Keyboard wieder gefangen, und es konnte weitergehen mit Knallern wie „Android“, „Shelter“ und dem vorzüglichen „Dead enough for Life“. Das Publikum ging nun größtenteils richtig gut mit und quittierte somit die Souveränität im Umgang mit Problemen ebenso wie das starke Songmaterial. Wir verzogen uns nach dieser skandinavischen Attacke, um andernorts für Unheil zu sorgen.

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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