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INFERNO FESTIVAL 2007

Ort: Oslo - Rockefeller/ John Dee

Datum: 05.04.2007 - 07.04.2007

Vom 5. – 7. April 2007 fand das nunmehr 7. Inferno-Festival in Oslo, bekanntermaßen Norwegen, statt. An jedem der drei Festivaltage spielten zehn Bands zeitversetzt auf zwei verschiedenen Bühnen: als Veranstaltungsort diente das zentral gelegene Rockefeller, in dessen Keller dann noch das kleinere – und wie sich zeigen sollte oftmals viel zu kleine – John Dee zu finden ist. Wirklich riesig ist das Rockefeller zwar auch nicht, aber es gibt neben der Fläche vor der Bühne noch eine Art Loge mit Sitzgelegenheiten auf der ersten Etage sowie Ränge auf der ersten und zweiten Etage, die bis an die Bühne heran reichen. Schließlich war auf der Dachterrasse dann noch ein Raucherbereich mit Barbecue eingerichtet. Das Billing beim Inferno wird immer erst recht kurzfristig mit einer traditionellen Kick Off-Party bekannt gegeben, dieses Mal am 3. Februar. Und da war ich dann schon ziemlich enttäuscht, denn das Lineup in den letzten Jahren war irgendwie deutlich viel versprechender und vor allem eindeutig düsterer! Bin bislang davon ausgegangen, dass das Inferno primär als Black Metal-Festival gehandelt wurde. Wirklichen Black Metal allerdings konnte man in diesem Jahr leider nur am Rande begutachten. Keine Ahnung, ob die Veranstalter jetzt dauerhaft einen anderen Kurs fahren wollen, wäre schon schade! Und nun sollten auch noch Bands wie PRIMORDIAL, TIAMAT und MOONSPELL spielen, die sicherlich gute Musik machen, meinem subjektiven Empfinden nach aber permanent auf Tour sind und mir für dieses Festival stilistisch auch gar nicht in den Kram passten. Wie angedeutet – anfangs stellte sich bei mir eine wenig euphorische Stimmung ein. Aber es gab natürlich gleich von vornherein auch Acts, auf die ich wirklich gespannt war, dazu zählten u.a. TRINACRIA, WATAIN, HECATE ENTHRONED und –natürlich – IMMORTAL. Und gleich vorweg kann ich dann auch schon mal verraten, dass ich trotz des eigenwilligen Billings eine Menge Spaß beim Inferno hatte! Einige Bands, die ich vorher nicht so im Visier hatte, haben mich dann doch umso mehr überrascht, und vielen netten Leuten bin ich – wie das auf Festivals eigentlich üblich ist – auch über den Weg gelaufen.

SENTRUM SCENE
Dieses Jahr erweiterte sich das Angebot dann auch noch auf die schräg gegenüber gelegene Sentrum Scene, wo eine Metal-Expo (IMX) angekündigt war. Hatte mir darunter dann ganz klar irgendetwas Imposanteres vorgestellt, war irgendwie doch alles recht klein gehalten. Es gab etwas Merchandise, eine Gitarren-Reparaturecke und wohl auch Getränke, aber sonst war nicht viel los. Zwischendurch fand laut Ankündigung an beiden Tagen ein Metal-Quiz sowie ein Guitar Hero-Wettbewerb statt, aber ich persönlich habe mir das nicht angeschaut. Zwischendurch rannten in der Sentrum Scene dann auch mal ein paar Models von einer Modenschau – ja, für was eigentlich? – rum. Ansonsten fanden dort noch zwei Autogrammstunden statt, und zwar gleich am Donnerstag von DIMMU BORGIR und einen Tag später dann von IMMORTAL. An beiden Tagen wurden dann auch Filme im dazugehörigen Kinosaal gezeigt: zum Einen „A Headbanger’s Journey“, der für meinen Geschmack aber viel zu lange im ganz frühen Metal-Geschehen umher dümpelt. Und das ist zugegeben nicht so ganz meine Epoche. Tags darauf gab es dann eine Preview von „Until The Light Takes Us“, einer Dokumentation über den norwegischen Black Metal, die allerdings erst irgendwann im Sommer erscheinen wird. Darüber war ich zunächst ein wenig irritiert, denn ich bin davon ausgegangen, dass der Film komplett vorgeführt werden sollte. Die Amis Aaron Aites and Audrey Ewell, die eigentlich beide musikalisch aus einem anderen Lager kommen, sind für die Filmaufnahmen für fast zwei Jahre nach Norwegen gezogen und haben dort auch diverse Leute vor die Kamera gezerrt. Kann mir schon vorstellen, dass das mal ganz interessant wird, wobei ich nicht so recht weiß, was genau da nach „Lords of Chaos“ noch auf den Tisch kommen soll. Am Samstag jedenfalls war die Sentrum Scene für Infernogänger geschlossen; das lag vermutlich in erster Linie daran, dass dort abends ein Konzert von NINE INCH NAILS statt fand. Sollte das Inferno-Team jedenfalls auch in den nächsten Jahren an der Sentrum Scene als weiterer Veranstaltungsort festhalten wollen, so sollte da noch einiges am Angebot und am Programm geschraubt werden.

SPACEBRAIN
Am Samstag lud René M. Hamel von SPACEBRAIN zu einem Tag der offenen Tür in seine (un-)heiligen Hallen ein. Er ist vor rund 17 Jahren von Deutschland nach Norwegen gezogen und nunmehr mit Frau und Kindern sesshaft geworden. Ich wurde sehr nett begrüßt und nach einem gemeinsamen Rundgang durch Werkstatt und Wohnbereich gesellte ich mich noch auf ein Getränk zu René und seinem dänischen Kumpel Jens, um einen wirklich netten Plausch zu halten. Jens arbeitet übrigens als Schreiner und geht René bei seinen Installationen auch schon mal zur Hand. René berichtete mir, dass die Geschichte von SPACEBRAIN (damals mitunter noch „Spaced Brains“ und zu zweit) zunächst mit Installationen für die Techno-Szene begann, der er damals auch musikalisch angehörte. Später kam dann irgendwann der Wechsel zum Metal. René durchforstet für seine Skulpturen in erster Linie Schrottplätze, bekommt aber auch Hinweise von Freunden, wo denn wieder ein interessantes Objekt oder Einzelteil aufzulesen sei. Diese werden dann zusammen geschweißt, gelötet und auch schon mal geklebt. Sein neuestes Projekt nennt sich „Fallen Angel“, ein Skelett mit Engelsflügeln und einer Art Hellebarde in der Hand. Die menschlichen Schädel und Knochen sind übrigens allesamt unecht, alles andere sei „zu sehr Voodoo“. René hat von einem Bekannten eine Technik erlernt, wie man solche Knochenteile sehr authentisch herstellen kann. Die Tierschädel sind hingegen echt und stammen wahlweise vom Schlachter oder werden irgendwo in den norwegischen Wäldern aufgesammelt. Die Dauer der Fertigstellung einer Installation kann dabei zwischen einem Tag und ggf. auch schon mal drei Jahren variieren, wenn etwa kein Teil aufgetrieben werden kann, welches Renés Vorstellungen entsprechen würde. Skizzen werden indes nie angefertigt – nach eigenen Angaben kann er auch gar nicht zeichnen. Stattdessen konstruiert er die Ideen in seinem Kopf und setzt diese Vorstellungen dann direkt um. Das Projekt, an dem er gerade brütet, nennt sich „Jesus und Maria“. Wie hier vermutet, versucht René auch schon mal durch Einbeziehung religiöser Themen absichtlich zu schocken. In Norwegen stelle sich dieses Vorhaben aber als mitunter schwierig heraus, da die Leute in dieser Hinsicht sehr abgehärtet seien. In Polen und Italien etwa rege man sich hingegen schon eher mal über seine Kunst auf. Darüber hinaus dürfte bekannt sein, dass die Installationen von SPACEBRAIN auch in Zusammenhang mit Bands wie MAYHEM, SATYRICON und DIMMU BORGIR auf vielfältigste Weise in Erscheinung getreten sind. Einfach mal ansehen unter www.spacebrain.no!

GOSSIP
Natürlich gibt es nach so einem Festival immer auch ein wenig Klatsch und Tratsch zu berichten. Und natürlich rennen auch immer diverse Bandmitglieder umher, da muss man ja nun eigentlich nicht näher drauf eingehen. Besonders interessant ist es aber vielleicht, dass Gaahl von GORGOROTH immer mal wieder zu erspähen war. Musste mir erst einmal verwundert die müden Äuglein reiben. War ja schon ein wenig skeptisch, als GORGOROTH u.a. für das Party.San und das Hellflame-Festival dieses Jahr bestätigt wurden! Aber tatsächlich: auf der Bandpage ist zu lesen, dass Gaahl im Januar aus der Haft entlassen wurde, nachdem er seit letztem Frühling eingesessen hatte. Und sogar Infernus ist derzeit „on parole“ – das bedeutet so etwas wie „Haftaussetzung“ – erstmal wieder unterwegs. Und wo wir schon mal beim Thema sind: angeblich wurde in einer Independent-Kneipe namens „Elm Street“ dann auch noch Mr. BURZUM, Varg Vikernes, auf Freigang gesichtet, wie er inkognito versuchte, sich unter das Volk zu mischen. Dazu kann ich weiter nichts sagen, war nicht dabei und hätte den Typen vermutlich sowieso nicht erkannt. Aber interessante Vorstellung!

UND SONST SO
Bei einer sympathischen Gruppe Finnen, denen ich irgendwie permanent über den Weg gelaufen bin, habe ich dann irgendwann mal die Anekdote von Hape Kerkeling und seinem glanzvollen Auftritt bei VIVA mit der pseudo-finnischen Formation R.I.P.ULI und dem Song „Helsinki is Hell“ zum Besten gegeben. Während ich über Textpassagen wie „this is Finnish, but not the end!” nach wie vor schmunzeln muss, fanden die Jungs das aber irgendwie nicht so komisch. Gut, vielleicht muss man den Fernsehmitschnitt dazu gesehen haben. Jedenfalls habe ich dann investigativ nachgefragt, ob „ripuli“ tatsächlich ein finnisches Wort ist. Jawohl, lautet die Antwort, übersetzt heißt es soviel wie „Durchfall“. Also wieder was dazu gelernt! An dieser Stelle noch mal liebe Grüße nach Finnland!

SARKOM und URGEHAL im „Amplifier“
Am Mittwochabend vor dem Festival wurde ich von zwei Amis, Will und Ray, in den Club „Amplifier“ mit geschliffen, wo SARKOM und URGEHAL zu einem musikalischen Stelldichein aufspielen sollten. Das „Amplifier“ ist schön düster im Keller gelegen und ähnelt eigentlich jedem gleich gesinnten Club in anderen Städten. Das Publikum war – wie in Deutschland auch – zeitweise sehr jung. Obwohl der Einslass meinen Informationen zufolge erst ab 20 Jahren gestattet sein sollte. Hier kostete das Bier übrigens nur 48,- NOK, und da ich den ganzen Tag über wenig gegessen hatte, ging der Alkohol natürlich auch gleich schön in die Blutbahn. Zum Rauchen musste ich dann leider immer vor die Tür gehen, denn in Norwegen gilt seit rund zwei Jahren absolutes Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden, und dazu zählen auch Bars und Clubs. Als das Konzert dann endlich losging, war ich überrascht von der geringen Besucherzahl. Am Preis von 100,. NOK kann es doch eigentlich nicht gelegen haben. Und immerhin liegt Oslo doch eindeutig im Land des TNBM. Viele Leute blieben erstaunlicher Weise auch einfach auf ihren Barhockern sitzen und sahen nicht einmal die Notwendigkeit, näher an die Bühne zu kommen. Sehr sonderbar! Bei SARKOM, die mit ihren recht langen Stücken gleich richtig gut losgelegt haben, gab es durchschnittlich nur 3 bis 4 Banger. Habe dann nach dem Gig Sessiongitarrist, müsste Tjalve heißen, abgefangen und ihm ein Gespräch aufgedrängt. Der berichtete mir dann, dass das Metal-Publikum in Oslo immer recht verhalten sei, da schlichtweg durch viele Gigs verwöhnt. Später bei URGEHAL waren es dann zwar ein paar mehr und diese dann auch umso fanatischer, aber dennoch hatte ich irgendwie mehr vom Publikum erwartet. Und trotzdem war der Gig von URGEHAL echt der Hammer! Habe lange nicht mehr so atmosphärisch eins auf die Ohren bekommen, Sound und Bühnenpräsenz der Band haben einfach total zusammen gepasst. URGEHAL machen einen – mir fällt schlichtweg keine andere Umschreibung ein – recht groovigen Black Metal. Besonders Ensifer und Nefas waren ziemlich überzeugend! Letzterer reißt die Augen immer irgendwie auf, was mit der ganzen schwarzen Schminke um die Augen schon krass auszieht. Wenn ihr also mal die Gelegenheit haben solltet – guckt sie Euch bloß an! Irgendwann sprang dann auch Kvarforth von SHINING – mit Bandana auf dem Kopf und einer Kette doch recht großer Knochen um den Hals – für ein Feature auf die Bühne. Der rannte vorher schon im Club umher, aber so ganz ohne Zombie-Outfit habe ich ihn natürlich nicht gleich erkannt. Der Typ ist erstaunlich hager für die Hammer mäßige Stimme, über die er nun mal verfügt. Nachdem er sich bekreuzigt hatte, nahm er einen tiefen Schluck aus einer mitgebrachten Softdrink-Flasche und man konnte schon erahnen, was nun folgen würde: schon bei den ersten Tönen, die Kvarforth von sich gab, sudelte das Blut nur so aus seinem Mund. Einem Fan in der ersten Reihe wurde sogleich der Segen durch Auflegen der blutigen Hand erteilt. Irgendwann packte er dann noch Nefas derbe an den Haaren und zog ihn ein Stück weit über die Bühne, so dass ich echt die Zähne zusammen beißen musste. Abschließend spuckte Kvarforth ihm dann noch einen schönen Schwall Blut ins Ohr, bevor er von ihm abließ. Und auch das Publikum wurde zwischenzeitlich schön mit Blut bedacht. So stand dann noch ein Typ in der ersten Reihe, der irgendwann über und über mit Blut besudelt war. Wie mir später zugetragen wurde, soll es sich dabei allerdings nicht nur um Spuren der ins Publikum gespuckten Blutschwalle von Kvarforth handeln: anscheinend hat der junge Herr sich in guter MAYHEM-Tradition ein wenig selbst angepiekst. Alles in allem krasse Musik an diesem Abend mit einer noch krasseren Show! Später habe ich mir dann noch den abgeschminkten und sehr netten Ensifer geschnappt, um nachzufragen, warum URGEGAL nicht auf dem TOMAHAWK-FESTIVAL in Osnabrück am Wochenende zuvor gespielt hatten. Denn darüber hatte ich mich schon sehr geärgert, zumal sie das RAGNARÖK ja mit einem Konzert bedacht hatten. Ensifer jedenfalls erklärte mir, dass die Band sich schon vor Tourbeginn dazu entschieden hatte, das TOMAHAWK zu canceln, da sie sich stilistisch nicht mit dem restlichen Billing (PAIN, APOKALYPTISCHE REITER, KORPIKLAANI,…) wohl fühlten. Darüber hinaus hätte URGEHAL demnach auch als Opener ran gemusst, worauf sie dann auch nicht so wirklich Bock hatten. Und was m.E. auch total vermessen gewesen wäre! Die Band hatte dann den Veranstalter gebeten, den Absprung rechtzeitig bekannt zu geben, was irgendwie nicht so richtig geschehen ist. Ich für meinen Teil habe erst einen Tag vorher erfahren, dass URGEHAL nicht spielen werden und war dementsprechend überrumpelt. Im Gespräch mit Ensifer kam ich dann noch auf die deutsche Black Metal-Combo DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT zu sprechen, die ja auch zusammen mit TAAKE und KOLDBRANN einige Gigs gespielt haben. Die Growls von DNS werden bekanntlich von einer Frau, Onielar, beigesteuert und so wollte ich nun wissen, was denn die TNBM-Szene von einer solchen Entwicklung hält. Zumal ich selbst DNS echt gut finde. Ensifer erwiderte daraufhin, dass er die Band ebenfalls ziemlich klasse findet und er der Meinung ist, dass der Black Metal mehr Frauen brauche. Mit letzterem hätte ich – ehrlich gesagt – nicht wirklich gerechnet, macht den Typen aber noch mal sympathischer!

Als ich nach diesem Aktion reichen Abend gegen 2h in mein Hotel zurück kehre und mir im Speisesaal noch ein Gläschen Milch holte, lief übrigens gerade Xavier Naidoo im Radio. Ungelogen! Glücklicherweise brummten meine Ohren noch dermaßen – denn ich hatte natürlich vergessen, Ohrstöpsel zum Konzert mitzunehmen – dass ich das Gedudel nun kaum hören konnte.

1. Tag

NORWEGIAN METAL ALL STARS
Der erste Konzertabend des Inferno begann dann auch standesgemäß mit einem Auftritt der NORWEGIAN METAL ALL STARS. Dabei werden alle möglichen norwegischen Musiker zusammengewürfelt und spielen in immer wechselnden Besetzungen ein paar Cover. Aber ehrlich gesagt kannte ich die meisten Musiker gar nicht, hätte vielleicht auch näher rangehen können. Der Homepage des Infernos ist lediglich zu entnehmen, dass wohl Mitglieder von ENSLAVED, EMPEROR und RED HARVEST vertreten gewesen sein sollen. Erst dachte ich ja, ich sei schlichtweg zu blöd oder zu untrue, um irgendwen zu erkennen, aber nachdem ich mehrere Leute um mich herum gefragt hatte, kann ich nun die These aufstellen, dass die Musiker, die tatsächlich spielten, einfach nicht wirklich bekannt bzw. zu erkennen sind. Soviel also zum Thema Allstars – dabei hat Norwegen da doch eigentlich so einige Kaliber aufzuweisen! Wirklich sicher bin ich mir nur, dass Trym (ZYKLON) und in erster Linie auch Athera (SUSPERIA) die Bühne enterten. Mit Unterstützung einiger ausländischer Kollegen wie etwa Dan Lilker (BRUTAL TRUTH) wurden dann Klassiker wie „Ace of Spades“ und „Angel of Death“ zum Besten gegeben; insgesamt umfasste das Set, wenn ich recht mit gezählt habe, acht Songs. Nach meinem Abend im „Amplifier“ hat es mich dann auch nicht mehr verwundert, dass die Fans erst beim letzten Song – „Angel of Death“ – und dann auch nur beim Refrain ein wenig mehr Regung zeigten.

KARKADAN
Direkt im Anschluss machte ich mich dann eilig auf den Weg ins John Dee, da dort die deutschen Lokalmatadore KARKADAN performen sollten. Ich war überrascht von der Fülle vor der Bühne: KARKADAN sind wirklich gut vom Publikum aufgenommen worden! Und de facto war das Publikum auch deutlich mehr am Abgehen als noch ein paar Augenblicke früher bei den NORWEGIAN METAL ALL STARS. Besonders in meinem Gehörgang hängen geblieben ist der Song „The Ancient Times“ vom 2002er Album „The lost secrets“; aber noch besser kam beim Publikum – welch Überraschung – das „Symphony of Destruction“-Cover an, das zum lautstarken Mitsingen anregte.

TRINACRIA
Nun stand auf der Mainstage der allererste Auftritt der neuen Formation TRINACRIA auf dem Programm, welche sich aus Mitgliedern von ENSLAVED sowie des Female-Noise-Duos FE-MAIL zusammensetzt. Und man durfte gespannt sein! Die beiden Damen Maja Solveig Kjelstrup Ratkje (Voice, Synth; übrigens ziemlich schwanger) und Hild Sofie Tafjord (Horns, Synths) – beide mit blau gemaltem Augenbereich – waren auf der linken Seite der Bühne positioniert, während Grutle Kjellson von ENSLAVED zentriert am Bühnenrand stand. Selbiger hatte sich das Symbol der TRINACRIA, also die Pyramide mit dem Auge darin, in rot und blau auf die Stirn gemalt, während auch der Rest des Gesichts rot gefärbt war. Und auch die anderen Musiker hatten rot gefärbte Stirnbereiche mit mitunter angedeuteten schwarzen Dreiecken darauf. Die Beleuchtung war sehr atmosphärisch, zumeist eisblau. Im Hintergrund liefen verschiedene Motive über die auf der Bühne installierte Leinwand, mal Unmengen von Gesichtern, mal Lichttunnel. Die Bühnenshow indes war sehr minimalistisch; so verharrten die Musiker i.d.R. auf ihren Positionen und zeigten nicht viel Bewegung, was gut zum Konzept des Auftritts passte. So war es dann Grutle Kjellson, der die meiste Aufmerksamkeit auf sich zog, auch wenn selbst er häufig wenig Regung zeigte. So bestanden die überaus langen, mit sphärischen Klängen ausgeschmückten Songs von TRINACRIA aus vielen ruhigen Passagen; dennoch konnte die Band stellenweise auch richtig Gas geben, was dann auch von der Bühnenpräsenz Kjellsons umgesetzt wurde: mit vielen Gesten, einer starken Mimik und diversen Headbangs setzte er die Musik in Szene. Selbst dann bewegte er sich allerdings keinen Zentimeter vom Fleck weg. Die Musik von TRINACRIA ist wirklich sehr experimentell, sphärisch und elektronisch: so erzeugten die beiden Damen mit ihren mitunter sehr sonderbar anmutenden elektronischen Gerätschaften, aber auch mit Horn und Stimme eine Art Störgeräusch, was sich über lange Strecken auf die Songs legte. Dabei schwenkte Hild Sofie Tafjord ihr Horn häufig vor dem Mikro hin und her, wodurch ein ganz eigener, irgendwie schwingender und wabernder Sound entstand. Dennoch spielte sie das Horn mitunter auch ganz normal. Maja Solveig Kjelstrup Ratkje ihrerseits steuerte mehrfach einen eindringlichen, monotonen Gesang bei. Zeitweise entstand im Gesamtbild ein regelrechtes Klangwirrwarr, aus dem man die einzelnen Instrumente nur schwer heraushören konnte. Sänger Grutle Kjellson verstellte indes mit einem ans Mikro angeschlossenen Pedal den Klang seiner Stimme, so dass diese zeitweise arg verzerrt wiedergegeben wurde. Manchmal sogar so sehr verzerrt, dass ich unweigerlich an EBM erinnert wurde. Die Halle im Rockefeller war gut gefüllt; dennoch schien das Publikum zu großen Teilen noch recht unschlüssig, was es nun von dieser sehr innovativen und progressiven Art von Musik zu halten habe. Auch im Laufe des Gigs wurde das Publikum äußerlich noch nicht ganz warm mit der Musik, wobei es allerdings auch nicht leerer geworden war. Wobei jeder Song mit reichlich Applaus und Jubel versehen wurde. So konnten diverse Köpfe entdeckt werden, die eifrig im Takt nickten, aber wirklich am Abgehen war zumeist nur eine Person irgendwo in der ersten Reihe. Wobei dies absolut keine Rückschlüsse auf die Leistung der Band ziehen lässt! Im Gegenteil: der Auftritt von TRINACRIA hat mich derart gefesselt, dass dies eindeutig eins meiner persönlichen Highlights des kompletten Festivals war. Natürlich – wer fälschlicherweise damit gerechnet hatte, sirenenartigen Gesang à la Goth Metal der beiden Damen zu vernehmen, der wurde mit Sicherheit ziemlich vor den Kopf gestoßen. Sollte TRINACRIA demnächst mal einen Tonträger auf den Markt bringen – unbedingt reinhören!

PRIMORDIAL
Was soll man zu PRIMORDIAL noch groß sagen? Der Fronter A. A. Nemtheanga betrat charismatisch und bemalt wie immer, mit einer zerrissenen Lederhose bekleidet, die Bühne. Durch den von Schlagzeug und Gitarre erzeugten, druckvollen Beat wurde die Halle auch zum ersten Mal an diesem Abend komplett zum Toben animiert. So wurde auch auf den Rängen des Rockefeller mitunter eifrig gemoscht, was schon recht imposant aussah. Das Publikum bedachte PRIMORDIAL mit lautstarken Anfeuerungen und grölte bei diversen Songs ausgiebig mit. A. A. Nemtheanga zeigte sich dem Publikum sehr zugewandt und selbiges reagierte dankbar; auch gerade bei „The Coffin Ships“ vom 2005er Album „The Gathering Wilderness“ erlebte ich ein überaus glückliches Publikum, das auch in den Pausen zwischen einzelnen Songs lautstark auf sich aufmerksam machte und die Band pausenlos anfeuerte. Auch wenn mich der nun folgende Sachverhalt eigentlich immer ein wenig an den Musikantenstadel erinnert, so hat es an dieser Stelle doch irgendwie gepasst: denn häufiger ließ sich das Publikum dazu hinreißen, euphorisch im Rhythmus mitzuklatschen. Letztlich war PRIMORDIAL dann auch die erste Band dieses Festivals, bei der vehement eine Zugabe gefordert wurde. Aber wie bei Festivals nun mal üblich, konnte diesem Wunsch nicht stattgegeben werden. Ich muss zugeben, dass mir dieser Gig tatsächlich Spaß gemacht hat; zunächst war ich ja ein wenig skeptisch, denn ich habe nicht immer Bock auf diese langen Songs von PRIMORDIAL. Aber diesmal war alles gut!

PARADIGMA
PARADIGMA waren eine der wenigen Bands des Festivals, in denen ein weibliches Mitglied zu verzeichnen ist: Zilla, zuständig für female vocals und Keys. Allerdings hat mich ausgerechnet deren Performance nicht wirklich umgehauen; sie schaute zumeist überaus gelangweilt drein, wenn sie gerade keinen Einsatz hatte. Aber eigentlich auch sonst. Zudem war ihr Gesang häufig viel zu leise, was vermutlich aber entweder dem Mischer oder meinen Ohropax anzurechnen ist. Der Sound von PARADIGMA wirkte auf mich sehr schwermütig und monoton, halt doomig. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann handelte es sich bei diesem Gig um den ersten Auftritt nach sieben Jahren, wobei die Formation nun teilweise aus neuen Mitgliedern besteht. So kann man dann ja vielleicht auch verstehen, warum die Performance auf der Bühne zeitweise etwas eingerostet schien. Aber immerhin: vor der Bühne selbst war auch nicht mehr Aktion los, also hat sich das dann quasi wieder ausgeglichen. Dennoch bedachte das Publikum PARADIGMA mit dankbarem Applaus. Zwei Tage später beim Auftritt von DØDHEIMSGARD ist mir dann aber ins Auge gefallen, dass PARADIGMAs Gitarrist/ Sänger Tom Kvålsvoll der Gleiche ist wie Thrawn, einer der Gitarristen von DHG.

ZYKLON
Gleich vorweg: neben TRINACRIA war ZYKLON für mich die absolute Überraschung des Abends! Nachdem ich mich vorher – sträflicher Weise – noch nie wirklich mit der norwegischen Formation befasst hatte, wurde ich nun vom krassen Schlagzeug echt umgehauen! Eigentlich wurde die ganzen Songs hindurch immer fein Doublebass gespielt –und dazu noch sehr sauber! So verwundert es also nicht, dass Drummer Trym bei den diesjährigen NORWEGIAN METAL ALL STARS vertreten war. Der Sound von ZYKLON ist unheimlich energiegeladen und druckvoll, was durch einen heftig wummernden Bass noch unterstützt wird. In Norwegen scheint die Band sehr populär zu sein und so war es in der Halle ordentlich voll; aber nicht nur große Teile des Publikums, sondern auch der Sänger und Bassist Secthdamon war wild am Bangen. Insgesamt reagierte das Publikum auch deutlich auf seine Interaktion..Einziger Wermutstropfen: nach einigen Songs wird es schon etwas langweilig, weil sich das Schema der Songs prinzipiell immer wiederholt. Dennoch werde ich mich da auf jeden Fall mehr hinter klemmen!

SUFFOCATION
SUFFOCATION haben gleich richtig Gas gegeben und somit bildete sich vor der Bühne ein kleiner aber feiner Moshpit, in dem wild geschubst und gerangelt wurde. So ein wenig haben mir die Ansagen von Fronter Frank Mullen den Gig allerdings vermiest, denn dieser erzählte permanent, wie „fucking great“ Oslo sei, so frei nach dem Motto, dass sie in 20 Jahren des Tourens so was Tolles noch nicht erlebt hätten. Und das tat er prinzipiell nach jedem Song kund! Dann hat er sich noch dafür entschuldigt, dass SUFFOCATION etwa sechs oder sieben Jahre lang nicht mehr in Norwegen gespielt hätten und – da das Publikum die Band wirklich gut aufnahm – versprach er, bald wiederzukommen. Ein amüsiertes Grinsen sowie den einen oder anderen Gedanken an Mille von KREATOR sowie A. A. Nemtheanga von PRIMORDIAL konnte ich mir bei folgendem Statement von Frank Mullen absolut nicht verkneifen: „Thank you, my friends in Norway, you’ve been fucking brutal!“ Nachstehende Aufforderung an das Publikum, im Moshpit alles zu geben, war ebenfalls zauberhaft: „It is fucking brutal, so do whatever you want!“ Dieses Gesülze hat mich – gelinde gesagt – irgendwann ziemlich genervt, und auf letztere Aufforderung hat das Publikum auch nicht so richtig reagiert, ebenso wenig auf die Initialisierung eines Circlepits. Wobei sich das mit Letzterem ja sowieso häufig als (zu) große Herausforderung an die motorischen und koordinatorischen Fähigkeiten des Publikums darstellt. Mittlerweile war es auch schon 1:30h und keinesfalls mehr so voll wie bei ZYKLON, den heimlichen Helden des Abends, aber die noch Anwesenden gingen dafür im Durchschnitt mehr mit als je zuvor an diesem Tag. Was aus rein musikalischer Sicht auch durchaus verständlich ist, denn Derek Boyer bedachte das Publikum mit einem wahren Basshagel! Gegen Ende des Gigs schien es so, als ob SUFFOCATION erst jetzt auf der Bühne besprachen, welchen Song sie als nächstes spielen würden. Beendet wurde der Gig dann mit dem Song „Pierced From Within“ vom gleichnamigen Album. All diejenigen, die bei den Ansagen zwischen den Songs erfolgreich auf Durchzug geschaltet haben (oder wahlweise einfach gelassener sind als ich), werden an diesem Auftritt mit Sicherheit viel Spaß gehabt haben!

WATAIN
Tja – WATAIN. Als langjährige, überzeugte Vegetarierin und Mitglied bei Greenpeace habe ich es vorgezogen, mich lieber gleich in sicherer Entfernung hinterm Mischer zu verstecken. Denn dort würden sicherlich weder angeranztes Ochsenblut, noch enthauptete Tauben hinkommen. Meine Sorge war aber unbegründet: WATAIN verzichteten in ihrer Bühnenshow auf derartige Accessoires. Hinterher war ich dann ja schon fast ein wenig enttäuscht, aber andererseits hat es mir auch viel emotionale Pein erspart. Der Gig war dennoch – oder gerade auch deswegen – wirklich gut. Es scheint durchaus plausibel, dass WATAIN für die Mitglieder kein Projekt, sondern vielmehr eine Lebensphilosophie ist. Auch, wenn das sicherlich ein Punkt ist, bei dem sich die Gemüter scheiden. Was ich eigentlich sagen will: Musik, Outfit und Stimmung sind wie aus einem Guss, passt quasi wie Arsch auf Eimer. Das CorpsePaint sowie der Rest des Outfits waren unordentlich und – wie sagt man so schön – süffig. Vor mir neben dem Mischer stand ein Typ, der den ganzen Gig mit CamCorder aufzeichnete. Logisch kombiniert dachte ich mir so, dass der bestimmt irgendwie mit der Band verbändelt ist und habe ihn nach dem Gig dann mit ein paar Fragen belästigt. Obwohl der Kerl wenig erfreut und folglich reserviert und kurz angebunden war, hat er sich doch ein Momentchen mit mir unterhalten. Wobei er mich eigentlich kaum hat zu Wort kommen lassen. Zunächst wollte ich natürlich wissen, ob es denn war sei, dass WATAIN generell gerne ihrem Motto „You are not only supposed to listen to Black Metal, but to also smell it!“ gerecht werden und allen möglichen Ekelkram auf die Bühne mitnehmen. Ich selbst hatte bislang noch keinen Gig der Band gesehen. Dies bejahte er, wies aber auch darauf hin, dass WATAIN ja schon seit rund einem Monat auf ihrer „Fuck the World“-Tour seien und ihnen schlichtweg das Material ausgegangen sei. Wobei ich mir für meinen Teil dachte, dass Blut (gut, vielleicht nicht gerade angeranzt) und arme, kleine Täubchen doch eigentlich recht zugänglich sein sollten. Der Kerl hat dann in Hinblick auf WATAINs Black Metal-Lebenseinstellung noch einmal unterstrichen, dass die Band nicht für ihre Gigs in eine Rolle schlüpft und man bspw. auch nicht wie bei vielen anderen Black Metal Bands einen MakeUp-Rand unter dem Kinn sehen könne. Soweit, so gut. Doch allerspätestens jetzt fand mich mein Gesprächspartner extrem untrue, denn ich gestand ihm, dass ich mich absichtlich weiter weg von der Bühne positioniert hatte, um nicht besudelt zu werden. Als ich mich dann auch noch als Vegetarierin outete und in Zusammenhang mit WATAIN die Floskel „Show with bloodspitting and satanworshipping“ erwähnte (wir erinnern uns: das ist keine Show, das ist eine Lebenseinstellung!), war er sichtlich angepisst, guckte mich entsetzt an und sagte nur brüsk, dass es für ihn ein absoluter Widerspruch sei, sich einen solchen Gig angucken zu wollen, zeitgleich aber nichts abkriegen zu wollen. Als ich dann noch ein wenig debattieren wollte – denn so wollte ich das ja auch nicht einfach stehen lassen – hatte der Typ sichtlich keinen Bock mehr, mir weiter zuzuhören und ist einfach gegangen. Das ist wahrer Rock ’n’ Roll! Doch zurück zum Geschehen auf der Bühne. Der Gig war sehr fesselnd und atmosphärisch, grundsätzlich kann man bei WATAIN sowieso kein reines Geknüppel erwarten. So war es dieser Auftritt letztlich auch, der mich für den Rest des Festivals mit einem Ohrwurm versehen hat: „I am the earth“ vom 2003er Album „Casus Luciferi“. Der Sog ist sehr lang und langsam und zudem sehr melodisch. Mittlerweile habe ich ja eh nichts mehr zu verlieren und möchte daher an dieser Stelle auch noch anmerken, dass „I am the earth“ m.E. nach schon fast zum Kuscheln anregt. Und das meine ich wirklich als Kompliment!

2. Tag

GROUND ZERO SYSTEM
Noch recht frisch auf dem Markt und auch noch jung an Jahren ist die norwegische Formation GROUND ZERO SYSTEM, die sich erst Ende 2004 gegründet hat. Anscheinend hat die Band direkt vorm Inferno einen Plattenvertrag beim norwegischen Label „Facefront“ unterzeichnet. Bei dem Gig im John Dee kam absolut keine Langeweile auf, da viele schöne Rhythmuswechsel permanent zum Mitwippen anregten. Der Basser der Band, Simen Høgdal Pedersen, steuerte dann neben den Grunts von Fronter Alf Magne Andersen auch noch cleane Vocals bei; ich traue mich ja kaum, dieses mittlerweile zumeist negativ behaftete Wort in den Mund zu nehmen, aber dieser Gesang klang schon zeitweise recht Emo. Soll hier aber kein Manko, sondern eindeutig Gewinn sein! Hat sich wirklich gut angehört! Bei zwei Songs kam dann noch ein Sänger von TRAIL OF TEARS auf die Bühne, Ronny Thorsen. Insgesamt ein Auftritt, der wirklich Spaß gemacht hat und man kann gespannt auf kommende Alben warten!

ROTTEN SOUND
Während man Finnland heutzutage ja schon fast automatisch mit den vielfältigsten Humpa-Rhythmen verbindet, bilden ROTTEN SOUND eine glorreiche Ausnahme! Ich habe sie als schön Grindcore-lastig und durchweg gut erlebt – war wirklich positiv überrascht. Der Sänger Keijo Niinimaa scheint auch ein echt netter Typ zu sein, der sich aufrichtig über das zahlreiche Publikum im John Dee gefreut hat. So bedankte er sich auch höflich – politisch korrekt übrigens sowohl bei den „guys“ als auch bei den „girls“ – für die starke Resonanz. Unbedingt mal reinhören, da es die Band immerhin schon seit 1993 gibt besteht eine große Auswahl an Tonmaterial!

SIGH
Als nächstes auf dem Programm stand die Band mit der vermutlich längsten Anreise: SIGH aus Japan. Da ich mich noch nie wirklich mit der asiatischen Metal-Szene befasst hatte, war ich nun umso gespannter auf diesen Exoten. Zumal die Medien in Deutschland ja immer wieder von der japanischen Schüchternheit und Zurückhaltung berichten. So erlebte ich gleich zu Beginn des Gigs eine Überraschung, als die erwartete Formation bestehend aus vier männlichen Musikern die Bühne zusammen mit einer leicht bekleideten Dame inklusive Saxophon betrat. Davon war mir im Vorfeld nichts bekannt und während ich noch überlegte, ob diese halbnackten Tatsachen der Grund für das wirklich gut gefüllte Rockefeller waren, legte die Band auch schon los. Der Fronter Mirai Kawashima – in ein Kimono-artiges Gewand gehüllt – bediente zusätzlich noch die Keys, die in Anlehnung an die Kanzel eines Predigers vor ihm aufgebaut waren. Irgendwie hat mich diese Anordnung der Keys auf der Bühne unweigerlich an die Gothrocker von GOTHMINISTER erinnert, nur dass die Idee mit der Kanzel bei letzterer Band um ein Vielfaches besser – wenngleich natürlich auch deutlich aufwendiger – umgesetzt wurde als nun hier bei SIGH. Die Orgelsounds jedenfalls, die aus den Keys ertönten, haben mir richtig gut gefallen. Ich für meinen Teil stehe ja auf so was! Der Homepage der Band ist darüber hinaus zu entnehmen, dass die Dame Mikannibal erst dieses Jahr zunächst für die Live-Shows zur Band dazu gestoßen ist. SIGH hatten demnach eine längere Live-Pause; ihren ersten Gig nach über fünf Jahren spielte die Band Mitte März im mit geändertem Lineup – neben der weiblichen Verstärkung ist auch der Drummer Junichi neu. Die anderen Musiker jedenfalls an Gitarre, Bass und Drums waren in ihren Jeans, Halbschuhe und T-Shirts sowieso schon unscheinbar, neben Mirai Kawashima und Mikannibal gingen sie allerdings komplett unter. Die Dame ihrerseits wurde von Ray neben mir mit den Worten „Wow, this woman got some pipe!“ kommentiert, was sich vermutlich sowohl auf ihr Saxophon und wahlweise auch ihre Stimme, sowie ebenfalls auf ihr – nennen wir es einmal – Fahrgestell beziehen kann. Und was die Stimme betrifft, so muss ich dem zustimmen: dieses kleine und zierliche Geschöpf schien nahezu mühelos in den tiefsten Tonlagen rumzugrunzen! Nur das Singen, was sie glücklicherweise sowieso nur selten tat, hätte sie besser vollends unterlassen sollen. Erinnerte mich irgendwie an eine abgehalfterte Seemannsbraut. Und was das Saxophon um ihren Hals verloren hatte, das konnte ich auch nach eingängiger Analyse nicht feststellen. Dekorativ war es jedenfalls nicht! Zugegeben, so manches Mal wurde es auch zum Musizieren verwendet – was meinem kritischen Auge allerdings eher wie ein ungeschickter Vorwand erschien, um lasziv am Mundstück herum lecken und lutschen zu können. Irgendwann jedenfalls legte Madame das Saxophon dann endlich zur Seite und konzentrierte sich nunmehr darauf, das Publikum zum Mitklatschen u.ä. aufzufordern – mit überaus mäßigem Erfolg. Ich musste allerdings feststellen, dass die Dame selbst sich nicht an der wenig euphorischen Reaktion störte, sondern ihre Zeit auf der Bühne sichtlich genoss. Auch gegen Ende des Gigs schien die Mehrheit der nach wie vor zahlreichen Zuschauer noch nicht schlüssig, was denn nun von SIGH zu halten sei. Ich selbst fand den Sound insgesamt eher unspektakulär, finde jedoch, dass Mikannibal mit ihrem Organ durchaus Potenzial hat. Und das kann man gerne verstehen, wie man will.

LEGION OF THE DAMNED
Hier ist genau das passiert, wofür ich mich eigentlich mittlerweile für zu alt gehalten habe: LEGION OF THE DAMNED waren derart fantastisch, dass ich mich dazu habe verleiten lassen, meine Mähne ein wenig durch die Luft zu schwingen – sofern das in dem Gedränge möglich war. Mitbekommen habe ich daher nicht so viel, nur dass der Gig überaus genial war! Angeblich haben die Ordner bei LEGION OF THE DAMNED auch keinen mehr runter ins John Dee gelassen, da es zu voll war. In der Mitte vor der Bühne wurde es auch richtig wild, die obligatorischen riesengroßen Kerle haben sich gegenseitig ohne Rücksicht auf Verluste durch die Gegend geschubst. Trotz zerstörter Frisur und ruiniertem MakeUp – dies war eins meiner ganz besonderen Highlights!

MOONSPELL
Nach LEGION OF THE DAMNED brauchte ich erstmal ein Päuschen, und so verschlug es mich Pepsi trinkender Weise auf einen der Ränge im Rockefeller, um entspannt den Klängen von MOONSPELL lauschen zu können. Wie eigentlich immer begann der Gig mit rotem Licht und viel Nebel, wobei Sänger Fernando Ribeiro in einen (oder: den) roten Mantel gehüllt den Nebelschwaden entstieg und stets verbal viel Kontakt zum Publikum herstellte. Es folgte ein gewohnt atmosphärischer Gig mit vielen Lichteffekten. Das Publikum nahm die Portugiesen gut auf und besonders der alte Klassiker „Vampiria“, der gekonnt in Szene gesetzt und mit einem Break in der Mitte versehen wurde, kam super an.

HECATE ENTHRONED
HECATE ENTHRONED gehörten ganz klar zu einer der Bands, auf die ich mich vorab besonders gefreut hatte. Dabei mussten sich die frühen Outputs der Band häufig mit den Landesgenossen von CRADLE OF FILTH vergleichen lassen. Egal – ich finde die Musik super! So tat es mir wirklich leid, dass HECATE ENTHRONED direkt vor IMMORTAL im John Dee spielen mussten, da die meisten Festivalbesucher bereits das Rockefeller belagerten, um sich für den lang erwarteten Auftritt von IMMORTAL die besten Plätze zu sichern. Da die Leute, die trotz dieser Widrigkeit auf HECATE ENTHRONED warteten, die Band auch wirklich sehen wollten, war die Stimmung insgesamt also dennoch ganz gut. Und – um es noch mal zu betonen – ich habe mich ebenfalls außerordentlich gefreut! Da es anscheinend Probleme mit der Elektronik auf der Bühne gab, fing der Gig dann auch noch rund 10 min. zu spät an, in denen die Spannung meinerseits natürlich stieg. Doch dann erlebte ich die vermutlich größte Ernüchterung des kompletten Festivals: natürlich war mir klar, dass die Jungs von HECATE ENTHRONED keine 20 mehr sind und sich die Band in ihren letzten Veröffentlichungen zusehends dem Death Metal zugewandt hat. Ich habe also nicht mit irgendwelchen knackigen Jünglingen in CorpsePaint mit Black Metal Sound und Schweinekopf auf der Bühne gerechnet. Aber halt auch irgendwie nicht mit einem überaus zerzausten Fronter Dean in pink-türkis gebatiktem T-Shirt, heller Jeans und vollkommen ausgelatschten Boots, der irgendwie den Eindruck erweckte, gerade erst aus dem Bett gefallen zu sein. Just musste ich an Herrn Stahl und seinen Auftritt mit CARNIVORE auf dem Wacken letztes Jahr denken – wobei das ja irgendwie noch lustig war. Aber wo ist bloß der jung-dynamische Grusel der alten Tage geblieben? Zwar ging es musikalisch zurück bis zu eben dieser Zeit, namentlich der ersten CD „Upon Promeathean Shores“ von 1995. Und HECATE ENTHRONED haben sich musikalisch auch bemüht, aber so richtig wollte der Funke nicht überspringen. Wobei der Auftritt an sich auch visuell wenig bot. Bei einer Band, die es ja nun doch schon diverse Jährchen existiert, hätte ich irgendwie einen souveräneren, packenderen Gig erwartet. Schade! Anscheinend ging es auch anderen Zuschauern ähnlich wie mir, denn nach jedem Song verließen mehr und mehr Leute das John Dee, um dann doch schon mal im Rockefeller für IMMORTAL Stellung zu beziehen.

IMMORTAL
Nun war es also endlich soweit: der sehnsüchtig erwartete Auftritt von IMMORTAL nach viel zu langer Abstinenz. Neben Urgestein Abbath und Drummer Horgh wartete am Bass Apollyon auf, der sonst auch bei AURO NOIR sein Unwesen treibt. Auf der Homepage von IMMORTAL wird übrigens – nur schnell am Rande – auch Demonaz weiter als Mitglied der Band aufgezählt, was ich schon fast rührend finde. Wie zu erwarten jedenfalls war es proppenvoll und Freunde von engem Körperkontakt mit Unbekannten kamen hierbei voll auf ihre Kosten. Überall drängten sich die gespannten Festivalbesucher. Zugegeben – viele Leute schienen von der extremen Fülle genervt und machten lange Gesichter. Weiter hinten im Rockefeller waren dann auch nur wenige, die richtig mitgegangen sind; die meisten schienen damit beschäftigt, überhaupt etwas sehen zu können. Und davon gab es dann so einiges: gleich zum Auftakt des Gigs wurden ein paar Pyroknaller auf der Bühne gezündet, bevor IMMORTAL endlich die Bühne betraten. „It’s great to be back!“ entgegnete Abbath einer tobenden Menge. Los legten sie mit „Tyrants“, was der Sache entsprechend ja auch überaus passend war. In absolut dekadenter Weise – wie es sich IMMORTAL aber erlauben können – zogen sie den Song in die Länge und schmückten ihn mit zwei Kunstpausen aus, um sich und den Song richtig schön in Szene zu setzen. Dieses Schema übrigens zog sich über den ganzen Gig hinweg; die reine Spielzeit war de facto weitaus geringer als die Dauer des Gigs, denn auch zwischen den einzelnen Songs wurden großzügige Pausen eingelegt. Das Publikum war jedoch begeistert und zeigte sich überaus entzückt, als Abbath so etwas wie „Shut up! Shut the fuck up, motherfucker, yous!“ in die Menge schrie. Nach „Tyrants“ folgten dann noch Songs wie „One by One“, „Unsilent storms in the North Abyss“ und “Sons of Northern Darkness”. Am Anfang des Auftritts waren IMMORTAL so in ihrer Dekadenz gefangen, dass sie – abgesehen von diversen Platzwechseln – kaum Action auf der Bühne zeigten und sich stattdessen lieber in den Wind eines der Ventilatoren stellten. Leider hatte ich erst ein paar Tage vorher EPICA gesehen, und so musste ich ob dieses speziellen Equipments ein wenig schmunzeln. Später allerdings zeigten die Jungs deutlich mehr Einsatz! Zwischenzeitlich gab es immer mal wieder ein paar Pyro-Effekte auf der Bühne, und auch Abbath himself schnappte sich irgendwann eine Fackel, um damit ein wenig zu performen. Es war schon irgendwie interessant, wie sehr IMMORTAL sich feiern ließen und sich selbst inszenierten! Und vor allem: es kam dennoch nicht blöd, sondern irgendwie passend rüber. Dazu gehörte es dann auch, dass der Gig viel zu früh beendet wurde – nur, um dann mit diversen Zugaben fortgeführt zu werden. Der allerletzte Song sollte dann der absolute Klassiker „Blashyrkh (Mighty Ravendark)“ sein, was natürlich noch mal für einen Nachschlag an Stimmung im Saal sorgte. Ein letzter großer Pyroknaller läutete letztlich das Ende eines grandios inszenierten, denkwürdigen Gigs ein – Technikprobleme hin oder her..

3. Tag

BRUTAL TRUTH
Sänger Kevin Sharp repräsentierte seine Herkunft auf modische Art und Weise mit schmuckem Cowboyhut, passenden Stiefeletten und Blue Jeans. Drummer Rich H hingegen verfolgt anscheinend einen eher minimalistischen Stil: ein auffallend reduziertes DrumKit mit bspw. nur einer Bassdrum nebst eines freien Oberkörpers könnten diese Theorie untermauern. H wird jedoch gewusst haben, warum er nur wenig Kleidung wählte, denn in alter Grind-Manier hatte er schließlich alle Hände und Füße voll zu tun! So war es dann auch verständlich, dass er zwischendurch mal die Sticks aus der Hand legen und die Finger durchstrecken musste sowie andere Stretching-Übungen vollführte. Der Kerl hat echt ordentlich Tempo gemacht, und das tapfer bis zum Schluss. Respekt! Für ein derartiges Brett war es aber anscheinend noch zu früh, das Publikum hätte wohl erstmal langsam warm werden sollen. Dennoch hat gerade auch Sharp alles gegeben und sich mitunter wild auf dem Boden gekugelt. Auch gehörten diverse abenteuerliche Spreiz-Luftsprünge zu seinem Repertoire und er hüpfte hin und wieder auch einfach mal so auf der Stelle. Bemerkenswert, dass er kein einziges Mal seinen Hut dabei verlor! Das Publikum guckte zwar interessiert, so richtig gepackt wurde es bis auf einige Ausnahmen allerdings nicht. Während eines Bass-Solos verteilte – wenn ich mich recht entsinne – der Gitarrist Gurn drei oder vier CDs an die Fans aus der ersten Reihe, das fand ich schon sehr nett. Bassist Dan Lilker hatte auch ein paar Growling-Parts, die ich aber vermutlich auf Grund schlechter Abmischung nicht recht vernehmen konnte. Im Zweifelsfalle waren es auch einfach mal wieder meine Ohropax. Zu späterer Stunde – da bin ich mir sicher – hätte die Hütte bei BRUTAL TRUTH gut gerockt. Für den Opener des Abends im Rockefeller war es dann aber doch irgendwie too much!

RESURRECTED
Auch hier galt es wieder, die Lage bei den deutschen Landsmännern zu überprüfen. Wirklich voll war es nicht im John Dee, dafür aber standen direkt vor der Bühne ein paar ganz wilde Fans, die schon vor Beginn des Konzerts mit „Raping whores“-Rufen der Band huldigten. Aber ausgerechnet dieser Song stand nicht auf der Setlist von RESURRECTED, was eben diese Fans aber erst nach dem Gig so langsam zu realisieren schienen: die ganze Zeit über verlangten sie hartnäckig nach eben diesem Titel. Lustig, dass man jetzt auf der Bandpage lesen kann, dass der Song auf Grund der großen Resonanz wieder ins Programm genommen wurde! Stattdessen aber gab es auf dem Inferno nach dem Intro ein buntes Potpourri durch die Jahre 2001-2006, mit Songs wie „Bloodmarked“ und „Necronymphomanic“. Und auch, wenn ich viele Titel der Jungs aus feministischer Sicht ganz generell schwer Scheiße finde, so haben sie doch einen netten Auftritt hingelegt und hatten sichtlich Spaß dabei. Und so soll’s schließlich sein!

DØDHEIMSGARD
Auf diese Band hatte ich ja nun auch schon gespannt gewartet! Nach immerhin acht Jahren Funkstille sollten nun die Norweger DØDHEIMSGARD mit überarbeitetem Lineup wieder die Bühne entern. Und gleich vorweg: die Show war klasse – visuell und musikalisch! Die diversen Paints der Musiker sowie eine permanente rote oder auch eisblaue Beleuchtung gestalteten diesen Gig überaus atmosphärisch. Sänger Kvohst war in ein adrettes Blümchentuch als Rock gewickelt und hatte zudem Oberkörper, Arme und Kopf mit roter Farbe dekoriert. Die Arme waren zudem mit süffigen Verbänden umwickelt, die er sich im Laufe des Auftritts allmählich abriss, ebenso wie angeklebte Hautlappen vom Kinn-/ Halsbereich. Letzteres warf Kvohst zu einem späteren Zeitpunkt überaus aufmerksam ins Publikum. Ein schönes Mitbringsel für die liebe Familie daheim! Beim Gig war es generell verdammt voll im Rockefeller, aber das war ja auch nicht anders zu erwarten. Zwischendurch kam dann auch noch ein Mensch namens Aldrahn als Feature in zwei oder drei Songs auf die Bühne, meinen Recherchen zufolge der vormalige Sänger von DØDHEIMSGARD. Dieser trug zunächst ein Ledergeschirr um den Kopf, das dann aber irgendwann auf dem Bühnenboden landete. Später beim von der Band angekündigten letzten Song ging dann ein Ordner im Fotograben auf und ab und symbolisierte den Musikern mit diversen Handzeichen, dass sie den Gig doch beenden mögen. Wozu das gut gewesen sein soll, kann ich echt nicht sagen. Denn natürlich haben DØDHEIMSGARD nicht mitten im Song aufgehört zu spielen. Insgesamt echt eins der Highlights vom Inferno, unbedingt mal ins neue Album „Supervillain Outcast“ reinhören!

DARK FUNERAL
DARK FUNERAL sind ja eigentlich immer ein Garant für eine gute Show, und so war es auch dieses Mal. Da erkennt man einfach die Routine, und wenn auch die neueren Gigs untereinander wenig Variation zeigen, so schaue ich sie mir immer wieder gerne an. Nach einem standesgemäßen Intro jedenfalls ging es gleich richtig brachial los, und in gewohnter Manier sollte sich das für die Dauer des Gigs auch nicht ändern. Matte Modin hat sich wirklich wieder fein eins zurechtgetrommelt! Mit Krachern wie „My Dark Desires“, „Attera Totus Sanctus“ und „Hail Murder!“ dürften dann eigentlich auch alle Fans zufrieden gestellt worden sein. Nachdem man sich auf der großen Europatournee letztes Jahr ja schon an die zunächst etwas mysteriös anmutenden Brustharnische der Truppe gewöhnen konnte, passen sie zusammen mit der rot-dominierten Beleuchtung nunmehr erstaunlich gut ins Konzept. Ich habe DARK FUNERAL bislang immer als eine sehr publikumsnahe Band erlebt, und auch jetzt adressierte Emperor Magus Caligula das Publikum nach kurzem anderssprachigem Einstand auf Englisch, damit auch das internationale Publikum seinen Worten lauschen konnte. (Wobei ich auch gerade überlege, welche Sprache ein Schwede in Norwegen sonst eigentlich sprechen würde…) Insgesamt also war ich echt gut zufrieden, und das wird garantiert nicht mein letzter DARK FUNERAL-Gig gewesen sein!

KOLDBRANN
Der Auftritt von KOLDBRANN fing gleich sehr interessant an, da eine durchaus erwachsene Frau aus der zweiten Reihe krampfhaft versuchte, sich irgendwie in die erste Reihe vorzumogeln. Dabei scheute sie auch nicht davor, ihr Anliegen lautstark für alle Umstehenden hörbar kund zutun: „I love KOLDBRANN!“ Als daraufhin ein Pärchen aus der ersten Reihe erwiderte, dass sie KOLDBRANN auch gerne hätten (vermutlich jedoch eher platonisch), erwiderte die Liebestolle etwas wie: „But I love them more than you do!“ Und sie klang dabei wirklich verzweifelt! Sachen gibt’s… Ich für meinen Teil freute mich auch sehr auf KOLDBRANN, aber dann doch eher aus musikalischen Gründen und um noch einmal einen Blick auf die Nietenarmbänder von Fronter Mannevond werfen zu können. Seit meinem letzten KOLDBRANN-Konzert philosophiere ich nun schon über diese Dinger, die einfach anders sind als alle anderen Nietenarmbänder, die ich je gesehen habe. Wobei sie bei näherem Überlegen doch arg denen Ensifers von URGEHAL ähneln. Doch schon wurde ich von KOLDBRANN-Sprechchören unsanft aus meinen Gedanken gerissen. Ziemlich voll war es mal wieder im John Dee! KOLDBRANN legten los mit „Alt er Befengt“ vom 2006er Album „Moribund“, von dem auch eine leichte Mehrzahl an Songs für diesen Gig stammte. Doch auch der Titel „Pogrom Pestilent“, der soweit ich weiß bislang nur auf einer 7“-Split-Vinyl erschienen ist, wurde vorgetragen. Während ich bemerkte, dass Bassist S. Johnskareng im Gegensatz zu anderen Bier trinkenden Bandmitgliedern Wein aus einer Flasche schürfte, wurde ein total besoffener, aber immer noch sehr wehrhafter Typ, der zuvor irgendwie Krawall gemacht hatte, von einem tapferen Security an mir vorbei aus dem John Dee geschliffen. Das war übrigens das erste und einzige Mal, dass ein Security in einer derartigen Situation einschreiten musste. Aber – um noch mal auf die Frau von vorhin zurück zu kommen – schöne Haare haben die Jungs von KOLDBRANN ja, und selbige werden auch permanent wild durch die Gegend gewirbelt. Der Gig schließt letztlich mit dem Song „Bestial Swarm“ und ich vermute, dass wir zukünftig noch so einiges von KOLDBRANN hören werden.

TIAMAT
Schon komisch: eben noch stand mit DARK FUNERAL eine Band auf der Bühne des Rockefeller, die alles andere als besinnliche Klänge von sich gibt, und nun warteten TIAMAT mit einer über weite Strecken ganz klar romantisch-verträumten Performance auf. Ein krasser Widerspruch, den ich selbst recht schwierig fand. Andere hingegen schienen diesen Auftritt quasi als Auszeit von dem ganzen Gedröhne und Gescheppere zu interpretieren, der im Laufe des Tages schon über die Festivalbesucher hereingebrochen war. TIAMAT zeigten sich überaus sympathisch und spielten eine bunte Mischung aus ihren bisherigen Veröffentlichungen. Zwar hatten sich die Reihen im Rockefeller deutlich zu den Vorgängern gelichtet, aber diverse treue Fans sangen und kuschelten eifrig mit. Und auch hier wurde die Band wieder mit freudigen Sprechchören bedacht.

ANAAL NATHRAKH
Zu ANAAL NATHRAKH kann ich leider nicht viel sagen, da das John Dee erneut derart überfüllt war, dass die Securities immer nur dann jemanden runter gelassen haben, wenn dafür jemand anderes hochgekommen ist. Echt blöd! Bin dann lieber erst noch mal ein Zigarettchen konsumieren gegangen und versuchte mein Glück noch einmal zu späterer Stunde. War dann irgendwann beim letzten Lied für ein paar Töne mal unten, und was ich hörte, schien ziemlich böse, laut und schnell zu sein!

SODOM
Als ich SODOM auf dem Billing für das Inferno entdeckte, war ich nicht so wirklich begeistert. Hatte es bislang immer geschafft, Gigs der Band aus dem Weg zu gehen. Bereits an den ersten beiden Tagen des Festivals war ich dann aber wirklich überrascht von den vielen SODOM-Shirts um mich herum. Im zufälligen Gespräch mit einem Norweger stellte sich heraus, dass dieser großer SODOM-Fan ist und er stellte die Theorie auf, dass SODOM als Grundstein vieler heutiger Acts zu betrachten seien. Derer Theorien gibt es natürlich viele, aber von dieser hatte ich bislang noch nicht gehört. Aber immerhin feiern Tom Angelripper und seine Mannen ja bereits ihr – gefühlt – 1000-jähriges Bestehen. Als allerletzte Band des kompletten Festivals war der Auftritt dann doch noch wirklich gut besucht: viele Besucher schienen noch mal ihre letzten Kräfte zu mobilisieren. Die Fläche vor der Bühne war zwar keinesfalls mehr so richtig proppenvoll, aber überall auf den Rängen drängten sich noch Gestalten. Und trotz meiner anfänglichen Skepsis muss ich ganz klar zugeben, dass SODOM verdammt noch mal für Stimmung gesorgt haben und vom Publikum vorbildlich gefeiert wurden! So zeigte sich Tom Angelripper dann auch stets sehr publikumsnah und kam häufig direkt an den Bühnenrand; seine Fans revanchierten sich mit lautstarkem Mitsingen. Irgendwann fragte er dann das Publikum, ob die Musik laut genug sei und machte daraufhin Zeichen in Richtung Technik, dass noch aufgedreht werden solle. Bei Songs wie „Agent Orange“ ging es besonders heiß her, ebenso wie bei „Sodomy and Lust“. Doch SODOM hatten nicht nur altbewährte Klassiker, sondern auch ein paar spezielle Gadgets mit im Gepäck. So erschien bei dem Song „Blasphemer“ (was irgendwie eher klang wie „Blasphemale“ – vielleicht habe ich den Witz auch einfach nicht gerafft?) der Bassist von BRUTAL TRUTH, Dan Lilker, on stage und übernahm Tom Angelrippers Basspart. Dieser vertrieb sich daraufhin die Zeit neben dem Singen, indem er äußerst souverän den Luftbass spielte. Als dann „1-2-3-Bier!“-Rufe aus dem Publikum erklangen, kamen SODOM dem nach und Tom Angelripper gab den Wortlaut – unterstützt von Drummer Bobby Schottkowski – in einem 10-Sekunden-Song zum Besten. Doch nicht nur auf der Bühne griff man ganz tief in die Trickkiste, sondern auch davor: ein überaus geistreicher Fan in der 1. Reihe – vermutlich vollkommen entkräftet vom ganzen Moschen – hielt nunmehr eine seiner Haarsträhnen über den Kopf und wirbelte diese manuell durch die Luft. Sehr originell! Als SODOM dann irgendwann die Bühne verließen, gab ich einer Gruppe norwegischer Fans neben mir den Tipp, es einmal mit „Zugabe!“ zu versuchen. Nachdem ich mehrfach versichert hatte, dass es sich dabei nicht um die deutsche Version von „I am gay!“ handelt, fand der Ausruf sehr engagiert Verwendung und ich klopfte mir selbst lobend auf die Schulter, wieder etwas zur Völkerverständigung beigetragen zu haben. Also wollte ich mir eine kleine Zigarettenpause auf dem Dach gönnen, doch dort ankommend kotzte ein Mensch direkt neben mir derart ausgiebig, dass ich quasi auf dem Absatz kehrt machte. Immerhin ist zu erwähnen, dass alles vorbildlich im Mülleimer landete! So wurde ich also wieder ins Rockefeller getrieben, um der just beginnenden Zugabe von SODOM beizuwohnen. Dabei symbolisierte Tom Angelripper mit den Händen ein Fernglas und beäugte sichtlich beeindruckt die nach wie vor zahlreich vorhandenen Zuschauer. Lobend vergönnte er dem Publikum ein „2-thumbs-up“ und es folgten immerhin noch insgesamt 4.5 Zugaben. An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an den Herrn mit dem überforderten Magen von der Dachterrasse, denn ohne ihn hätte ich vermutlich Abbath von IMMORTAL versäumt, der bei der 3. Zugabe mit SODOM-Shirt und überaus stylischer Cop-Sonnenbrille auf die Bühne kam, um zusammen mit SODODM nochmals „Ace of Spades“ zu covern. Dabei gab er wirklich alles und warf sich in überaus imposante und überaus männlich-heroische Posen. Kein Wunder, dass die Leute im Pit hier ebenfalls noch mal Vollgas gaben! Aber es sollte noch mehr Denkwürdiges geschehen: bei der 4.5 Zugabe – als richtiges Lied würde ich diese recht zeitgenössische und arg kurze Darbietung nicht bezeichnen – krempelte Tom Angelripper sein T-Shirt sexy hoch, so dass sein Bäuchlein zu bewundern war und den anwesenden Damen hörbar der Atem stockte! Doch leider rutschte das Textil bereits nach kurzer Zeit wieder runter. Aber man kann ja nicht alles haben! Und so endete dann auch ein wirklich unterhaltsamer Gig. Für das Publikum gab es noch Handshakes und die Drumsticks und Tom Angelripper verteilte in mütterlicher Fürsorge schließlich auch noch die übrig gebliebenen Getränke von der Bühne. Zu guter Letzt posierten die drei noch ein letztes Momentchen vorne am Bühnenrand, um danach von erneuten SODOM-Sprechchören begleitet die Bühne zu verlassen.

Copyright Fotos: Anne K. Zimmermann

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