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INFERNO FESTIVAL 2010 – TAG 1/ WARMUP

Ort: Oslo - Rockefeller/ John Dee

Datum: 31.03.2010 - 01.04.2010

WARM UP (CLUB DAY)

Am Abend vor dem eigentlichen Festival präsentierten verschiedene Clubs in Oslo eine musikalische Einstimmung mit zumeist unbekannten Bands, und meine Abendplanung fiel mir nicht leicht. Da ich es außerordentlich spannend finde, mich nach Zufallsprinzip auch einfach mal von Bands überraschen zu lassen, entschied ich mich intuitiv dafür, den Abend im Rock In zu beginnen.

OPEN CASKET TERROR

Als ich eben dort eintrudelte, platzte der (recht kleine) Laden im Souterrain augenscheinlich aus allen Nähten. Bei näherer Betrachtung allerdings stellte ich fest, dass die Besucher lediglich direkt nach dem Betreten des Clubs mitten im Weg stehen blieben und somit einen Rückstau verursachten, während weiter drinnen im Laden noch ausreichend Platz war. Nachdem die Ellenbogen also hier und da gezielt, aber dezent, zum Einsatz kamen, konnte ich einen guten Platz vor der Bühne ergattern und lauschte dem Heimspiel von OPEN CASKET TERROR. Durchweg ziemlich schnell, mir persönlich immer wieder etwas zu durcheinander und zu schrammelig, wenngleich viele schöne Death-Passagen durchaus gefielen. Aber man merkt schon, dass OPEN CASKET TERROR sich noch ein wenig im Proberaum einmotten und vor allem an ihrer Präsenz arbeiten müssen. Da die Sauerstoffsättigung im Rock In leider im absolut brenzligen Bereich lag, während die Geruchsbelästigung einen gesunden Wert längst überschritten hatte, entschied ich mich für einen baldigen Rückzug und schleppte mit quasi mit letzter Kraft die Treppe hoch in die Kühle der Nacht.

TORTURE DIVISION

Das Garage, wie die meisten anderen Venues an diesem Abend auch, ist nur einen mittelgroßen Katzensprung vom Rock In entfern und weist architektonisch bedingt deutlich bessere Voraussetzungen auf, um den Abend ohne Ohnmachtsanfälle verbringen zu können. Mit den Schweden von TORTURE DIVISION gab es hier nun auch eine Band zu bewundern, die mich wahrlich begeistert hat – was im Übrigen nicht gerade einfach ist! TORTURE DIVISION gehören ganz eindeutig und zweifelsohne zu meinen persönlichen Favoriten des Festivals! Ohne Schnickschnack und ohne den verkrampften Versuch, nach irgendwelchen noch nie da gewesenen Elementen ringen zu müssen. Einfach nur feinster, grooviger Death Metal, dazu ein sympathisches und vor allem souveränes Trio auf der Bühne. Nette kleine Geschichtchen zwischendurch, manchmal aber auch nicht. Genau die richtige Mischung. An den Drums übrigens Tobias Gustafsson, der sich später am Abend noch ein weiteres Mal bei VOMITORY austoben durfte. Insgesamt nicht nur eine wirklich tolle Live-Band, auch für die heimische Musikanlage zu empfehlen. Auf Ihrer Homepage bieten TORTURE DIVISION übrigens ganze Demos inkl. Artwork zum kostenlosen Download, wenngleich eine entsprechende finanzielle Förderung natürlich nicht vermessen wäre. Schaut’s Euch einfach mal an und seht zu, dass ihr die Schweden in Zukunft mal für ein paar Gigs nach Deutschland lockt!

SERENITY TRACE

Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn es direkt nach diesem ersten Highlight so weiter gegangen wäre. Aber SERENITY TRACE konnten mich absolut nicht überzeugen. Und das liegt nicht nur an meinem immer wieder aufkeimenden BRUJERIA-Trauma hinsichtlich der überaus gruseligen Gesichtstücher (die hier nun in der Regel keinerlei Schlitze für Mund und Nase hatten, so dass einige der Musiker nach kurzer Zeit ebenso unglücklich aussahen wie ich eine Weile zuvor im Rock In. Immerhin sorgte diese Feststellung bei mir für einen kurzen Anflug von guter Laune). Rumgewuselt wurde auf der Bühne, sieben Leute müssen da erstmal Platz finden, und gleiches spiegelte sich auch in der Musik wider. Das deutlich überladene Wirrwarr aus üblichen Rockmusikinstrumenten und synthetischen Klängen und Samples, gespickt vom selbstherrlichen Getue und mäßig überzeugenden Können der beiden Shouter. Nö, nö, ganz eindeutig nicht meins!

VOMITORY

Dann doch lieber zielsicher das Getränk geleert und weiter im Programm. Nach einem entspannenden Fußmarsch durch den Osloer Nieselregen erreichte ich überpünktlich das Blå, eine Art Studentenschuppen mit einer Mischung aus industrieller Backsteinromantik und Kronleuchter-Schick. Gut, dass ich so früh war, denn VOMITORY legten einfach schon mal 15 Minuten früher los als vorgesehen. Na, so was mag ich ja gar nicht. Der Sound war ziemlich mies, die Band aber guter Dinge und der Laden auch gut voll, und so konnte man sich die Show alles in allem doch recht gut anschauen.

TAG 1

MADDER MORTEM

Mein Drang, tagsüber in und um Oslo auf Entdeckungsreise zu gehen, hat es einmal mehr verhindert, der Eröffnung des Infernos bei zu wohnen. Aber seitdem die „Metal Allstars“, ein ehemals immer wieder neu fürs Inferno zusammen gewürfeltes Projekt von norwegischen Musikern, nicht mehr Bestandteil des Festivals sind, trudeln auch am ersten Tag viele Besucher erst im Laufe des Abends ein. NITFROST hatte ich ganz versäumt, kam aber gerade noch rechtzeitig, um ein paar Titel von MADDER MORTEM mit zu bekommen. Stilistisch passt die Formation um Sängerin Agnete ja so gar nicht zu dem, was ich ursprünglich mit dem Inferno assoziiere, aber in den letzten Jahren verändert sich die Ausrichtung des Festivals ohnehin zusehends. MADDER MORTEM sind jedoch schwer einzuordnen und die Songs untereinander oft sehr verschieden in ihren Anleihen und mitunter abrupt in stilistischen Wechseln innerhalb eines einzelnen Titels. Quasi ebenso facettenreich wie Agnetes Art, ihre Stimme einzusetzen. In der stimmlichen Variationsbreite liegt jedoch zugleich auch ein Manko, denn in manchen Songs erweisen sich Tonlage und Melodiefolgen als auf eine unangenehme Weise derart durchdringend, dass ich vor meiner Stereoanlage auch schon mal die Ohren zuklappen musste. Live haben mir MADDER MORTEM aber gut gefallen, sehr stimmig in ihrer Bühnenpräsenz.

SVARTTJERN

Immer, wenn es schon zu so früher Stunde proppenvoll ist im John Dee, kann getrost aufgemerkt werden. Und hier war es nun dermaßen voll, dass ich mir nur mit viel Mühe und charmantem Lächeln gerade noch Zutritt zur an sich schon sehr beengten Venue verschaffen konnte. Mit SVARTTJERN hatte man nun eine Band in petto, die genau das verkörpert, was das Inferno Festival früher Tage ausgemacht hat: echter norwegischer Black Metal, wenn in diesem Falle nun aber noch in den Kinderschuhen. Die Jungs sind alle noch recht jung, Anfang 20, aber spätestens mit ihrem 2009er Debütalbum sind sie in der Szene ein Begriff. Ich persönlich finde allerdings, dass SVARTTJERN ein bisschen weniger auf Klischee beladene Optik und kopfloses Gebolze bauen, und stattdessen eher an etwas mehr Atmosphäre feilen sollten. Dass die selbstverständlich auch dreckig und kalt sein darf, steht hierbei außer Frage. Übrigens sind Fronter HansFyrste und Gitarrist HaaN Brüder, so dass bei mir unweigerlich die Frage entstand, wie das für Eltern denn wohl ist, gleich zwei von der Sorte zu Hause zu haben…

EYEHATEGOD

Bei EYEHATEGOD hat es an diesem Abend eine ganze Weile gedauert, bis ich mit der Band warm wurde. Das hatte sowohl mit deren stoner-rockigen Doom, als auch mit Fronter Mike Williams zu tun, den ich in seinem ollen Polizei- Shirt, seinen Biker-Handschuhen und mit seiner Art zunächst einfach nur sonderbar fand. Naja, immerhin hat der Mann ja auch schon so einiges durch gemacht. Hier hat es sich nun aber bestätigt, dass es sich durchaus lohnen kann, auszuharren, denn je länger ich EYEHATEGOD schließlich lauschte, umso besser haben sie mir gefallen. Um mich herum waren viele Leute, die die doomigen Klänge regelrecht auf zu saugen schienen. Mike Williams war letztlich sogar zu einigen Scherzen aufgelegt – vielleicht musste auch er erstmal mit uns warm werden. Abschließend kann ich ruhigen Gewissens sagen, dass ich mir EYEHATEGOD jederzeit wieder ansehen würde, und damit hätte ich eingangs ja nun mal so gar nicht gerechnet.

DEMONIC RESURRECTION

Trotz der kleinen kuscheligen Bühne des John Dee machten die Herren aus Indien einen deutlich verlorenen Eindruck. Dass DEMONIC RESURRECTION schon seit 10 Jahren zusammen spielen, konnte ich ihnen jedenfalls nicht ansehen. Und auch das Acting auf der Bühne war zu wohlwollend – sprich: unverhältnismäßig – und hat dafür gesorgt, dass Band und Musik nicht im Ansatz eine Einheit ergeben wollten. Immerhin hat das eine ganze Reihe von Zuhörern deutlich anders gesehen und hat dem auch lautstark Ausdruck gegeben, so dass die Band einen zufriedenen Eindruck machte. Was die stilistische Ausrichtung angeht, so finden sich bei DEMONIC RESURRECTION viele progressive Elemente ebenso wie symphonische Parts, bei denen allerdings das Keyboard schnell ins penetrant-dudelige abdriftet. Großes Rätsel ist und bleibt in diesem Falle die Begründung für den Slot.

BELPHEGOR

Wenn man sie nicht schon vorher an ihrem Verhalten (das führe ich jetzt nicht weiter aus) erkannt hat, dann traten die deutschsprachigen Festivalbesucher spätestens jetzt in Erscheinung, indem sie Helmuth und seine Mannen in unser aller Muttersprache auf die Bühne locken wollten. Wenn ich mal so überlege, dann sind BELPHEGOR eigentlich immer ein Garant für eine solide Show. Neuerungen sind zwar Fehlanzeige, aber da weiß man jedenfalls, was man erwarten kann – ebenso wie man mit Sicherheit vorher sagen kann, dass die Videoclips der Österreicher an Virtuosität nicht zu unterbieten sind. An diesem Abend nun schienen BELPHEGOR ohne Zweifel guter Dinge und zogen mit großer Routine aber auch Ambition ihre Show durch, alle bekannte Gimmicks – Kunstblut, Lederkäppchen etc. – inklusive. Zu hören gab es Musts wie bspw. „Lucifer Incestus“, „Hell’s Ambassador“ und „Walpurgis Rites“ und die 45 Minuten Spielzeit vergingen wie im Fluge.

SPEARHEAD

Naja, naja… Aufgrund der Absage von THE PSYKE PROJECT standen zur besten Spielzeit SPEARHEAD aus Großbritannien auf der Bühne, und wieder hat sich gezeigt, dass gute Plattenrezensionen durchaus lügen und noch lange keinen tollen Konzertabend nach sich bringen. Nichtssagende Songs, absolut verkrampft und ohne, dass nur ein einziger Funken Spielfreude auf mich über gesprungen wäre, versuchte Fronter Barghest einen bösen Eindruck zu machen. Alles sehr statisch, auch bei den Bandkollegen, und zu sehr gepresst. Was die Legionärs-Flaggen bezwecken sollten, die das Bühnenbild zweifelsohne nicht bereicherten, erschließt sich eventuell aus den Liedertexten. Die Mühe, der Klärung dieser Frage nach zu forschen, werde ich mir jedoch nicht machen.

FINNTROLL

Wer hätte gedacht, dass sich der Headliner des gesamten Festivals bereits am ersten Tag heraus kristallisieren würde! Ich selbst war doch ziemlich überrascht von der überschwänglichen Publikumsresonanz, wenngleich ich mir FINNTROLL auch selbst gerne ansehe und sie ja nun mal einfach sehr beliebt und ein Bürge für gute Stimmung sind. So voll und gut gelaunt wie nun hier um 23:00h sollte es jedenfalls während des gesamten Inferno nicht wieder werden – MAYHEM mal ausgelassen, denn die gute Laune sollte da weniger im Mittelpunkt stehen (doch mehr dazu an entsprechender Stelle). Ich kann mich wirklich nicht erinnern, das Rockefeller jemals in allen Ecken und auf allen Rängen so toben gesehen zu haben! Durch die gute Stimmung stachelten sich die Fans untereinander noch weiter an, was wiederum mit großem Wohlwollen von der Band aufgefasst wurde und zu einer turbulenten Stunde mit viel Mittanzen und Mitsingen führte. Die Setlist ließ prinzipiell keine Wünsche offen und war überaus bunt gemixt, „Jaktens tid“ und „Solsagan“ wurden ebenso gespielt wie bspw. „Korpens Saga“ und – natürlich „Trollhammaren“.

NACHTMYSTIUM

Totaler Kontrast eine Etage weiter unten: NACHTMYSTIUM bestechen nicht gerade durch fröhliche Herzlichkeit, wohl aber – und da war ich ja nun doch ganz überrascht – durch ihre Musik. Deswegen war ich doch auch eigentlich da! Dass die Wurzeln von NACHTMYSTIUM im Black Metal liegen, lässt sich musikalisch gesehen bei manchem Song nur an Vocalist Blake Judd erkennen, aber das Repertoire der Band muss ohnehin als überaus weit gefächert eingestuft werden. Zumindest die Atmosphäre ist jedoch durchweg düster, so dass ich mich recht schnell ergriffen an mein Bier klammerte und die glückseligen Nachwehen von FINNTROLL im Handumdrehen weggepustet waren. Sehr kurios, denn die Songs von NACHTMYSTIUM sind durchaus auch schnell und hier und da melodiös, aber die unglückliche Grundstimmung bleibt konstant. Einziger Minuspunkt sind die phasenweise allzu arg abgedrehten, progressiven/ psychedelischen Phasen, die meinethalben ruhig hätten weg gelassen werden können.

MARDUK

MARDUK sind eigentlich keine Band, sondern eine Institution. Gut – weil man Zuschauer anzieht wie ein Magnet; schlecht – weil man sich an seinem Ruf messen lassen muss. Dass Herr Morgan und seine Schergen (mal mehr, mal weniger) alte Hasen im Geschäft sind, zeigte sich hier nun in einem überaus souveränen, aber leider bisweilen leidenschaftslosen Gig. Dabei gibt’s eigentlich nichts zu meckern, alles lief glatt, ein zurück genommener, aber eindringlicher Auftritt, nur halt das gewisse Feuer fehlte. Dem Publikum scheint dies indes nichts ausgemacht zu haben, und so ließ man sich zufrieden von Mortuss Titel wie – na klar – „Panzer Division Marduk“ und „Baptism by Fire“, aber auch „Wolves“ und „Into Utter Madness“ an den Kopf knallen. Kein unvergesslicher Auftritt, aber durchaus ein runder Abschluss für diesen ersten Festivaltag.

Copyright Fotos: Anne Zimmermann

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