Ort: Gütersloh - Weberei
Datum: 27.05.2006
Nach BLANK & JONES am Vortag nun also Krautrock – Ein richtiger Terrorverleger muss eben flexibel sein, vor allem, wenn sich gleich 2 deutsche Legenden in seiner Heimatstadt einfinden. JANE aus Hannover und die Süddeutschen GURU GURU existieren seit 1970 bzw. 1968, und beide zählen zu den erfolgreichsten Namen der sogenannten Krautrock-Sparte, wenngleich dies noch gar nichts über die eigentliche musikalische Richtung aussagt. Damals wurde halt alles, was irgendwie deutsch, rockig und psychedelisch war, in diese Schublade gesteckt, unbestritten sind aber die musikhistorische Bedeutung wie auch die immensen Plattenverkäufe, vor allem in den 70er Jahren. Allen Trends zum trotze gibt es die beiden Formationen bis heute, und sie bringen auch noch kontinuierlich Platten auf den Markt. Ich war gespannt, wie hoch das Zuschaueraufkommen in der Weberei sein würde, da erst vor kurzem Gigs in Bielefeld und Osnabrück absolviert worden waren. Somit war ich fast erleichtert, dass doch gut 100 Personen anwesend waren (zwischen Ex-Blumenkind und Neuzeit-Hippie), im Gegensatz zu sonstigen Festivitäten drückten wir den Altersdurchschnitt doch ordentlich nach unten. Überraschenderweise gab der Bühnen-Aufbau gleich drei Drumkits preis, so dass ein weiterer Support zu erwarten war, der sich dann auch in Form des Quartetts PUNK FLOYD dem Publikum präsentierte.
Das Gespann aus dem Ruhrgebiet in der Besetzung Markus Poschmann (Gesang), Frank Schürmann (Gitarre), Stephan Münsch (Bass) und Drummer Peter Sasse frönt trotz des geradezu jugendlichen Alters (von 34 bis 42) klassischen 60ies bzw. 70ies-Rockklängen, und man begleitete JANE als Opener schon seit ein paar Gigs. Optisch würde insbesondere Vokalist Markus jederzeit in einer Kommune Unterschlupf finden, doch auch musikalisch wurde er seinen Vorbildern gerecht. Wobei man auch „Originale“ sagen könnte, präsentierte man doch heuer ausnahmslos Coverversionen bekannter Rock Klassiker. Darunter Zeitloses wie „Roadhouse Blues“ (THE DOORS), “Children of the Revolution” (T-REX) oder auch “White Room” von CREAM. Dabei rockte man ganz ordentlich ab, so dass die Anwesenden schon einigermaßen auftauten und ihre Hüften rotieren ließen. Die skurril-witzige Performance des Fronters tat ihr übrigens dazu, dass diese ersten 40 Minuten recht unterhaltsam ausfielen, wenngleich eine vorgesehene Zugabe nicht gefordert wurde.
Danach war es Zeit für GURU GURU, die ebenfalls als Quartett aber mit gleich 2 Gitarristen daherkamen. Wichtigste Person des Kollektivs ist und bleibt allerdings Drummer Mani Neumeier, gleichsam Gründungsmitglied wie Vokalist der Band. Der gute Herr zählt bereits 66 Lenze, aber er kann immer noch mit so virtuosem wie ungewöhnlichem Schlagzeugspiel glänzen. Nebenher bediente er noch einen Gong, wie auch seine Mitmusiker sich an diversen, teilweise recht eigenwilligen Instrumenten versuchten, deren Namen ich jetzt hier nicht alle rekonstruieren kann, ein Saxophon zählte zumindest zum Inventar, wie auch eine Art „liegende“, auf den Knien gespielte Gitarre. Seit geraumer Zeit hat man sich ein wenig vom Rock ab- und der Weltmusik zugewendet, was auch an diesem Abend deutlich wurde. Von Indien über Ghana bis hin zu Nordamerikas Ureinwohnern erstreckte sich die musikalische Rundreise, auch die bayrische Mundart kam zum Zuge. Teilweise jazzig, teilweise experimentell, teilweise ein wenig langatmig kam mir das Set vor, so richtig war der Sound meine Baustelle nicht, ich hätte es mir gerne etwas straighter gewünscht. Die meisten waren aber zufrieden mit Stücken wie „Jet lag“, „Kleines Pyjama“ oder „Pow Wow“, so dass auch eine Verlängerung eingefordert wurde. Hierzu holte Mani einen Sack nach vorne, in dem sich allerlei Topfdeckel befanden, die er auf der Bühne verteilte und dann zum „Metall Drumming“ nutzte. Ja doch schon etwas strange, genau wie seine „Mund Percussion“ und teilweise auch die Texte, die oft etwas spitzbübisch bajuwarisches an sich hatten. Instrumental allerdings alle Beteiligten over-the-top, was ein Schlagzeug-Solo gegen Ende noch einmal unterstrich.
Es war spät geworden, doch alle fieberten dem Auftritt der Niedersachsen JANE entgegen, die ein recht imposantes Bühnenbild aufbieten konnten. Links befand sich nämlich eine Art aufgeklappter Flügel mit integrierten Keyboards, weißer Flauschteppich-Umrandung und ein paar Kerzen als Zierde. Dahinter nahm Urmitglied Werner Nadolny Platz, der den ganzen Abend über kein Wort sagte. Dafür gab es auch hier einen singenden Schlagzeuger zu bewundern, Musikfossil Peter Panka (nicht negativ gemeint), welchen man hinter seinem Gerät leider gar nicht so richtig wahrnehmen konnte. Vorne komplettierten dann Bassist Charly Maucher rechts und Klaus Walz an der Gitarre links die Truppe, welche im folgenden mit fettem Rock zwischen Prog und – heute würde man sagen – Stoner überzeugte, hier und da aber auch balladeske Sounds einstreute, wie man sie aus den Scores alter deutscher Krimiserien kennt. Die mittlerweile nicht mehr ganz nüchterne Zuschauerschaft ging nun richtig aus sich heraus und bewegte sich in Tanzstilen diverser Epochen, wie man es schon lange nicht mehr gesehen hat. Der Gig war aber auch beeindruckend, so manch junge Kapelle kann sich von der JANEschen Energie noch eine Scheibe abschneiden, von den instrumentalen Fähigkeiten mal ganz abgesehen. Noch dazu kam man sehr bodenständig und sympathisch rüber. Neben einem brandneuen Stück, welches seine Uraufführung erlebte („Much too much“) wurden auch alte Klassiker performt, wie etwa „Fire, Water, Earth + Air“ oder ein Medley inklusive „Windows“. Als Belohnung bekamen die Bandmember ein ums andere Warsteiner gereicht, wenngleich Rauchzeug an diesem Abend die bessere Variante gewesen wäre… Aber auch so konnte man sich der intensiven Sogwirkung der Gitarren Motive kaum entziehen, ein paar Damen derilierten wie weilands zu Woodstock. Für die Verlängerung in Form von „Fun Time“ hatte man sich noch ein paar Mitsingspielchen aufgehoben, ebenso wie die ausgedehnte Vorstellung von Cast und Crew. So gegen 1 30 Uhr hatte dann dieser krautige Abend ein Ende gefunden, der alles in allem doch sehr erdig und vor allem unterhaltsam ausfiel. Die alten Herren werden scheinbar nicht müde!
Copyright Fotos: Karsten Thurau
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