Ort: Lübbecke - Gasthaus Blase
Datum: 28.10.2006
Dank einer komplett falschen Wegbeschreibung, einem Stau und einem Tankwart, der mich in die entgegen gesetzte Richtung schickte, war es mir, trotz überpünktlicher Aufbruchszeit nicht möglich, rechtzeitig zu Beginn des Festivals die Blase zu erreichen. Die ersten beiden Bands müssen wohl auch eher unspektakulär gewesen sein. Jede Nachfrage meinerseits nach ihren Auftritten wurden mit einem Schulternzucken und „Keine Ahnung, waren nicht besonders, Name habe ich vergessen“ beantwortet. Allerdings lief den ganzen Abend über jemand barfuss und mit hellblauem Schlafanzug durch die Gegend, und die Leute von „Aurelia“ meinten, der gehöre irgendwie zu einem der beiden Opener.
Pünktlich zu YELL OF RAGE war ich dann endlich im Gasthaus angekommen. Die Jungs aus Spenge konnten zwar mit ihrer Mischung aus Punk und DeutschCore die 160 zahlenden Besucher nicht zum Tanzen bringen, aber immerhin lieferten sie eine gute, solide Leistung ab. Während der Umbaupause nutzte ich die Zeit, mich mal etwas umzuschauen. Das Festival war eine Benefizveranstaltung für ein Kinderhospiz in Bremen. Zwei Mitarbeiterinnen hatten einen Tisch mit diversen Unterlagen und Prospekten zum Thema mitgebracht und verteilt. Allerdings hatten sie wohl nicht mit der Art von Musik gerechnet und waren nach 2 Stunden entnervt abgezogen.
BLÄTSCH aus Enger bildeten den ersten Höhepunkt des Abends. Vom Namen waren sie mir vollkommen unbekannt, nicht aber einigen Konzertbesuchern, liefen doch nicht wenige in BLÄTSCH Pullovern und Shirts rum. Mit ihrem Deutschpunk mit Funkelementen schafften sie es vom ersten Lied an, die Jungpunker zum Pogen zu bringen. Mit der Ankündigung ,erstmal eine musikalische Pause zu machen, sagten sie ihr letztes Lied an. Kaum verklungen fordert die Menge immer wieder „Bauer Heinz“. „Blätsch“ genossen sichtlich diese Huldigung und brachten mit diesem „Gassenhauer“ die Leute noch mal richtig zum schwitzen.
Das Publikum in der Blase spiegelte eigentlich ein typisches Dorfpublikum wider (ohne das negativ zu meinen). Wer unter 18 war und noch keinen Führerschein hatte, um irgendwo feiern zu fahren, ließ es sich nicht entgehen, das Festival zu besuchen. Die Einzigen, die den Altersdurchschnitt hochrissen, waren die Veranstalter, die Bands und ein paar Alkipunks, von welchen einer gegen Halbzeit des Festivals vor die Tür gesetzt wurde, weil er doch eine sehr unangenehme Erscheinung war, und dies durch Rumpöbeleien noch verstärkte. Die beiden Leute von der Security nahmen ihre Sache teilweise ziemlich ernst, wurden doch Anwesende, die mal zum Luftholen raus gingen wieder und wieder gefilzt. Allerdings waren sie die ganze Zeit ziemlich nett und zuvorkommend.
AURELIA aus Bielefeld waren für mich die Überraschung des Abends. Nicht nur, dass sie die erste Band waren, die mir musikalisch mit ihrem Emocore richtig gut gefallen hat, teilweise kannte ich die Leute, wusste nur nicht, dass sie zusammen Musik machen. Ted Striker konnte mit seiner melodischen Stimme die teilweise sehr nachdenklichen Texte perfekt in Szene setzten. Richtig gefreut habe ich mich allerdings Antonio am Bass mal wieder zu sehen. Hatte ich ihn doch zu letzt vor Jahren erblickt, als er noch bei DRIFTNET spielte. Antonio war auch der Grund, warum ich leider von DR. FRANKENSTEIN nur im Hintergrund was mitbekommen habe. Immerhin haben wir uns fast 6 Jahre nicht gesehen und hatten uns von daher einiges zu erzählen.
Die nächste Band, die ich dann wieder komplett sah, waren LEFT RIGHT HERE. Zwar boten sie eine solide Emocore Show, die musikalisch AURELIA in nichts nachstand, doch merkte man dem Publikum an, das es langsam Zeit wurde für die beiden Hauptacts des Abends. Dementsprechend wenig Bewegung war zu verzeichnen. Hätten LEFT RIGHT HERE auf einem Drei-Act-Konzert gespielt, wären sie wohl besser aufgenommen worden, so allerdings hatten sie nur die Position eines Pausenfüllers.
Für meinen Geschmack dauerte das Festival aber auch wirklich zu lange, neun Stunden sind schon eine ziemlich lange Zeit, vor allem wenn man sich nur eine oder zwei Bands wirklich ansehen möchte. Die einzigen Stände stellten eine Dönerbude, die ziemlich teuer war, und ein Tätowierer, der aussah, als ob es ihm nicht wirklich Spaß mache, hier zu stehen und seine Fotos zu zeigen. Ein Plattenstand oder die Möglichkeit, mal in einem anderen Raum zu sitzen oder zu kicken, wäre eine große Abwechslung gewesen. So blieb manchen nur die Möglichkeit, sich draußen auf der Straße rum zu treiben und an Autos gelehnt Bier zu trinken. Dabei muss es auch dazu gekommen sein, dass irgendjemand mit seinem Nietengürtel zu dicht an meinem Lack vorbeigeschrammt ist…
Erster Headliner des Abends waren A TRAITOR LIKE JUDAS aus Braunschweig. Mit ihrem Metalcore/ Death Metal brachten sie die Menge vom ersten Lied an zum Kochen. Es ist schon recht süß, wenn 13jährige versuchen, einen auf Hatecore-Style machen. Einmal auf Video gesehen wird dann versucht, es nachzumachen. Schade nur, dass sie in ihren Bemühungen auch noch von der Band unterstützt wurden. Aber ich will hier jetzt keine Moralpredigt über gewalttätiges Verhalten auf der Tanzfläche loswerden. Bleibt nur die Hoffnung, dass Todesfälle, die auch hier in Deutschland vorgekommen sind, nicht in Vergessenheit geraten. A TRAITOR LIKE JUDAS spielten fast komplett ihre „Nightmare Inc.“-Scheibe, welche Ende letzten Jahres bei Goodlife Records erschienen war.
Absoluter Höhepunkt des Abends waren dann aber doch BETONTOD aus Rheinberg. Dass sich einige auf BETONTOD freuten, bewies schon die Tatsache, dass diverse Leute erst kurz vor ihrem Auftritt kamen, aber trotzdem noch ohne zu murren den Eintritt zahlten. Immerhin stehen sie seit 1990 auf den Bühnen der Republik und überzeugen mit einem kraftvollen, intelligenten Deutschpunk. Eine gute Show, sowohl was die Stimmung im Publikum, als auch die musikalische Darbietung belangt, war der krönende Abschluss eines insgesamt gelungenen Festivals.
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