Ort: Osnabrück - Kleine Freiheit
Datum: 10.11.2006
Der November hat es wirklich in sich. Während vielerorts ob der ungemütlichen Witterung das heimische Wohnzimmer nicht mehr verlassen wird, treibt es mich von Konzert zu Konzert. Heute mal wieder ein Heimspiel in der Kleinen Freiheit, wo die Hamburger KANTE sich in Anbetracht des Namens der Lokalität schon heimisch gefühlt haben könnten. Mit dabei hatten die fünf Herren Manuela Barczewski aka BLUEELEPHANT.
Ob auch sie sich auf Anhieb auf der Stage der Kleinen Freiheit zuhause gefühlt hat, kann ich nicht mit letzter Gewissheit sagen. Ein wenig verloren wirkte die zierliche Ela aus Düsseldorf schon, als sie um 21.15 Uhr bewaffnet mit einer Gitarre und einem Laptop die Bühne betrat. Sogleich entschuldigte sie sich auch mit den Worten: „Vorprogramme sind ja häufig ein bisschen aufgeregt…“ und startete ihre Singer-Songwriter-Musik mit Electronica-/ Experimental-Einflüssen. Stimmlich erinnerte die Dame stark an SUZANNE VEGA, dazu spielte sie sehr gefühlvolle Songs auf der Gitarre, unterlegt von Konserven-Sounds. Nur mit einem unpersönlichen Laptop auf der Bühne kam bei ihr dann wohl etwas Einsamkeit auf, denn sie überlegte, ob sie ihren Laptop anlächeln sollte, wie man es in einer „echten“ Band mit den Kollegen bisweilen tut. Nach einer halben Stunde verabschiedete BLUEELEPHANT sich mit „Darks Parts“ von den zahlreichen Zuschauern, die leider während des Konzertes ihre Unterhaltungen in schon störendem Umfang weiterführen „mussten“. Vielleicht war die sehr ruhige Musik nicht ganz der ideale Einstand in den sehr gitarrenlastigen Abend. Immerhin gab es durchaus aufmunternden Applaus vom Publikum, das nur wenige Minuten auf KANTE warten mussten.
Viel umzubauen gab es ja auch nicht und so legten kurz vor 22.00 Uhr KANTE mit dem Titelstück ihrer aktuellen VÖ „Die Tiere sind unruhig“ los. Während Sänger und Gitarrist Peter Thiessen noch aufrauchte, gab es schon mal das erste schöne Zusammenspiel von Sebastian Vogel (Drums), Felix Müller (Gitarre) und Andreas Krane (Bass). Letzterer hatte die Angewohnheit, gern mit dem Rücken zum Publikum zu spielen. Wenn er sich allerdings mal umdrehte, drehte er auch gleich mal richtig auf. Wie z.B. beim Klassiker „Wahrheit“, der auch Chef-Gitarren-Roadie Christian in Verzückung geraten ließ. Aus dem beliebten Themenkreis „Apokalypse“ stammte der Song „Die größte Party der Geschichte“ für die Osnabrücker Partypeople. Inklusive Gesangsbeitrag von Gitarrist Felix und einer Partyspiel-Einlage, bei der Christian alles geben konnte. Er durfte ein „PARTie“-Schild hochhalten und tanzte äußerst dynamisch über die Bühne. Dass KANTE gern in Zusammenhang mit der „Hamburger Schule“ genannt werden, liegt sicher auch an Stücken wie „Ich kann die Hand vor meinen Augen nicht mehr sehen“, das etwas ruhiger begann als die bereits gespielten Tracks, die allesamt kräftig nach vorn rockten. Was anderes war auch bei dem heftigen Einsatz der Saiteninstrumente und Drums nicht möglich. Das sollte gerade bei diesem Song in einem minutenlangen Trommel-, Gitarren-, und Basswirbel gipfeln. Die Jungs spielten sich regelrecht in Ekstase. Nach so viel dunkler Apokalypse wurde es mit „Nichts geht verloren“ ein etwas freundlicher. Dank des verstärkten Keyboard-Einsatzes (Thomas Leboeg) kam der Sound teilweise sogar psychedelisch rüber. Extrem tanzbar war „Zombi“ vom gleichnamigen 2004er Longplayer. Die Stimmung erreichte beim nachfolgenden Indiediscohit „Die Summe der einzelnen Teile“ ihren absoluten Höhepunkt. Doch schon kündigte Sänger und Jesus-Lookalike Peter den letzten Titel „Ein warmer Abend“ an, der ebenso warm und gefühlvoll rüberkam. Natürlich konnte das noch nicht alles gewesen sein. Die fast voll besetzte Kleine Freiheit verlangte Nachschlag und bekam ihn in Form von „Am Rande der Nacht“. Vorgetragen nur von Peter und Felix und „quasi unplugged, nur eben mit E-Gitarren“ wie Herr Thiessen zu diesem ruhigen Stück anmerkte. Dann kam der Rest der Band auf die Bühne zurück und es ging ganz weit zurück in die elfjährige Geschichte KANTEs. „Tourisme (Im Vorbeigehen)“ vom ersten 1997 erschienen Album „Zwischen den Orten“ ist ein Song über das Unterwegssein und passt entsprechend natürlich bestens zur Tour. Mit einem STEREOLAB-Cover ging’s noch mal richtig in die vollen, bevor das Quintett sich abermals von der Stage verabschiedete. Man kam jedoch wieder zurück und was erst wirkte als begänne man schon mit dem Abbauen, entpuppte sich als Umbau. Peter nahm an Thomas Keys Platz, der machte es sich im Schneidersitz auf dem Bühnenboden bequem und so gaben sie zu guter Letzt noch „Die Hitze dauert an“ zum Besten.
So ging ein perfektes Konzert melancholisch und voller Geigen zu Ende. Zuvor standen über weite Strecken die druckvollen Gitarren im Mittelpunkt. Es gab Gelegenheit, ausgelassen zu tanzen oder den intelligenten Texten zu lauschen. Eine schöne Mischung aus alten und neuen Stücken, die den Anwesenden ebenfalls hervorragend gefallen hat, wie der langanhaltende Applaus bewies.
Setlist KANTE
Die Tiere sind unruhig
Ich hab’s gesehen
Wahrheit
Die größte Party der Geschichte
Wenn man im Atmen innehält
Ich kann die Hand vor meinen Augen nicht mehr sehen
Nichts geht verloren
Zombi
Die Summe der einzelnen Teile
Ein warmer Abend
Am Rande der Nacht
Tourisme (Im Vorbeigehen)
French Disco (STEREOLAB-Cover)
Die Hitze dauert an
Copyright Fotos: Dirk Ruchay
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