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KATHARINA FRANCK

Ort: Bielefeld - Stereo

Datum: 28.04.2006

Für immer wird man mit den RAINBIRDS einen Titel in Verbindung bringen, mit denen sie Ende 1987 auf der Bildfläche erschienen und der bis heute nicht von den Playlists der Radiosender verschwunden ist – „Blueprint“. Das war nie mein Lieblingslied, nein, dafür waren auf den drei folgenden Alben zu viele kleine Songperlen von subtiler Schönheit, die für mich zum Soundtrack meines Lebens gehören, aber nicht massenkompatibel waren. Es wurde ruhig um die RAINBIRDS, und nach einem Live-Album von 1999 gab es keine weiteren Lebenszeichen. Sängerin Katharina Franck, die mit ihrem Timbre für die RAINBIRDS stand, realisierte in den letzten Jahren Hörbücher. Nun meldet sie sich mit einem Soloalbum „ First take second skin“ zurück und machte damit Station in Bielefeld.

Beim Betreten des STEREO nehme ich erleichtert zur Kenntnis, dass sich hier zwar nicht die Massen schieben, aber deutlich mehr Publikum anwesend ist als bei meinem ersten Konzertbesuch in diesem noch jungen Club vor zwei Wochen. Gegen 20.45 Uhr erscheint Katharina in weißem Hosenanzug umringt von 4 Musikerkollegen in schwarz auf der Bühne. Diese lassen ihr zunächst den Vortritt und Katharina beginnt mit „Maria Ninguem“, einem Lied, das sie schon über 30 Jahre begleitet und Zeugnis davon ablegt, dass sie in Portugal und Brasilien aufgewachsen ist. Dabei singt sie so zart, dass die Rotoren der Lüftung zum Ärgernis werden, doch als dieser Störfaktor beseitigt ist, kann der Genuss beginnen. Ihr zur Seite stehen Achim an den Drums, Mathias an der Gitarre und ihr langjähriger Weggefährte Hannes am Bass. Zu „Big pole blue ol’ love“ stellt sie Michael an der Trompete vor, der durch sein Spiel den Stücken den letzten Schliff Sehnsucht und Melancholie verpasst. Doch mit den nächsten Songs wird es zunächst wieder heiter und schwungvoll ehe für „Tree.Bird.Sky.Forgiveness“ wieder geträumt werden darf. Hatten wir bislang Titel ihrer aktuellen Scheibe gehört, so ließ Katharina nun mit „No amends“ auch RAINBIRDS – Material erklingen – sehr zur Freude des buntgemischten Auditoriums. Danach legt sie für das sehr eigenwillige „Education of the soul“ ihre Gitarre weg und tanzt zwischendurch selber mal über die Bühne. Spätestens jetzt ist das 30+ Publikum so konzentriert, dass sie sich beim RAINBIRDS – Titel „Love is a better word“ vom Mikro wegbewegt und nur allein mit ihrer fantastischen Stimme die Leute in ihren Bann zieht. Hier und bei vielen anderen Titeln verharrt das Publikum am Ende zunächst in einer Sekunde der Stille, nicht aus Mangel an Begeisterung, eher um das Gehörte bis zum letzten Ton auszukosten und die Stimmung nicht zu früh zu zerstören. Es geht weiter mit dem kraftvollen „River and Rain“ und dem wunderschönen „Good Fortune“, dem Michael mit einer Melodika einen luftig-leichten Touch verleiht. Mit dem schmissigen „Home soon“ wird die Stimmung weiter aufgebaut für die Hendrix-Coverversion von „Manic Depression“, in dessen Mitte Katharina fast psychedelisch ins Mikro raunt. Anschließend gönnt sie sich und dem Publikum mit dem von ihr allein vorgetragenen „Good til now“ wieder Ruhe und stellt danach einen ebenfalls getragenen, ganz neuen Song „Wind was playing with my hair“ vor. Nach einer sehr warmherzigen Ansage, dass es sich beim anschließenden Titel um kein Liebeslied, sondern ein Abschiedslied handeln würde, beendet Katharina mit ihren Musikern mit „Blueprint“ ihr reguläres Set. Doch nur einen kurzen Moment später ging es weiter und als hätte sie meine Gedanken gelesen, gab es als erste Zugabe 10 Minuten lang „Sea of time“, für das alleine ich mich schon an diesem Abend auf den Weg gemacht hätte. Nach dem sehr funkigem „Walk on by“, bei dem Michael noch mal alles an der Trompete geben durfte, fand das Konzert mit dem einzigen deutschen Titel, der von ihrem Hörbuch „Zeitlupenkino“ stammt einen schönen Abschluss.

Ich hatte im Vorfeld schon die Rezensionen zu Katharinas Soloalbum studiert, deren Bandbreite von äußerst kritisch bis zu euphorisch reichen und befinde mich nach diesem Konzertabend auch auf der Seite der Begeisterten. Ihre Stimme geht mir immer noch unter die Haut und sie schafft mit vielen ihrer Songs eine wunderbare Atmosphäre der Ruhe. Stets tragen ihre Lieder etwas Optimistisches in sich und haben Tiefgang, der sich einem jedoch erst erschließt, wenn man sich entsprechend darauf einlässt. So etwas ist nicht gerade Radiomucke und so wird es, sollte man Frau Francks Stimme mal aus dem Äther hören, etwas altbekanntes sein – wahrscheinlich „Blueprint“.

Setlist
Maria Ninguem
As a matter of fact
Big pale blue ol’ love
Sort of
These better days
Tree.Bird.Sky.Forgiveness
No amends
Education of the soul
Love is a better world
River and rain
Good fortune
Home soon
Manic Depression
Good til now
Wind was playing with my hair
Y – Tracks to get by
Blueprint

Sea of time
Walk on by

Sie schickt mir eine Karte aus Cadiz

Copyright Fotos: Christiane Stuckemeier

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