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KIRLIAN CAMERA – AXON NEURON/VAGWA

Ort: Berlin – Kato

Datum: 18.09.2004

Ein einzigartiges Erlebnis bahnte sich an: im Berliner Kato-Club sollten KIRLIAN CAMERA in einer Deutschlandpremiere ihr neues Album „Invisible Front. 2005“ vorstellen. Diese Aussicht zog, wie ich am Club angekommen feststellen konnte, auch aus ganz Deutschland Konzertbesucher an, die sich das einmalige Event nicht entgehen lassen wollten.

Leider scheint Pünktlichkeit bei Berliner Konzerten keine Stärke zu sein, so dass der Support AXON NEURON/VAGWA erst nach etwa zweistündiger Wartezeit auf die Bühne trat. In der Zwischenzeit hatte die Nebelmaschine schon ihr bestes getan, um die Luftqualität im sehr gut gefüllten Konzertraum entscheidend zu verschlechtern. Das Ein-Mann-Projekt aus Rostock wurde auf der Bühne von 3 Musikern aus den Reihen der Berliner Neofolkformation AURUM NOSTRUM unterstützt und bot soliden Ambient-Industrial-Noise, während auf die Leinwand im Hintergrund Fritz Langs Stummfilmklassiker „Metropolis“ projiziert wurde.

Auch wenn ich dieser Art von Musik eher skeptisch gegenüberstehe: Die audiovisuelle Umsetzung passte perfekt, zudem lenkte der Film ein wenig vom doch recht statischen Bühnengeschehen ab. Richtig interessant und mitreißend wurde es, sobald sich zwei der Mitglieder an Kesselpauken und Schlagwerk begaben und zu den flickernden Synthies, Samples und verzerrten Stimmen eine kraftvolle rhythmische Basis boten. Nach etwa 40 Minuten verabschiedeten sich AXON NEURON/VAGWA und wurden mit durchaus wohlwollendem Applaus bedacht.

Gegen Mitternacht war es dann soweit: mit den üblichen Sturmhauben „verkleidet“ betraten KIRLIAN CAMERA zum Intro die Bühne. Auffällig der uniforme Look der Band, bestehend aus dunkler Hose, weißem Hemd mit KC-Aufnäher und schwarzer Krawatte. Einzig Sängerin Elena stach mit ihren knappen Hotpants und hohen Stiefeln heraus. Auch hier gab es Videoprojektionen im Hintergrund: Eine bildgewaltige Melange aus Explosionen, Sprengungen, Kriegsvideos und psychedelischen Szenen aus Stanley Kubricks „2001: A Space Odyssey“. Musikalisch wurde das Hauptaugenmerk natürlich auf Stücke der „Invisible Front. 2005“ gelegt, dementsprechend synthetisch war der Sound. Besonders herausragend waren „K-Pax“ – der neue Clubhit von KC? -, „Dead Zone in the Sky“ und das hypnotische „Days to come“. Wenn er nicht gerade für einige Sprechstücke am Mikro stand, verharrte Angelo Bergamini wie der Rest der Band hinter dem Synthesizer und Elena betörte das Publikum mit ihrer unvergleichlichen Stimme. Allerdings traten von Anfang an technische Probleme auf, die sich zwar nicht auf den eigentlichen Sound auswirkten, doch gab es bei beiden Mikrophonen eine starke Rückkopplung, was Angelo und Elena schwer zu schaffen machte. In schlimmen Momenten war auch für die Zuhörer das Fiepen deutlich bemerkbar und man konnte spüren, wie genervt Angelo von dieser Misslichkeit war.

Nach einer knappen Stunde Spielzeit und einer Performance am Mikro mit schmerzverzerrtem Gesicht wandte sich der Mastermind an Publikum wie auch Veranstalter und erklärte verständlicherweise den Zustand für unzumutbar. So könne man nicht weiterspielen, und wenn ein Techniker daran nichts richten könne, müssten sie das Konzert abbrechen. Glücklicherweise konnte in einer kleinen Pause offensichtlich technische Abhilfe geschaffen werden, und KIRLIAN CAMERA spielten zur Erleichterung der Besucher weiter. Überhaupt waren die Gäste sehr begeisterungsfähig und in den ersten Reihen war immer Bewegung. Unter frenetischem Jubel verließ die Gruppe später lächelnd und dankbar die Bühne, doch kaum war der letzte außer Sichtweite, begann lautstark die Forderung nach den obligatorischen Zugaben. Man ließ nicht lange auf sich warten, bedankte sich nochmals für den Enthusiasmus und griff tief in die Klassiker-Kiste.

Immer wieder ließ sich die Band durch Applaus und „Zugabe!“-Rufe zurück auf die Bühne locken, immer wieder erklärte ein sichtlich besser gelaunter Herr Bergamini: „Okay, we obey, we keep on playing.“ In mehreren Zugabeblöcken wurden Hits wie „Eclipse“ oder „Absentee“ dargebracht. Es wurde schließlich nach kurzer Beratung die Akustikgitarre ausgepackt und unter begeistertem Jubel stimmte man „Fields of Sunset“ an. Für „Ascension“ begab sich der charismatische Frontmann sogar an die Kesselpauken und im Zuschauerraum gab es kein Halten mehr. Schlussendlich schien es fast so, als wisse man gar nicht mehr, was man noch spiele solle, fühlte sich aber offensichtlich den weiterhin lautstarken Sympathiebekundungen verpflichtet – so dufte Elena zum zweiten Male an diesem Abend mit „K-Pax“ entzücken und zum Abschluss einen Song ihres Nebenprojektes SIDERARTICA präsentieren.

Gegen 2 Uhr morgens waren dann sowohl Publikum als auch KIRLIAN CAMERA total ausgepowert; erschöpft aber glücklich ging jeder seiner Wege, im Wissen um einen großartigen und unvergesslichen Abend.
helianthe

Copyright Fotos: Antje Wagler

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