Ort: Beelen
Datum: 06.08.2004
„Krach am Bach“ ist das einzige regionale Festival, auf dem ich noch nicht war, all die Jahre habe ich mich in Stemwede, früher in Werther oder beim „Tanz auf dem Müllberg“ in Gütersloh rumgetrieben (erinnert sich noch jemand daran?), aber noch nie in Beelen. Na ja irgendwann ist immer das erste Mal, und dieses Jahr bin ich halt dort hin. Außer den Bands wusste ich nicht, was mich dort erwarten würde. Also bin ich einfach Freitagnachmittag in Bielefeld ins Auto gesprungen, war gut vorbereitet, was Getränke anging, hatte eine Straßenkarte dabei und ordentlich zu essen.
Schon auf der Anreise wurde ich ordentlich „enttäuscht“, die Karte brauchte ich nicht zu benutzen, es war viel zu gut ausgeschildert. Zwischen dem kostenlosen Parkplatz und dem Festivalgelände war gerade mal ein Fußweg von drei Minuten zu überwinden, und die Leute im Kartenhäuschen haben wirklich schnell gearbeitet, so dass ich relativ schnell sowohl Karte aus auch Backstage-Ausweis am Mann hatte. Da ich ziemlich zeitig am Festivalgelände angekommen war, hatte ich genügend Zeit, mich umzuschauen, was sowohl die Preise, als auch die Stände angeht. Die Getränke-Preise waren wirklich mehr als fair: Kein Getränk teurer als 1,60 Euro! Die Fressbuden boten alles an, was das (mein) Herz begehrt. Allerdings hätte ich mir vielleicht den einen oder anderen Stand mehr gewünscht, einen Plattenstand oder eine bandübergreifenden T-Shirt Bude. Immerhin hatte ich Geld dabei, welches für Tonträger ausgegeben werden wollte, weil man ja auf Festivals immer irgendeine CD findet, die man noch nicht hat, aber unbedingt braucht.
Aber was macht das Flair eines Festivals wie Selbiges in Beelen aus? Hier ein paar Antworten aus dem Publikum: „Gute Bands.“ – „Nicht zu teuer!“ – „Hier sind Menschen von 2 bis 60 Jahren, also ein richtiges Familienfestival!“ – „Hier ist es friedlicher als auf anderen Festivals, weil so viele unterschiedliche Altersgruppen da sind.“ – „Man kann locker mit dem Fahrrad hinkommen, besoffen sein und nette Leute treffen!“. Die letzte Aussage trifft es wahrscheinlich am besten, ein Festival, wo das ganze Dorf anwesend ist, alle sich kennen und die Besucher freundlich aufnehmen. Jedenfalls ich wurde mehr als freundlich empfangen.
Um 19 Uhr pünktlich zu Beginn der musikalischen Darbietungen, musste eine der Mitveranstalterinnen dem Publikum leider mitteilen, dass FLYSWATTER noch im Stau stecken und daher LOOMA, die um 19 Uhr spielen sollten, erst um 20 Uhr anfangen. Also noch eine Stunde warten. Als dann um 20 Uhr die Truppe aus Münster die Bühne betrat, war dann auch ein recht ansehnliches Publikum anwesend. Die obligatorischen Barfusstänzer und Tuchschwingerinnen fehlten natürlich nicht, ich wäre auch enttäuscht gewesen. Für die erste Band des Abends war die Stimmung schon recht gut, was bei der musikalischen Darbietung auch nicht schwer war. Die vier Münsteraner boten eine gute Mischung aus TOOL, ALICE IN CHAINS und 70er Rock. Kraftvoll und melancholisch rockten LOOMA das Publikum für die nachfolgenden Acts warm.
Nach einer kurzen Umbaupause standen pünktlich um 21.45 Uhr FINAL VIRUS auf der Bühne. Der erste Höhepunkt des Abends versprach vom Papier her einiges: Peter Sonntag am Bass, der macht immerhin seit den Siebzigern Musik und wurde gar im Jazz-Lexikon des Rowohlt-Verlags verewigt. Reno Schnell wird als eine der besten Gitarristinnen europaweit von Musikmagazinen umjubelt. Aber auch die anderen Musiker verstehen ihr Fach, nicht umsonst kehrten sie gerade von einer zweiwöchigen Tour durch China zurück. Die Aachener wussten von Anfang an, die Massen mit ihrer Mischung aus Metal, Hardjazz und Hardcore zu begeistern. Uwe Pröckl gestaltete seinen Gesang so variabel, dass man oft das Gefühl hatte, die Band habe mehr als einen Sänger. Was natürlich auch ungewöhnlich war: FINAL VIRUS verfügen über zwei Schlagzeuger. Neben Bodo Stricker wurde auch ein gewisser Max Sonntag eingesetzt. Max, natürlich der Sohnemann von Peter Sonntag, ist mit seinen gerade mal fünfzehn Jahren anderen Schlagzeugern um Lichtjahre voraus. Von ihm wird man noch einiges hören! Gespickt wurde das Set mit Coverversionen von „Love will tear us apart“, „Bitter sweet Symphony“ und „Hey Dude“, welche vom Publikum lauthals mitgesungen wurden. Was mir allerdings persönlich am besten gefallen hat, war, dass FINAL VIRUS nicht nur ihre Songs runterspielten, sondern immer wieder das Publikum auf politische Missstände ansprachen und damit auch Gehör fanden. Das Papier hat also nicht gelogen, es war großartig!
Gegen halb eins fingen dann die ALTERNATIVE ALLSTARS – die drei Gütersloher um Claus Grabke – an, dem Publikum richtig einzuheizen und das letzte herauszuholen. Schon nach den ersten Klängen tobte das Publikum. Der Moshpit belegte fast die ganze Fläche vom Bühnenrand bis zum Lichtpult. Da es allerdings die letzten Tage sehr trocken gewesen war, konnte man vor lauter Staub von hinten nicht wirklich gut sehen und vorne war das Atmen schwierig. Die ALTERNATIVE ALLSTARS störte das allerdings reichlich wenig. Höhepunkte der Show waren auf jeden Fall „Rock On“ und „Supersonic me“. Die Zugabe bildete dann eine Coverversion von „Fight for your right“. Wobei als Höhepunkt auch der Mensch zu nennen ist, der die Bühne betrat und sich bis auf die Shorts auszog, welche dann durch einen beherzten Griff aus dem Publikum auch noch ausgezogen wurde. Die ALTERNATIVE ALLSTARS konnten mit Jonas einen neuen Bassisten vorstellen, der in Beelen erst zum zweiten Mal für die „Allstars“ auf der Bühne stand. Der erst Neunzehnjährige wusste sich musikalisch sehr gut einzufügen, und ergänzt die Band großartig. Kurzum: Nach den Allstars war das Publikum ziemlich zufrieden und ausgepowert.
Es sollte also schwer werden für REGICIDE, die Massen noch mal zu solchen Leistungen zu bewegen. Als die sieben aus Oldenburg die Bühne betraten, waren dann auch kaum noch Leute vor derselben. Nach und nach kehrten die Festivalbesucher zwar wieder zurück, aber richtig Stimmung kam leider nicht auf, was aber auch teilweise daran lag, dass es während des Sets zu massiven Soundproblemen sowohl vor als auch auf der Bühne kam. Die Geige war leider überhaupt nicht zu hören und der Gesang klang ziemlich steril. Die Lieder stammten fast ausschließlich von ihrer neuen CD, die Ende September erscheinen wird. Da kann man sich dann auch überzeugen, dass REGICIDE zu recht als einer der besten Metal Newcomer 2004 gelten und dementsprechend die Soundprobleme an der Technik lagen und nicht an den Musikern.
Nach REGICIDE war dann aber auch Schluss für mich, obwohl FLYSWATTER noch gespielt haben. So ein Tag in der prallen Sonne schlaucht doch ganz schön. Aber es war alles in allem ein gelungener Tag auf einem tollen Festival, mit ausgezeichneten Bands, einem großartigen Publikum und ausgelassener Stimmung. Am nächsten Tag folgten im Übrigen mit 4LYN und anderen Acts noch einige weitere Highlights. Ich freue mich schon auf „Beelen 2005“!
Noch eine kleine aber wichtige Bemerkung: das „Krach am Bach“ ist ein Non Profit-Festival, welches den Erlös an soziale Einrichtungen spendet. Also ein Grund mehr nächstes Jahr dort sein Geld auf den Kopf zu kloppen!
Copyright Fotos: Dominique Dahl
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