Ort: Beelen
Datum: 27.07.2007 - 28.07.2007
Freitag
Am Freitag, den 27. war es mal wieder Zeit, den Rucksack zu packen, den Wagen aufzutanken und nach Beelen zu pilgern. Das 14. „Krach am Bach Festival“ rief seine Kinder. Nach recht kurzer Fahrt (nach 4 Auflagen und etlichen Irrfahrten kenne dann sogar ich den Weg), wurde ich nett lächelnd von einer jungen Dame mit den Worten „Dominic, Terrorverlag, da habe ich doch eben was gelesen, ah ja hier ist deine Karte und dein Presseausweis“ begrüßt.
Da Freitag Abend die Sonne schien und das Programm durchaus ansehnlich war, konnte man am ersten Abend von einem guten Zuschauerschnitt sprechen. Wie in jedem Jahr, so auch in diesem, begrüßte pünktlich um 18.30 Uhr Garbo die Zuschauer, wünschte ein gutes Festival und überließ die Bühne RAMROD aus Ahlen. RAMROD hatten den „Sound From Around“-Contest für sich entscheiden können und so das Vergnügen, das Krach am Bach musikalisch einzuläuten. Mit ihrem lupenreinen Rock ’n’ Roll und einer gehörigen Menge an mitgebrachten Fans schafften sie, was in den Jahren zuvor niemandem gelungen war: Einen würdigen Startschuss zu geben.
Nach kurzer Umbaupause besaßen TRANSMITTER aus Hannover das Vergnügen, das Publikum weiter zu unterhalten. Letztes Jahr hatten sie noch die kleine Bühne gerockt und dabei so begeistert, dass Klaus sie aus dem Stand für das diesjährige Festival gebucht hatte. Ob es daran lag, dass es noch recht früh war und die Leute mit ihren Zelten beschäftigt waren, jedenfalls konnte man bei TRANSMITTER trotz ihres sehr guten Crossovers kaum von einem Publikumserfolg reden. Nur eine handvoll Leute versammelte sich vor der Hauptbühne und spendetn dezent Beifall. Die einzigen Zuhörer die sich einigermaßen bewegten, war eine kleine Gruppe Möchtegern-Hardcore-Kinder, die mit lächerlichen Tanzeinlagen zeigen wollten, wie tough sie sind. Gegen Ende des Sets waren dann aber doch noch ein paar Leute da, die dann auch erfolgreich nach einer Zugabe riefen.
Von geringen Zuschauerzahlen konnte man dann bei BOOZED nicht mehr sprechen. Die fünf Jungs aus Osnabrück spielten sich regelrecht die Finger blutig mit ihrem Punk ’n’ Roll. Das Publikum wiederum nahm die ehrliche und energiegeladene Show dankbar auf und setzte ein erstes Zeichen, dass es feierwillig war.
Wie auch schon im letzten Jahr hatte Soundpool die musikalische Gestaltung der kleinen Bühne übernommen. Optisch wieder eine liebevolle Wohnzimmeratmosphäre mit Sofas und Sesseln unter dem Baum, einer kleinen Bierbude und ein Stand für allerlei Krimskrams. Leider war die Bandauswahl dieses Jahr etwas dürftiger als im vorherigen. Da auf dem Programmzettel keine Daten angegeben waren, wurde die kleine Bühne am ersten Abend kaum frequentiert und nur wenige Zuschauer hatten das Vergnügen, POEDRA zu lauschen. Die vier griechisch türkischen Hip Hopper aus Duisburg konnten mit intelligenten Texten, guter Show und witzigen Ansagen das Publikum schnell auf ihre Seite ziehen und zum Tanzen bewegen. Da das erste Set nur sehr kurz war, hatten sie einen Stunde später nochmals die Chance ihr schon bewiesenes Können zu präsentieren. Während des Sets von POEDRA muss noch der Metaller erwähnt werden, der es unglaublich lustig fand, die ganze Zeit lautstark seinen Unmut über Hip Hop zu äußern und dabei durchgehend den Mittelfinger zu zeigen. Nicht Bands wie POEDRA sollten dem Krach am Bach fernbleiben, wie du es äußertest, sondern Leute wie du, die nur ihren beschränkten Tellerrand sehen.
Die zweite Band, die auf der kleinen Bühne auffiel, waren GOLDEN DELICIOUS aus Bielefeld. Die Frauenband aus dem AJZ Umfeld fiel besonders durch ihr nicht vorhandenes musikalisches Können, die Launen der Sängerin und den Ausmaßen ihres Mundes auf. Aber alles nacheinander: Musikalisch versuchten sie ein wenig wie BIKINI KILL mit deutschen Texten zu klingen. Leider waren ihre musikalischen Möglichkeiten sehr beschränkt. Dafür konnte die Sängerin beim Singen den Mund unglaublich weit aufreißen. Die Laune wurde allerdings zusehends schlechter, als eine mir bekannte Person, auf die Frage der Sängerin nach einem Musikwunsch, laut nach den KASSIERERn brüllte. Dieser Wunsch wurde mit einem „Die finde ich scheiße!“ abgetan. Danach waren beim ersten Set nur noch finstere Gesichter auf der Bühne zu sehen.
Die dritte Band, die herausstach, waren PHONEY14, die mit einem durchweg gekonntem Highschoolrock-EmoCore eines der wenigen musikalischen Highlights der kleinen Bühne boten, und wahrscheinlich die Band mit der meisten Publikumsresonanz war.
Zurück auf der Hauptbühne sollten NAVEL aus der Schweiz das nächste Highlight setzen. Ein Höhepunkt war auf jeden Fall die Kopfbedeckung der Sängerin/ Gitarristin Jari, hatte sie doch ein Gebilde auf dem Kopf, das stark an ein Handtuch umwickelt mit einem schwarzen Gürtel erinnerte. Musikalisch boten die drei SchweizerInnen eine sehr eigene Mischung aus NIRVANA und SONIC YOUTH, wobei sie überraschenderweise das Publikum richtig begeistern konnten. Überraschenderweise, weil die Songstrukturen und der Gesang teilweise doch recht anstrengend waren.
Nach NAVEL kam dann der Höhepunkt des Abends. KNORKATOR aus Berlin sollten den letzten Rest aus den Festivalbesuchern rausholen. Die fünf Berliner zogen mit Klobüstenschlagzeug, rosa Tangas, bissige vulgären Texten, grobspäßigen Theaterstücken, unterhaltsamen Publikumsanimationen und gewagten Showeinlagen alle Register ihres Könnens. Musikalisch boten sie eine Reise durch 13 Jahre Bandgeschichte, die immer wieder von witzigen Einfällen unterbrochen wurde. Das Publikum wurde mit Geld beworfen, der 11. September wurde „nachgespielt“, Stumpen kletterte auf alles, was man besteigen konnte, das Publikum wurde mit einem überdimensionalen Schaumstoffkeyboard verhauen… Kurz: KNORKATOR wussten von der ersten Minute an, wie sie ihr Publikum begeistern konnten. Höhepunkt des Sets war dann „Böse“, welches als Zugabe gespielt wurde.
SIENA ROOT aus Schweden hatten die undankbare Aufgabe, als letzte Band des Abends die Leute auf die Nacht einzustimmen und den Platz leer zu spielen. Nicht mehr viele Besucher blieben, um sich den History Rock der vier Jungs anzuhören.
Samstag
Der Samstag fing leider sehr bescheiden an. Ein Blick aus dem Fenster verriet, dass es in Strömen regnete und es zudem recht kalt zu sein schien. Genau wie ich hatten nur wenige Besucher die Muße, sich SECOND MONDAY und MOTHER’S LITTLE HELPERS bei intensivem Platzregen anzuschauen. Nachdem ich meinen Wagen richtig in den Acker gesetzt hatte, waren 7 DAYS AWAKE die erste Formation des Samstags, die mein Gehör fand. Mit richtig sattem Progressive Rock wussten die fünf Bielefelder das zahlenmäßig noch recht geringe Publikum zu begeistern. Obwohl sie am Vorabend ihre neueste CD im Sounds in Bielefeld vorgestellt hatten und nach eigenen Angaben mehr als betrunken waren, meisterten sie ihr Set bravourös.
Leider bekam ich außer den ersten Klängen von MR. BROWN aus Hamburg nur sehr wenig mit, da ich eine Verabredung mit einem Landwirt hatte, der freundlicherweise mit seinem Traktor meinen Wagen vom offiziellen Parkplatz herunterzog. Leider war derselbige, welcher auch in diesem Jahr der nächstgelegene Acker war, durch den großen Regen eine große Schlammfalle geworden, und diejenigen, die ihre Fahrzeuge dort abgestellt hatten, mussten sich beim Bauern zum Abschleppen „anmelden“. Da nach der Parkplatzsperre nur noch wenige Plätze für die PKWs vorhanden waren, wurde überall geparkt, was in diesem Jahr dafür sorgte, dass der Veranstalter vor jeder Band bekannt geben musste, welche Autos diesmal eine Feuerwehrzufahrt versperren, eine Einfahrt zuparken oder eine Straße komplett blockieren würden. Überhaupt war dieses Jahr das Publikum sehr destruktiv. In keinem vorherigen „Krach am Bach“ fand ich (einige) Anwesende so unfreundlich und egoistisch wie bei dieser Auflage. Da wurde durch die Menge gerannt, ohne zu schauen, mit Bier geworfen und der Campingplatz war in diesem Jahr die reinste Müllhalde.
Gegen 19 Uhr setzten SONDASCHULE den ersten musikalischen Höhepunkt des Tages. Mit ihrem Ska-Punk konnten sie die Zuhörer von der ersten Minute an mitreißen.
THE ANIMAL FIVE aus Schweden nutzen die ausgelassene Stimmung der Zuhörer, um mit ihrem Beatrock die Beine am Tanzen zu lassen. Der Sänger, welcher mehr im Publikum als auf der Bühne zu finden war, konnte mit witzigen Ansagen und grandiosen Mitmacheffekten das Publikum in einen wahren Rausch spielen. Wären THE ANIMAL FIVE wohl ein paar Jahre eher am Start gewesen, wären sie die Vorreiter des Beatrocks und nicht FRANZ FERDINAND.
Dass THE DRONES aus Australien keine Lust auf das KaB hatten, hätte deutlicher nicht erkennbar sein können. Die Musiker spielten teilweise das ganze Set mit dem Rücken zum Publikum, der Sänger sprach von einem „beschissenen Festival“ und musikalisch waren sie mit ihrem Alternative Rock auch eher Stimmungstöter.
EL*KE aus den Niederungen des Emslands (bzw. mittlerweile ja Berlin) allerdings konnten das Stimmungsbarometer noch mal herumreißen. Mit ihrem deutschsprachigem Punkrock und einer publikumsbezogenen Mitsingshow stellten sie klar, warum sie am Samstag der Headliner des Festivals waren.
Das Krach am Bach 2007 war für mich persönlich eine kleine Enttäuschung. Leider hatte man es in diesem Jahr versäumt, sich für den Samstag einen etwas größeren Namen zu buchen. Dementsprechend war der Tag auch relativ mau besucht. Musikalisch und organisatorisch war es wieder eine Veranstaltung vom Feinsten, allerdings hatte ich das Gefühl, dass das Publikum nicht richtig mitspielt. Leider blieben einige Samstagsbesucher wegen des nicht so zugkräftigen Line-Ups aus (auch das Wetter spielte sicher eine Rolle), was dann doch zu einem etwas leereren Festivalgelände führte. Dennoch freue ich mich natürlich auf das 15. Krach am Bach im Jahre 2008!
Copyright Fotos: Nicolai Meyer
Hinterlassen Sie einen Kommentar.
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.