Ort: Hannover - Faust
Datum: 19.04.2007
Nur wenige Monate nach dem ersten Teil der „Volk“-Tour schoben LAIBACH, wie eigentlich fast immer, einige Konzerte hinterher. Dies führte sie nun auch zum ersten Mal in ihrer langen Karriere nach Hannover. Da ich schon im Dezember den Tourauftakt in Hamburg erleben konnte, war ich gespannt, wie die sehr ruhige musikalische Umsetzung bei einem doch traditionell recht reservierten Publikum wie den Hannoveranern ankommen würde. Das „Faust“ selbst ist Teil eines Komplexes mehrerer Gebäude in einer alten Fabrik und bot somit einen passenden Rahmen. Schätzungsweise hatten sich ca. 250 Leute bei sommerlichen Temperaturen versammelt und warteten gespannt auf die Slowenen. Die aus der Vergangenheit bekannten, politisch zwiespältigen Personen, sind mir übrigens auf keinem meiner bisher besuchten Konzerte groß aufgefallen. Stattdessen würde ich hier das Publikum als größtenteils linksalternativ beschreiben und ein Besucher mit „Mensch“ T-Shirt zeugte davon, dass auch GRÖNEMEYER Fans mal was richtig anspruchsvolles genießen wollen.
Als es um 21 Uhr mit Partisanenliedern aus der Konserve losging, löste sich meine Hoffnung auf, dass LAIBACH diesmal auf diesen Part verzichten würden, jedoch dauerte das ganze „nur“ 30 Minuten, bis schließlich die deutsche Nationalhymne „Germania“ einleitete. Wieder zu fünft und mit Gastsängerin Mina Spieler ging es zur Sache, gleich zu Beginn eine kleine Merkwürdigkeit: LAIBACH kamen auf die Bühne, kein Applaus, auch als Milan schlussendlich die Bühne betrat, keine Reaktion des Publikums. Auch musikalisch und visuell gab es einige Punkte, die sich im Vergleich zum Dezember verändert hatten. Der Sound war wesentlich aggressiver, was daran lag, dass Janez an den Drums ein wesentlich intensiveres Spiel an den Tag legte, dies trat besonders bei „Francia“ in den Vordergrund, ebenfalls hatte man im Laufe der „Volk“-Interpretationen den Eindruck, dass wesentlich mehr mit den Synths experimentiert wurde. Primoz baute noch mehr klassische Elemente ein, auf der linken Seite schraubte Luka an seiner Synthburg ordentlich an den Reglern und Knöpfen rum und erzeugte so jede Menge Effekte. Die Leinwandanimationen waren landestypisch angepasst und sorgten sicherlich für einigen Gesprächsstoff, „Anglia“ bot ein furchteinflößendes „SAW“ Szenario, während die Animationen bei „Italia“ aus den Abspännen der Filme „La dolce Vita“ und „Die 120 Tage von Sodom“ bestanden, sowie Filmsequenzen die quasi „überkreuz“ gezeigt wurden. Eine Präambel vielleicht, wie zerrissen gerade dieses Land ist. Einerseits sieht der Urlauber nur „La dolce Vita“ und unter der Oberfläche? Berlusconi, Korruption, Mafia, Kirche und Gewalt. Die Zerrissenheit eint übrigens alle interpretierten Länder. Wie in Hamburg war die musikalische Inszenierung sehr klassisch. Ebenfalls war das Zusammenspiel von Milan und Mina wieder überzeugend, jedoch merkte man auch hier dem Publikum an, dass diese sehr konzeptionelle Ausrichtung wohl nicht ganz das war, was mancher von LAIBACH erwartet/ erhofft hat. Jedoch kam die Distanz des Publikums manchmal schon Desinteresse gleich.
Nach 60 Minuten und „NSK“ war erst mal Schluss, wieder wurde ein wenig umgebaut und es war Zeit für etwas mehr Action und Eva und Natasa an den Percussions. „Tanz mit Laibach“ machte den Auftakt für ein halbstündiges Best-of Set der „WAT“-VÖ angereichert mit „Alle gegen alle“. Vor der Bühne wurde getanzt, aber auch das ging eher verhalten vonstatten. Bei „Achtung!“ und „Das Spiel ist aus“ griffen LAIBACH ebenfalls nicht auf die Original Visuals zurück, sondern es gab neues auf der Leinwand zu sehen. Auch setzte sich das soundtechnische Experimentieren fort, so unterschieden sich die Stücke teilweise recht deutlich von den Originalen. Das „Laibach-Medley“ beendete die Darbietung und die Band verabschiedete sich noch mal im Rampenlicht vom Publikum. Konzeptionell ist es sicherlich unendlich schwer, dies alles live rüberzubringen, doch bot Hannover in meinen Augen etwas zu viel Geringschätzung.
Setlist
Germania
America
Anglia
Rossiya
Francia
Italia
Espana
Yisra´el
Türkiye
Zhonghuá
Nippon
Slovania
NSK
Tanz mit Laibach
Alle gegen alle
Du bist unser
Hell:Symmetry
Achtung!
Das Spiel ist aus
Laibach Medley
Copyright Fotos: Karsten Thurau
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