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LAIBACH

Ort: Köln - Kantine

Datum: 26.05.2005

Anfang der neunziger Jahre waren LAIBACH einer meiner ersten Berührungspunkte mit der schwarzen Szene. Dennoch war erst die „Wat“-VÖ (2003) für mich die Initialzündung, mich mit LAIBACH und deren Inhalten näher zu beschäftigen, nebenbei gehört sie mittlerweile zu meinen Lieblingsscheiben. So wurde selbstredend die Gelegenheit genutzt, sich ihren Auftritt in der Kantine/ Köln zu Gemüte zu führen. Bei hochsommerlichen Temperaturen erreichten wir die Location, der ein Biergarten vorgelagert war. Hier konnte man ein für die Band typisches, sehr bunt gemischtes Volk entdecken. Offensichtlich fragwürdige Gestalten, wie beim Konzert vor rund 2 Jahren in Bielefeld, machte ich allerdings nicht aus. Da es in der Halle anscheinend noch mal gefühlte zwanzig Grad wärmer war, nutzten wir die Zeit bis zum Beginn, um uns im Biergarten zu stärken.

Kurz vor neun: Die Bühne war mit allerlei Musikinstrumenten gut gefüllt. Eine Leinwand, eingerahmt von zwei Flaggen mit dem bekannten LAIBACH-Zeichen, signalisierte die visuelle Untermalung, die übrigens nicht digital, sondern durch einen alten 16mm Projektor erfolgte. Schätzungsweise 200 Leute harrten, mit ein wenig Abstand, dem Beginn entgegen. Elektronisches Klangwerk, u.a. die Eurovisionshymne schufen einen Spannungsbogen, der sich in den ersten Klängen von „B Mashina“ entlud. Zu den instrumentalen Sounds betraten nach und nach die vier Musiker die Bühne, lediglich Sänger Milan Fras, ließ sich erst zum zweiten Teil des Liedes blicken. Wie immer mit Fliegerkäppi und langem Lederrock bekleidet, aber sein markanter Bart fehlte. Das erste Viertel des Konzertes bestand aus Coverversionen u.a. „In the army now“ sowie „God is God“. Bei letzterem zeigte sich wieder die typische Präsentationsform LAIBACHs, absolut kühl, distanziert, ohne eine Miene zu verziehen (keiner der Musiker!!!!) werden die Songs vorgetragen. Einziges Stilmittel scheinen Milans unterstützende Hand und Armbewegungen zu sein. Breit ausgebreitete Arme und arroganter Gesichtsausdruck zu einer Textzeile wie „…the Beginning and the end, I am the first, and I am the last“ brauchen, denk ich, nicht weiter interpretiert zu werden. Was auffiel: Zwar war eine gewisse Bewegung im Publikum, die war aber erstaunlich reduziert für diese Art von Musik, man hatte fast den Eindruck, dass Auditorium sei gefesselt von der Darstellungsweise. Die Stücke selbst wirkten trotz allem „Krach“, sehr ruhig und gewissenhaft interpretiert auf mich.

Bei „Mars on River Drina“ gönnte sich Milan eine kleine Pause, um den anderen Bandmitgliedern, Jamsessionlike, die Bühne zu überlassen. Danach leitete „Tanz mit Laibach“, einen fünfstückigen Part mit Kompositionen der „Wat“ ein, als Unterstützung nahmen zwei wohlgeratene Mädels mit Käppi, neckischen Zöpfen, knielangem Rock und halterlosen Strümpfen bekleidet sowie mit zwei Drumsticks bewaffnet, ihre Plätze an den vorderen Trommeln ein. Die beiden begleiteten fortan mit ihren Künsten den Auftritt und sorgten auch für so manchen Hingucker. Während „Tanz mit Laibach“ auf dem Album schon für genügend Druck und Tempo sorgt, schien hier, durch die Verstärkung mit Bass und Gitarre, der Song noch fetter rüber zu kommen. Auch die weiteren Stücke der „Wat“ kamen meiner Meinung nach besser zur Geltung, da die technoide Ausrichtung, sich Live besser umsetzen lässt. „Wirtschaft ist Tot“ wurde wiederum instrumental intoniert und ließ für Milan eine weitere Verschnaufpause von seiner aktiven Bühnenpräsenz zu. „Achtung!“, „Das Spiel ist aus“ sowie der Titeltrack „Wat“ rundeten den 75minütigen Gig ab.

Ohne Zugabe wollten aber auch LAIBACH das Publikum nicht gehen lassen, es folgten eine sehr eigenwillige Interpretation von BATA ILLIC´s „Mama Leone“ und noch zwei ihrer größten Klassiker: „Geburt einer Nation“ und „Life is Life“. Zum Abschluss erklang noch mal eine Version von „Tanz mit Laibach“ zu der die Musiker, in umgekehrter Reihenfolge, wie sie gekommen waren, die Bühne verließen.

Mein Fazit: Musik die auf allerhöchstem Niveau vorgetragen wird, die einen unbewusst zum Mitmarschieren verleitet, gepaart mit einer beinahe schmerzhaft vorgetragenen Überlegenheit und Arroganz auf der Bühne, sowie einem Humor und Zynismus, der leicht für Missverständnisse sorgen kann (Diesmal konnte man am Merchandise-Stand u.a. „Antisemitismuskondome“ sowie Plakate mit der Aufschrift „Das erste Bombardement, Krieg über Deutschland“ erwerben), sorgen dafür, dass LAIBACH zu einer der außergewöhnlichsten Bands dieses Kosmos gehören und sicher auch dann noch im Gespräch sein werden, wenn viele andere Bands schon längst vergessen sind.

Setlist (ohne Gewähr!):
B Mashina
In the army now
Dogs of War
Alle gegen alle
God is God
Mars on River Drina
Tanz mit Laibach
Du bist unser
Now you will pay
Hell:Symmetry
The great Divide
Wirtschaft ist Tot
Achtung!
Das Spiel ist aus
WAT

Mama Leone
Sympathy for the Devil
Geburt einer Nation (Kraftbach Mix)
Opus Dei (Life is Life)
Wir tanzen Ado Hinkel – Zeta Reticula Mix (Tanz mit Laibach)

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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