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LES SAUVIGNONS – POHLMANN

Ort: Bielefeld - Bunker Ulmenwall

Datum: 17.12.2005

Eigentlich könnte man ja annehmen, dass wir mittlerweile sämtliche Locations in Bielefeld abgegrast hätten, aber an diesem eiskalten Samstag stand tatsächlich eine Premiere auf dem Programm. Der Bunker Ulmenwall wurde sozusagen terrormässig entjungfert, nachdem wir den Eingang am Ende des Niederwalls ausfindig gemacht hatten. Als ehemaliger Kriegsschutzraum konnte das Gebäude durch seine verwinkelte Architektur und die beruhigende Wandfarbe einen ganz eigenen Charme entfalten. Oft spielen hier Jazzbands sogenannte „intime“ Konzerte, doch heuer hatte sich der „H-BLOCKX-Frontkasper“ Henning Wehland angekündigt, im Gepäck ein paar Freunde und mächtig viel Spielwitz. Derart Weihnachtskonzert spielt der mittlerweile recht bärtige Herr unter dem Namen LES SAUVIGNONS schon seit Jahren in seiner Heimat Münster, in Bielefeld war er aber nun aber auch schon zum dritten Mal am Start, davon das zweite Mal in Folge im Bunker. Die Raumaufteilung der Bühne war dabei relativ kurios: Es befanden sich Flügel, Mikrophonständer und Schlagwerk in der Mitte, so dass sich Zuschauer zu beiden Seiten auf ihren bestuhlten Plätzen aufhielten, der Laden schien übrigens ausverkauft zu sein. Die Musiker spielten dann im wesentlichen nach vorne und konnten sich dabei selbst im Spiegel sehen, während unsereins von der Seite eher die Rücken zu Gesicht bekamen, wahrlich ein Novum. Insgesamt 3 Terrorverleger, die sonst eher aggressiven Klängen lauschen, hatten sich schlussendlich an vorderster Front eingefunden, der Zeiger bewegte sich auf 21 Uhr und das Spektakel konnte beginnen.

Zunächst war es Jan Löchel, langjähriger Intimus von Henning und mithin einer der Hauptsongwriter der H-BLOCKXer, welcher sich alleine an den Flügel begab, um mit „Come along“ die Darbietung einzuläuten. Dann kam Henning im „Kreuzberg“-Shirt dazu, und es wurde schnell deutlich, dass neben der Musik auch einige Comedy-Elemente zu erwarten waren. Den ganzen Abend über frotzelten die Herren miteinander und mit dem Publikum, welches doch eher einen gesetzteren Eindruck machte. Darunter übrigens viele Bekannte und Verwandte der Musiker, Münster liegt schließlich um die Ecke. Nach „What if“ und „How long“ (dazu gab es vorab eine nette anatomische Anspielung auf ein bewusstes Körperteil) wurde es dann noch voller auf der Bühne, ein Drummer setzte sich in die Ecke auf das despektierlich „Orangenkiste“ benannte Gerät und unterstützte im folgenden „Learning to fly“ und „Say I will“ im Rhythmusbereich. Daraufhin unterbrach Henning die Darbietung und kündigte einen ganz speziellen Gast ab: Ingo Pohlmann! Wer ist Ingo Pohlmann?

Der Herr stammt ursprünglich aus Münster, ging dann aber nach Hamburg, wo er wiederum eine Einladung vom guten Henning erhielt, der von seinem Können gehört hatte. Ehedem als Maurer und Barmann unterwegs schreibt er schon seit geraumer Zeit Musik, deren Potenzial von den alten Hasen sofort erkannt wurde, und die ihm nun auch einen Plattenvertrag bei der EMI eingebracht hat. Seine Eltern waren auch vor Ort, als der Eric Stoltz-Lookalike mit seiner Darbietung begann: Ein Mann und eine Akustikklampfe. Und vom ersten Ton war klar, dass Henning mit seinen Lobeshymnen nicht übertrieben hatte – dieser Mann kann singen und texten (in deutsch) und zog binnen weniger Sekunden das Publikum in seinen Bann. Am Tage vorher war der Beau noch in Hamburg in einer Kirche aufgetreten, in der Holz vor Kälte arbeitete und der Küster mit der Kasse durchgebrannt war, für Humor war also ansagentechnisch weiter gesorgt. Nach und nach griff auch Pohlmann auf die anderen Musiker zurück, Höhepunkt war sicher ein DANKO JONES-Cover („Get yourself a woman“), welches beide Sänger zusammen intonierten. Weiteres Highlight: Das lyrisch sehr gelungene „Ferien auf Sagrotan“, das zu spontanen Lachanfällen im Publikum führte. Henning versuchte auch, die Anwesenden gesanglich einzubinden, doch die Versuche bei „Little Girl“ verebbten eher kläglich. Passend dazu die launigen Kommentare zum Bielefelder Publikum und der ostwestfälischen Musikerpolizei. Wirklich interessant fand ich die Umsetzung DES Bandklassikers schlechthin, „Risin’ High“ in einer bluesigen Variante, welche die doch eher kindlichen Lyrics in neuem Licht erstrahlen ließ.

So ging dann auch dieser Abend irgendwann seinem Ende zu, und nach ausgelassenen Singspielen verließen die Herren Musiker dann kurzfristig die Szenerie, nur damit das Auditorium sehr eindringlich eine Zugabe verlangte. Für diese kehrte Herr Wehland dann zurück, der einen Song von UDO LINDENBERG (Text: ULLA MEINECKE) ganz alleine am Flügel performte: „Bis ans Ende der Welt“. Nur eine von vielen gelungenen Überraschungen an diesem Abend, der damit dann kurz nach 23 Uhr auch so langsam auspendelte. Noch kurz 3 Zitate von H.W.: „Wir kommen nächstes Jahr wieder, wenn ihr uns wieder haben wollt“, „Ingo werden wir noch eine Frisur wie die von Bill (TOKIO HOTEL) verpassen, damit er richtig Erfolg hat“ und „Im nächsten Jahr müssen wir POHLMANN bezahlen, damit wir ihn supporten“. Ganz und gar unrecht hatte er damit nicht, denn zumindest die Damenwelt belagerte den deutschen JACK JOHNSON nach dem Gig schon wie einen Superstar. Ein gelungener Abend voller Überraschungen und eine willkommene Abwechslung vom oft so tristen Konzertallerlei!

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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