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MADRUGADA

Ort: Dortmund – FZW

Datum: 25.09.2019

Wenn man in den letzten rund zehn Jahren einen MADRUGADA-Song live hören wollte, musste man zu einem Konzert von SIVERT HØYEM gehen. Dort spielte der ehemalige Sänger der norwegischen Indie-Rockkapelle stets das eine oder andere Lied jener Kapelle, die 1995 von besagtem Sivert Høyem (Gesang & Gitarre), Robert S. Burås (Gitarre), Frode Jacobsen (Bass) und Jon Lauvland Pettersen (Schlagzeug) gegründet wurde. Nachdem Robert im Sommer 2007 im Alter von nur 31 Jahren plötzlich verstorben war, löste sich die Band ein Jahr später auf. Sehr zur Freude der treuen Fangemeinde gaben die Skandinavier 2018 ihr Comeback bekannt. So kamen wir Anfang des Jahres bereits in den Genuss erster MADRUGADA-Gigs, bei denen auch Christer Knutsen (Gitarre & Keys) und Cato Salsa Thomassen (Gitarre) von Siverts Solo-Combo mit von der Partie waren. Heuer sind MADRUGADA wieder hierzulande unterwegs und natürlich waren auch wir wieder am Start.

Wer es nicht ins gut gefüllte Dortmunder FZW geschafft hatte, konnte sich die Show alternativ ab 20.30 Uhr auf der Rockpalast-Homepage als Live Stream ansehen, aber natürlich können Kameras die Stimmung vor Ort nur unzureichend wiedergeben. Zwar war das Publikum über den gesamten Abend recht zurückhaltend, aber möglicherweise war das nur dem Alter der Anwesenden geschuldet, von denen doch einige zu den Fans der ersten Stunden gezählt werden könnten. Selbige haben deshalb womöglich noch eine „Originalausgabe“ jener Platte stehen, um die es im Besonderen gehen sollte: die „Industrial Silence“, mit der MADRUGADA 1999 erfolgreich debütierten! 20 Jahre sind seit der Veröffentlichung vergangen und natürlich bietet es sich bei so einem Jubiläum ganz hervorragend an, das Ereignis mit einer Konzertreise zu feiern. Wer die Tracklist des Albums noch im Kopf hatte, wird auch schnell gemerkt haben, dass selbige in genau dieser Reihenfolge gespielt wurde. Entsprechend expressiv fiel der Auftakt mit „Vocal“ aus, selbst wenn die Stimme des glatzköpfigen Fronters zu diesem Zeitpunkt noch nicht optimal ausgesteuert war. Der Sound wurde schnell besser und die Musik war eh so mitreißend, dass man über einen derart kleinen Makel problemlos hinwegsehen konnte. Mit Mundharmonika (Christer) und Schellenkranz (Sivert) schloss sich „Belladonna“ an, bevor für das druckvolle und kräftig beklatsche „Higher“ die Stage in blaues Licht getaucht wurde. Derweil verbreitete „Sirens“ mit einem langen instrumentalen Einstieg wenig später eine mystisch anmutende Stimmung, die vom rot-orangefarbenen Bühnenambiente unterstützt wurde, um schließlich wieder Fahrt aufzunehmen und vom gefühlvollen „Shine“ abgelöst zu werden. Hier griff Kollege Knutsen erstmals in die Saiten einer Slide Guitar, während der 43-jährige Bandleader sein Können an der Akustikklampfe beim großartigen „This Old House“ unter Beweis stellte. O-Ton Sivert: „…a beautiful lovesong…“ – dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen! Ein wenig Westernfeeling kam derweil bei „Strange Colour Blue“ auf, das mit eindringlichen und rhythmusbetonten Melodien gefiel und von Herrn Høyem genutzt wurde, mit einem Scheinwerfer ins Publikum zu leuchten. Es ging bei der lebhaften Nummer in die Vollen, weshalb auch der Mikroständer dran glauben musste und einem der Kameraleute doch sehr nahekam. Temperamentvoll schloss sich auch „Salt“ an, bevor auf der großen Leinwand im Hintergrund das „Industrial Silence“-Plattencover zu sehen war und „Norwegian Hammerworks Corp.“ mit ordentlich Drive und jaulenden Gitarren auf dem Plan stand. Nicht zu vergessen natürlich Siverts spezielles Outfit bei dieser Nummer. Nachdem er sich nämlich schon längst seines schwarzen Jacketts entledigt hatte, verschwand er hier kurz im Off, um in einem silberfarbenen Glitzersakko als – nennen wir es mal – sehr schlanke Diskokugel zurückzukehren. Dieses recht spezielle Kleidungsstück wurde für das hypnotische „Beautyproof“ gegen zwei Maracas ausgetauscht, um der Rhythmusfraktion noch ein wenig Unterstützung anzugedeihen, wohingegen sich „Quite Emotional“ mit seinen dezenten Gitarren- und Orgelklängen etwas zurücknahm. Sivert zählt dieses Stück zu seinen eigenen Favoriten und das ganz klar zurecht! Der Name spricht bereits Bände und wer das markante Organ des Vokalisten kennt, weiß, dass hier eine Gänsehaut garantiert war. Nicht minder seelenvoll ging es mit „Terraplane“ weiter und als zum Ende des regulären Sets und somit auch der Platte schließlich zu „Electric“ ein flackerndes Lichtermeer auf dem Backdrop zu sehen war, durfte man sich auf einen wahrlich zu Herzen gehenden Abschluss freuen. Mr. Høyem berichtete davon, wie dieses Lied im Proberaum geschrieben und die ganze Nacht gespielt über gespielt wurde und vermutlich ist es tatsächlich so, dass man einen derart gelungenen Song in der passenden Atmosphäre immer wieder performen kann.

Höchstwahrscheinlich hätte das Auditorium auch nichts gegen eine Extended Version gehabt, doch nach insgesamt 75 Minuten Spielzeit verließ die Truppe ihre Plätze für einen kurzen Break, um dann nochmals mit fünf herausragenden Tracks im Gepäck zurückzukehren. Den Zugabenblock eröffnete „Black Mambo“ vom 2011er „The Nightly Desease“ auf sehr intensive Art und Weise, ehe „Hands Up – I Love You“ vom gleichen Silberling bassbetont zum Arme recken animierte. „What’s On Your Mind?“ fragten die Norweger alsbald mithilfe zarter Cemballo-Tonfolgen, akzentuierter Gitarrenakkorde und natürlich samtenen Gesangs. 2008 war dieser Herzwärmer auf dem selbstbetitelten letzten Studioalbum erschienen, aber in Sachen Emotionalität geht für mich in der MADRUGADA-Discografie nichts über „Majesty“ („Grit“ 2002)! Mit dieser Meinung stehe ich wohl nicht allein, wenn ich den Beifall der Crowd richtig gedeutet habe. „The Kids Are On High Street“ vom 2005er „The Deep End“ kann sich aber auch immer wieder hören lassen und so wurde auch dieser melancholisch-kraftvolle Indie-Gassenhauer gebührend abgefeiert, nachdem die Bandvorstellung erfolgt war. „Valley of Deception“ bedeutete dann tatsächlich das Ende des Gigs und wer nicht mehr so recht wusste, welche Band sich da am Bühnenrand aufgestellt hatte, um die Akklamationen der Fans entgegenzunehmen, konnte dies in großen Lettern im Hintergrund lesen. Für ihren Abgang bemühten die Herrschaften dann jedoch den guten alten ELVIS PRESLEY, dessen „If I Can Dream“ mit viel Gebläse aus den Boxen drang.

Ein würdiges Finale für zwei wirklich emotionsgeladene Stunden, die blitzschnell vergangen sind. Der MADRUGADA-Sound hat sich erneut als absolut zeitlos erwiesen und wenn es nach mir geht, können die Jungs jetzt gern im Abstand von einem halben Jahr in meine Nähe kommen. Auch gegen neues Material würde ich mich nicht sperren, denn ich bin mir sicher, dass diese Musiker noch einiges in petto haben!

Setlist

  • Vocal
  • Belladonna
  • Higher
  • Sirens
  • This Old House
  • Strange Colour Blue
  • Salt
  • Norwegian Hammerworks Corp.
  • Beautyproof
  • Quite Emotional
  • Terraplane
  • Electric
  • Black Mambo
  • Hands Up – I Love You
  • What’s On Your Mind?
  • Majesty
  • The Kids Are On High Street
  • Valley of Deception

Copyright Fotos: Daniela Vorndran

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