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MARIANNE ROSENBERG – MELOTRON

Ort: Münster - Münsterlandhalle

Datum: 26.04.2005

Als ich vor einer Weile eher zufällig über die Meldung stolperte, dass die Synthie Popper von MELOTRON den Support für die nächste MARIANNE ROSENBERG-Tour geben würden, war mir klar, dass dieses kulturelle Event nicht ohne den Terrorverlag stattfinden durfte. Zu skurril die Kombination: Hier jugendlicher Enthusiasmus aus der Schwarzen Szene, dort die Schlagerkönigin der 70er. Und nun war es endlich soweit, der Karneval der Kulturen sollte in der einladenden Münsterlandhalle stattfinden, vor der wir uns auch oberpünktlichst einfanden, da die MELOTRONisten gerüchteweise nur 25 Minuten musizieren sollten. Nach einer kurzen Phase der Akkreditierung hatten wir unsere Ehrenkarten – Ha, Ehrenkarten für Ehrenchaoten inmitten einer Ansammlung abgefahrener Figuren mittleren bis gehobenen Alters. Abgefahren sicherlich im Hinblick auf die Veranstaltungen, die wir sonst so frequentieren, bezogen auf die berühmte Münsteraner Kegelparty sicherlich der Normalfall. Vor allem Frauen ab 30 aufwärts hatten sich in ihre besten (und engsten) Stücke geworfen, um noch einmal eine Reise in ihre Jugend zu unternehmen. Sogar Schlipsträger und Schnauzbärte wurden gesichtet, teilweise sogar in una persona!

Der absolute Hammer war aber die Tatsache, dass die Halle komplett bestuhlt war! Ich meine, selbst die Marianne macht doch bewegungsfreundliche Tanzmusik, da könnte ein stehendes Publikum doch viel besser abgehen und die Herrschaften, die sich nicht mehr so lange auf den Beinen halten können, hätten doch immer noch Platz auf den Tribünen gehabt. So voll war es nämlich gar nicht, in etwa 1000 Leute mögen es gewesen sein, die den Obulus von mindestens 35 Euro berappt hatten. Damit war klar, dass sich der Support der Vorgruppe in Grenzen halten würde. Erstens wird es keine Schnittmenge zwischen den Fanlagern geben und zweitens wird kaum jemand so viel Geld für eine so kurze Spielzeit auf den Tisch legen. Mit einer Ausnahme allerdings: Die russischen Edelsupporter, die wir schon im Herforder Elfenbein gesichtet hatten, waren tatsächlich wieder an Bord, sogar mit Kind (im Bandshirt natürlich). Absolut unglaublich, auch nach Spanien und Kaliningrad sind diese „Verrückten“ schon hinterher gereist.

Aber nun mal zum Konzert, auf der Bühne befanden sich bereits ein paar Banner und natürlich die Keyboards. Nach einem kleinen Intro kam man dann auf die beleuchteten Bretter, überraschenderweise sogar zu viert. Denn neben Krüger, Slatnow und Hildebrandt befand sich dort oben noch ein Keyboarder, der, wie sich später herausstellte, der Gitarrist von Marianne war. Herr Olaf Brun machte sich hier und heute einfach mal einen kleinen Spaß und sorgte für zusätzliche Artillerie. Mit „Moment“ von der „Sternenstaub“-Scheibe ging es dann gleich sehr gefühlvoll los, während die Zuschauer noch rätselten, wer ihnen denn gerade denselbigen aus den Ohren pustete. Wunderbarer Sound und perfektes Licht, das sind die Dinge, von denen man auf so einer Tour profitiert, auch wenn nur Zeit für gerade 5 Lieder war. Auf der Setlist standen beispielsweise „Der blaue Planet“ (eine KARAT-Coverversion) und auch die am 2.5. erscheinende neue Single „Wenn wir wollten“. Das Publikum verfiel nicht gerade in Euphorie, klatschte aber sehr ordentlich und wunderte sich möglicherweise über die Bewegungen des Herrn Krüger, der sich aber im Gegensatz zu sonst diesbezüglich zurücknahm. MELOTRON light sozusagen, man verzichtete auf allzu schnelle/ harte Tracks (im Bandkontext), zu wildes Stage Acting und auch auf überbordende Ansagen, die man ja sonst durchaus mal auf Lager hat. Im nachhinein erklärten die Jungs, dass man bewusst nur so kurz spiele, um nicht zu nerven und die Zuschauer mit einem guten Gefühl für Marianne zu hinterlassen. Das gelang mit dem Hit „Wünsch mich nicht zurück“ auch vorzüglich und es eilten durchaus ein paar Individuen an den Merchstand, um sich mit den letzten beiden VÖs der Neubrandenburger einzudecken. Was für eine Tourhistory: Anfang der 90er unter der alten Bezeichnung THE VERMIN Support für AND ONE, am Ende des Jahrzehnts dann für die Helden FRONT 242 und im neuen Jahrtausend auf Gastspielreise mit MARIANNE ROSENBERG. Ich glaube, das nennt man Flexibilität. Jedenfalls ein sehr origineller Gig, der natürlich für den Elektrofan an sich zu kurz war. Im nachhinein erwiesen sich die Jungs dann als sympathische Plaudertaschen, die doch einigermaßen über den Terrorbesuch überrascht waren.

Aber da war ja noch MARIANNE R., die gute Dame betrat nach relativ kurzer Umbaupause (gut mit einer Currywurst zu überbrücken) den nun mit allerlei Geräten geschmückten Auftrittsort. An ihrer Seite insgesamt 7 Musiker, die es zum Teil richtig in sich hatten: Neben dem bereits erwähnten Gastkeyboarder Olaf (nun an der Gitarre) noch der farbige Bassist Ken Taylor (früher bei STEPHAN REMMLER, heute in der PETER MAFFAY Band aktiv), der ostwestfälische Keyboarder Christoph Papendieck (kürzlich auch mit SCHILLER unterwegs) sowie 2 nett anzusehende Backgroundsängerinnen, ein weiterer Keyboarder und ein Drummer. Im weiteren Verlauf kam sogar mal ein Kontrabass zum Einsatz. Die ZuschauerInnen kannten nun kein Halten mehr, immer mehr entwickelten sich vor allem die Damen zu Sangesfurien, die sich von ihren Stühlen erhoben, um ein wenig mit den Allerwertesten zu wackeln. Der Berichterstatter beobachtete erstaunt das wilde Treiben. Frau R. hat sich für ihr Alter recht gut gehalten und konnte ebenso mit gefühlvollen Ansagen und ihrem Live Gesang punkten. Mit ihrer Ende letzten Jahres erschienenen CD „Für immer wie heute“ schnupperte sie ja mal wieder Chartluft, dort sind viele alte Klassiker in neuen Versionen enthalten. Man ist ja doch erstaunt (oder erschrocken?) wie viele Songs sich im Gehirn festgesetzt haben, wie etwa „Marleen“, „Für eine Nacht mit dir“ und natürlich die Hymne aller Heterophoben „Ich bin wie du“, da rastete die Menge geradezu aus. Einmal wurde ein recht heftiges Gitarrensolo eingebaut, dann wieder durften die beiden Hintergrundgrazien sich in den stimmlichen Vordergrund schieben, derweil sich Marianne in ein neues, interessantes Gewand wand.

Ich bin zwar der Überzeugung, dass es ohne Bestuhlung noch netter gewesen wäre, aber die freakige Kombination 2er Welten hatte wirklich einigen Charme. An diesem Abend gab es was zum Hören und was zum Staunen, und so hatten wir auf dem Rückweg ein zufriedenes Grinsen auf dem Gesicht!

Setlist MELOTRON
Venus (Intro)
Moment
Wohin (willst du gehen)?
Der blaue Planet
Wenn wir wollten
Wünsch mich nicht zurück

Copyright Fotos: Jörg Rambow

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