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MARILYN MANSON – PEACHES

Ort: Dortmund - Westfalenhalle

Datum: 29.11.2003

Nach einem entspannten Nachmittag auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt und in diversen lokalen Szeneläden (verdammt teurer Tag!) erreichen wir gegen 19:15 Uhr die Westfalen-Halle, um uns dort in die Menge der wartenden Fans einzureihen.
Das bietet uns die Möglichkeit, die anwesende bunte Schar zu begutachten, die ebenfalls dem Konzert des berühmt-berüchtigten „Schockrockers“ beiwohnen will. Wir hatten vorher untereinander gewettet, wieviele „Schwarze“ denn nun tatsächlich anreisen würden, um ihrem Antichristen zu bejubeln. Leider habe ich die Wette verloren, denn der Anteil der Gothics ist doch geringer als von mir eingeschätzt. Erstaunlicherweise sind sehr viele nicht dunkelgewandete Menschen zum Konzert erschienen: vor uns baut sich eine Gang Ruhrpott-Cowgirls auf, die sich dann später auch mit großem Gejohle nach vorne in den Moshpott kämpfen. Aber Manson-Look-A-Likes gibt es natürlich auch reichlich zu bewundern, auch die bei solchen Konzerten übliche Lack-Strapse-Leder-Fraktion durfte natürlich nicht fehlen. Frei nach dem Motto „Ich zeige was ich habe, auch wenn das nicht ästhetisch ist“!

Während wir noch so auf dem Hallenboden rumlungern und das Treiben um uns herum beobachten, stürmt auch schon eine Frau auf die Bühne, die sich als „PEACHES“ vorstellt und auf der sehr großen Bühne doch recht einsam und verlassen wirkt. Die Musik – elektronischer Minimal Pop-Punk mit viel Bass – kommt vom Band und Fräulein Zausel kräht dazu ins Mikrofon, spuckt zwischendurch ein bißchen Kunstblut, wechselt mehrmals die 80er-Jahre-Aerobic-Klamotten und hüpft dazu wie ein Duracel-Hase über die Bühne. Seltsam? Ja! Netter Einfall ist das Duett „Kick it“mit Iggy Popp, der per Leindwand auf der Bühne eingeblendet wird. Allerdings sind nicht alle so geduldig wie wir, denn es werden pausenlos Brote, Flaschen und andere Gegenstände auf die Bühne geworfen, die dann in etwas veränderter Form wieder im Publikum landen. Gegen Ende dieses Auftrittes teilt uns Peaches dann auch mit, was sie von der Meute vor ihr hält: sie assoziert das Publikum mit dem Mikro und reibt dieses an ihrem Allerwertesten. Ich bin mir sicher, dass nicht wenige ihr liebend gerne in denselbigen treten würden.

Nach diesem „Spuk“ folgt eine recht lange Umbaupause von fast einer Stunde, aber dann kündigt sich mit einem längeren Intro den ca. 8000 Leuten in der Halle die Messe des Antichristen an!
Herr MANSON steigt von einem Thron hinab auf die Bühne und eröffnet den Reigen der bunten Melodien mit „This is the new shit“. Die Menge tobt und kommt von nun an auch nicht mehr dazu, sich zu beruhigen, denn es folgt Hit auf Hit: „Disposable Teens, mOBSCENE, Tainted Love, Rock is dead, Sweet Dreams, The Dope Show, The beautiful People, The Fight song….MARILYN MANSON fegt mal über die Bühne, mal stolziert er, dann und wann windet er sich auch am Boden. Und er wirft immer wieder Wasserflaschen in die Menge, was auch dringend nötig ist, denn direkt vor der Bühne geht es schon heftig zur Sache und die Temperatur in der Halle steigt von Song zu Song.
MANSON ist der absolute Mittelpunkt des Abends und läßt sich von seinen Anhängern huldigen. Er interagiert sehr wenig mit dem Publikum bis auf wenige „„Deutschlääänd“-Rufe (auch eine Art, sich nicht die Stadt merken zu müssen in der man gerade ist) und Aufforderungen, den Mittelfinger in die Luft zu halten. „Eingerahmt“ und unterstützt wird er von zwei Tänzerinnen, die anfangs im strengen Militär-Outfit „Can-Can“ tanzen und später dann in Busen- und Genital-Bikinis an sich und ihrem Meister rumspielen dürfen. Letzteres allerdings nur hinter einer durchsichtigen Wand. Na, Herr MANSON, doch ein bißchen prüde? Schockrocker? Naja! Amüsant und unterhaltend auf alle Fälle. Und für mich musikalisch gesehen ein echter Leckerbissen. Schade, dass MANSON immer so viel TamTam macht und so unnahbar und arrogant rüberkommt. Meiner Meinung nach würden auch ohne dieses Drumherum die Massen zu seinen Konzerten pilgern.
Insgesamt wirkt das ganze Spektakel doch recht theatralisch und durchchereographiert, mit dem Meister des Grauens als Hauptperson. Die Bandmitglieder sind in dieser durchgestylten Show nur Statisten. Das ist vielleicht aber auch gut so, denn sonst würde sicherlich der wirklich exzellente (vielleicht etwas zu laute) Sond darunter leiden. Insgesamt ist die Playlist sehr gut ausgewählt, kennt man MANSON nur aus den Charts, sind wirklich fast alle Kracher vertreten und kaum Wünsche bleiben offen. Mir persönlich fehlen einige Schmankerl wie z.B. „The Nobodies“, was aber auch an der Kürze des gesamten Abends liegen mag.
Darüber habe ich mich wirklich geärgert: die „Länge“ des Konzertes. Nach ca. 80-90 Minuten beendet man das offizielle Set und lässt sich nach enthusiastischen Rufen der Fans gerademal zu einer Zugabe („Irresponsible Hate Anthem“) herab, nach deren Ende auch sofort Licht und Musik angemacht werden.
Fazit: sehr gutes Konzert, dem etwas weniger Theatralik und etwas mehr Spielfreude sicher gut getan hätten.

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