Konzert Filter

MAYHEM – CADAVER – DEFILED – BRANDED SKIN

Ort: Georgsmarienhütte - Tor 3

Datum: 14.05.2004

Ich konnte meinen Augen kaum trauen: The True and Mighty MAYHEM sollten ihre Aufwartung machen und das ganz in meiner Nähe! Das konnte ich mir nicht entgehen lassen, zumal mir im Gegensatz zu anderen Terrorverlag-Redakteuren dieser Augenschmaus bisher versagt blieb. Da störte es auch nicht, dass ich noch nie von der Konzertstätte Tor 3 in Georgsmarienhütte (bei Osnabrück) gehört hatte, MAYHEM hätte ich mir auch auf irgendeinem Acker angesehen. So machte ich mich also an diesem kühlen Freitag auf in die ca. 45 Minuten entfernte Bergarbeiterstadt (der Name sagt es schon), wohl ahnend, dass das ganze Spektakel deutlich später als zur angekündigten Zeit (19 30 Uhr) beginnen sollte.

Die Fahrt verlief relativ reibungslos und die Location erwies sich als ehemaliges Zechengebäude, welche heute als Billard-Kneipe mit Verpflegungsbetrieb fungiert, und eben auch über einen relativ kleinen Raum für Konzertereignisse ausgestattet ist, ca. 400 Leute mögen da maximal hineingehen. Die waren aber kurz nach 21 Uhr noch nicht zugegen, als der Auftritt der aller ersten Vorgruppe SPIRIT CORPSE aus Osnabrück in den letzten Zügen lag, somit kann ich auch nichts über ihren „Zombie Metal“ erzählen, der in diversen Fachpublikationen ganz gut wegkam. Direkt neben dem Tor 3 liegt eine Tanke, die für die diversen gruselig bekleideten Metaller ein guter Anlaufpunkt für die Getränkeversorgung werden sollte. Schon an den T-Shirts wurde deutlich, dass hier heute ein Old School-Extrem Metal-Abend auf dem Programm stand, mit dem MAYHEM Motiv als klarer Spitzenreiter. Zum Glück hatten sich aber auch ein paar ansehnliche Metal-Ladies eingefunden, die die ganze Sache optisch etwas aufhellten. Unser Fotograph war mittlerweile auch eingetroffen, allerdings auch sofort geschockt, denn die Lichtverhältnisse (ca. 10 bunte Leuchten mit statischem Licht) machten den Einsatz einer Profi-Kamera nahezu unmöglich. Ehrlich gesagt war diese Lichtanlage einem Konzert-Event dieser Kategorie nicht gerade angemessen, aber sei’s drum: Nun musste also geblitzt werden.

Als nächstes enterte die zweite lokale Vorband die Bühne: BRANDED SKIN aus Lotte, die an dem Abend gleichzeitig die Releaseparty für ihre neue CD „Shadows of Fear“ feierten. Es wurde eng auf der Bühne, den 5 junge Herren im besten Alter mussten es sich auf der engen Bühne bequem machen. Wobei das Drumkit der „Legende“ Hellhammer bereits im Hintergrund aufgebaut war, alle anderen mussten mit einem Schlagwerk davor auskommen, welches auf die persönlichen Bedürfnisse der jeweilige Formationen justiert wurde. BRANDED SKIN hatten neben neuen Songs auch einen neuen Gitarristen am Start, der, wenn ich mich nicht irre, den Stammgitarristen Dirk vertrat. So böllerte man denn gleich drauf los und ich hatte den Eindruck, dass die seligen BOLT THROWER vor mir musizierten: Schwere aber auch eingängige Riffs, technisch sauberst gespielt. Im Verlaufe des Sets wurden weitere Einflüsse amerikanischer, technisch geprägter Combos deutlich, von IMMOLATION bis OBITUARY. Shouter Alex, der ein wenig wie die deutsche Ausgabe von UNLEASHEDs Johnny Hedlund daher kam, hatte die Meute im Griff und agierte stimmlich variabel von tiefen Grunts bis Gekeife. Für die neue CD hat Ex ASPHYX Schreihals Martin van Drunen ein Gastspiel gegeben, der fehlte zwar heute selbstredend, das Stück „Demonic Voices“ (in abgespeckter Form auch auf dem Debüt) kam dennoch gut rüber. Im Publikum bildeten sich sogar ein paar Moshpits, insgesamt eine sehr professionelle Leistung des Todesquintetts!

DEFILED aus Japan sind und waren MAYHEMS ständige Begleiter auf dieser Europa-Tour, was nicht zuletzt daran gelegen haben mag, dass sie auf demselben Label (Season of Mist) heimisch sind. Das soll aber nichts über ihre Qualitäten aussagen, obwohl ich von ihnen vorher noch nicht großartig Notiz genommen hatte. Asiatischen Metalbands haftet ja oft das Image exzentrischer Auftritte und guter Spieltechnik an, beides wurde an diesem Abend bestätigt. Da kam nämlich ein verdammt tight aufeinander eingespieltes Quartett auf die Bühne, bestehend aus drei Langhaarigen und dem neuen Drummer Kiyomoto Takanashi, der sich eine modische Kurzhaarfrisur verpasst hatte. Von den anderen sah man praktisch nur die wehenden schwarzen Haare, die mit der Zeit immer mehr mit dem Bühnenschweiß verklebten und einen recht martialischen Eindruck hinterließen. Bassist Fukuda fiel mit außergewöhnlichem Bass-Spiel und latenter Bewegungsunlust auf, während das Front-Tier Hideki Fujimoto mit grollendem Akzent nach mehr Bewegung im Auditorium verlangte („Wake the fuck up!). Das Publikum verblieb nämlich leider etwas lethargisch, kannte sich aber wohl auch bis auf wenige Ausnahmen nicht mit DEFILEDs Material aus, das zum Grossteil von der 2003er Scheibe „Divination“ stammte. So ging das Spektakel erstaunlich schnell über die Bühne, nicht mal eine halbe Stunde wurde geschreddert, ganz im Gegensatz zu den Local Heroes vorher. Es wurden sogar vereinzelte „One more song“-Rufe geäußert, die aufgrund der technischen Perfektion nicht unbegründet waren.

Die Ehre des zweiten Supports teilten sich auf dieser Tour MANATARK aus Estland (die erste Hälfte) und die norwegischen CADAVER, mit denen wir das Vergnügen hatten. Gerade ist ihr neues Album „Necrosis“ erschienen, das einen ganz guten Eindruck hinterließ. So freute ich mich auf die verrückte Bande, die unter dem Namen CADAVER INC. ja schon mal gefakete Alibis für Mörder verkauften, o.k., dass weiß eh schon jeder… Es war mittlerweile schon 23 Uhr und die Prophezeiung eines Kollegen, MAYHEM würde niemals VOR Mitternacht auftreten, war schon Gewissheit geworden. Apollyon, der mit einem T-Shirt seiner zweiten Heimat AURA NOIR herum lief, sah schon vor dem Gig etwas missmutig und aggressiv aus, das pflanzte sich dann auf der Bühne fort. Neben ihm agierten die sympathisch wirkenden Gitarristen Neddo und Balvaz (von denen der eine ausschaut wie die Hardcore-Variante von REAMONNs Ray) sowie „Punk-Drummer“ Czral mit Iro. Corpsepaint war heute nicht angesagt, schnörkellos bretterte man das teilweise recht uneingängige Material in die Runde. Spätestens jetzt war klar: 90 Prozent der Anwesenden waren NUR für MAYHEM da, auch CADAVER konnten die Runde nicht zu ausgelassenen Tänzchen animieren. Das führte schon zu ein wenig Frust, vor allem beim Chefgrunzer, aber man spielte die Show aggressiv und tight zu Ende, das aus einem der besten Tracks vom neuen Album bestand: „Decomposed Metal Skin“. Leider begannen bei CADAVER auch die Probleme mit dem von mir aus gesehen rechten Lautsprecher, der immer mal wieder sämtliche Tiefen missen ließ, das war schon ein wenig ärgerlich. Nun war es schon kurz vor Mitternacht, Großes stand bevor…

Nachdem ich kurz draußen im kalten Mondlicht verschnaufte, betrachtete ich das Mittlerweilen errichtete Bühnenbild. Über MAYHEM-Shows hat man ja schon allerlei gehört, von Maniacs Selbstverstümmelung bis hin zu abgetrennten Tierköpfen auf der Bühne. Aber wir schreiben das Jahr 2004 und alles fällt ein wenig gelassener aus, wie auch auf CD. Die – oft seltsam brutale – Aufbruchsstimmung der frühen 90er ist nunmehr dahin, bei Fans wie bei den meisten Acts, Professionalität ist angesagt, die manchmal allerdings auch ein wenig kalt wirkt. Zudem war der Laden mit seinen etwas besseren Jugendzentrum-Bedingungen zwar akzeptabel, einer Legende aber eigentlich nicht angemessen. Nun gut, man hatte vor dem Haupt-Mikro ein großes eisernes Kreuz angebracht, mit metallenen Flammen, welches zudem in blutrotes Licht gehüllt wurde. Eine ähnliche metallene Deko befand sich vor Hellhammers Kit, welches leider so weit hinten postiert war, dass ich ihn kaum zu Gesicht bekam. So kurz nach 0 30 Uhr betraten zu meiner Überraschung 5 Musiker die Bühne, neben den bekannten noch ein kahlgeschorener Gitarrist. Ihr Tourmanager kündigte die „Einzig wahren“ noch mit dem Ausspruch „Von der Hölle aus Norwegen“ an, was einen gewissen Charme besaß. Bis auf Maniac traten alle ohne Maskerade in schlicht-effektivem „schwarz“ auf, rechts Bassist Necrobutcher, der häufig mit dem Publikum kommunizierte, links der grimmig dreinblickende Blasphemer. Maniac war in eine Mönchskutte gewandet und zudem sein Gesicht weiß geschminkt, diese Maskerade besaß aber eher einen Gothic denn einen Black Metal Touch. Und der Mann ist riesig, ich hatte mich schon gewundert, wie hoch sein Mikrophon angebracht worden war. Mit „Whore“ vom aktuellen Album „Chimera“ erfolgte der Einstieg, sofort wachte die Zuschauerbande auf, wenngleich im weiteren Verlauf die älteren Klassiker zu noch mehr Bewegung und teilweise auch recht aggressivem Poging führten. „Deathcrush“ und das schleppend beginnende „Freezing Moon“ führten noch einmal vor Augen, dass die Norweger Begründer nicht Mitläufer eines immer noch aktuellen Genres gewesen sind. Maniac klammerte sich an das eiserne Kreuz, einem blasphemischen Posing für die wild fotografierenden Leute niemals abgeneigt. An seinem rechten Handgelenk war ein Metallteil angebracht, das wie eine Art „Tortenheber“ spitz über der eigentlichen Hand verlief und den sardonischen Eindruck des Shouters weitere Tiefe gab. Für das genaue Aussehen verweise ich auf die Fotos… Mittlerweile hatte sich der Hüne auch von seiner Kutte getrennt, er war aber noch immer nicht ganz zufrieden mit den Zuschauerreaktionen, in dem mittlerweile auch etwas geleertem Raum. Es war einfach zu spät und wer am Samstag arbeiten musste, hatte schlechte Karten. Da ich nicht zu dieser Klientel gehörte, konnte ich weitere Highlights wie „Fall of Seraphs“ und „Ancient Skin“ von der „Wolfs Lair Abyss“ Mini genießen. Sehr nervig war auch bei MAYHEM der teilweise Ausfall der rechten Speaker, was so ab der Hälfte des Sets aber in Ordnung ging. Nach „Pagan Fears“ verließ man artig die Bühne, der Manager fragte kurz, ob noch Interesse an einer Zugabe bestand und so kam man dann noch mal für 2 Stücke („Necrolust“ und als endgültigen Rausschmeißer „A time to die“) nach oben. Hellhammer trat am Ende dann noch an den Bühnenrand, um seine Sticks zu verschenken, so dass ich auch ihn noch einmal zu Gesicht bekam. Der Auftritt war spieltechnisch und vom Unterhaltungsgrad sicher in Ordnung, leider kam nicht die wirklich überzeugende Stimmung auf, so dass sich „The True“ zu etwas wirklich Spirituellem hätten hinreißen lassen.

Woran mag das liegen? Dass Georgsmarienhütte noch keine Metal Tradition hat, dass die Leute einfach Tour-gesättigt sind, dass es schon so spät war oder weil sich die Zeiten für extremen Metal ganz einfach geändert haben? Ich weiß es nicht, was ich aber weiß, ist, dass ich vier spieltechnisch in ihrem jeweiligen Rahmen verdammt tighte Acts gesehen habe, die insgesamt eine gute Show geboten haben. Und so werde ich auch bei 1349, KHOLD, MORTIIS und GORGOROTH wieder am Start sein, wenn das Tor 3 seine Pforten öffnet!

SETLIST CADAVER
Necro As Fuck
Corrosive Delirium
Snapper
Die Like This
Awakening
The Etching Cleanser
Evil Is Done
Mr Tumour’s Misery
Decomposed Metal Skin

SETLIST MAYHEM
Whore
Fall of Seraphs
Carnage
View from Nihil
Dark Night of the Soul
Ancient Skin
Silvester Anfang
Deathcrush
Freezing Moon
In the Lies where upon you lay
My Death
Pagan Fears

Necrolust
A Time to die

Copyright Fotos: Karsten Thurau/Hellectric (DEFILED)

Es ist noch kein Kommentar vorhanden.

Hinterlassen Sie einen Kommentar.

Mehr zu BRANDED SKIN auf terrorverlag.com

Mehr zu CADAVER auf terrorverlag.com

Mehr zu DEFILED auf terrorverlag.com

Mehr zu MAYHEM auf terrorverlag.com