Ort: Bielefeld - AJZ
Datum: 18.09.2004
Ich hatte erst spät erfahren, dass die deutsche Hoffnung MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER in Bielefeld ihre Visitenkarte abgeben würde, aber da ich das Debüt Album „Die ganze Kraft einer Kultur“ sehr schätze, war für mich klar, dass ich dem Event beiwohnen musste. Ort der Handlung sollte das AJZ sein, welches ich bisher immer nur vom Hörensagen kannte. Ein ziemlich alternativer Laden mit einer Unmenge alter und vergilbter Plakate, die von vergangenen politischen und musikalischen Aktionen zeugten. Irgendwie war ich froh, dass ich heute mein LAIBACH-Shirt zuhause gelassen hatte… Die Homepage gab als Beginn 21 Uhr an und da ich derlei Informationen zu trauen pflege, war ich entgegen aller Warnungen auch um diese Zeit am Eingang. Es kam aber, wie es kommen musste: Der sogenannte AJZ Zeitbonus trat ein und die ganze Sache fing erst 90 Minuten später an, die Zeit wurde also für ein Nacht-Eis von der benachbarten Tankstelle genutzt.
Gegen 22 30 Uhr war es dann soweit und die „Vorgruppe“ CHRISTIAN HARDER trat vor die buntgemischte Menge, welche den kleinen Laden gut füllte. Es mögen schon so 250 Nasen gewesen sein und von Punks bis hin zu einem „intellektuellen“ Publikum war alles vertreten. CHRISTIAN HARDER ist der Produzent der MEDIENGRUPPE, hat allerdings unter dem Namen KID Q auch schon eigene Erfolge einfahren können. Nun musiziert er unter richtigem Namen und brachte bereits eine in Untergrundkreisen recht erfolgreiche Single – „Popland“ – heraus, das Album „Goobye Monkey Gravity“ war allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschienen. Folgendes passierte auf der Bühne: Ein noch recht junger Herr im Anzug sang einige Weisen zum elektronischen Unterbau einer Minidisc. Mit der Zeit entblößte er sich immer mehr und spielte auch ein mal Gitarre. Offensichtlich wurde sein eigener Gesang instant-mässig aufgenommen, so dass er sofort im Anschluss ein paar Effekte damit anstellen könnte, eine Art Scratchen mit seinen eigenen Worten. Die Sache hörte sich manchmal wie SOFT CELL an, dann wieder nach THE CURE in den 80ern, meistens aber irgendwie tanzbar elektronisch, mit ausschließlich englischen Vocals. Die Leute waren ganz angetan und spendeten ordentlich Applaus, allerdings war die Songreihenfolge nicht optimal gewählt, da die Höhepunkte in der Mitte angesiedelt waren. Nun gut, die Sache ward „überstanden“ und Christian verkaufte später sein Debüt am Merchandising Stand.
Dann war es Zeit für die MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER, die aus Florian Zwietnig und Gerald Mandl besteht und momentan ordentlich medial gepusht wird. Die beiden jungen Herren im Studenten-Look machten einen frischen und willigen Eindruck, interessanterweise nahm eine Kamera das Geschehen auf der Bühne von hinten auf und projizierte es gleichzeitig wieder an die Rückwand. Das Duo bezeichnete den Gig als Reise in die eigene Vergangenheit, da man schon auf der aller ersten Tour hier gespielt habe. Da können aber nur die beiden EPs draußen gewesen sein, welche beim Indie Enduro erschienen und mittlerweile ausverkauft sind. Mit „Untergrund“ wurde auch gleich so ein „altes“ Stück gespielt. Im Gegensatz zum Support singen die Berliner ausnahmslos in Muttersprache und das mit sehr gekonnten und sarkastischen Texten. Musikalisch vereint man Hip Hop, Elektronik und Indierock-Einflüsse, dementsprechend wurden etwa die Hälfte der Songs mit Bass und Gitarre intoniert, was dem Publikum ein wenig besser zu gefallen schien. So spielte man sich im Laufe des Abends durch das komplette Album plus 1, 2 ältere Sachen und einer ausgefallenen Cover-Version. „Ist das noch populaer“ stammt im Original von VON SPAR, einer weiteren jungen deutschen Formation. Bei einem Track agierten auch mal beide an der Gitarre. Wenn man nur so drauflos rappte und sich dabei immer wieder auf der Bühne kreuzte, hatte das ganze schon ein starkes Hip Hop Flair, allerdings mit genre-untypischen Texten. Als man „Was ganz feines“ und die erste Single „Trend“ bereits an Nr. 3 und 4 brachte, hatte ich erst die Befürchtung, dass man sein Pulver schon verschossen hätte, dem war aber zum Glück nicht so. Nach 11 Liedern war zunächst Schicht im Schacht, aber wie die Setlist vorab verriet, sollten noch 3 Zugaben folgen.
Für die aktuelle zweite Single „Bis zum Erbrechen schreien“ hatte man sich etwas ganz besonderes ausgedacht. Da man das dazugehörige Video in Las Vegas gedreht hatte, kamen die 2 mit Elvis-Perücke und Koteletten auf die niedrigen Bühnenbretter zurück. Die Bandhymne „Kommanda“, wo jeder im Refrain kräftig mitbrüllen durfte, folgte, bevor das rhythmische „Panzer“ noch einmal die Gitarren aktivierte. Da das Publikum erst jetzt gegen Ende richtig aufzuwachen schien, ließ man sich zu 2 weiteren Zugaben hinreißen: Das uralte „Beobachtung“ und zum zweiten Male „Untergrund“, nun mit Original CYPRESS HILL Samples, womit sich der Kreis schloss. Die Zeiger der Uhr rückten schon gen 1 Uhr nachts vor, als das interessante Spektakel sein Ende fand. Fazit: Eine frische, unverbrauchte Band mit Spaß an Live-Gigs und einer unkonventionellen Soundmischung, die viele verschiedene Musiklager einen kann. 33 weitere Auftritte standen nun noch bevor…
SETLIST MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER:
Untergrund
Technik und Maschines (Remix)
Was ganz feines
Trend
Camouflage Yuppie
Für schwer erziehbare Konsument/innen
Ist das noch populaer?
Fantastisch automatisch
Technik und Machines
Steht auf
Was Sie schon immer über die Mediengruppe wissen wollten
Bis zum Erbrechen schreien
Kommanda
Panzer
Beobachtung
Untergrund (CYPRESS HILL Remix)
Copyright Fotos: Karsten Thurau
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