Konzert Filter

MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER – NID & SANCY

Ort: Münster - Fusion Club

Datum: 12.05.2006

Freitag Abend, 22 30 Uhr, ein Debüt. Zum ersten Male sollte ein terrorrelevantes Konzert im Münsteraner Fusion Club stattfinden. Ungefähr 18 Monate nach meinem letzten Aufeinandertreffen mit der MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER meine nächste Begegnung mit den Exil Österreichern Gerald Mandl und Florian Zwietnig. Unterschiedlicher könnten die Locations kaum sein: Damals das versiffte (und stolz darauf!) AJZ in Bielefeld und nun ein trendiger House/ Electro Schuppen am Szenetreffpunkt Hawerkamp, Münsters „alternative Kulturzone“. Dass dies ein etwas anderes Konzert werden würde, hatten wir irgendwie im Blut, und das sollte sich dann auch bewahrheiten. Gegen 22 15 schlugen wir vor dem Club auf, der noch keine Anstalten machte, sich für die draußen herumlungernden Figuren zu öffnen. Also war Warten angesagt, was immerhin von einem harten Metalcore-Konzert (NEAERA!) direkt nebenan im Triptychon versüßt wurde, zumindest für die wenigen Freunde derberer Gitarrenklänge unter den „Kommandern“. Erst gegen 23 15 öffnete sich die eigenwillige Palisadentür, und die mittlerweile zahlreicher gewordenen Menschen reihten sich schön ordnungsgemäß in eine Schlange ein.

Der Laden selbst überraschte mich ein wenig durch ein doch eher karges Ambiente, ein paar Sitzgelegenheiten im ersten Stock, 2 Theken (relativ günstige Getränke) und eine bereits vollständig präparierte hohe Bühne. Es hätte also losgehen können, doch ich benutze wohlweislich den Konjunktiv, den zunächst mal sorgte nur die Beschallung vom Band für rhythmische Töne. Zeit also, sich die trendigen Club Kids beiderlei Geschlechts reinzuziehen, die möglichst lässig palaverten oder bereits ihre (zumeist weiblichen) Hüften schwingen ließen. Ob es schwierig ist, möglichst uncoole Kleidungsstücke so zu kombinieren, dass es wieder cool ausschaut? Aber wahrscheinlich ist es nur mein altersbedingter Futterneid, der hier zum Vorschein kommt, darauf einen Smirnoff Ice und weiter abhängen. Endlich, schon nach Mitternacht, Bewegung auf der Stage. Telekommander Zwietnig schlendert nach oben und kündigt seinen belgischen Support an, den man bitte nett begrüßen möge. Kein Problem, die Meute ist in Feierlaune, und das Duo Nid & Sancy (natürlich eine Anspielung auf die SEX PISTOLS-Legende Sid Vicious und das Groupie Nancy Spungen) musikalisch gar nicht so unattraktiv. Leider konnte man die Optik weniger beurteilen, denn die Beiden agierten ohne Bühnenlicht. „Sancy“ zumeist an der Gitarre links und „Nid“ an den elektronischen Geräten rechts frönen einer Art Electro Punk, der recht zielsicher und flott aus der Hüfte kam. Jedenfalls wurden schon erste tanzähnliche Bewegungen im Auditorium gesichtet. Als Opener wählten die Beneluxen „Sleaze Boogie“ von ihrer 12inch, und des weiteren ist mir noch „Out of Town“ vom aktuell rereleasten Longplayer „Talk to the Machine“ im Gedächtnis geblieben. Sehr netter halbstündiger Anheizer.

Wer jetzt vielleicht gedacht hatte, es würde zügig weiter gehen, sah sich schnell eines Besseren belehrt. Eine schier endlos anmutende Zeit verging, bis dann die beiden Mute-Zöglinge endlich gegen 1 15 Uhr ihre Performance begannen. Neuer Rekord für ein Einzel Konzert, alle Achtung. Schnell wurde deutlich, dass die MEDIENGRUPPE in Münster über eine loyale Fanbase verfügt, spätestens seit ihrem letzten Gig in der Luna Bar. Aktuell haben sie gerade ihr Zweitwerk „Näher am Menschen“ veröffentlicht, welches schon einige schlechte Kritiken einstreichen musste. Auch ich muss leider sagen, dass im Vergleich zum Debüt einiges an Power verloren gegangen ist, teilweise wirken die 9 neuen Kompositionen auf Konserve doch etwas eintönig. Live aber ging es von Anfang an fett ab, die beiden Jungs von nebenan mussten ihre Fans gar nicht zum Diven und Hüpfen animieren, das taten die alsbald von ganz allein. Eine eigentümliche Mischung aus Metal Diven/ Pogen und eher coolem Electro Dance sorgte für ein recht interessantes Schauspiel. Ab etwa der Mitte des Konzerts stellten sich ein paar Mädels Go Go mässig auf die kleine Plattform direkt vor die Künstler, was ich so bei einem Live Act auch noch nicht gesehen habe. Gewöhnungsbedürftig, aber von den Exil Berlinern durchaus honoriert. Die präsentierten den vielleicht knapp 200 Anwesenden natürlich einiges an neuem Material wie etwa „Springteufel“, „Gekleckert“ oder das „Liebeslied“ „Loft oder Liebe“. Zum Glück kamen aber auch die alten Perlen zum Zuge, die vehement eingefordert wurden. Insbesondere das schwer groovende „Panzer“ oder das oberfette „Bis zum Erbrechen schreien“ sind hier zu nennen. Leider kam kurz ein Bruch in die Darbietung, als sich die Endstufe kurzerhand in Luft auflöste, aber auch das Problem wurde nach ein paar Minuten gelöst.

Selbst im Fusion gibt es Konzertenden, und selbst urbane Nachwuchs-Elektroniker fordern Zugaben ein, so dass wir auch noch in den Genuss des ironischen „NaM“-Openers „Bild dir deine Meinung“ sowie des älteren „Was ganz Feines“ kamen. Was danach noch kam, entzieht sich meiner Kenntnis, denn es war 2 30 Uhr und der Konzertmarathon der letzten Wochen hatte seine Spuren hinterlassen. Irgendwie ein Ausflug in eine Parallelwelt, die aber bestens mit dem MEDIENGRUPPE-Kosmos zu harmonieren scheint, ich bin gespannt, wohin der Weg der „deutschen“ BEASTIE BOYS (dieser Vergleich darf einfach nicht fehlen) noch führen wird…

Copyright Fotos: Karsten Thurau

Es ist noch kein Kommentar vorhanden.

Hinterlassen Sie einen Kommentar.

Mehr zu MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER auf terrorverlag.com

Mehr zu NID & SANCY auf terrorverlag.com