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MEGAHERZ – HOLY MOSES (WINTERNOISE 2005)

Ort: Osnabrück - N8

Datum: 28.01.2005

Noch leicht euphorisiert vom KILLSWITCH ENGAGE-Konzi am Vorabend stand schon das nächste Event auf dem Programm, das sogenannte Winternoise-Festival im Osnabrücker N8. Bereits das Line Up bot Anlass für breites Kopfschütteln: 5 Bands, 5 Stilrichtungen, kein Konzept? Ich will ja nicht unken, aber wer diese Acts zusammengestellt hat, muss ein wenig den Blick für das Wesentliche verloren haben. Da hätten wir Black Metal (SONS OF SETH), eine RAMONES-Tributeband (RAMONEZ 77), einmal derben Old School Thrash (HOLY MOSES), Biker Rotzrock (PETER PAN SPEEDROCK) und als Headliner schließlich wiedererstarkte „Neue Deutsche Härte“ in Form von MEGAHERZ. Ich denke, auch beim breitesten Stilverständnis wird kaum jemand mehr als 2 Formationen in sein Herz geschlossen haben, bei mir waren dies eben MEGAHERZ und „Sabinas heilige Horde“. So war ich denn auch sehr gespannt, was mich an diesem Abend erwarten würde, und es sollte wahrlich ein denkwürdiger werden…

Da mich die ersten 2 Acts nicht sonderlich interessierten und der Startschuss auf 20 Uhr terminiert war, betraten wir erst gegen 21 30 Uhr das ehemalige Works. Im Gegensatz zum PUNGENT STENCH-Gig in der Vorwoche hatte man nun den großen Saal geöffnet. Und es waren auch durchaus einige Leute zugegen, welche den unterschiedlichsten Subkulturen angehörten. Da waren ein paar Goths, ein paar Punks, ein paar Normalos, ein paar mehr Metaller und einige Rocker, genau wie es das Abendprogramm hatte vermuten lassen. Auf der Bühne mühten sich gerade die aus St. Pauli stammenden RAMONEZ 77 ab, man hinkte der Zeit also schon etwas hinterher. Das Quartett kopiert den Sound der nicht mehr so lebenden Amilegende bis aufs I-Tüpfelchen, spielt aber hauptsächlich einige Kompositionen. In ihrer Heimatstadt können sie sicherlich Stimmung verbreiten, hier ging es so einigermaßen, viele hielten sich doch eher gelangweilt bis belustigt (die Extrem Metaller) im hinteren Bereich auf. Spieltechnisch aber durchaus alles im grünen Bereich, sogar eine Zugabe wurde geboten.

Danach wurde eine DVD-Leinwand heruntergefahren, auf der einige Napalm und BMG-Acts Werbung für sich und ihre Platten machen durften, eigentlich ein netter Zeitvertreib für die Umbaupause. Die zog sich allerdings endlos, da HOLY MOSES wie auch die noch folgenden „Showgrößen“ jeweils einen Soundcheck durchführen mussten. Leute Leute, kann man so was nicht im voraus planen/ erledigen? Der Abend würde lang werden, das war schon mal sicher. Endlich war es soweit. Nach einem putzigen „Holy Moses“-Reggaeintro traten „Rampensau“ Sabina und ihre 4 Mannen vor die Metallermassen, die selig „Endlich Metal!“ skandierten. Viele hatten mittlerweile auch einen sehr ordentlichen Alkoholpegel intus, was zu ausgelassener Stimmung direkt vor der Bühne führte. Im hinteren Bereich sollen aber einige schlagartig die Flucht ergriffen haben, als die ersten Brachialtöne die Lautsprecher verließen. Sabina brachte die ganze Erfahrung aus den vielen Jahren Bandgeschichte mit ein und verstand es im Nu, ihre Fans in Stimmung zu versetzen, auch ihr Outfit hatte was, kann nur nicht genau erklären was… Nachdem man einen Deal mit Armageddon Music ergattern konnte, produziert man gerade das 10te Album, welches da „Strange Power will Passion“ heißen soll. Der Osnabrücker Ausflug war nur ein Einzelgig, bevor man demnächst mit ILLDISPOSED und der Wacken Roadshow durch die Lande tingeln wird. Nach anfänglichen Problemen mit dem Monitoren knallte der Sound richtig heftig und die Matten flogen vor und auf den Brettern. Die Setlist bestand aus vielen Klassikern wie „Master of Disaster“ oder „Finished with the Dogs“, aber die richtigen Knaller hatte man sich fürs Ende aufgehoben. Mit „SSP“ von der 89er „The new Machine of Liechtenstein“ hatten sich die Fans auf der Website für ein ganz altes Schätzchen entschieden, bevor man auch noch 2 Zugaben feilbot. Die SHOCK THERAPY-Coverversion „Hate is just a 4Letter Word“ und das derbe heruntergebolzte „Too Drunk to Fuck“. Hierzu holte man sich noch einige wagemutige Freiwillige auf die Bühne (vor allem Mädels). Netter Gig, der zeigt, dass die Deutschen noch lange nicht zu alten Eisen gehören!

Danach der Kulturschock: Auf der Leinwand startete man mit einem L’ÂME IMMORTELLE-Video! Nach dieser leicht gruseligen Einlage kamen auch noch die Elektroniker mit Sachen wie CLIENT oder DE/VISION zum Zuge, die hatten wir ja auch noch nicht. Eine musikalische Rundreise, wie sie Normalsterblichen an einem Abend nicht alle Tage geboten wird, vielleicht sogar nie wieder… Die Umbaupause zog sich wieder endlos, die meisten harten Metaller waren von dannen gezogen und in der kleinen Halle versuchte sich bereits ein DJ an belanglosen Dance-Klängen. Man ist ja einiges gewohnt und hat mittlerweile ein dickes Fell, aber als die DVD-Endlosschleife von vorne losging und man noch mal Sonja Kraushofer bei ihren Turnübungen zuschauen musste, wurde die Lage langsam kritisch.

Nun denne, irgendwann nach Mitternacht hatten sich sämtliche Biker/ Rotzrock Sympathisanten nach vorne begeben, um ihren Helden von PETER PAN SPEEDROCK zu huldigen, und es waren nicht wenige, die jetzt Party machen wollten. Das Trio aus Eindhoven spielt eine Mischung aus MOTÖRHEAD-Mitgrölern mit härteren Elementen, immer etwas räudig, immer auf die Fresse. Und auch wenn sie menschlich sympathisch rüberkamen, ist derart Sound meine Baustelle nicht. Als dann noch nach wenigen Songs, die PA ausfiel, wurde es bald zappenduster. Hektisches Treiben auf der Bühne, Entschuldigungen, nervöse Blicke zur Uhr. Nach einer Weile konnte man die Probleme beheben und das Set wurde noch ausgiebigst zu Ende gespielt, natürlich mit Zugaben, u.a. mit einem neuen Song von der bald erscheinenden Split mit ZEKE.

Es war spät geworden, verdammt spät. Viele „Rocker“ hatten den Ort des Geschehens bereits verlassen, als sich die Techniker von MEGAHERZ daran machten, die Bühne stadtfein zu machen. Jetzt wurde auch klar, für wen das kleine Grüppchen Grufties anwesend war. Der neue Sänger Mathias Elsholz trippelte bereits leicht nervös vor der Bühne herum, mit gefärbtem Haar und sonst eher dezent unauffälliger Kleidung. Irgendwann nach 2 Uhr morgens (!) war es endlich an der Zeit für den Headliner und immerhin gut 100 Unentwegte hatten bis dahin ausgeharrt, um der Wiederauferstehung einer deutschen Institution beizuwohnen. Nach dem Ausstieg von Alex(x) Wesselsky (jetzt EISBRECHER) stand das Schicksal der übrigen Bandmember für kurze Zeit auf der Kippe, aber man ließ sich nicht beirren und konnte vor kurzem mit dem sehr ordentlichen Album „5“ in die Szene zurückkehren. Mit einem fetten Sound und netten Lichteffekten ausgestattet legte man auch gleich fulminant mit „Dein Herz schlägt“ los. Folgendes wurde schnell klar: Stimmlich ist der gute Mathias aller Ehren wert und beherrscht den Wechsel von tiefen, aggressiven Passagen hin zu den pathetischen Refrains perfekt. Charisma lässt er allerdings doch ein wenig missen. Nun gut, nicht jeder ist so ein Bulle wie sein Vorgänger, aber auch bei den schüchternen Ansagen wurde klar, dass es hier noch Verbesserungspotenzial gibt. Dafür ist der Mann ein Teamplayer, kein Selbstdarsteller, was für die Chemie im Bandgefüge wohl ein dickes Plus ist. Man hat sich ja vor kurzem in Ingolstadt mit Alex(x) versöhnt, der bei einem Gig auf die Bühne kam und im Duett die Zugabe vollzog, eine sehr schöne Aktion das ganze.

An diesem frühen Morgen waren die Knochen zwar etwas müde, aber einige tanzten doch noch recht heftig ab, wie etwa der Dreier direkt vor der Bühne. Neben Songs des aktuellen Werks wurden auch Hits wie „Beiss mich“ oder „Herzblut“ dargeboten, welche die Stimmung auf einem hohen Level hielten. Insgesamt bestand die Setlist aus 19 Titeln (14 plus 3 plus 2), ob man dieses Mammutprogramm bis zum frühen Morgen durchgezogen hat, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis, weil wir um kurz nach 3 Uhr dann doch der Müdigkeit nachgaben und in die eisige Kälte entschwanden.

Fazit: Es ist absolut lobenswert, so ein Festival auf die Beine zu stellen, aber wenn man ein derartiges Line Up mit einer zeitlich so ausufernden Durchführung kombiniert, tut man weder den Bands noch den Zuschauern einen Gefallen. Alle haben ihr Bestes gegeben und ihre Klientel sicher nicht enttäuscht, aber dennoch galt für diesen Abend die bekannte Weisheit: „Weniger wäre mehr gewesen!“

Setlist HOLY MOSES
Master of Disaster
In the Slaughterhouse
Lost in the Maze
Finished with the Dogs
Life’s Destroyer
Current of Death
I feel sick
Summer kills
Nothing for my Mum
SSP

Hate is just a 4Letter Word
Too Drunk too Fuck

Setlist MEGAHERZ
Dein Herz schlägt
Göttlich
Beiss mich
Liebestöter
Herzblut
Komm rüber
Miststück
Hurra, wir leben…
Mach dich Frei
Glas & Tränen
Rumpelstilzchen
Ja genau
Zeig mir dein Gesicht
Es tut weh

Wer bist du
Jordan
Windkind

Ebbe und Flut
Gott sein `04

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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