Ort: Hildesheim
Datum: 10.08.2008
Nach (gefühlter) viel zu kurzer Nacht und bei prasselndem Regen kamen wir in Regenponchos gehüllt kurz vor 11.00 Uhr auf dem Festivalgelände an, wo noch spürbar eine morgendliche Trägheit herrschte, an der das bescheidene Wetter sicherlich nicht so ganz unschuldig war.
MONO INC.
Trotzdem versammelte sich nach und nach eine beachtliche, in Regenjacken gehüllte und mit Schirmen ausgestattete Meute, um sich die Hamburger Alternative Rocker MONO INC. anzusehen, die erst Anfang August als Opener auf der Mainstage bestätigt worden waren. Bereits seit Ende der Neunziger besteht diese Formation, aktuell aus Sänger Martin Engler, Gitarrist Carl Fornia, Bassist Manuel Antoni und der bezaubernden Drummerin Katha Mia. Aus ihrem aktuellen, dritten Album „Pain, Love & Poetry“ spielten sie unter anderem „Get some sleep“, welches sich rockig und emotional zugleich sofort in meine Gehörgänge schlich. Faszinierend war auch der wunderschöne Gesang der Drummerin Katha in Kombination mit Martins Stimme. Der Sound erinnerte stark an die SISTERS OF MERCY. Auch ältere Songs der beiden Vorgängeralben, wie zum Beispiel „In my heart“ konnten absolut überzeugen und brachten die Zuschauer dazu den Regen einfach zu vergessen beziehungsweise wegzutanzen. Sogar die Arme wurden gemeinschaftlich gehoben und im Takt geschlagen. Als echter Ohrwurm erwies sich die aktuelle Single „Sleeping my Day away“, die ordentlich abgetanzt und auch schon mitgesungen wurde. Nach nur 20 Minuten war dieser Auftritt dann schon wieder Geschichte, aber Martin tröstete uns mit der Ankündigung einer Deutschland-Tour im kommenden Herbst. Für mich waren MONO INC. die Neuentdeckung an diesem Wochenende und gleichzeitig ein fantastischer Start in diesen Festivaltag!
(Cath)
Setlist MONO INC.
Temple of the Torn
In My Heart
Get Some Sleep
Sleeping the Day away
IRFAN
Mit leiseren Klängen wurde kurz darauf im Hangar gestartet. Hier eröffneten IRFAN aus Bulgarien den M’era-Sonntag. Das Quartett um Sängerin Vladislava Todorova verbrachte den gesamten Auftritt meist sitzend und spielte eine bunte Mischung aus Folklore, Alternative und Ethno-Musik, beeinflusst durch musikalische Traditionen des Mittelmeeres, des Balkans und des Orients. Zu traditionellen Saiteninstrumenten kamen auch Blas- und Percussioninstrumente zum Einsatz und der Klang der Stimme von Sängerin Vladislava erinnerte stark an DEAD CAN DANCE. Zu Songs vom aktuellen Album namens „Seraphim“ aus dem Jahre 2007 wiegten sich die Besucher vor der Bühne langsam im Takt und genossen die kraftvolle und magische Atmosphäre.
(Cath)
END OF GREEN
Etwas mehr Bewegung kam auf die Bühne, als END OF GREEN sich anschickten, die immer noch mit Regenschirmen bewaffnete Menge mit ihrem Mix aus Metal und Goth Rock zu beglücken. Sänger Michelle Darkness konnte die Geister der Besucher etwas aufwecken und animierte sie dazu, ihre Arme in die Höhe zu recken und teilweise sogar mitzusingen. Auffällig auch Gitarrist „Sad Sir“ mit seinen Rastalocken und dem roten Bard, der unweigerlich an einen Piraten denken ließ. Das neue Album der Deutschen mit dem Titel „The Sick’s Sense“ war übrigens justament erschienen.
(Sebastian Huhn)
DIN [A] TOD
Wer jedoch zur Mittagszeit richtig aufwachen wollte, war im Hangar zum Auftritt der Berliner Minimalelektroniker DIN [A] TOD genau richtig. Das Trio bestehend aus Sven, Claudia und Phelix war schon auf etlichen Electro-Samplern vertreten und hat im letzten Jahr das erste Album „The Sound of Crash“ bei Out of Line veröffentlicht. Sänger Sven mit Sonnenbrille und E-Gitarre strotzte vor Coolness, während Claudia an den Keys und Phelix am Synthesizer für klangvolle Beats und analoge Sounds sorgten. Die minimalistischen Retroklänge erinnerten an Achtziger Bands wie THE HUMAN LEAGUE oder NEW ORDER und heizten dem zahlreich erschienen Publikum ordentlich ein. Songs wie „Time made Dogs of us“ oder „Living Dead“ konnten überzeugen und entführten uns in Klangwelten zwischen EBM und Electroclash.
(Cath)
THE OTHER
Was nun anstand, war wirklich etwas Besonderes und optisch im Vergleich zum bisher Gesehenen ein Novum. Die 4 Herren von THE OTHER frönen dem Horror Punk und orientieren sich im Styling an alten Horrorfilmen wie beispielsweise Dr. Caligari. Die Amerikaner, die ehedem als MISFITS Covertruppe GHOULS agierten, sind nun bereits seit 2002 mit aschfahlen Gesichtern unterwegs. Einige Zuschauer schienen zunächst etwas irritiert, doch sie ließen sich schnell vom Spirit der Truppe einfangen und so wurde alsbald getanzt, was die müden Knochen hergaben.
(Sebastian Huhn)
PAINBASTARD
Weiterhin blieb es elektronisch – im mittlerweile sehr vollen Hangar – mit PAINBASTARD aus Leipzig. Jedoch konnte man immer noch entspannt stehen und hatte ein wenig Platz zum Bewegen, was sich im Verlaufe des Tages noch ändern sollte. Aber zurück zu den beiden Künstlern, die beide auf den Namen Alex hören. Zum einen der eh schon imposant wirkende Sänger im gewohnt schwarzen, mächtigen Cyber-Outfit und zum anderen der Alex hinter den Keyboards mit Fliegerbrille. Los ging es mit dem Clubhit „Nervenkrieg“. Wütend und ergreifend schmettert Alex die Worte im tiefen Schreigesang in die Menge und stampfte von einer Bühnenseite zur anderen. Im vorderen Bereich der Bühne kam schon heftig Bewegung auf und die Stimmung stieg von Minute zu Minute. Er begrüßte einige bekannte Gesichter und erzählte stolz von seinen aktuellen Vaterfreuden, bevor es mit „Nyctobphobia“ von dem Gemeinschaftswerk „Klangfusion“ mit [:SITD:] weiterging. Die Besonderheit an der Musik von PAINBASTARD ist die klangliche Härte gepaart mit einer einzigartigen Emotionalität und Trauer in seinen Texten und seiner Darbietung. Gepackt vom Tanzfieber nahmen die Besucher jeden Song dankbar an und belohnten jeden mit Jubel und Applaus. Viel Zeit blieb nicht mehr und so beendete das treibende „Sternentanz“ den 30minütigen Auftritt.
(Cath)
BLITZKID
BLITZKID waren outfit-technisch die perfekte Fortsetzung von THE OTHER. Das Trio stammt ebenso aus Amerika (Virginia) und kann auf eine über 10-Jährige Bandgeschichte zurückschauen. Musikalisch ging es äußerst flott zur Sache und Sänger Argyle Goolsby verstand sich sowohl auf melodischen Gesang als auch auf die aggressiven Parts. Der immer noch vorherherrschende Regen wurde so zumindest kurzfristig musikalisch weggegruselt.
(Sebastian Huhn)
ELEGANT MACHINERY
Nach dem grandiosen WGT-Auftritt im letzten Jahr freute ich mich auf die schwedische Synth-Pop-Legende ELEGANT MACHINERY ganz besonders. Dazu kam noch, dass die Band selbst, eine große Überraschung für diesen Gig angekündigt hatte. Bereits im Jahre 1988 gegründet, feierte sie in den Neunzigern große Erfolge und trennte sich 11 Jahre später aus persönlichen Gründen und Problemen mit dem Plattenlabel. 2005 gab es eine Wiedervereinigung, 2007 die Unterzeichnung des Vertrages mit dem Label Out of Line und Johan Malmgren stieg aus persönlichen Gründen aus. Auf dem M’era Luna 2008 waren sie dann wieder vollständig angetreten. Auf einer Art Empore standen Richard (Synth), Leslie (Synth/ Drums) und Johan (Synth), während Sänger Robert Enforsen im halblangen Mantel weiter vorne am Bühnenrand eine perfekte Show abzog. Die erste Singleveröffentlichung seit der Wiedervereinigung „Feel the Silence“ machte den Anfang an diesem Nachmittag und Robert wirkte frisch und munter, als er agil über die Bühne wirbelte. Mit ganz alten Schätzen wie „Hard to Handle“ oder „Watching you“ aus dem Jahre 1993 konnten EM den Hangar zum Tanzen bringen und auch wenn es bei „Love to Cry“ ein paar kleine Textpatzer gab (der Herr hatte ganz Heppner-like ein kleines Textbüchlein dabei), gesanglich war wirklich gar nichts auszusetzen. Die Songs verbreiteten gute Laune und Retro-Feeling mit analogen Sounds und ganz viel Melodie bei den Festivalbesuchern. Wie textsicher diese waren, bewiesen sie bei „Words of Wisdom“ und „Black Town“, wo der Refrain allein aus der Masse kam. Ein ständig grinsender Robert stellte im Anschluss, die kürzlich erschiene Single „Move“ vor, die ebenso eingängig und poppig klang, wie der Großteil der EM-Songs. Mit der Hymne „Save me“ eröffneten EM ein würdiges Finale und verabschiedeten sich von der begeisterten Menge, die frenetisch applaudierte. Ein Abschied für hoffentlich nicht allzu lange, denn für Oktober ist ein brandneues Album geplant!
(Cath)
Setlist ELEGANT MACHINERY
Feel the Silence
Hard to Handle
Watching you
Love to Cry
Process
Strange Behaviour
Words of Wisdom
Black Town
Move
Save me
THE VISION BLEAK
Zeit für etwas morbide Opulenz auf der Hauptbühne: Die Düster Metaller THE VISION BLEAK luden zu einem spät-mittäglichen Ausflug in die Welten eines Edgar Allan Poe ein. Das Kernduo bestehend aus den Herren Schwadorf und Konstanz wurde live noch von 3 weiteren Musikern unterstützt, doch lag das Hauptaugenmerk eindeutig auf den beiden blass geschminkten Protagonisten, die nunmehr schon seit 5 Jahren ihre musikalischen Visionen zwischen Gothic, Death und Horror Metal erfolgreich umsetzen. Das Publikum, insbesondere die härtere Fraktion, ließ sich davon gerne berieseln, wenngleich die Uhrzeit dem Sound nicht gerade angemessen erschien. Die Bühnenperformance wirkte auch ein wenig statisch oder anders ausgedrückt pathetisch erhaben, je nach Sichtweise. Zu den druckvollen Epen, die uns um die Ohren gehauen wurden, zählte u.a. „The Black Pharaoh Trilogy – Part II: The Vault of Nephren-Ka“ aber auch das ältere „Carpathia“, und natürlich durfte auch die launige Zungenbrecher-Frage „Can you say Cthulhu?“ nicht fehlen. Zu anderer Uhrzeit und vor anderem Publikum wäre möglicherweise noch mehr gegangen aber auch so ein interessanter Farbtupfer im M’era Line Up 2008.
(TK)
AGONOIZE
Nachdem die Zuschauer in der Halle zuvor von sanfteren Tönen beschallt worden waren, war für die kommenden 40 Minuten wieder die härtere Gangart des elektronischen Tanzgutes angesagt. Gespannt warteten wir auf die Berliner von AGONOIZE, währenddessen die Umbauarbeiten auf der Bühne derweil noch von den Klängen des netten Zeichentrickfilms „Wickie und die starken Männer“ untermalt wurden. Dann plötzlich verstummten die braven Wikinger und die ersten Klänge von „Glaubenskrieger“ hämmerten durch den Hangar, der mittlerweile zum Bersten gefüllt war. AGONOIZE waren da! Zu sehen vermochte ich zwar nicht besonders viel, da die Menschen vor mir mal wieder gefühlte zwei Meter größer waren als ich, aber hören konnte ich die Herren dafür umso besser. Die Truppe, bestehend aus Chris L./ Front, Mike Johnson/ Keys und Oliver Senger/ Keys, wurde 2002 in Berlin gegründet und ist seitdem musikalisch höchst aktiv. Insgesamt haben die drei in den nur sechs Jahren Bandgeschichte bereits auch sechs Veröffentlichungen in die Welt gesetzt, sicherlich eine respektable Leistung. Scheppernd ging es weiter mit „You Gotta Fight for Your Right to Party“, einer Interpretation des BEASTIE BOYS Songs in guter AGONOIZE Manier, aber die Party war auch ohne diesen Brecher schon lange in vollem Gange. Leider war die Lautstärke, im Gegensatz zur Hauptbühne, im Hangar so dermaßen bis zum Anschlag aufgedreht, dass es fast in den Ohren weh tat, obwohl diese brav mit Ohrenstöpseln angetan waren. Die Zeit verging rasch und die Menge geriet alsbald ob der wilden Tanzbewegungen ins Schwitzen, was nun wiederum der Atemluft in der völlig überfüllten Halle nicht gerade zu Gute kam. Doch dafür konnten ja schließlich AGONOIZE nichts. Sie gaben, was sie hatten und das schwarze Partyvolk nahm es dankbar an. Ihre Tanzflächenfüller „Femme Fatale“ (mit reichlich „ungezogenem“ Text), „Sacrifice“ und „Koprolalie“ taten das ihre und auch neues Material wurde vorgestellt, so etwa das von der für Halloween dieses Jahr angekündigten EP „For the Sick and the Disturbed“ mit dem skurrilen Namen „Schaufensterpuppenarsch“. Zum guten Schluss gab es noch eine weitere Coverversion Marke AGONOIZE, der Evergreen “I was made for lovin’ you“, ursprünglich aus der Feder der Herren von KISS, dann wurden wir entlassen und ich versuchte aus dem Hangar ins Freie und an die frische Luft zu entkommen. Das kostete mich eine geschlagene halbe Stunde und etliche Nerven, doch endlich gelang es mir dann. Zum Glück hatte ich ein nettes Set erlebt, das ich in dem menschlichen Stau Revue passieren lassen konnte, außerdem wartete man draußen mit kühlen Getränken auf mich, das war Antrieb genug, mich Step by Step weiter schieben zu lassen.
(IKA)
LACRIMAS PROFUNDERE
Echte Festivalhopper sind sie, die Süddeutschen. Nach ihrem Gastspiel beim diesjährigen Amphi sollte nun auch die Hauptbühne gerockt werden und ihre zahlreichen Fans versammelten sich im vorderen Bühnendrittel. Nachdem sich das Besetzungskarussell in den letzten Jahren in rasender Geschwindigkeit gedreht hat, ist nun ein wenig Ruhe ein- und der Fünfer wieder zu alter Stärke zurückgekehrt. Zwar besitzt der neue Fronter Roberto Vitacca nicht über die optische Präsenz seines Vorgängers, doch fühlt er sich mittlerweile spürbar wohler on stage und die Stimme ist eh über jeden Zweifel erhaben. Allerdings stahl ihm Peter Kafka am Bass ein wenig die Show, der poste wie eine junge coole “Sau”. Gelungener Auftritt mit bekannten Titeln wie “Again It’s over“ oder “My Mescaline”.
(TK)
EISBRECHER
Nach all den elektronischen Klängen sollten nun EISBRECHER aus München ihren elektronischen Trip-Rock unter das M’era-Publikum bringen. Der Hangar platzte aus allen Nähten und wer es reingeschafft hatte, konnte sich glücklich schätzen. Bereits beim Erscheinen der Musiker Olli (Bass), Maximilian (Keyboard), René (Schlagzeug), Jürgen (Gitarre), Noel Pix (Leadgitarre) und zuletzt Sänger Alexx brachen wahre Beifallsstürme los. Im gewohnt smarten Kapitäns-Outfit und cooler Sonnenbrille ging es gleich mit „Kein Mitleid“ in die vollen. Wahnsinn, mit welcher Energie Alexx seine Show abzieht, sich bewegt und alle Blicke auf sich zieht. Nachdem er das schicke Aussehen der Massen vor der Bühne lobte, folgten „Leider“ und das geniale „Antikörper“, wozu allesamt die Hände in die Luft streckten und laut mitgrölten. Nachdem Alexx scherzhaft noch mal das Instrument Gitarre vorstellte, weil es davon bisher nicht viel zu hören/ sehen war an diesem Tage, folgten unter tosendem Applaus „Schwarze Witwe“ und „Vergissmeinnicht“. Bei der Lautstärke im Hangar ließen es sich auch die Herren von VNV NATION nicht nehmen, sich dieses Spektakel anzusehen. Trotz Auszieh-Rufen und langsamen Ablegen der Brille, Jacke und Weste ließ sich Alexx diesmal nicht hinreißen, mehr zu zeigen. Witzigerweise begründete er das als Entscheidung seines Fitnesstrainers, der ihm davon abgeraten hätte. Bei soviel Charme, Witz und gutem Aussehen muss man (oder eher Frau) diesem Mann einfach zu Füssen liegen. Mit der Ankündigung, dass es jetzt elektronisch werden würde, folgte „Phosphor“ und dann endlich war es soweit: Die Premiere des neuen Songs „Kann denn Liebe Sünde sein“ nahte. Alexx stellte diesen Titel etwas nervös vor. Daraufhin brannte ein druckvolles Gitarrengewitter los. Was mich schon auf der Single restlos begeisterte, pustete über uns Anwesende im Hangar einfach nur hinweg und bildete den absoluten Stimmungshöhepunkt des Auftritts. Ein toller Sound, Gitarrenriffs und ein tief singender Alexx, der impulsiv und immer in Bewegung die Lyrics in die Menge schmetterte, zog jeden in seinen Bann. Der Hangar rockte, schrie und applaudierte wild. Beruhigt bedankte sich Alexx für die gelungene Premiere und sang „Mein Blut“ an. Natürlich durfte als krönender Abschluss auch „Miststück“ nicht fehlen, bei dem vom Publikum alles abgefordert wurde und Alexx seine berühmte Rap-Passage zum Besten gab. Ein gelungener Auftritt wurde damit beendet und sicherlich werden sich viele nach diesen 45 Minuten die anstehende EISBRECHER-Tour mit JESUS ON EXTASY (die laut AW ja viele tolle weibliche Fans hätten) nicht entgehen lassen!
(Cath)
Setlist EISBRECHER
Kein Mitleid
Leider
Antikörper
Schwarze Witwe
Vergissmeinnicht
Phosphor
Kann denn Liebe Sünde sein
Mein Blut
Miststück
COMBICHRIST
Nur drei Wochen nach dem Amphi hatte sich Andy LaPlegua mit COMBICHRIST auch einen Slot auf dem M’era Luna gesichert. Erwartungsgemäß voll war dann trotz des „Schichtwechsels“ im Anschluss an EISBRECHER auch wieder der Tummelplatz Hangar und wie eh und je sollte eine unterhaltsame Dosis Techno-Body-Music das Publikum beglücken. Das Programm fiel ähnlich wie in Köln aus und konnte gleich zu Beginn mit „Today I woke to the rain of blood“, „This is my rifle“, „Electrohead“ und „Get your body beat” starke Stücke vorweisen. Auch der Live-Drummer war dieses Mal kaum aufzuhalten und drosch ordentlich auf seine Felle ein. Da draußen nun aber schon APOPTYGMA BERZERK begannen, hatten wir kurze Zeit später für heute genug von deren norwegischen Landsmännern gesehen. Wer in der Halle blieb, wird aber sicher nicht enttäuscht worden sein.
gerrit [pk]
APOPTYGMA BERZERK
Zur Hauptbühne, wo sich zwar noch dunkle Wolken tummelten, aber kein Regen vom Himmel fiel, führten uns die Norweger APOPTYGMA BERZERK, die bis Dato sowohl elektronische Klassiker, aber in jüngster Zeit auch immer rockigere Ohrwürmer präsentiert haben. Zum Intro von „Love never dies“ betrat das Quartett bestehend aus Angel (Gitarre – nun mit kurzen Haaren), Geir (Keyboard), Frederik (Schlagzeug) und Sänger Stephan die Bühne. Trotz des großen Bekanntheitsgrades blieb die Stimmung eher mäßig, was sich auch bei „Deep Red“ nicht änderte. Stephan, der an diesem Tag Geburtstag hatte, bekam am Ende eine große Überraschungs-Torte überreicht und aus dem Publikum erklang ein „Happy Birthday“-Ständchen. Erst bei den Anfangstakten von „In this together“ drehten die Anwesenden richtig auf und tanzten mit erhobenen Armen. Die rockigeren Stücke, so auch ein brandneuer Song namens „Green Queen“, schienen einfach besser anzukommen. Vielleicht lag das aber auch an den einfach viel zu oft gehörten Elektro-Hymnen wie „Starsign“ oder „Unicorn“. So gab es auch bei dem rockigen „Shine On“ kein Halten mehr und die Massen hüpften und sangen einheitlich. Diese Stimmung hielt bis zum ersten Mainstream-Erfolg „Until the End of the World“ aus dem Jahre 2002 an, bevor es elektronisch mit „Non Stop Violence“ schon nach 50 Minuten Auftrittszeit zu Ende ging. Eigentlich hatten APOP eine ganze Stunde zur Verfügung, was zu verwirrten und hoffnungsvollen Blicken auf die Bühne führte. Dort passierte allerdings gar nichts, denn großartige Zugabe-Rufe waren nicht zu vernehmen. Auf diese wurde aber höchstwahrscheinlich gewartet. So blieb mir nur ein solider Auftritt im Gedächtnis, der aber von vielen anderen Künstlern an diesem Wochenende ohne weiteres übertroffen wurde.
(Cath)
Setlist APOPTYGMA BERZERK
Love never dies
Deep Red
You keep me from breaking apart
In this together
Mercy Kill
Starsign
Unicorn
Green Queen
Shine on
Until the End of the World
Non Stop Violence
HOCICO
Als elektronisches Highlight der Neuzeit standen dann als vorletzte Band des Tages auf der Bühne im Hangar noch HOCICO an. Um die Show der beiden Mexikaner Erk Aicrag und Racso Agroyam etwas aufzupeppen, war diese in einige Elemente eines traditionellen Aztekentanzes gebettet, für dessen Hilfe man sich der „Grupo Calli“ bediente. Ganz im Sinne einer Zeremonie und behängt mit einem beeindruckenden Federschmuck und sonstigen Utensilien agierten hierzu bei mehreren Stücken drei „Indios“ um Fronter Erk herum. Auf diese Weise gerieten dann Songs wie „About a dead“, „Spirits of crime“ oder „Forgotten tears“ verbunden mit der HOCICO-typischen Atmosphäre und der kompromisslosen musikalischen Darbietung auch optisch zu einem Erlebnis.
(gerrit [pk])
NEW MODEL ARMY
Unverwüstlich, authentisch, mitreissend. Allesamt Adjektive, die auf die Engländer NEW MODEL ARMY wie die Faust aufs Auge passen dürften. Zwar nicht gerade eine gothisch angehauchte Formation, war mir doch schon im vorneherein klar, dass die Insulaner Hildesheim am frühen Abend mal so richtig aufwecken würden. Die bereits seit Ende der 70er (!) praktizierenden Herren um den überaus charismatischen Justin Sullivan können mit ihrem Folk/ Punk/ Rock-Gemisch vor jedem Publikum und zu jeder Uhrzeit überzeugen. Mit dem Brecher “Here comes the War” pustete man die Ohren gleich so richtig durch und auch im folgenden verwandelte sich Drispenstedt in einen vielstimmigen Chor, der alte und neue Hits textsicher intonierte. Ganz vorne natürlich die richtigen Devotees, die wie ein Mann zu ihren Faves standen. Da gibt es nicht viel Firlefanz on stage, kein affektiertes Gehabe, nur ehrliche Rockmusik und Hymnen, die auf ihre Art und Weise Geschichte geschrieben haben. Beispielsweise seien genannt: “Get me out”, “Vagabonds”, “No Rest”, “No Mirror, No Shadow” oder das auf der Akustikgitarre präsentierte “Green & Grey”. Gänsehaut pur und definitiv das ganz große Highlight an diesem Sonntag!
(TK)
DAF
Eine echte Legende als Headliner im Hangar: Die DEUTSCH-AMERIKANISCHE-FREUNDSCHAFT (kurz DAF) existiert mit vielen Unterbrechungen seit 1978 und das M’era Luna 2008 bot mal wieder die Gelegenheit für ein Reunion-Konzert. Die beiden streitbaren Herren Robert Görl (Schlagwerk) und Sänger Gabi Delgado-López verbindet scheinbar eine Art Hassliebe, umso besser, dass man sich mal wieder zusammengerauft hat und dementsprechend zog es viele Neugierige in die Indoor Location. Kurioserweise hatte Robert (der ja auch kürzlich bei CLIENT trommelte) mit dem JÄGER 90 Sänger Thoralf Dietrich das Projekt DAF.PARTEI ins Leben gerufen, welches im Spirit der alten DAF beim Electric Tremor Festival in Dessau aufgetreten ist. Nun aber wieder zurück zu den “echten” DAF: Mit “Verschwende deine Jugend” und “Ich und die Wirklichkeit” ging es gleich in die vollen, wenngleich der Sound etwas kraftvoller hätte ausfallen können. Monoton und Minimal, so wirkt ein Konzert der beiden nicht mehr ganz jungen Protagonisten und einige “jüngere” Besucher fühlten sich davon wohl nicht ganz angesprochen, jedoch tangierte das die vielen echten Fans nicht sonderlich. Gabi wuselte von links nach rechts, wie immer von innerer Unruhe geplagt, schüttete sich Wasser übers schüttere Haupt und entblätterte (erwartungsgemäß) seinen Oberkörper. Der “Mussolini” an Position 4 der Setlist brachte den Laden erstmals zum kochen, danach rief leider schon eine weitere Legende nach mir, welche das ML 2008 beschließen sollte…
(TK)
FIELDS OF THE NEPHILIM
Dicke Nebelschwaden umhüllten die Hauptbühne und gespannt blickten Tausende Köpfe nach oben, um die FIELDS OF THE NEPHILIM zu begrüßen, sicherlich neben den SISTERS DIE Goth Rock Band überhaupt. In den 25 Jahren ihres Bestehens (bzw. Nicht-Bestehens) hat der umtriebige Carl McCoy schon einige Aufs und Abs erlebt, mit NEFILIM auch mal ein Nebenprojekt geführt und ist nun wieder unter altem Namen und anscheinend stabilen Line Up unterwegs. Die Herren gekleidet im Stile dreckiger Italo Western bereiteten den Boden vor für den beeindruckenden Sänger, der nicht gerade ein Freund vieler Worte ist und stattdessen lieber düster-athmosphärische Klänge für sich sprechen lässt. Fotographisch gesehen eher ein Alptraum die Truppe (NEBEL!), aber der Ritt durch die glanzvolle Diskographie ließ doch so einige von alten (besseren?) Grufti-Zeiten träumen. Mit den Klängen von Titeln wie “Dawnrazor” oder natürlich “Moonchild” senkte sich dann auch langsam der Vorhang des diesjährigen M’era Luna und die große Abreisewelle setzte sich unaufhaltsam in Gang.
(TK)
Ein guter Mix aus Elektronik und Gitarren, aus alten Helden und neuen Hoffnungsträgern verzauberte das Ohr der rekordverdächtigen Masse, die vollkommen friedlich mal wieder ein wunderschönes Wochenende in Hildesheim-Drispenstedt erleben durfte. Kleinere Minuspunkte wie der doch relative schlechte/ leise Sound auf der Hauptbühne sowie der Engpass im Hangar am Sonntag sollten für die Veranstalter Ansporn sein, in diesem Bereich nachzubessern, doch ansonsten bleibt das M’era Luna auch in nächster Zukunft DAS Maß aller Dinge im schwarzen Festivalkalender.
(TK)
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