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MESH – TORUL – ELACE

Ort: Bochum – Matrix

Datum: 12.04.2013

Das Jahr 2013 verspricht der schwarzen Gemeinde einiges Neues in Sachen synthetischer Konservenkost. So haben beispielsweise VNV NATION für den September einen Silberling namens „Transnational“ angekündigt, COVENANT wollen dann mir ihrem Album „Leaving Babylon“ in die Plattenläden kommen. Eine weitere Speerspitze des dunklen Elektro-Pops sind seit Jahren MESH aus Bristol, die bereits im März ihre zwölfte Studio-Langrille „Automation Baby“ veröffentlicht haben, mit der Mark Hockings (vocals, guitars, keyboards, programming, lyrics) und Richard Silverthorn (keyboards, programming) einen beachtlichen und verdienten #33 in den Charts erreichen konnten. Natürlich gehört die treibende, äußerst tanzbare Musik der Engländer in den Club und deshalb haben sich MESH ihren Live-Drummer Sean Suleman geschnappt und den Tourbus gepackt. Mit von der Partie ist zudem Richard Broadhead, der für das zweite Live-Keyboard verantwortlich ist.

Nachdem ich in dieser Woche zweimal äußerst unproblematisch zu Konzerten nach Köln und Krefeld gekommen war, machte mir der Wettergott an diesem frühen Freitagabend einen Strich durch die Rechnung. Es gewitterte und regnete wie aus Kübeln, außerdem waren die Straßen immer noch voll und die Matrix nur über Umwege zu erreichen, weshalb ich vom Opener ELACE nur noch die letzten 1 ½ Tracks mitbekommen habe. Die dreiköpfige Combo aus Hamburg hatte für MESH in ihrer Heimatstadt, in Rostock und eben Bochum eröffnet und präsentierte eingängigen Synthie-Pop, der mir jedoch ein wenig zu farblos war. Nun kann ich mir allerdings nicht wirklich ein abschließendes Urteil erlauben, weil ich eben nur die letzten Minuten erlebt habe. Im ersten Halbjahr 2013 soll auf jeden Fall das Debüt „Me“, der Ende 2010 gegründeten Kapelle erscheinen, die aus dem Sänger, Keyboarder, Gitarrist und Komponisten Andrew Kohlar, Drummer Daniel Zielonka und dem Gitarristen Franziskus Schuhmacher besteht. Wer im letzten Herbst auf einem DE/VISION-Gig war, könnte den Dreier ebenfalls bereits gesehen und gehört haben, denn auch hier fungierten die Hanseaten bei einigen Terminen als Vorband.

Setlist ELACE (ohne Gewähr)
Konstantinopel
Marching
On This Day
We’ll Meet Again
Home
A4
Can’t Breath No More

Weiter ging’s nach einer überschaubaren zehnminütigen Umbaupause mit TORUL aus Ljubljana/ Slowenien. Das Trio hat just seine dritte Langrille „Tonight We Dream Fiercely“ veröffentlicht und servierte ebenfalls tanzbare Elektronik, die allerdings beinahe im überpräsenten Bass unterging. Namensgeber Torul, Borut Dolenec und Sänger Jan Jenko ließen es mit ihrem Opener „The Sun“ zunächst etwas gemächlicher angehen, um mit „Try“ allerlei Synthie-PlingPling auf den Weg zu bringen – leider immer mit heftigsten Bässen, die meinen Magen unangenehm zum Hüpfen brachten. „The Fall“ vom bereits erwähnten jüngsten Studio-Output bescherte treibende Rhythmen und auch „I’m Still Here“ vom gleichen Longplayer wusste mit knackigen Gitarren und flirrender Elektronik zu gefallen – wäre da nicht das permanente Grummeln gewesen. Viel Beifall bekam das TEARS-FOR-FEARS-Cover „Mad World“, für das die Stage in blaues Licht getaucht wurde. Mit „In Whole“ kam derweil ein wenig Bewegung ins Auditorium. Mich erinnerte der Sound ein wenig an das Miami-Vice-Theme von Jan Hammer, während Jans Stimme für „Where The Night Start“ und „Wake Up“ mal nicht nur mit Hall-Effekten gepimpt, sondern zusätzlich durch ein Megafon gejagt wurde. Die Bühne verschwand hinter Nebelwänden, während Lichtblitze durch die Tube zuckten und die Langaxt abschließend für einige Effekte bemüht wurde. Etwas weniger Bass wäre bei TORUL (die im Übrigen sang- und klanglos von der Stage verschwanden) eindeutig mehr gewesen, ansonsten eine nette Aufwärmübung für den Hauptact des Abends.

Setlist TORUL
The Sun
Try
The Fall
I’m Still Here
All In
Mad World (TEARS-FOR-FEARS-Cover)
In Whole
Where The Night Start
Wake Up

Der trat 15 Minuten später ins Rampenlicht, während im Hintergrund auf zwei großen Leinwänden die ersten Videos abgespult wurden und rote Nebelschwaden durch das alte Brauerei-Kühlschiff zogen. Die etwa 1.000 Zuschauer waren bester Dinge und so wurde bereits das eröffnende „Adjust Your Set“ kräftig mitgeklatscht. Die Losung des Abends war ebenfalls klar: Es durfte getanzt werden! Deshalb gaben MESH mit ihrem Titeltrack „Automation Baby“ gleich einmal Gas und ernteten für ihren druckvollen Vortrag gehörigen Beifall. Für das wunderbare „Leave You Nothing“ griff Mützenträger Mark Hockings vom 2002er „Who Watches Over Me?“ zum Sechssaiter und auch „This Is The Time“ wurde mit Gitarrenakkorden im Midtempo veredelt, für die zu diesem Zeitpunkt jedoch der Kollege Richard Silverthorne zuständig war. Die beiden Herren haben MESH übrigens 1991 gemeinsam mit Neil Taylor aus der Taufe gehoben, der jedoch seit 2006 aus persönlichen Gründen nicht mehr Teil von MESH ist. Temporeich und äußerst tanzbar schloss sich mit „Crash“ von „We Collide“, dem letzten Album, an dem Taylor noch mitgearbeitet hat, ein weiteres Highlight an. Für „Never Meet Your Heroes“ fuhren die Briten die Taktzahl etwas runter, blieben dabei aber gewohnt bissig, ehe der coole Stomper „You Want What’s Owed To You?“ nicht nur Erinnerungen an die Genre-Kollegen von VNV NATION weckte, sondern auch auf die Hüften ging. Vom 2009er „A Perfect Solution“ stammte das nicht minder treibende „How Long“, für das Richard erneut sein Tasteninstrument im linken hinteren Eck verließ und mit einer Gitarre bewaffnet an den Bühnenrand trat, bevor mit „Room With A View“ eine kurze Verschnaufpause verordnet wurde. „In This Place Forever“ war vor nunmehr 17 Jahren das Debüt der Synthie-Popper und es bleibt festzuhalten, dass „You Didn’t Want Me“ mit seinen fetten Beats zwischenzeitlich nicht an Charme verloren hat. Entsprechend wurden die Akteure mit viel Beifall bedacht. Dank erneutem Langaxt-Einsatz, für den erneut Mark zuständig war, präsentierte sich „Can You Mend Hearts?“ vergleichsweise organisch. Synthetische Tanzmucke stand währenddessen mit dem mitreißenden und ausgiebig zelebrierten „Just Leave Us Alone“ auf dem Zettel. Das Auditorium hatte die vier Wochen seit der Veröffentlichung von „Automation Baby“ erfolgreich genutzt, um sich die Texte draufzuschaffen, sodass nicht nur die alten Hits wie „It Scares Me“ oder der Special Mix von „Everything I Made“ lauthals mitgesungen wurden. Die Bühne erstrahlte in grünem Glanz als „Step By Step“ abgefeiert wurde und auch das emotionsgeladene „Not Prepared“ wurde vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Beim druckvollen, beatlastigen „When The City Breathe“ sah man auf den Monitoren am Bühnenrand schnell wechselnde Animationen, während im Background auf den großformatigen Projektionflächen eine Großstadtansicht zu sehen war. Mit dem grandiosen „From This Height“ von der EP „Friends Like These“ aus 2003 verwandelte sich die Matrix in einen wahren Hexenkessel, der von Lichtgewittern erhellt wurde, bevor blaues Licht den optischen Rahmen für „Taken for Granted“ bildete. Richard zeigte einmal mehr sein Können an der elektronischen Klampfe und einmal mehr war auch die stilistische Nähe zu DEPECHE MODE nicht zu überhören. Auf diese Weise endete das reguläre Set um 22.45 Uhr, doch allein die Tatsache, dass die Fans den seit einem Monat verfügbaren Track vehement weiter zu Gehör brachten und auch der Akklamationen nicht müde wurden, lockte die vier Herren auf die Bühne zurück. So nahmen Sean Suleman hinter seiner Schießbude und Tastenmann Richard Broadhead den „Taken For Granted“-Faden noch einmal auf und auch die MESH-Kernkompetenz stimmte erneut mit ein, ehe mit der aktuellen Singleauskopplung „Born To Lie“ eine weitere Breitseite abgeliefert wurde. Mit „Friends Like These“ stand dann so etwas wie der Abriss der Matrix zur Disposition. MESH und ihre Anhängerschaft legten sich auf den letzten Metern noch mal amtlich ins Zeug und natürlich wurde der Songtitel auch in ein „Friends like you“ umgewandelt, wozu auf den Monitoren Bilder unzähliger MESH-Verbündeter flimmerten. Schöner hätte das Konzert fast nicht enden können, wäre da nicht der gefühlvolle Abschluss mit „You Couldn’t See This Coming“ gewesen, mit dem auch die aktuelle Langrille endet. Mr. Hockings hatte sich hierfür mitten im Publikum eingefunden und sang sein Set am Mischpult stehend, womit der Gig nach genau zwei Stunden dann auch Geschichte war.

Abgesehen davon, dass für meinen Geschmack in der Tube viel zu viel geraucht wird (was sich ja ab dem 01.05. durch die neue Gesetzgebung ändern dürfte), war es mal wieder ein uneingeschränktes Vergnügen, MESH live zu erleben. Dem Schreiberling hat natürlich auch sehr gefallen, dass die einzelnen Lieder immer mit dem Cover der jeweiligen Platte, deren Namen und der Nummer des Tracks auf den vorderen Monitoren und vermittels weiblicher Computerstimme angekündigt wurden. So macht die „Arbeit“ Spaß!

Setlist MESH
Intro / Adjust Your Set
Automation Baby
Leave You Nothing
This Is The Time
Crash
Never Meet Your Heroes
You Want What’s Owed To You?
How Long
Room With A View
You Didn’t Want Me
Can You Mend Hearts?
Just Leave Us Alone
It Scares Me
Everything I Made
Step By Step
Not Prepared
When The City Breathes
From This Height
Taken For Granted

Born To Lie
Friends Like These

You Couldn’t See This Coming

Copyright Fotos: Daniela Vorndran

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