Ort: Tolmin (Slowenien)
Datum: 16.07.2007 - 22.07.2007
Bereits zum vierten Mal fand dieses Jahr das Metalcamp im slowenischen Tolmin statt. Aufgrund der idyllischen Lage und dem wohl schönsten Festivalgelände Europas, welches von Bergen, Bäumen und einem türkisblauen Bergfluss eingerahmt ist, entschied man sich, das Festival auf eine Woche zu verlängern. Jene „Headbangers Holidays“ bedeuteten 2 weitere Tage Schwermetall auf der kleineren Talentbühne (wo SEPULTURA & DORO die ersten beiden Tage abschlossen), bevor die drei offiziellen Festivaltage samt der Main- & Talent-Stage beginnen sollten. Sprich summa summarum 5 Tage Mucke plus 2 Tage Chill-Out, was aber aufgrund des fehlenden Band-Overkills à la Wacken nicht zu stressig war. Alleinig die Temperaturen, die von 37 Grad am ersten Tag stetig stiegen und am Ende bei über 40 Grad alnlangten, waren in Kombination mit komplett ausbleibendem Regen, Wolken oder Wind schon eine Herausforderung, mit welcher viele Bands im Nachmittagsprogramm zu kämpfen hatten. Denn ein Schattenplatz am kühlen Fluss verlockt dann doch eher als ein Saunaplatz vor der Bühne…
Wo im Vorjahr noch einige Kritikpunkte zu verzeichnen waren, hat man jene nun nahezu ausnahmslos ausgemerzt. Es gab ausreichend Dixi-Klos, die vor allem mehrmals täglich gereinigt wurden, man erweiterte das Essenangebot (nun auch ein Vegetarierstand, etc.) und vor allem senkte man die Preise, so dass eine ganze Pizza zunächst nur 4 Euro kostete und im Laufe des Festivals gar auf 3 Euro im Preis gesenkt wurde!! Natürlich darf man noch nicht die Angebotspalette langjähriger deutscher Festivals als Maßstab nehmen, aber dennoch haben die Veranstalter hier nicht nur Worte, sondern auch Taten sprechen lassen. Ein Highlight ist sicherlich die Beach-Bar, welche am Fluss liegt und ganztägig mit Schwermetall vom Band, günstigen Cocktails, selbst gemachten Pommes und Sitzgelegenheiten zum Verweilen einlädt. Wenn man nun auch noch etwas Beleuchtung auf den Camping-Plätzen und ein etwas durchsichtigeres Becher-Pfandsystem in Angriff nimmt, dürfte sich das Metalcamp über weiterhin wachsenden Besucherzahlen erfreuen, wenngleich man das Kartenlimit 2008 auf angenehme 10.000 Besucher begrenzt hat! Doch nun zu den musikalischen Darbietungen:
DISILLUSION
Mit „Back to times of splendour“ hatten DISILLUSION für mich ein kleines Meisterwerk auf CD gebannt, welches auf Dauerrotation ging und in den kleinen Clubs auch voll überzeugte. Das Nachfolgewerk war jedoch stilistisch kaum noch vergleichbar und brauchte viele Durchläufe, bis ich damit warm wurde. Der Großteil der älteren Fans hat diesen Schritt aber nicht mitgemacht, so dass man gespannt sein durfte, wie die Band, nun auch mit der Live-Bassistin Alla (Ex-Pain), in der Open-Air Situation ankommt. Alles in allem war es zwar ein solider Gig, der mich aber gleichzeitig ein wenig enttäuschte, da die Emotionen, welche die Songs auf CD transportieren, verloren gingen. Zwar spielte die Band wider Erwarten doch mehrere Titel von „BTTOS“ wie den Titeltrack oder „Alone I stand in fire“, doch wirkliche Begeisterung kam bei der sehr überschaubaren Besucherschar nicht auf. Zudem hatte die Formation die Zeit aus den Augen verloren, so dass man das geplante letzte Stück (vermutlich „Don’t go any further) den Fans vorenthalten musste. Schade, aber ich hatte mir doch etwas mehr von dem Gig erhofft.
DEADSOUL TRIBE
Die Prog-Metaller um den Ex-PSYCHOTIC WALTZ Frontmann hatten es heute extrem schwer, da sie musikalisch stark aus dem Rahmen fielen und mit ihren seichteren Tönen den Geschmack vieler Besucher etwas verfehlten. Dennoch zeigte die Band sich davon kaum beeindruckt und insbesondere Sänger/ Gitarrist Buddy schien sich in Trance zu spielen. Allerdings machten sich auch bei mir schnell leichte Ermüdungserscheinungen breit, so dass man nach dem letzten Song auch nicht allzu böse war, dass es vorbei war.
SEPULTURA
Eine meiner einstigen Lieblingsbands sollten nun den Dienstag als Headliner beenden, wobei ich im Vorfeld sehr skeptisch war, da vom Original Line Up nur noch Andreas Kisser und der 4-Saiten-Drescher dabei sind. Insbesondere der Weggang von Max Cavalera samt seiner charakteristischen Stimme ließ mich zweifeln, ob mich der Auftritt wirklich überzeugen wird. Und leider bewahrheiteten sich meine Befürchtungen… So sympathisch und imposant der neue Brüllhüne auch war, konnte er stimmlich nicht viele Akzente setzen und vor allem die Songs der „neuen“ SEPULTURA sind einfach nur strunzlangweilig. Kein Wunder, dass man nur bei den alten Klassikern von Stimmung im Publikum sprechen konnte, aber auch Songs wie „Refuse/ Resist“, „Slave new world“, „Arise“ oder „Roots bloody roots“ konnten nicht den Charme der Vergangenheit entfachen. Vor allem die einfach zu stark eingestreuten neueren Songs hemmten die Begeisterung, so dass ich weiterhin hoffe, dass man 2008 auf den hiesigen Bühnen die wirklichen SEPULTURA im Original-Line-Up treffen wird…
DIE APOKALYPTISCHEN REITER
Egal wo die Reiter die Bühne entern, die Fans kommen in Scharen, was sich auch in Slowenien vor der prall gefüllten Talent Stage bestätigte! Im Endeffekt boten die Reiter showtechnisch das Standardprogramm samt Riesenballons, dem Luftmatratzen-Crowdsurfwettbewerb oder dem obligatorisch auf die Bühne geholten weiblichen Fan. Allerdings macht es immer noch sehr viel Spaß, dem Treiben auf der Bühne zuzusehen, da doch weitaus mehr Entertainment als bei anderen Bands geboten wird. Erfreulicherweise hatte sich auch „Unter der Asche“ wieder in der Setlist eingenistet, so dass neben den erwarteten „Friede sei mit euch“, „Reitermania“ oder „We will never die“ auch eine kleine Überraschung im Set war. Erwähnenswert sind zudem die kuriosen Englischansagen – Kostproben gefällig? „We are searching for someone who is more ready than we“ (bei der Suche nach dem Fan für die Bühne) oder aus „harbour“ wurde „haybar“, etc. Alles in allem ein gelungener und gefeierter Auftritt, der selbst großen Kritikern zumindest ein „Kindergarten auf hohem Niveau“ entlockte…
DORO
Die deutsche Queen des Heavy Metals hatte die Ehre, den Mittwoch zu krönen und man konnte im Vorfeld skeptisch sein, inwiefern Frau Pesch beim Publikum ankommt. Überraschenderweise war es gut gefüllt vor der Bühne und mit „All we are“, dem JUDAS PRIEST Cover „Breaking the law“ und einigen WARLOCK-Stücken waren auch einige Mitsingsongs vertreten. Dennoch ließen einem die stetig gleichen Bewegungen von der werten DORO doch schmunzeln und ihre amüsanten Animationsversuche sind Unterhaltung pur. Natürlich alles Geschmackssache und nach einigen Bierchen konnte man dem Auftritt doch recht gut gelaunt beiwohnen.
UNLEASHED
Nachdem die Sonne etwas in ihrer Kraft nachgelassen hatte, konnten UNLEASHED vor einer großen Gefolgschaft ihre Death Metal Klassiker abfeuern. Und davon gab es, neben diversen Songs des starken „Midvinterblod“-Albums, einige. „To Asgaard we fly“, „Before the creation of time“ oder „Immortals“ ließen die Menge gröhlen und die Köpfe kreisen. Bei sehr gutem Sound (der auf der großen Bühne eigentlich bei allen Bands glänzen konnte) und ehrlicher Spielfreude konnten UNLEASHED begeistern und die Temperaturen kühlten sich bei „Winterland“ etwas ab, kann aber auch Einbildung gewesen sein… Zudem widmete man dem Sänger von NECROPHOBIC einen Song, der ebenfalls nach Slowenien gereist war! Wie immer ein klasse Auftritt.
PAIN
Nachdem PAIN auf dem With Full Force zu später Stunde einen sehr guten Auftritt hingelegt hatten, durften sie auf dem Metalcamp zu einer humaneren Uhrzeit auf die Bühne. Zum Glück hatte die Dunkelheit schon eingesetzt, so dass einer erfolgreichen Show nichts im Wege stand. Als man mit „Same old song“ einstieg fiel zunächst auf, dass der auf dem WFF noch so überagile Bassist nicht mit in den Süden geflogen war. Leider war der Ersatzmann wenig beweglich und konzentrierte sich primär auf sein Bassspiel, was aber ein gut gelaunter Peter Tägtgren wieder ausglich. Neben dem coolen neuen „Zombie Slam“, „Nailed to the ground“ oder „Walking through glass“ gab es eine Menge tanzbares Material wie „On and on“, „Eleanor Rigby“ und dem Dancehit „Shut your mouth“. Auch wenn die Backingvocals wie immer aus der Tonkonserve unterstützt wurden, hat mir der Auftritt sehr viel Spaß gemacht. Natürlich gab es auch hier wieder Stimmen, die PAIN die Krätze an den Hals wünschten, da es einfach kein Metal, sondern eher Techno sei… wie tolerant die Metaller doch manchmal sind…
SATYRICON
Mit SATYRICON begannen dann endlich meine Black-Metal Faves, wobei man ja auch hier streiten darf, ob sie aktuell überhaupt noch Old School und True genug sind, um sich jenem Musikstil zu verschreiben. Wie auch immer – man startete mit dem uralten „Walk the path of sorrow“ und legte dann mit dem Knaller „Nemesis Divina“ nach, so dass die eben genannten Kritiker wohl erstmal verstummten. Bei absolut tighter Performance, samt Synchronbanging und Animationsspielchen von Satyr räumten die Norweger gnadenlos ab. Vor allem die neueren „K.I.N.G“ oder „Diabolical, Now“ lassen einem nicht den Hauch einer Chance den Körper still zu halten. Ganz großes Kino, dass mit dem Überklassiker „Mother North“ ein grandioses Ende fand.
SARDONIC
Nun, den eigenen Auftritt zu beurteilen fällt natürlich weniger einfach, aber man kann festhalten, dass er trotz der widrigen Wetterverhältnisse für uns als absolut gelungen zu bezeichnen war. Bei über 40 Grad im Schatten, welcher jedoch vor und auf der Hauptbühne nicht zu finden war, fanden sich zu Beginn nur eine überschaubare Menge vor der Bühne ein, die aber von Song zu Song anwuchs. Spätestens als bei „Abulia“ Britta von CRIPPER einen Gastauftritt hatte, war die Stimmung und die Besucherzahl vor der Bühne sehr zufrieden stellend. Mit dem brandneuen Song „Swarm“ und dem aktuellen „Surviving the abortion“ beendeten wir unser 30-minütiges Set und wankten, von der Hitze gezeichnet, glücklich von der Bühne.
CRIPPER
Die Hannoveraner von CRIPPER haben sich im letzten Jahr zu einer formidablen Liveband gemausert, die permanent Action auf der Talent-Stage macht und mit Frontfrau Britta eine wohlhaftige Rampensau in ihren Reihen hat. Stimmlich können sich da Damen wie Angela Gossow noch einiges abschauen und mit den Songs vom Debut-Album „Freak Inside“ kann Live auch nicht viel schief gehen. So hat sich eine ordentliche Schar Banger vor der Bühne versammelt, um die Band zu unterstützen. Beim abschließenden „Black Terra“ revanchierte sich dann Brüllwürfel Jojo (im adretten VFL Osnabrück Shirt gekleidet) von SARDONIC mit einem Gastauftritt und die Band wurde mit Zugaberufen verabschiedet!
CRADLE OF FILTH
Die Gründe, wieso und warum der CRADLE OF FILTH Gig zu einem kleinen Desaster wurde, lasse ich mal außen vor, aber das Statement des Veranstalters, dass alles in bester Ordnung gewesen sei, ist definitiv gelogen… Nachdem Frontdiva Dani Filth mit einer Schar Securities auf die Bühne geleitet wurde, war man zunächst über den guten Instrumentalsound überrascht, was bei den Briten eher eine Ausnahme darstellt. Auch machte die komplette Backingband samt der etatmäßigen Sängerin Sarah Jezebel einen sehr guten Eindruck, was man von Mr. Filth nicht behaupten konnte. Denn er brachte bei den ersten Songs weder einen vernünftigen Kreischer oder Grunzer geschweige denn eine Textzeile durch die Lautsprecher, so dass selbst Nichtkenner nach Sekunden bemerkten, dass hier irgendwas nicht passte. Wohl jeder Zuschauer hätte eine bessere Leistung abgeliefert und das ist nicht übertrieben… Um anscheinend von seinem körperlichen und mentalen Zustand abzulenken, vollführte Dani dafür roboterhafte Tänze und Moves, die aus einem anderen Universum importiert schienen. Auch wenn er sich ab „Her ghost in the fog“ so langsam wieder diverse Texte ins Gedächtnis rufen konnte, stieg sein Aggressionspotential rapide an, so dass im Laufe des Konzertes Ventilatoren, teure Moving Lights, etc. in den Graben bzw. ins Publikum geworfen bzw. getreten wurden. Das traurige Ende markierte die Ansage zu „The principle of evil made flesh“, den Frontgnom Dani ankündigen wollte, wobei dann aber die Band geschlossen einige Songs zu früh von der Bühne flüchtete und Dani allein zurück ließ, welcher daraufhin Mikro und einen weiteren Ventilator gen Besuchermenge warf und ebenfalls seinen Dienst quittierte. In Kombination mit den ohnehin komplett nicht vorhandenen Showelementen wurde die Band bzw. Dani Filth keinesfalls der Co-Headliner Position gerecht und ließ sehr viele enttäuschte Fans zurück, die sich tierisch auf den Auftritt gefreut hatten, da die Engländer ja nicht alle Tage nach Slowenien kommen… sehr schade…
SPECTRE DRAGON
Die Westfalen holten dann die Thrash-Keule raus und versohlten den Festivalbesuchern gepflegt das Hinterteil. Mit einer energischen Show versuchte man die Meute trotz der herben Temperaturen zu motivieren, was auch verhältnismäßig gut gelang. Wer auf leicht deathigen Thrash Metal abfährt sollte diese Dampframme zukünftig nicht außer Acht lassen.
BLIND GUARDIAN
Obwohl BLIND GUARDIAN in Jugendzeiten einer meiner Lieblinge waren und jedem Konzert schon Wochen vorher entgegen gefiebert wurde, konnten mich die letzten Scheiben nicht mehr so mitreißen. Zudem haben sie meiner Meinung nach in der Vergangenheit auf den Bühnen dieser Welt etwas ihrer damaligen Magie verloren. So ging ich mit gemäßigter Erwartungshaltung an den Gig ran, welcher im nachhinein jedoch durchaus zu gefallen wusste. Zwar ist Frontbarde Hansi so wenig Entertainer wie Miss Beckham erotisch, doch konnte die nette Videoshow und eine gelungene Songauswahl (inkl. eines kaum erwarteten „Quest for Tanelorn“) jenes Manko halbwegs vertuschen. Auch wenn ich die alten Zeiten etwas vermisse, konnte man hervorragend auf die nun kommenden „Kings of Northern Darkness“ einstimmen.
IMMORTAL
Den Abschluss des 2007er Metalcamps bildeten dann Abbath und seine Mannen, welche von den Fans sehnlichst zurück erwartet wurden. Mit feistem Make-Up, knalligen Pyros und dem Uraltklassiker „The sun no longer rises“ enterte man die Bühne und die alten Zeiten waren zurück. Nicht ganz, denn im Gegensatz zu den weit zurückliegenden Shows war der Sound gut und die Band spielte tight und sehr motiviert. Insbesondere Abbath brillierte mit Wortwitz und unglaublichen Moves, wo selbst Detlev D. Soost anerkennend mit dem Kopf nicken würde. „The sons of northern darkness“, „Withstand the fall of time“, „Battles in the north“, das unvermeidliche „Blashyrkh“, etc. deckten die ganze Diskographie der Band ab und dürfen niemanden unzufrieden gen Zelt pilgern lassen. Zwar wird sich die true Gemeinde, ob der Selbsthuldigungsorgien Abbaths und seinem humorvoll-sympathischen Gehabe, angewidert weggedreht haben, um sich aber im nächsten Atemzug zu geißeln, da Fuß und Nacken dennoch weiter mitwippen…
Copyright Fotos: Sebastian Niehaus
Hinterlassen Sie einen Kommentar.
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.