Ort: Berlin - Wabe
Datum: 05.02.2005
Dem geneigten Leser, der geneigten Leserin (wieso sind die eigentlich immer geneigt? Können die nicht gerade stehen? ) sei als erstes mitgeteilt: Konzerte in „Kulturzentren“ beginnen pünktlich – zum Mitschreiben: p ü n k t l i c h. Das tun Rock-Konzerte in Berlin sonst NIE! Wirklich nicht! Ganz ehrlich. Soll heißen: Wir waren ZU SPÄT. Was nach sich zog, dass wir von der Vorband nur noch zwei Stücke erlauschen konnten.
Zu hören gab es da handgemachten Gitarrensoul mit stimmstarker Begleitung. Der Sänger Sandhy, aus Jakarta/ Indonesien stammend, war einige Zeit in den USA unterwegs, um dort den Soul zu lernen/ leben. Manche bezeichnen ihn als den indonesischen Ben Harper. Die Stimme: überwältigend und die ZuhörerInnen ob dessen schwer begeistert. Und wir waren wirklich traurig, so wenig gehört zu haben. Der Namen des zweiten Gitarristen liegt leider im Unklaren und muss aus diesem Grund an dieser Stelle verschwiegen werden. Sandhy Son d´oro, Sänger, Songschreiber und Designer, ist normalerweise allein als Künstler unterwegs. Forscht man ein wenig in seinen Umtrieben, stellt sich ein sehr löbliches Engagement im Ehrenamt heraus. Diverse Auftritte zugunsten der Flutopfer in Südostasien und UNICEF. Auch dafür: Hut ab! Sein erstes Album erscheint im Herbst 2005 – Namen merken: kaufen gehen! Das Publikum – vornehmlich weiblich, jung, ledig – war also schon angenehm eingestimmt durch diese Stimme im weich-rauhen Bassmembranbereich.
Dann: die Nebelmaschine, Wind kommt auf: Mary Poppins? Nein, der Mütter kleine Helfer! Begleitet von einem Intro, dass an die synthetische Musikbegleitung von 70-er Jahre-Action-Filmen erinnert, kommen Sänger Bob, Schlagzeuger Robbie, „Tastenspieler“ (Selbstbezichtigung) Mr. Paul Ballantine, Gitarrist Stefan und Bassist Kevin (nicht allein zu haus, aber meist allein in seiner Bühnen-Ecke) aus dem zwielichtigen Hintergrund und treten vor die wirklich schicke Projektion im Bühnengrund. Um gleich vorneweg mal in typisch deutscher Manier erst mal zu nörgeln: wenn die Band im Herbst auftritt, können sie sukzessive Laub mit dem Wind auf die Bühne blasen lassen. Soll heißen: die Effekthascherei mit Wind und Nebel war reichlich. Aber Jungs: Das habt ihr doch gar nicht nötig! Es ist ja nun nicht ansatzweise so, als ob da nicht musikalisch und von der Bühnenpräsenz her ein 1A professioneller Auftritt hingelegt wurde.
Neben den Töchtern der Mütter haben sich inzwischen echte Rocker ins Publikum verirrt. Groß sind sie, Vollbärte haben sie und dicke Bäuche. Zitat meiner Begleitung: „Ich dachte, die sind ausgestorben“. Das Intro ist vorbei, der erste Nebel verzieht sich und Sänger Bob erscheint. Die Zimmermannshose mit Glitzersteinen appliziert, gewandet im orangenen Wallehemd. Halblanges glattes Haar, das das jungenhafte Gesicht umschmeichelt und den Gesamteindruck vervollständigt, der die Herzen der Mädels höher schlagen lässt. Aber halten wir uns nicht lange mit den Äußerlichkeiten auf. Die Musik von MOTHER’S LITTLE HELPERS bewegt sich vom Balladig-weichen über Country-Songs bis hin zum guten alten Hardrock. Wenn es die Intention verlangt, klingt Südamerikanisches durch oder Interpreten wie DIRE STRAITS, ERIC CLAPTON oder JOE COCKER scheinen Pate gestanden zu haben. Erstaunlicherweise findet sich kein STONES Zitat, was sich bei dem Namen ja durchaus angeboten hätte.
Der Enthusiasmus der Bühneneffekte (wir erinnern uns: Wind, Nebel) trägt sich auch in den Stücken. Das Stück „mine mine mine“ zitiert mit musikalischen Ausflügen in den Funk Popgrößen wie MICHAEL JACKSON und prangert gleichzeitig sinnlose Habgier an; so wie überhaupt eine Tendenz zu politischer Korrektheit zu entnehmen ist, die sich damit beschäftigt, doch noch zu versuchen, die Welt ein Stück besser zu machen. Was im Jahrhundert von Konsum und Oberfläche ein löbliches Unterfangen darstellt. Klar, dass es zwischen SON D’ORO und MLH schon Zusammenarbeit gegeben hat. Beim bombastic-Sound von „Feeling Allright“ geht das Publikum voll ab. Bobs Stimme ist dabei gemessen an der eher zarten Statur erstaunlich kräftig, hat eine ausbaubare Bandbreite zu bieten und erinnert an einen frühen Clapton mit den YARDBIRDS. Bei Textstellen wie: „I give You everything“ entlockt sie Teilen des weiblichen Publikums euphorische Quietscher und Jauchzer. Auffallend ist auch, dass der Großteil der Fans (zumindest der in den ersten Reihen) sämtliche Texte auswendig kann und mitsingt. Soviel Einsatz wird hinterher mit Teilen der Bühnendeko (rote Plastik-Rosen) belohnt. (…und ich fast mit dem Stiel einer solchen erdolcht – da ist Metall drin, das kann gefährlich sein!)
Alles in allem zwei Stunden, zwanzig Stücken und vier Zugaben später wurden wir bestens unterhalten und das Konzert hat, trotz der eindeutigen Zielgruppe der unter 30-jährigen, großen Spaß gemacht. Wie zu hören war, ging der hinterher auf der record-release-Party in Friedrichshain noch bis in die frühen Morgenstunden weiter. Und falls noch Fragen zur Identität der Combo offen geblieben sein sollten, wurden die in Zugabe drei geklärt: Bob stellte 1 für allemal klar: „Wir würden gern eine Rock ’n’ Roll Band sein“ und gehen in guter alter „Rock-around-the-Clock“-Manier ab. Da bleibt nur zu sagen: weiter so, dann schafft ihr das. Und sogar mit Erfolg!
Setlist SON D´ORO
Waiting on
She’s the one I love
Shining Star
In the name of peace
Down on the street
That’s the way
Last dance
Forever my queen
Setlist MOTHER’S LITTLE HELPERS
Intro
Take a seat
St. Christopher
All the things
Mine mine mine
Feeling alright
The new one
Driving
Rainmaker
Travelling in time
Island burning
Follow me
Phoenix
Rip it out
I saw you
Sweet catastrophe
Light me up
Strange medicine
Hurricane city
Lift off
Time for free
Copyright Fotos: Lo Voelsen
Hinterlassen Sie einen Kommentar.
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.