Konzert Filter

MOTÖRHEAD – SAXON – DANKO JONES

Ort: Lingen - Emslandhallen

Datum: 29.11.2008

Gleich eine doppelte Premiere stand heute für die Abordnung des Terrorverlags auf dem Zettel: Das erste Konzert in den Lingener Emslandhallen und dann gleich mit dem alten Recken Lemmy Kilmister und seinen Mitstreitern von MOTÖRHEAD! Mit von der Partie waren außerdem die Landsleute SAXON und aus Kanada DANKO JONES. Volle Breitseite war also angesagt in der Emslandmetropole, wo sich knapp 3.000 Oldschool-Heavys in der eher schmucklosen Mehrzweckhalle eingefunden hatten, um entweder ordentlich dem Bier und Cola-Korn zuzusprechen oder sich mal wieder richtig die Ohren durchpusten zu lassen.

Die erste Gelegenheit dazu bot sich pünktlich um 20 Uhr, als es mit dem „Übersee-Trio“ auf noch reduzierter Bühne losging. Sänger und Gitarrist Danko Jones, Bassist John Calabrese und Drummer Dan Cornelius waren an diesem Abend ja so etwas wie die Jungspunde der Veranstaltung, obwohl es die ganz in schwarz gekleidete Combo bereits seit 1996 gibt. Auf fünf Alben können die Herrschaften bereits zurückblicken und aus denen hatten sie auch ein ebenso buntes wie knackiges Potpourri zusammengestellt. Den Anfang machte „Code of The Road“ vom aktuellen Silberling, mit dem die Kanadier gleich einen fetten Start hinlegten. Wie gewohnt, zog Mr. Jones seine großkotzige Show ab, die immer mal wieder leicht anzüglich wurde, allerdings auf eine Art und Weise, die deutlich machte, dass es im Grunde nicht ernst gemeint war. Im Vordergrund stand in jedem Fall der treibende Garagenrock, zu dem die versoffene Stimme des Fronters ganz hervorragend passte. Das fanden auch die Anwesenden, welche die Mucke standesgemäß abfeierten. Zwischendrin bewies Danko gern mal, welche Fertigkeiten er mit seiner Zunge vollführen kann, wozu ein Song über Oralsex natürlich bestens passte. Wobei das Zungenspiel schnell klar stellte, wer hier wie gefragt war, bevor es mit „Lovercall“ und viel Bass wieder in die Vollen ging. Nach 45 Minuten und einer Aufzählung der wichtigsten bereits verstorbenen Rockstars (inkl. JAMES BROWN, JOHNNY CASH, CLIFF BURTON!) beendeten DANKO JONES ihren wunderbar dreckigen Gig mit „Sex Change Shake“ vom ersten Longplayer „I’m Alive And On Fire“ aus 2001. Für meinen Geschmack hätte der flotte Dreier ruhig noch ein paar Songs spielen dürfen, schließlich hätte beispielsweise der Titeltrack „Never Too Loud“ vom 2008er Werk allein wegen des Namens gut ins Bild gepasst. Auch das Publikum hätte gern noch mehr von DANKO JONES gehört, wie die zahlreichen Zugaberufe erahnen ließen. Da hatte Mr. Jones wohl recht, als er fragte, ob das Publikum Rock ’N’ Roll oder Songwriter-Kram hören wolle, bevor er mit „First Date“ zur Freude des Auditoriums losrockte, das dann auch gleich bereitwillig den Refrain mitsang.

Setlist DANKO JONES
Code of The Road
Samuel Sin
Play The Blues
Sticky Situation
Baby Hates Me
First Date
Sugar Chocolate
Sugar High
Lovercall
Cadillac
Sex Change Shake

Kaum 20 Minuten später war es Zeit für die britische NWOBHM-Legende SAXON, die immerhin seit dem Jahre 1976 zusammen musiziert. Neben den ungleich erfolgreicheren IRON MAIDEN sicherlich DAS Aushängeschild in Sachen Metal von der Insel. Die 5 Herren (von denen mit Sänger-Urgestein Biff Byford und Gitarrist Paul Quinn immerhin 2 Gründungsmitglieder an Bord sind) durften nun schon einen recht ansehnlichen Bühnenplatz für ihre Aktivitäten verbraten. Inklusive 2 Bannern und einem opulenten Schlagzeug. Das Licht war auch überaus opulent, fast schon übertrieben grell wurde die „Seniorentruppe“ von blauen und roten Lichtblitzen in Szene gesetzt. Dass man es musikalisch immer noch richtig krachen lassen kann, bewies man mit den beiden Openern „Motorcycle Man“ (passend zu den vielen anwesenden Bikern) und „Feel Your Power“. Danach durfte sich das Publikum einen Titel aussuchen und entgegen der geplanten Setlist wurde nun „Wheels of Steel“ mit viel Schmackes ins weite Rund gebrettert. Wenngleich Biff im Jahre 2008 keine wilde Bühnen Action mehr vollführt, so ist doch seine Stimme immer noch über jeden Zweifel erhaben und die Saitenfraktion poste, was die alten Knochen hergaben. Im Januar 2009 wird das neue Album mit dem Titel „Into the Labyrinth“ erscheinen und als Vorgeschmack gab es den „slow song“ „Hellcat“ auf die Ohren, der natürlich alles war – nur nicht langsam. Auch in punkto Songwriting gibt man sich immer noch versiert, ebenso wie MOTÖRHEAD brauchen sich die neuen Kompositionen vor den Klassikern nicht zu verstecken. Da man zum Abschluss des ca. 55 minütigen Gigs noch etwas Zeit hatte, wurde (laut Band) erstmals auf dieser Tour noch das speedige „20.000 Ft“ drangehängt und auch wenn man in Punkto Unterhaltungsfaktor nicht ganz den guten DANKO erreichen konnte, hatte man die niedersächsische Rock-Gemeinde keineswegs enttäuscht. Im Frühjahr 2009 dann wieder auf eigener Headliner Tour in Europa!

Setlist SAXON (ohne Gewähr!)
Motorcycle Man
Feel Your Power
Wheels of Steel
Live To Rock
Heavy Metal Thunder
Witchfinder General
Denim and Leather
Hellcat
Princess of the Night
747 (Strangers in the Night)
Crusaders
20.000 Ft

Nach einer weiteren Umbaupause von einer knappen halben Stunde (ein Lob an die Stagehands!) war es dann endlich so weit: Lemmy stellte unmissverständlich klar: „We are MOTÖRHEAD and we play Rock ’n’ Roll!“. Darauf hatte die Meute ganz offensichtlich gewartet, denn es fanden noch etliche den Weg von der Theke in die eigentliche Halle und folgten jetzt dem Geschehen auf der Stage. So recht in Fahrt kamen die Emsländer dabei irgendwie nicht. Keine Ahnung, ob vielleicht schon zu viel Alkohol im Spiel war oder wildes Abgehen zu MOTÖRHEAD inzwischen uncool ist. Dabei wurde auf und neben der Bühne durchaus was geboten! Rechts und links waren extra noch zwei Leinwände aufgebaut worden, auf denen man zunächst Songtitel und Albumcover sehen konnte, später wurden hier auch Aufnahmen vom Bühnengeschehen gezeigt. So konnte ich auch der reich verzierten Stiefel ansichtig werden, die Herr Kilmister zur knall engen Hose trug, während Kollege „Wizzo“ Campbell an den sechs Saiten mit einer Leder-Schlaghose unterwegs war. Das Outfit spielte bei den Herren aus England allerdings eine eher untergeordnete Rolle. Auf dem Programm stand für die nächsten 95 Minuten satter Rock ’N’ Roll, der es krachen ließ. Eigentlich könnte sich Lemmy mit seinen 63 Lenzen aufs Altenteil zurückziehen, aber wenn man ihn so auf der Bühne agieren sieht, macht er nicht den Eindruck, als sollte es das nach 33 Jahren mit MOTÖRHEAD gewesen sein. Schließlich gibt dem Mann mit dem imposanten Kinnbackenbart und den Warzen (Pardon: Mister L. spricht von Leberflecken!) auch ganz einfach der Erfolg Recht, denn gerade in den letzten Jahren gehen die MOTÖRHEAD-Alben weg wie warme Semmeln (die letzten drei Langrillen sind hierzulande alle bis in die Top Ten geklettert) und wer derartige Drogen- und Alkoholexzesse wie Lemmy aushält, der kann auch weiter auf den Bühnenbrettern stehen und mit seinem rauen Gesang und schnellen Rockstil zwischen Punk und Hardrock begeistern. Das taten Lemmy, Wizzo und Mikkey Dee dann auch bereits mit der ersten Nummer „Iron Fist“ von der gleichnamigen Platte aus 1982. Dass die Engländer ihrem Stil über die Jahre treu geblieben sind, zeigten sie mit „Rock Out“ vom im August erschienenen „Motörizer“ – immerhin das 20. Studioalbum! Das folgende „Metropolis“ war hingegen den älteren Zuschauern gewidmet, wer die dazugehörige Scheibe im Jahr der Veröffentlichung kaufen wollte, musste schon 1979 das Licht der Welt erblickt haben und selbst dann wären es wohl eher die Eltern gewesen, die ihren Säugling mit MOTÖRHEAD beschallt hätten. Auffallend war jedoch, dass das (überwiegend männliche) Publikum alterstechnisch recht gemischt war. Offensichtlich gibt es jede Menge nachwachsende Fans – genauso wie langjährige Weggefährten, die für dieses Konzert ihr MOTÖRHEAD-T-Shirt und ihre Kutte wieder aus dem Schrank geholt haben. Nicht fehlen durfte natürlich der Lautstärketest, schließlich fragt Wizzo traditionell, ob’s laut genug ist und nun wollten auch MOTÖRHEAD wissen, wo die Fans am meisten Lärm machen können. Ich nehme an, dass Lingen nicht auf dem ersten Platz rangiert, aber das Auditorium hat sich redlich bemüht. Das eingängige und mit schweren Gitarren bepackte „One Night Stand“ hat erst zwei Jahre auf dem Buckel, ganz anders „I Got Mine“, welches bereits 1983 auf „Another Perfect Day“ veröffentlicht wurde. Zu einem Zeitpunkt, wie Lemmy bemerkte, zu dem viele vor Ort noch nicht mal geboren waren. Als nächstes war jedoch erst einmal die Stunde von Wizzo gekommen, der sich selbst vermittels seines Gitarrengurtes als „Welsh Wanker“ („walisischer Wichser“) zu erkennen gab: Der Gute, der mit seinen 47 Jahren nahezu blutjung ist, aber auch schon sein 25-jähriges Dienstjubiläum bei MOTÖRHEAD feiern konnte, legte im Dunkeln ein feines Gitarrensolo hin, bevor es mit „The Thousand Names of God“ einen weiteren „Motörizer“-Track auf die Ohren gab, der ohne Übertreibung als ziemlich fett und cool bezeichnet werden kann. Die Lightshow mit ihren Lichtblitzen zum schnellen „Civil War“ aus 1996 tat ein Übriges, um die Stimmung perfekt zu machen, so dass sich „Just ’Cos You Got The Power” und „A Perfect Day“ mit krachenden Langäxten nahtlos anschließen konnten. Als nächstes sollten Nebelfontänen rechts und links des Drumkits aufsteigen und ein fulminantes Schlagzeugsolo einläuten. Besonders tricky war dabei die Kameraeinstellung oberhalb von Mikkey Dee, die es erlaubte, hautnah dabei zu sein, wenn der begnadete Trommler auf seine Felle eindrosch. Zwischenzeitlich wurden diese Bilder auch mal von grünen, zuckenden Blitzen abgelöst, bevor noch mal Nebelsäulen aufstiegen und die gelungenen Darbietung mit viel Applaus belohnt wurde. Nach Rauch und Nebel setzte bei „Going To Brazil“ (1991 auf „1916“ erschienen) ein wahres Lichtgewitter ein, um wenig später von Lemmys Windmaschine abgelöst zu werden. Die Jungs gaben auf der Stage noch mal alles und Nummern wie die Klassiker „Killed By Death“ und „Bomber“ gingen noch mal durch und durch. Damit beendete das energiegeladene Trio nach 75 Minuten das reguläre Set, kehrte jedoch zu einer packenden Zugabe nochmals zurück.

Dafür verließ Mikkey, der seit 1992 bei MOTÖRHEAD die Drumsticks schwingt, seine Schießbude und nahm mit einer Akustikgitarre und einer Fußtrommel bewaffnet vorn auf der Bühne Platz. Hier hatte es sich auch bereits Wizzo mit einer Klampfe gemütlich gemacht, während Lemmy weiterhin im Stehen agierte. Auf dem Programm stand der „Whorehouse Blues“, der absolut zu gefallen wusste und bei dem Mister Kilmister auch schon mal zur Mundharmonika griff, bevor „Ace of Spades“ endlich auch den letzten Emsländer aufwachen ließ. Mit dem Lied gelang MOTÖRHEAD 1980 der internationale Durchbruch und bis heute ist es wohl die Band-Hymne schlechthin. Zu guter Letzt gab es dann mit „Overkill“ noch einen alten Highspeed-Stomper auf die Ohren, bevor die Fans kurz vor Mitternacht in die Nacht verabschiedet wurden.

Was MOTÖRHEAD da produzieren, muss man wohl neidlos als absolut zeitlos anerkennen. Die alten Tracks sind keineswegs angestaubt oder in die Jahre gekommen, während sich die neuen Sachen stilistisch nahtlos anschließen. Schön, dass die alten Haudegen dabei auch über den Tellerrand schauen und eine Band wie DANKO JONES mit auf Tour nehmen. SAXON sind ja durchaus alte Begleiter, die schon vor Jahrzehnten mit dabei waren, wenngleich auch deren Sound in eine etwas andere Richtung geht. Alles in allem ein gediegener Abend härterer Gangart!

Setlist MOTÖRHEAD
Iron Fist
Stay Clean
Be My Baby
Rock Out
Metropolis
Over The Top
One Night Stand
I Got Mine
Guitar Solo
The Thousand Names Of God
Civil War
Another Perfect Day
Just ‚Cos You Got The Power
In The Name of Tragedy
Drum Solo
Going To Brazil
Killed By Death
Bomber

Whorehouse Blues
Ace of Spades
Overkill

Copyright Fotos: Karsten Thurau

Es ist noch kein Kommentar vorhanden.

Hinterlassen Sie einen Kommentar.

Mehr zu DANKO JONES auf terrorverlag.com

Mehr zu MOTÖRHEAD auf terrorverlag.com

Mehr zu SAXON auf terrorverlag.com