Ort: Saarbrücken - Grossrosseln
Datum: 28.04.2006 - 30.04.2006
Freitag, 28.04.06
Einfach mal so 863 km zu einem Festival fahren, ist schon etwas ungewöhnlich. Aber was tut man nicht gerne für die Musik, die man liebt und die Band, die man verehrt. In meinem Falle DIARY OF DREAMS. Nach Bekanntgabe der zwei einzigen Tourdaten in diesem Jahr stand schnell fest, dass ich bei beiden Auftritten dabei sein musste, um die Entzugserscheinungen gering zu halten. Der Termin MYSTIC-FESTIVAL in Großrosseln bei Saarbrücken wurde somit lang und gut geplant, und am 28.04. war es endlich soweit. Die Reise ging von Nordosten nach Südwesten, vorbei an Hamburg, Hannover, Kassel, Frankfurt, Kaiserslautern, Saarbrücken und einer winzigen Fahrt durch Frankreich in das idyllische Örtchen Grossrosseln. Nach einem kurzen Stop im Hotel machten wir uns auf in Richtung Festivalgelände, welches auch recht gut mit Plakaten ausgeschildert war. Die erste Überraschung war der riesige Kohleschutt-Parkplatz, der sich gleichzeitig als Zeltplatz entpuppte. So mussten wir nur auf dem schwarzen Untergrund parken, aber andere ihre Nächte im Zelt dort verbringen, was man einigen Besuchern während der Zeit auch hin und wieder an Händen und Kleidung ansah. Passte aber gut zum Motto „Schwarz“…
Die wenigen Zelte und Autos wirkten etwas verloren, aber das konnte ja auch an dem Anreisetag liegen. Das Festivalgelände selbst lag einige hundert Meter vom Parkplatz entfernt auf der anderen Straßenseite. Der kürzeste Weg führte über eine Leitplanke, die von sämtlichen Anwesenden gern überklettert wurde. Ebenso riesig wie der Parkplatz eröffnete sich die Fläche für den Markt mit nur wenigen, etwas einsam wirkenden Verkaufsständen. Unten im ehemaligen Schacht eingebettet befanden sich die Bühne, Getränke- und Essenstände. Die Getränkeauswahl sowie die Preise boten keine Mängel, dafür war das Nahrungsangebot begrenzt. Der Verzehrbon, den man für 20 Euro erwerben musste, entpuppte sich als recht praktisch, und man gewöhnte sich schnell an den bargeldlosen Einkauf. IRIS und LACRIMAS PROFUNDERE hatten wir durch unseren langen Anreiseweg leider verpasst, somit spielte für uns als erstes die Berliner Band THE OCEAN. Mit einer Mischung aus Doom- Death- und Thrash-Metal, aggressiven Gitarren und tiefen Shouts sowie Growls stellte die Band hauptsächlich Songs aus ihrem aktuellen Album „Aeolian“ vor. Zum wütend aggressiven und brachialen Sound konnte man in den ersten Reihen bereits heftige Bewegung erkennen, was die Spielfreude der Berliner noch steigerte. Die Stimmung war gut, und die Sonne tat ihr übriges, so konnten doch alle in luftiger Kleidung pogen, tanzen und bangen.
Mehr Besucher fanden sich ein, als nach kurzer Umbaupause DIE APOKALYPTISCHEN REITER die Bühne betraten. Die Thüringer um Fuchs, Skelleton, Dr. Pest und Volk-Man sah ich zum ersten Mal live. Eine recht ungewöhnliche Metal-Formation, die das gesamte Feld vom harten Metal-Brett bis zum melodischem Klargesang vereint. So hatten sich auch einige Fans, die sich bekannterweise „Reiter-Maniacs“ nennen, versammelt und brüllten und sangen die Texte zu „Barmherzigkeit“ und besonders bei „Wahnsinn“ mit. Mitreißend und absolut überzeugend konnte der barfüssige Sänger Fuchs alte und garantiert auch neue Fans bewegen. Die Interaktion mit dem Publikum war grandios und hob die Stimmung. So wurde viel erzählt, mit den ersten Reihen geflirtet und gescherzt. Zum Song „Die Sonne scheint“ wurden zwei Mädels auf die Bühne geholt, mit denen die Band ihren Unfug trieben, Dr. Pest holte sein Peitsche raus und Fuchs hob eine Dame auf seine Schultern. Ich bin mir aber sicher, den beiden hat es gefallen… Alle Mittelalter-Rockfans wurden mit „Terra Nola“ und „Du kleiner Wicht“ vom Album „Have a nice Trip“ bestens bedient. Auch das hymnische und härtere „We will never die“ wurde abgefeiert, und Fuchs forderte das Publikum zum Mitsingen auf, dabei turnte er weit oben auf den Lautsprechern rum. Die fetten Riffs und melodischen Keys machten Lust auf mehr und es folgten „Erhelle meine Seele“ und „Metal never dies“. DIE APOKALYPTISCHEN REITER haben die Besucher des Mystic-Festivals aufgeweckt, Spaß verbreitet und konnten auf ganzer Linie überzeugen.
Zum Sonnenuntergang begannen XANDRIA ihr Set, und so langsam wurde es immer kühler. Etwas schlechter organisiert war dieser Auftritt, so wurde erst viel später die Setlist auf die Bühne gebracht, und die Band wusste teilweise nicht, welcher Song als nächstes auf dem Programm stand. Das alles meisterte die Gothic-Metal-Formation um Sängerin Lisa recht gut und mit Humor. Die eingängigen Refrains der bekanntesten Hits wie „Kill the Sun“, „Ravenheart“ und „Eversleeping“ kamen beim Publikum besonders gut an, und auf ständige Aufforderung von Lisa, wurden viele Arme weit in die Luft gestreckt. Besonders beeindruckend fand ich die tiefen Growls von ihr im Titel „Snow-White“, aber auch „Black Flame“ verbreitete eine schöne Stimmung. Drummer Gerit feierte an diesem Tag seinen Geburtstag und bekam feierlich eine Torte überreicht, dazu ein Ständchen seiner Kollegen unter dem Beifall der Zuschauer. XANDRIA gehörten noch nie zu meinen Favoriten, aber der Auftritt wurde souverän durchgezogen. Zum Ende des Gigs waren es nur noch 2 Grad, und wer nicht zittern wollte, musste sich bewegen.
Mit etwas Verspätung begann der Headliner DE/VISION um 22.00 Uhr mit entsprechender Ankündigung vom Veranstalter. Zum Intro von „E-Shock“ betraten ein warm angezogener Thomas, Live-Drummer/ Live Gitarrist und zuletzt Steffen die Bühne. Steffen wieder mit seinem Cap und auffallend guter Laune. Durch die gerade beendete „Subkutan-Tour“ konnte man schöne Vergleiche ziehen. Mit „Drifting Sideways“ wurde gleich ein tanzbares Stück aufgefahren, zu dem Steffen richtig abging, und hinter und neben mir wurde fleißig der Text mitgesungen. In den Songpausen konnte man wieder störende Rufe wie „Cuba, Cuba…“ „Rügen“ oder auch „Bensheim“ hören. Anscheinend sind es immer die gleichen Leute, die das für witzig halten. Steffen – eben selbst aus Bensheim – fragte jedenfalls ganz cool nach und ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. „Foreigner“, „Try to Forget“ und „I regret“ wurden gnadenlos abgetanzt und mitgegrölt. Diese Songs wirken einfach immer. Eher ruhiger ging es bei „I’m not enough“ und „The End“ zu. Das kennt man ebenfalls von DE/VISION und nutzte die Zeit zum chillen und genießen. Wirklich genießen konnte man die wunderschöne Lichtshow in der bereits rabenschwarzen Nacht. Leider ließ uns die Kälte nicht bis zum Ende der Show durchhalten, und schweren Herzens machten wir uns auf den Rückweg zum Hotel, wo wir den Sound noch lange durch die klare Nacht verfolgen konnten. Der erste Festival-Tag ging mit einer heißen Dusche, Tütensuppe und vorsorglicher Vitamin-C-Versorgung, sowie einem mitleidvollen Gedanken an alle hartgesottenen Zelter zu Ende.
Samstag, 29.04.06
Nach einem ausgiebigen Frühstück und Stichproben auf dem Balkon des Hotels entschieden wir uns erst zum Auftritt von HEILAND wieder zum Festival-Gelände zurückzukehren, da es wieder recht kalt war. Mit mehreren Lagen bekleidet hofften wir am Haupttag des Festivals auf viel mehr Besucher und vor allem auf weitere Verkaufsstände. Leider gab es die angekündigte Shopping-Meile nicht. Noch immer zierten etwa 12 Stände weiträumig den riesigen Platz. Auch alle anderen Besucher hatten sich in warme Mäntel und Jacken gehüllt und schlürften heißen Honig-Met, den es zum Sonderpreis gab. HEILAND spielten bereits, als wir die Bühne erreichten. Es schien, als ob viele neugierig auf die Newcomer-Band waren, deren Clip momentan bei VIVA rotiert. Mit sympathischer Optik passte das Duo auch gut ins Gesamtbild, jedoch konnten der süßliche Gothic-Pop mit klischeehaftem Wechselgesang durch Nicole Heiland und Martin Otto (mich) nicht überzeugen. Beides ausgebildete Musiker mit Erfahrung, jedoch klangen die Texte naiv, irgendwie unehrlich, teilweise sogar lächerlich und der Sound glattgebügelt. Ob „Schuld“ oder „Regen“ von der aktuellen MCD, kein Song war innovativ oder überzeugend.
Sein Bühnendebüt mit dem Projekt SONGS OF LEMURIA sollte NIK PAGE im Anschluss an HEILAND geben. Sängerin Michaela Laubach, Cellist Michael Kreyer und Konzertpianistin Corinna Söller ließen die ersten Töne der DEPECHE MODE-Coverversion von „Shake the Disease“ erklingen und lockten mit den bekannten Klänge viele Zuschauer an die Bühne. Nach Ausklingen des ersten Songs betrat Nik Page (Ex-BLIND PASSENGERS) die Bühne. SONGS OF LEMURIA präsentiert DEPECHE MODE-Titel im klassischen Gewand und gilt als Tribut an die Helden aus Pages Jugend. So folgten „Judas“, „Freelove“, „It doesn´t matter two” und “Waiting for the Night” in einem ungewohnt ruhigen Gewand, umrahmt von warmer Instrumentierung, welche leider nur einen Höflichkeitsbeifall der Zuschauer erzielen konnte. Die Enttäuschung war Nik Page und Sängerin Michaela deutlich anzusehen, und so wurden sie zusehends lustloser. Der kalte, zugige Wind überall machte die Sache nicht angenehmer.
Gegen 17.20 Uhr ging dann wieder die Post auf der üppig ausgestatteten Bühne ab. WELLE:ERDBALL strahlten eine neue Sendung aus, die mit „Schaufensterpuppen“ begann. Nach einer zünftigen Begrüßung „Wunderschönen Guten Abend meine Damen und Herren, Sie hören Welle:Erdball“, folgte „Wir wollen keine Menschen sein“. Die Lautstärke schien in den hinteren Reihen nicht optimal gewesen zu sein, so waren vermehrt „Lauter, Lauter-Schreie“ zu vernehmen, doch es änderte sich nichts am Ton. Das schadete der Stimmung jedoch nicht im geringsten, im Gegenteil, für diesen Tag erreichte sie ihren Höhepunkt. Auch zwei Songs des kommenden Albums „Chaos Total“ wurden vorgestellt „Graf“ und „Kneif mich“. Die anmutigen Frl. Venus und Frl. Plastique tanzten und spielten graziös ihre Instrumente. Nach „Schweben, fliegen und fallen“ und den obligatorischen Luftballons im Publikum, diesmal im neuen Design, traten alle Bandmitglieder nach vorn, und Honey kündigte die Geburtstagsfeier W:Es an, die jedes Jahr im April stattfindet. Plötzlich stimmte jemand im Publikum „Happy Birthday“ an und alle sangen mit, was Honey sichtlich berührte. Die Band prostete sich mit Sekt zu und weiter ging es mit „8 Bit Märchenland“ von beiden Damen vorgetragen. Die Klassiker „Starfighter F-104G“ mit selbstgebastelten Papierfliegern in der Luft, „23“ und „Arbeit adelt“ beendeten viel zu früh das geniale Set. Die Zuschauer hatten sich warmgetanzt und verlangten lauthals eine Zugabe, die wahrscheinlich wegen des engen Zeitplans nicht gewährt werden konnte.
Doch wer dachte, der Auftritt könnte nicht mehr gesteigert werden, wurde durch den Grafen von UNHEILIG eines Besseren belehrt. Die Bühne war mit riesigen Kerzenhaltern, weißen Kerzen und einer Wanduhr ausgestattet und die Sonne strahlte aus dem Hintergrund und tauchte alles in ein wunderbar warmes Licht. Der Graf betrat im feinen Zwirn und weißem Hemd die Bühne und lieferte eine gnadenlose und ausdrucksstarke Show. Dieser Ausdruck, die Gestik und natürlich die starken Songs fesselten die Zuschauer. Angefangen bei „Freiheit“, über „Auf zum Mond“ bis hin zu „Maschine“ gab die Band alles. Aber auch das Publikum zog mit: Sang, klatschte und tanzte. Zur wunderschönen, melancholischen Ballade „Astronaut“ um mich herum nur zufriedene Gesichter. Der Graf hatte alle fest im Griff. Nach „Schutzengel“ und dem Überflieger-Hit aus der Anfangszeit „Sage Ja“, sah man ein Meer aus Armen und tanzenden Menschen. UNHEILIG konnten mit diesem Auftritt sicherlich einige neue Fans ihr Eigen zählen!
Und wer sich danach ausruhen wollte, kannte DIE LETZE INSTANZ noch nicht. Die Dresdner traten als Co-Headliner auf, was für mich bis dato unverständlich war. An mir ist diese Band nämlich bisher vorbeigegangen. Aber die von Anfang an geniale Stimmung war so mitreißend, dass man spätestens beim Song „Das schönste Lied der Welt“ mitsang. Das Publikum schien restlos begeistert, und die INSTANZ hatte zweifellos einige Fans mitgebracht. Mit viel Emotionen sang und sprach Sänger Holly die melodischen und energiegeladenen Songs, ein Stilmix aus Folk, Klassik, Metal und elektronischen Elementen. „Singt Hallelujah“ und „Nimm mich“ folgten, und besonders Violinenspieler M. Stolz und Cellist Benni Cellini überzeugten mit ihrer Inbrunst und Spielfreude. Nach „Tanz“ und „Medusa“ war auch den letzten Zuschauern warm und „Das Stimmlein“ schien wirklich jeder zu kennen und abzufeiern, teilweise unterstützte Gitarrist Holly D. bei den Gesangsparts. Mittlerweile war es auch richtig voll und eng auf dem Festivalgelände. Nach dem letzten Song „Mein Todestag“ verließen die Jungs die Bühne, um kurze Zeit später durch Zugabe-Rufe wieder die Bühne zurückzukehren. Doch Holly stellte eine Bedingung: Alle sollten sich hinsetzen! Verdutzte Blicke und teilweise hockten auch schon einige Kenner auf dem Boden und warteten gespannt auf die Interpretation des 80iger Hits von CAMOUFLAGE „Love is a Shield“. Die gesamte Band saß ebenfalls auf der Bühne und freute sich über die ihnen zu Füssen hockenden Zuschauer. Gemeinsam wurde in der „Wohnzimmeratmosphäre“ gesungen. Nach frenetischem Applaus tanzten alle zum folkigen „Rapunzel“, welches der wirklich letzte Song der LETZTEN INSTANZ an diesem Abend war. Mit der Frage: „Ist Euch kalt?“ wurde schnell auf die am Merchandise-Stand erhältlichen Jacken hingewiesen, und die Musik vom Band erklang. Gewusel vor und auf der Bühne deutete auf den baldigen Beginn des Samstag-Headliners DIARY OF DREAMS hin, die leider einige technische Probleme vor Start des Sets hatten. Gegen 22.00 Uhr war es dann endlich soweit. Nach Beam, Gaun:A und Torben Wendt (DIORAMA) betrat in dichten Nebel gehüllt Adrian Hates die Bühne und versetzte das Publikum in eine sekundenlange Starre. Der erste Song war „Charma Sleeper“, mit ruhigen und melancholischen Parts, gefolgt vom 2000er Album „One of 18 Angels“ das intensive „Chemicals“, welches auch im Publikum bekannter schien. Harte Gitarreneinsätze und aggressive Vocals eröffneten „Menschfeind“. Eindringlich und erdrückend folgte „The Witching Hour“, Torben und Gaun:A unterstützten hin und wieder beim Gesang, und Adrian fegte über die Bühne. Kurzzeitig gab es nochmals Probleme mit Gaun:As Gitarre, welche aber schnell behoben wurde. Tanzbarer und mit wahnsinnig tiefer Stimme ging es mit „She“ weiter, wo nun endlich auch verhaltene Bewegung bei den Zuschauern aufkam. Entweder waren die Leute so beeindruckt oder etwas müde von den vorherigen Bands. Voller Freude vernahm ich die Takte zu „Treibsand“, einem Song, den ich vorher noch nie live gehört hatte. Schnelle Beats und ein wunderschöner Refrain zum Träumen zeichnen diesen Titel aus. Abwechslungsreich wurden für alte und neue Fans hauptsächlich schnellere Stücke geboten wie „But the Wind was stronger“, „Giftraum“ oder „O Brother Sleep“. Nach den zwei Tanzflächenfüllern „Soul Stripper“ und „The Curse“ und einer mittlerweile recht guten Stimmung war das reguläre Set auch schon beendet. Einige Zugabe-Rufe bewirkten jedoch noch einen Nachschlag, und Adrian betrat mit offenem Haar die Bühne, um den Clubhit „Butterfly:Dance“ und das immer wieder sagenhaft schöne „Traumtänzer“ vorzutragen. Letzteres in Begleitung von Torben Wendts perfekten Piano-Klängen. Überwältigt und tief berührt von der eingefangenen Melancholie und Stimmung war dann plötzlich alles vorbei. Mit der Erkenntnis kam auch die Kälte zurück und ließ uns zitternd den Rückweg zum Hotel antreten. Was für ein Tag…
Sonntag, 30.04.06
Völlig unausgeschlafen und gedrängt von der vorgegebenen Auscheckzeit (11.00 Uhr) verließen wir das Hotel bei wunderbarem Sonnenschein und milden Temperaturen. Bis zum Beginn der ersten Band war noch viel Zeit, die wir mit der Besichtung einer nahegelegenen hübschen Kirche, einem Mini-Frankreich-Trip und einem Ausflug zur Völklinger Hütte, einem stillgelegtem Eisenwerk, der Ikone der Industrie-Kultur, welches heute zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt, verbrachten. Ein lohnenswerter Ausflug mit einzigartigen An- und Ausblicken!
Pünktlich zur ersten Band ETERNAL NIGHTMARE erreichten wir das Festivalgelände. Nur wenige hatten sich bereits vor der Bühne eingefunden, um dem Electrosound mit EBM und Punkeinflüssen zu lauschen. Songs wie „I’ll die for you“, „Wake up“ und „Voices“ brachten nur ein paar Leute zum Pogen, wobei Sänger Nils munter mitmischte. Alles in allem wirkte es recht improvisiert und unvorbereitet.
Nach kurzem Applaus und Umbaupause wurde das Publikum mobil, als die Norweger MIDNATTSOL auftraten. Ein Blickfang für die männlichen Festivalbesucher: Sängerin Carmen Elise Espenaes, die kleine Schwester von Liv Kristine (LEAVES EYES) in einem weißen langen Lackkleid und langer blonder Mähne, sowie die ihr sehr ähnlich sehende Bassistin Birigt Öllbrunner machten schon Eindruck, bevor überhaupt ein Ton zu vernehmen war. Nordic Folk Metal nennt sich der Stil des Sextetts, welches die Mythen und den Zauber der skandinavischen Natur in ihre Musik einfließen lässt. Mit „Another Return“ und “Unpayable Silence”, Melancholie und Schrammelgitarren verbreitete sich bereits eine gute Stimmung. Sängerin Carmen konnte trotz einer starken Erkältung eine engelsgleiche Stimme vorweisen und ließ sich auch das Mähneschütteln nicht nehmen, welches ein beeindruckendes Schauspiel darstellte. Insgesamt punktete die Band durch ihr frisches und sympathisches Auftreten. Mit „Tapt av hap“ funkte es heftig zwischen Publikum und Bühne, und so gaben MIDNATTSOL erfreut eine Zugabe. Sie bedankten sich beim großartigen Publikum mit den Schlussworten: „…und trinkt viel Bier“!
Von der Paganfolkgruppe FAUN aus München sahen wir uns nur den Anfang an. Eine mit Pflanzen geschmückte Bühne, die 5 Bandmitglieder plus einige Instrumente waren Teil der Show. Balladen und Tanzlieder wechselten sich ab, immer naturverbunden, zu teilweise historische Klängen. Da die Kälte aber zunahm, mussten wir zum Parkplatz zurück, um einige Lagen Klamotten überzuziehen. Da sahen es schon von weitem: Unser Auto war total zugeparkt, von allen Seiten. Die Security versicherte uns aber, dass wir am Abend wegfahren könnten, so dass wir uns mit einem mulmigen Gefühl auf den Rückweg zum Gelände machten. Dort wurden auch schon kräftig die Nummernschilder der Übeltäter per Mikrofon durchgesagt.
Nach kurzer Stärkung und heißen Getränken begann gegen 17.20 Uhr die Band REGICIDE ihr Set. Das aktuelle Album „Break the Silence“ ist momentan in jeder Munde, und somit war ich bereits sehr gespannt auf die Oldenburger Formation. Schöne Melodien, E-Gitarren, klassische Instrumente und feine Arrangements, dazu die tiefe männliche Stimme von Timo Südhoff und der weibliche Gesang von Frauke Richter, so wurde die Bühne gerockt. Treibend, mitreißend und individuell genossen wohl alle ihren Auftritt. Das Septett hatte es drauf und konnte auf ganzer Linie überzeugen. Hin und wieder regnete es ein wenig, und viele standen warm angezogen und mit Schirm auf dem Gelände. Das drückte leider die Stimmung, und man sah einigen die anstrengenden Tage an Outfit und Gesichtsausdruck an.
Doch die Freude an der Musik und der Spaß bei den ersten Klängen der Gothic/ Doom-Metal-Combo END OF GREEN siegten. Deren Sound klingt wie eine Mischung aus TYPE O NEGATIVE und HIM, nur sehr viel dunkler. Die Stuttgarter beglückten die Zuschauer mit Songs wie „Dead and Hero“, “No Coming Home” und “Speed my Drug” vom letzten Album “Dead End Dreaming”, die mit großer Stimmgewalt von Sänger Michelle präsentiert wurden und ordentlich Bewegung vor der Bühne verursachten. Aber auch die älteren Titel rockten richtig. Dazu trugen ebenso die restlichen Bandmitglieder bei, die ihre Instrumente intensiv bearbeiteten. Ein energetischer und souveräner Gig, der sichtlich gut ankam und mit lautem Applaus belohnt wurde.
Nun goss es in Strömen, und wir suchten uns einen Unterstand, um nicht komplett nass zu werden. Den Auftritt von EISHEILIG schauten wir uns aus einiger Entfernung an. Das dachten sich auch einige andere, und somit litt selbiger etwas unter dem schlechten Wetter. Sehr schade, denn hier wurden schon einige Songs des kommenden Albums „Elysium“ live vorgestellt. Deutscher Gothic Rock bzw. Metal, gesungen von einer warmen, durchdringenden und vollen Stimme des Sängers Dennis Mikus. Unterstützt wurde er von seinen drei Bandmitgliedern Till Maiwald (Gitarre), Niklas Peternek (Bass) und Dominik Sapia (Drums). Stücke wie „Fährmann“, „Wahntrieb“, „Flieg“ oder „Märchenreich“ wurden extrem kraftvoll, wuchtig und emotional rübergebracht. Leider traten immer mehr den Rückzug an und der Platz vor der Bühne leerte sich, was aber definitiv nicht an EISHEILIG lag. Das Wetter war einfach Pech, aber ich habe für mich eine weitere großartige Band entdeckt, deren Weg ich weiterhin verfolgen werde.
Nun näherte sich auch schon der eigentliche Höhepunkt, der Headliner des Festivals: THEATRE OF TRAGEDY. Um 22.00 Uhr betraten die Norweger die Bühne. Wie schon auf der Tour eröffnete „Storm“ das Set – Passend zum üblen Regenwetter. Sängerin Nell erschien im schwarzen Mantel. Auf der großen Bühne wirkte die Band richtig gut, und auch die Lichtshow war beeindruckend. Alle waren entspannt und aufeinander eingespielt, und der als eher schwierig geltende Raymond lieferte sich wunderschöne Gesangsduelle mit Nell, die sich anscheinend in der Band gut eingelebt hat. Die Zuschauer genossen die Mischung aus Metal, Rock und Electric, alte und neues Songs aller Schaffensphasen der Band und versuchten den Regen zu ignorieren. Mit u.a. „Venus“, „Lorelei“ und „Silence“ unterschied sich die Setlist im Großen und Ganzen nicht von der Tour. Die Band wirkte hier sogar noch spielfreudiger und routinierter. Alle Songs wurden durchweg gefeiert, und man merkte deutlich, dass einige Zuschauer extra wegen THEATRE OF TRAGEDY angereist waren. Noch vor Ende des Auftritts machten wir uns auf den Rückweg in Begleitung von Sound und Beifall.
Das erste Mystic-Festival ging zu Ende, und ich bin froh die weite Fahrt ins Saarland auf mich genommen zu haben. Die vielen gut gelaunten Bands verschiedenster Genres, die sichtlich die Intimität des kleinen Festivals genossen, die anständigen Preise und die schöne Umgebung stellten definitiv die vorhandenen kleinen Mängel in den Schatten. Ich drücke die Daumen, dass eine Wiederholung im nächsten Jahr klappt und Kritik und Verbesserungsvorschläge dementsprechend genutzt werden.
Copyright Fotos: Cath Niemann
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