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NARZISS – VERSUS THE THRONE – WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER – COMMANDER KEEN (METAL ATTACK)

Ort: Bad Oeynhausen - Druckerei

Datum: 09.04.2009

Kurz vor Ostern denkt die Bad Oeynhausener Druckerei an alles andere als ans Versteckspielen und legte sich für die anstehende MetalAttack ganz schön große Eier ins Nest. Bei all der Freude über den Besuch von NARZISS, VERSUS THE THRONE, WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER und COMANDER KEEN – eine Sorge blieb: Wie würde der Osterhase, der sich das Spektakel sicherlich nicht entgehen lassen wollte, die MetalAttack überstehen? Würde er in der Lage sein, auch nach ausgiebigem Moshen an diesem Abend pünktlich bunte Eier in den Gärten dieser Welt zu verstecken?

Auf jeden Fall pünktlich, nämlich um 19:30 Uhr, wurde der Abend von COMANDER KEEN eröffnet. Der Opener „Godforsaken“ verbreitete zwar vom Titel her nicht unbedingt typische Osterstimmung, versuchte dafür aber musikalisch auf die Dinge einzustimmen, die noch folgen sollten. Der Local Support legte phasenweise recht gutes Riffing an den Tag, hatte aber mit ziemlich schlechtem Sound zu kämpfen, so dass sich nur wenige der sich in und um der Druckerei eingefunden Besucher berufen fühlten, ihren Platz an der Frühlingssonne dafür aufzugeben. So sahen dann auch nicht allzu viele einen vielleicht nicht ganz glücklichen Auftritt des Metalcore-Quartetts, das sich auf der Bühne ziemlich unkoordiniert bewegte und in Sachen Abwechslung nun nicht gerade das gelbe vom (Oster-) Ei zeigte. Der Cleangesang vom Schlagzeuger Beni sowie die Shouts des Sängers Andre kommen auf der EP der Löhner wesentlich besser als an diesem Abend, mag aber zum Teil auch am schlechten Sound gelegen haben. Kompositionen wie „Forever Chained“, „Torched“ und „The earth stands still“ sorgten dann immerhin für ein wenig Genicke und Fussgewippe seitens des auch bis zum Ende des 30 Minuten-Sets nur unwesentlich mehr werdendem Publikums. Ein leider etwas glanzloser Auftritt einer ansonsten ziemlich ambitionierten und talentierten jungen Truppe.

Ebenfalls jung und ambitioniert ist auch das anschließend folgende Duo: WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER ist eine, wenn nicht sogar DIE angesagteste deutsche Szene-Band dieser Tage. Dementsprechend voll wurde es dann auch vor der Bühne, wofür das ebenfalls dementsprechende Szenepublikum sorgte. Und wenn selbst ich mich mit meinen gerade mal 20 Lenzen nur mit Mühe davon abhalten kann, von „Kindergeburtstag“ zu sprechen, kann man sich das ganze Szenario vielleicht auch schon ungefähr vorstellen. Songtitel wie „Alle meine Entchen“ unterstützen diesen Eindruck natürlich mehr als nur unwesentlich, aber wie dem auch sei – auch ich war gespannt wie die Electro-Deathcore-Interpretation von altbekanntem deutschen Liedgut denn live so klingen mag. Nach einem Intro ging es dann auch direkt brutal mit „Schlaf Kindlein, schlaf mit mir“ los. Wie Berserker wüteten die beiden Spreewälder auf der Bühne, so dass man sich sorgen machen musste, dass Shouter Tobi sich beim Bangen aus dem Stand den Kopf am Bühnenboden aufschlägt. Vor selbiger herrschte dann auch sogleich ausgelassene Stimmung – vom Weintag vor Ostern (Grün- bzw. Grein-Donnerstag) war hier also schon mal nichts zu merken. So dann auch nicht bei den folgenden Stücken wie das bereits erwähnte „Alle meine Entchen“ und „Fuchs du hast die Gans gestohlen“, bei dem begeistert mitgesungen wurde. Erstaunlich, dass die viel gescholtene Jugend die Texte immerhin immer noch kennt und ein gutes Zeichen, dass 50 CENT mit seinen Kollegen oder die DSDS-Zombies unsere Kindergärten noch nicht vollends in ihrer Hand haben! Weiter so! Weiter so machten dann auch WBTBWB mit „Der Kuckuck und der Esel“ und dem ersten ganz eigenen Titel von ihnen an diesem Abend: das allseits beliebte „Breekachu“. Aufmerksame Leser haben spätestens jetzt an der Pokemon-Persiflage gemerkt: mit ernsthaftem Metal hat das ganze absolut nichts mehr zu tun, stattdessen spielt man herrlich mit so ziemlich allen Klischees, die man so im Deathcore findet. Gepresste Shouts, tiefe Growls und Pig Squeals am laufendem Band, dazu extrem viel Bewegung und Gepose auf der Stage, was zugegebener Maßen teilweise ziemlich albern aussah. Dennoch beherrschen die beiden sympathisch wirkenden Jungs ihr Handwerk ganz gut. Amüsante Ansagen wie „ganz schön true, was?“ oder „Wenn ihr nicht nach Zugabe ruft, dann rufen wir!“, überraschend gut klingender Sound und die Leistung im jeweiligen Aufgabenbereich des Duos, stimmte mich recht freudig. Besonders Marci an der Gitarre leistete gute Arbeit, während die Electro-Parts wie auch die Drums aus der Konserve kamen (wer bis jetzt dachte, die Plüschente am Plastikschlagzeug wurde die Double Bass selber spielen, dem sage ich nur so viel: es verhält sich dabei genau so wie mit dem Osterhasen.) Die Szene-Kids machten jedenfalls auch munter zu Titel wie „Mein Baumhaus“, „Hänschen Klein“ und „Backe, backe Kuchen“ Party, bis dann mit „Willst du mit mir gehn?“, „13 Wünsche“, „World Of Warcraft“ und dem abschließendem „Niiiieeeexxxtreeeem“ der Endspurt zur Ziellinie eines sehr eigenwilligen, aber dennoch unterhaltsamen Auftritts eingeleitet wurde. Man darf gespannt sein, wie lange sich das Projekt letztendlich über Wasser halten kann, im Moment jedenfalls surfen sie ganz oben auf der Szenewelle.

Den Weg nach ganz oben bahnen sich auch unaufhaltsam die Jungs von BLOOD SPENCER, die mittlerweile ihren Namen in VERSUS THE THRONE abgeändert haben (und damit meinen Geheimplan, nämlich eine Band namens „TERENCE KILL“ zu gründen, um dann gemeinsam eine „4 Fäuste für ein Mosheluja“-Tour zu bestreiten, je zerstörten), um damit einen weiteren Schritt nach vorne zu wagen. Doch dies bleibt glücklicherweise vorerst die einzige größere Änderung: Besetzung, Stil und Kompositionen bleiben weiter so bestehen. Ebenso auch die anderen Qualitäten der Münsteraner, die sie nach einem Intro wieder umgehend zur Schau stellten. Szene-Kids, sowie nun auch die etwas mehr den „ernsteren“ Klängen coriger Musik verschriebene Gäste füllten den Bereich rund um die Bühne komplett aus, um kollektiv zu Songs wie „A revenge for the one-eyed man“ abzugehen. Bereits zum dritten Mal innerhalb relativ kurzer Zeit beehrten das Quintett aus der Universitätsstadt die Druckerei, so dass einige der Anwesenden genau wussten, was zu tun war: Moshen, was das Zeug hält, bzw. soviel, wie der Platz hergab. Denn die um die 300 Gäste ließen einem da nicht mehr allzu viel Freiraum, sorgten dafür aber für die beste Stimmung des Abends, und das nicht nur bei den folgenden „The Judas Castigation“ und „The Ohio Alliance“. Der Fünfer auf der Bühne tobte wie gewohnt umher, spielte sauber und druckvoll und feuerte Breakdown um Breakdown ins Publikum, von gelungenen Shouts und Growls begleitet. Man verrät nichts Neues, wenn man attestiert, dass VERSUS THE THRONE eine ausgezeichnete Live-Band sind, was ihr scheinbar unermüdliches Touren in den vergangenen und noch kommenden Wochen und Monaten mehr als nur rechtfertigt. „Staight across the eye“ wummerte durch die Location, in der die geforderten Stage Dives leider meist ausblieben. Dafür gönnte man sich einige Circle Pits – die „alten Druckerei (Oster-)Hasen von VTT wissen halt, wie es geht. Und so ließ auch ich es mir nicht nehmen, mich zum Titeltrack der aktuellen EP „Our Prophecy“ meiner Kamera und weiteren Ballasts zu entledigen und zumindest einmal am Abend ins Geschehen einzugreifen. Super Stimmung, super spaßig – da durfte eine Wall Of Death, selbst bei räumlichen Einschränkungen, nicht fehlen. Nachdem man sich artig bei den anderen Bands und den Veranstaltern bedanke, haute man noch Knaller wie „Veil yourself in judgement“ und den Band-Klassiker „The Movie“ heraus, ehe man mit viel Applaus und der einheitlich geforderten Zugabe den Platz für den Headliner frei machte.

Der hieß an diesem Abend NARZISS und betrat, von einem Klavier-Intro dafür aber ohne Applaus begleitet, die Bühne und startete mit „Tränen“ als Opener. Neun Jahre nach dem Release ihrer ersten Mini CD „Ebenbilder“ sind die Thüringer eine feste Größe des (deutschsprachigen) Metalcores, werden von vielen aber immer noch auf ihren Übersong „Entstelltes Bild“ reduziert. Zu unrecht, wie ich finde, da man spätestens seit „Solang des Herz schlägt“ ein Album vorweisen kann, welches auch als Gesamtwerk zu überzeugen weiß. Davon erklang dann auch als nächstes das eingängige Riffing von „Meine kleine Seele“. Hier gab’s jetzt richtig was auf die Ohren bzw. für Steven am Bass was auf die Birne, denn Sänger Alexander erwischte ihn bei einem wunderschönen Spinkick versehentlich derart am Kopf, dass Chuck Norris vor Freude feucht geworden wäre. Nachdem Steven daraufhin kurzzeitig benommen die Bühne verließ und Alexander ihm weitersingenderweise folgte, um zu schauen ob es ihm gut geht, konnte es kurze Zeit später ohne Verletzungen weitergehen. Als kleine Entschädigung saugte ihm Alexander nach dem Song auch mal eben am Ohrläppchen – ich denke, das war die Sache wert. Daran konnte man aber auch erkennen, dass die Jungs ganz gut aufgelegt waren, da sie sich auch in weiterer Folge und Kompositionen wie „Ita est“, „Gotteskrieger“ oder „Beschlagene Gedanken“ gegenseitig mit Wasser bespuckten. Dieses teilte sie darüber hinaus aber auch bereitwillig an das gut abgehende Publikum aus, welche nicht nur bei „Maskerade“ und „Und du verblasst“ fleißig mitshouteten. Dabei fiel auf, dass auch die neuen Stücke vom aktuellen Album „Echos“ ziemlich gut ankamen und die musikalische Darbietung sehr sauber und gefällig ausfiel. Souverän zockte man sich durch das Set, hatte dabei allerdings sichtlich Spaß, was sich in ausgiebigem Posing widerspiegelte oder in dem Sänger Alexander sich einfach mal die Cappy eines Fans auslieh, um sie sich selbst aufzusetzen. NARZISS hatten die Druckerei ziemlich im Griff, den sie mit dem bereits erwähnten Übersong „Entstelltes Bild“, aber auch mit „Asche“ und „Hoffnungslos“ weiter anzogen. Die Leute machten gut mit und wurden dann noch von der Band zu einem Wettbewerb herausgefordert: Ziel war es, die Zeile „Nicht gestern, nicht morgen“ des anstehenden Songs „Morgen nicht geboren“ zusammen mit Vokalist Alexander lauter zu schreien als die Saitenspieler von NARZISS ohne Micro. Auf drei ging es los und die Runde ging an die Klampfer der Band. Runde zwei entschied dann das nun aufgestachelte Publikum für sich – allerdings traten sie diesmal auch ohne Gegner an. Man beließ es bei einem Unentschieden und einigte sich darauf, gemeinsam den Text von „Morgen nicht geboren“ zu shouten – das klappte dann auch deutlich besser. Mit Zugaben wie „Mythos“ und „Tier“ beendete man dann einen sehr gelungen Auftritt, bei dem sich NARZISS sehr fan-nah präsentierten. Dennoch wirken sie immer noch nicht wie ein wirklich großer Name in der Szene, was sich aber hoffentlich dann doch noch irgendwann in naher Zukunft ändert.

So endete ein weiterer, erfolgreicher und stimmungsvoller MetalAttack-Abend, der durchweg nur positive Eindrücke hinterließ. Immer wieder beeindruckend, wie es den Veranstaltern gelingt, größere bis große Namen nach Bad Oeynhausen zu locken. An dieser Stelle auch von meiner Seite ein Lob, so kann es weiter gehen – das würde sicher auch das Osterhäschen freuen! Apropos: Wie hat er den Abend denn nun überstanden? Die Antwort ist an Ostersonntag bei euch im Garten versteckt. Oder eben auch nicht.

Copyright Fotos: Alexander Vogt

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