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NEW MODEL ARMY – WINSTON

Ort: Münster - Jovel

Datum: 23.11.2009

Seit satten 30 Jahren stehen NEW MODEL ARMY nun schon auf der Bühne und sorgen mit ihrem zeitlosen Mix aus Post-Punk und Folk-Rock kombiniert mit anspruchsvollen Texten für schweißtreibende Konzerte. Im September ist das elfte Studioalbum „Today Is A Good Day“ erschienen und mit diesem Geschenk an die Fans haben sich Sänger und Gitarrist Justin Sullivan und seine Mannen erneut auf die Reise gemacht. Die letzte Station in Deutschland markierte das (neue) Jovel in Münster, wo kurz vor Konzertbeginn Weltuntergangsstimmung war. Während am Samstag noch der Frühling vor der Tür stand, regnete es nun wie aus Eimern, dazu gab’s noch Blitz und Donner und auch Hagel fehlte nicht zum ungemütlichen Sauwetter. Aber was will man vom deutschen November erwarten? Viel interessanter war doch letztlich die Frage, wer hinter dem Support WINSTON stand.

Es waren drei Herren aus Wuppertal, die um kurz nach 20.00 Uhr die Stage enterten. Auf dem Programm stand Indie-Rock mit rauem Gesang von David Eickmeier und teilweise heftigen, noisigen Passagen. Beim Opener „Mexico“ klang das Ganze noch nach schrammeligen Indie, doch schon bald schlugen Eickmeier und die Kollegen Basti Bauer (Bass) sowie Thorben Doege (Drums) auch härtere Töne an. Dabei ging das Trio durchaus engagiert zur Sache, allerdings vermochte der Funken beim Publikum nicht so recht überzuspringen. Das könnte daran gelegen haben, dass die Songs vermutlich den allermeisten Anwesenden unbekannt und nicht eben eingängig waren. Die Ansätze waren zweifellos hörenswert, nur wollte das Gegniedel, Gefrickel und Gejaule nicht immer so wirklich zusammenpassen. Wenn WINSTON noch ein bisschen am Songwriting feilen, könnte beim nächsten Mal aber auch die Publikumsresonanz nachhaltiger ausfallen.

Nach 45 Minuten Mucke standen nun 40 Minuten Umbaupause an, bis es schließlich mit NMA in die Vollen gehen konnte. „States Radio“ vom aktuellen Longplayer bot dazu den perfekten Start, bei dem die die beiden blumenumkränzten Totenkopf- und das NMA-Banner im Hintergrund blau angestrahlt wurden. Im Anschluss an seinem Einsatz am Sechssaiter begab sich Dean White an seine elektronischen Tasten, wo mit „Here Comes The War“ (von „The Love of Hopeless Causes“ aus 1993) gleich ein Highlight der NMA-Diskografie auf dem Zettel stand, welches natürlich gebührend abgefeiert wurde. Zwar gab es in Münster keine Hardcore-Fans, die auf den Schultern ihrer Kumpels stehend, sämtliche Texte mitsangen, aber die Stimmung war durchgängig bestens – ganz so wie man es von einem NEW-MODEL-ARMY-Konzert kennt. Dazu gehörte selbstredend auch der leicht irre Gesichtsausdruck, den Justin gern einmal durch seine weit aufgerissenen Augen bekam, ebenso wie eine klasse Lichtshow und natürlich geniale Musik, die ordentlich nach vorn trieb. Präsentierte sich „The Charge“ noch ein wenig folkig, ging es mit „Bad Harvest“ druckvoll weiter, ehe „Mambo Queen of The Sandstone City“ neben Stakkato-Klatschen auch ruhige Passagen mitbrachte. Zwischendurch brachte Mr. Sullivan auch mal ein paar deutsche Sprachfetzen, bevor er „Today Is A Good Day“ ansagte und den Zusammenhang des Titels mit der Wirtschaftskrise erklärte. Es hat ihm offensichtlich gefallen, dass da einige selbstgefällige Banker gehörig was abbekommen haben. Sozialkritisch waren NMA ja auch schon immer, nicht umsonst haben sie sich nach Oliver Cromwells republikanischer Revolutionsarmee benannt und sahen sich als musikalisches Sprachrohr der unterdrückten Arbeiterklasse während der Thatcher-Ära. Emotionen können die Jungs jedoch auch transportieren, wie sie schon bald mit den Titeltrack ihrer 2007er Langrille „High“ bewiesen, um mit „One of The Chosen“ noch eins drauf zu setzen. Für diese Nummer legte Justin Sullivan sogar seine Gitarre beiseite und brachte seine Stimme noch eine Idee rauer als sonst zum Klingen, während Trockennebel über die Stage waberte und Michael Dean seine Felle bearbeitete. Beim brandneuen „Autumn“ unterstützte Dean White erneut Marshall Gill an der E-Gitarre, wohingegen Justin zum akustischen Pendant griff, um schließlich von „Whitecoats“ abgelöst zu werden. Der Track hat inzwischen auch schon 22 Jahre auf dem Buckel, führt jedoch zu Recht immer noch zu Begeisterungsstürmen. Zwei Jahre später entstand „Lurstaap“ anlässlich des Falls der Berliner Mauer und natürlich durfte der zwingende Song dieser Tage bei einem deutschen Konzert nicht fehlen! Genauso wie „Vagabonds“, mit dem es nahtlos weiter- und die Party richtig los ging. In diesem Sinne legten NMA noch „Wired“ und „Wonderful Way To Go“ nach, aber an ein Gehen war selbstverständlich noch gar nicht zu denken. Zwar markierte das Stück vom 1998er „Strange-Brotherhood“-Album um 22.50 Uhr das Ende der regulären Spielzeit, aber es sollten noch vier Zugaben folgen, wobei wie üblich, wenn ich einen NMA-Gig besuche, „51th State“ nicht gespielt wurde.

Stattdessen ging’s mit dem gefühlvollen „Rivers“ in die Verlängerung, ehe es mit „Poison Street“ wieder im Karton rappelte. Nach einem weiteren kleinen Break schlossen sich noch „Get Me Out“ und „Green & Grey“ an, womit nach 105 Minuten der letzte Auftritt der Briten im Rahmen ihrer „Today-Is-A-Good-Day“-Tour auf deutschem Boden kongenial endete. Im Dezember kommen sie noch einmal für das traditionelle Weihnachtskonzert nach Köln und im Februar/ März nächsten Jahres stehen noch ein paar Deutschland-Termine im NMA-Kalender, die man tunlichst nicht verpassen sollte. Auch nach 30 Jahren rocken die Jungs nach wie vor was das Zeug hält und ein Blick in die zufriedenen Zuschauergesichter jeden Alters verriet, dass für die Band lange noch nicht Schluss sein muss.

Setlist NEW MODEL ARMY
States Radio
Here Comes The War
The Charge
Bad Harvest
Mambo Queen of The Sandstone City
Peace Is Only
Today Is A Good Day
Disappeared
High
One of The Chosen
Autumn
Whitecoats
Lurhstaap
Vagabonds
Wired
WWTG (Wonderful Way To Go)

Rivers
Poison Street

Get Me Out
Green & Grey

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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