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NIK PAGE – JOKE JAY

Ort: Hannover - Capitol

Datum: 01.10.2004

Exen-Alarm in Hannover! An diesem gar nicht so kalten Herbstabend wollten nämlich 2 „Ehemalige“ für Furore sorgen, JOKE JAY (Ex-AND ONE) und der Berliner NIK PAGE (Ex-BLIND PASSENGERS). Das alles sollte stattfinden im Rahmen des einjährigen Geburtstags der New Wave Night im Hannoveraner Capitol, wo sonst auch Künstler ganz anderer Schattierungen ein Stelldichein geben. Angesiedelt ist der Laden am „Schwarzen Bären“, ein Schelm, der dabei an Gruftie-Mädchen denkt… Veranstalter des Abends war natürlich Kai Hawaii, der sich die Förderung des schwarzen Lebensstils in der niedersächsischen Landeshauptstadt auf die Fahnen geschrieben hat.

Auf der Homepage stand etwas von wegen „Beginn 21 Uhr“, und so fuhr ich ahnungslos gegen 19 30 Uhr los, um ja nichts zu verpassen. Das erste, das ich nicht verpasste, war ein fetter Stau vor Bad Eilsen und ich wurde immer nervöser, denn die avisierte Zielzeit war nunmehr utopisch. Immerhin schaffte ich es, etwa gegen 21 20 Uhr vor Ort zu sein, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Menschen, denn der Laden war noch leer wie mein Geldbeutel gegen Monatsende. Das mache aber gar nichts, wurde mir versichert, denn vor 22 30 Uhr würde Joke sowieso nicht auf die Bühne treten. Immerhin konnte man am Merch Stand bereits 3 Tage vor offiziellem Releasetermin die Debütscheibe der Vorgruppe erwerben, mit dem schönen Namen „Fiasko Deluxe“ (ein schlechtes Omen für den Abend?). Erscheinen wird die CD auf dem Wannsee Records Label, wo auch der gute Nik seine Heimat gefunden hat. Die Zeit bis zum Konzertbeginn verbrachte ich dann mit dem Test einer neuen Dönerbude direkt auf der anderen Straßenseite (den hat sie übrigens bestanden!).

Als ich dann zurückkehrte, lief immer noch sehr ordentliche Backgroundbeschallung in amtlicher Lautstärke und vor der Bühne war immer noch eine Riesenleinwand aufgebaut. Immerhin stand dort jetzt zu lesen: „JOKE JAY live hier on stage“ und „Keine Höschen auf die Bühne werfen“. Die Gefahr bestand aber eh kaum, denn es waren immer noch relativ wenige Gestalten vor Ort und die nicht mal alle für das Konzert. Nichtsdestotrotz wurde der Vorhang dann entfernt und dahinter befanden sich 4 Herren mittleren Alters, drei davon in einer Art Bandkopf-Military-Zweiteiler (siehe Fotos), der vierte war der Live-Schlagzeuger, der heute bei beiden Acts aktiv war. Außer den Fotographen fanden nur wenige Personen den Weg vor die Bühne, der Rest blieb einfach am Rande an den Tischen sitzen und beobachtete aus der Distanz. Ja mein lieber Joke, nach deinem Ende mit Steve beginnt die Ochsentour wohl jetzt aufs Neue. Immerhin nahm er es den ganzen Abend über mit Humor, machte ein paar Späßchen und zog sein Set routiniert durch. Das bestand aus nahezu der kompletten Debüt-Tracklist, aber keinem einzigen AND ONE-Klassiker. Wie mir der Mann von Wannsee verriet, wolle Jay sich damit fürs erste nicht festlegen lassen, aber in Zukunft könnte durchaus mal ein Stück wie „Maschinenmensch“ intoniert werden. Eine Coverversion war dennoch dabei: „Tango 2000“ der mir nicht bekannten Formation NICHTS. Dieses Lied, mit einem schön einfachen Refrain, war nicht nur ein Highlight des Abends, nein, es zeigte auch wie 80er-affin der gute Jay ist. Dazu passend auch der wehmütige Rückblick „Die goldene 80“, der ehrlicher rüberkommt als die ganzen Nostalgie-Shows im Fernsehen. Überhaupt muss man sagen, dass sich die Truppe musikalisch sehr variabel gab. Von NDW über Minimalelektro („32 Zacken“) bis hin zu tatsächlich AND ONE-artigen Klängen (die Vorabsingle „Angefixxt“) war alles dabei. Zusätzlich wurde bei einigen Songs eine Frauenstimme verwendet, die gute Dame (Sophia) ergänzte das Line Up daher für eine Weile (z.B. bei „Puppenmädchen“). In Anbetracht der Tatsache, dass die Tracks nicht gerade alle supereingängig sind und niemand die Lieder kennen konnte, machte man seine Sache gut, es wurde aber auch deutlich, dass Joke live ein besserer Entertainer denn Sänger ist. Nach einer sehr ansehnlichen Spielzeit wurde dann Platz gemacht für den Herren, dessen Logo schon übergroß im Hintergrund angebracht war.

Kai Hawaii kündigte Nik sodann als guten alten Freund an, aber auch er hatte wohl nicht voraussehen können, dass sich für den vermeintlichen Mainact noch weniger Zuschauer interessieren würden. Auch ich war überrascht, denn so ein Unbekannter ist der Mann ja nun wirklich nicht und er hat mit „Sacrifight“ und der unlängst erschienenen „Sinmachine“ ja bereits sehr ordentliche Tonträger abgeliefert. Einigermaßen gefüllt war der Laden mittlerweile auch, nur wollten die Leute ihre Körper bewegen, so blieben wieder fast alle im Hintergrund. Dafür waren oben ein paar Schaufensterpuppen (ohne Kopf) drapiert, was ein wenig an den WELLE:ERDBALL-Gig auf dem M’era Luna erinnerte. Nik verarbeitete die „Fan-Enttäuschung“ nicht so humorvoll wie vorher Jay, aber er zog dennoch seine Show durch, ohne mit dem „Publikum“ großartig zu kommunizieren. Neben einem Tastenmann (Jamie) und dem schon erprobten Schlagwerker mit aufsehenerregender Frisur (Alice D), kamen noch ein Gitarrist rechts (Alx) und links die außergewöhnlich attraktive Saitenkünstlerin (bzw. beizeiten auch Sängerin) Dara Pain zum Zuge, die sich im Verlauf des Sets noch entblätterte. Leider waren die Lichtverhältnisse katastrophal, so dass man nur mit viel Mühe überhaupt Fotos machen konnte (zumindest mit meiner Ausrüstung). Nik und seine „Heilsarmee“ spielten sich durch ein gelungenes Set bestehend aus alten und neuen Stücken, zu letzteren zählten etwa „Herzschlag“, „Blackmail Generation“ und das mit einem wunderschönen Refrain versehene „Dein Kuss“. Nach gar nicht so langer Spielzeit und einem wilden Fahnenschwenker zum Abschluss verließen die Hauptstädter die Bühne, derweil die Anwesenden nur mit Mühe so etwas wie Zugabe-Rufe auf die Beine stellen konnten. Aber man hatte sich für die Rückkehr noch etwas besonderes ausgedacht, als zweite Zugabe wurde Joke Jay wieder auf die Bühne geholt, der passender weise auf Niks Debüt an einem Song partizipiert hatte. So wurde „Don’t drag me down“ (von Jay vom Zettel abgesungen) zum Schwanengesang des insgesamt eher durchwachsenen Abends. Die Bands haben durchaus überzeugt, aber was die Zuschauer anging, so traf auf viele die altbekannte schwarze Engstirnigkeit zu: „Wofür ich nicht gekommen bin, dafür bewege ich mich auch nicht“. Aber ich hoffe, Kai holt noch weitere interessante Acts nach Hannover und NIK PAGE wird als Support von TANZWUT Ende des Jahres auf ein dankbareres Publikum treffen. Ich bewegte mich nach hause, während Honey von der WELLE:ERDBALL den tanzwütigen Hannoveranern nun endlich ein perfektes Podium schaffte.

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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