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NINE INCH NAILS – LADYTRON

Ort: Köln - Palladium

Datum: 14.03.2007

Nachdem eigentlich für den heutigen Abend die leider abgesagte Orkus Club Tour auf unserem Zettel stand, ergab es sich kurzfristig, dass uns unser Weg mal wieder in die Domstadt am Rhein führte, wo die NINE INCH NAILS vor ausverkauftem Haus im Palladium spielen sollten. Als Support waren LADYTRON aus Liverpool mit von der Partie, welche die Aufgabe hatten, das alte Industriegemäuer schon mal auf Betriebstemperatur zu bringen.

Kurz vor 20.00 Uhr startete die LADYTRON-Kernbesetzung an den Synths mit der Unterstützung von einer Bassistin und einem Gitarristen. So blieb es bei einem ausgeglichenen Geschlechterverhältnis auf der Bühne, da neben den beiden in recht futuristische Kleider gehüllten Sängerinnen Helen Marnie und Mira Aroyo noch die Herren Daniel Hunt und Reuben Wu auf die elektronischen Tasten hauten. Den Anfang machte „High Rise“ von der 2005er „Witching Hour“. Passend dazu lief auf einer kleinen Leinwand im Hintergrund der italienische Hexen-Horrorklassiker „Suspiria“, 1976 von Dario Argento gedreht. Bereits seit 1998 pflegen die Briten ihren von frühen Eighties-Einflüssen geprägten Electropop, der nicht selten an ihre Landmänninnen von CLIENT erinnert. Es gab stakkatoartige Electrobeats zu hören oder auch mal ein monotones Hämmern, immer jedoch aristokratisch unterkühlt und gepflegt unnahbar. Ebenfalls vom letzten Longplayer stammte „Soft Power“, das gefolgt wurde vom weltweiten Hit „Seventeen“, der dem 2002er Werk „Light And Magic“ entstammte und etwas düsterer daherkam. Diesmal kümmerten sich beide Damen um den Gesang, während der Gitarrist an den Keys aushalf. Zum Schluss war jedoch noch mal der Einsatz seiner Langaxt gefragt, da „Destroy Everything You Touch“ stärker auf Gitarrensounds setzte. Alles in allem lieferten LADYTRON, deren Bandname übrigens einem Song der ersten ROXY MUSIC-Platte entlehnt wurde, eine überzeugende etwa 40-minütige Minimal-Electro-Show ab, einzig der Gesang der dunkelhaarigen Grazien kam etwas dünn aus den Boxen, hier stimmte das Feintuning nicht hundertprozentig. Ansonsten ein schöner, sanfter Einstieg in den Konzertabend.

Während der Umbaupause war genügend Zeit, auch mal die geladenen Gäste auf der Empore zu begutachten und siehe da: Mit Ronan Harris von VNV NATION war auch ein guter alter Bekannter an Bord, der bald selbst wieder die Hallen füllen wird. Selbige war nunmehr proppevoll und einige Gestalten, die LADYTRON noch im Foyer „erlebt“ hatten, versuchten nun, so weit als möglich nach vorne zu schieben. Das übliche Geschäft also. Kurz nach 21 Uhr war es dann soweit: Trent Reznor und seine vierköpfige, recht namhafte Begleitmannschaft nahmen ihre Plätze ein. Da wären ein leicht kränklicher Josh Fresse (A PERFECT CIRCLE) am Kit, der Italiener Alessandro Cortini links hinter den Keys sowie Aaron North (Gitarre) und Basser Jeordie White (aka Twiggy Ramirez – Ex-MANSON Band) zu nennen. Allerdings konnte man sich nicht so ganz sicher sein, denn die Bühne wurde derart eingenebelt, dass es den SISTERS alle Ehre gemacht hätte. Es hatte allen Anschein, als ob man den Fotographen bewusst das Leben schwer machen wollte, den wenigen Glücklichen, die einen Headlinerpass ihr Eigen nennen durften. Leider durften wir nur den Support aus exquisiter Position ablichten, aber bei näherer Betrachtung der NIN-Bedingungen war das gar nicht mehr so schlimm. Nun gut, der Herr mit den kurzen schwarzen Haaren im Jeans Look legte alsbald mit „Somewhat Damaged“, „Last“ und „Heresy“ ein gutes Tempo vor, auf Ansprachen mit dem Publikum verzichtete er hingegen zunächst. Während der 2007er Tour griffen die „Nägel“ bislang auf verschiedene Setlists zurück, so dass nicht unwesentliche Teile der gar nicht so umfangreichen Discographie zum Zuge kamen. Im Grunde hat man seit 1989 5 „richtige“ Scheiben veröffentlicht, das neue Werk „Year Zero“ erscheint ja erst im April, erschienen ist bislang erst die Single „Survivalism“.

Jedenfalls prügelte man die Stücke präzise und ohne große Mätzchen in die Menge, lediglich der Einsatz einer Art von mobilen UFO-Lampen (bei „Eraser“) und etwas Spielerei mit einem Scheinwerfer kann mal als Gimmicks nennen. Rockstar-Gehabe scheint dem guten Trent so richtig zuwider zu sein, darauf deutete auch sein einziger Monolog gegen Ende hin. So beschrieb er seinen ersten Gig in Deutschland als furchtbar bzw. „großen Fehler“ – damals war er als Support von GUNS N ROSES (plus SKID ROW, ein Raunen ging durch die Menge) in Mannheim unterwegs und musste einigen Wurfgeschossen ausweichen. Der Spruch, dass er vor Tausenden von zurückgebliebenen Metallern auftreten musste, kam ironiefrei von seinen Lippen und dürfte nicht jedem im Palladium gefallen haben. Witziger schon die Bemerkung, dass dies die längste Bühnenansprache seiner kompletten Karriere gewesen sein dürfte. Aber zurück zur Musik: Mit „Wish“, „Gave up“ und dem Hidden Bonus Track „Suck“ hatte man weitere nette Titel meiner Lieblingsscheibe „Broken“ aus dem Jahre 1992 im Gepäck, die nicht jedem Anwesenden geläufig schienen. Kein Wunder, lagen doch einige davon damals noch in den Windeln oder noch überhaupt nicht herum. Die Stimmung an sich würde ich als zwar gut, aber eher etwas steril (zum Sound nicht unpassend) denn ausgelassen beschreiben (zumindest was unsere linke, vordere Seite anging). In der Mitte ging allerdings der Bär ab, so dass ich da wahrscheinlich nicht ganz objektiv bin. Natürlich wurde auch mal andächtig gelauscht, insbesondere bei „Hurt“, das von Reznor auf einem synthetischen Piano interpretiert und aus vielen Kehlen mitgesungen wurde. Die JOHNNY CASH-Version ist ja auch nicht gerade unbekannt. Zum guten Schluss wurde erwartungsgemäß das obergeile „Head Like A Hole“ in die Menge geprügelt, die noch mal steil ging. Auch die Klampfer drehten an ihren Geräten ziemlich ab, da wurde schon mal eine Gitarre mit dem Mikrofonständer „gespielt“. Danach: Abgang, Licht an, Beschallung aus der Konserve und einige ungläubige Gesichter. Dass die NINE INCH NAILS keine Zugaben im eigentlichen Sinne geben, hätte man allerdings aus dem Netz erfahren können und die 90 Minuten Spielzeit (ohne „Dehnungsübungen“) sollten netto auch jeden Fan zufrieden gestellt haben. Ergo ein unterhaltsamer Abend einer etwas eigenartigen „Band“, aber was anderes konnte und wollte man ja auch nicht erwarten bei derartigen Egomanen…

Setlist NINE INCH NAILS (ohne Gewähr!)
Somewhat Damaged
Last
Heresy
March Of The Pigs
Piggy
Ruiner
Closer
The Beginning Of The End
Burn
Gave Up
Help Me I Am In Hell
Eraser
Wish
Survivalism
Suck
The Day the World Went Away
Only
Hurt
The Hand That Feeds
Head Like A Hole

Copyright Fotos: Karsten Thurau (Köln) – Jörg Rambow (Dortmund)

1 Kommentar

  1. JS sagt:

    Hi, wir haben auch einen Konzertbericht verfasst. Allerdings zum letzten NIN-Konzert in Berlin. Diesen gibt es hier: http://www.djbasis.de/2014/konzertbericht-nine-inch-nails-zitadelle-spandau-berlin-15-mai-2014/

    Viele Grüße
    JS

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