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NO RELAX – THE TOASTERS – GO JIMMY GO

Ort: Bielefeld - Forum

Datum: 01.02.2007

Angekündigt als Jubiläums-Tour zum 25jährigen Bestehen der TOASTERS war ich gleichermaßen erstaunt wie erschrocken als ich ziemlich genau um 21 Uhr das Forum in Bielefeld betrete und mich verzweifelt auf die Suche nach anderen Konzertbesuchern begebe. Der Laden ist fast leer. Nun hat SKA in diesen Breiten vielleicht nicht gerade den allerhöchsten Stellenwert, aber mit ein bisschen mehr Zuspruch, gerade bei einer so altehrwürdigen Band, hätte ich schon gerechnet. Leider sollte an diesem Abend die Zahl der Fans die 200er-Marke auch nicht überschreiten.

Immerhin strömen alle Zuschauer sofort in den Saal und sogar vor die Bühne als GO JIMMY GO aus Hawaii die Bühne um kurz nach 21 Uhr betreten und ihr Set beginnen. Geboten wird traditioneller Midtempo-Ska. Wer allerdings an so einem Abend den Arsch hochbekommen und zum Konzert gefahren ist, der tanzt auch brav mit. Auch GO JIMMY GO unterstreichen vom ersten Augenblick an meine These, dass es beim SKA einfach keine Bands gibt, die live richtig schlecht sind. Was hier geboten wird, ist zwar nicht außergewöhnlich geschweige denn sonderlich originell, aber sehr solide und mit Leidenschaft gespielt. Es gibt die üblichen Saxophon- und Posaunen-Soli, die sauber in die Songs integriert sind. GO JIMMY GO feiern dieses Jahr auch ihr 10jähriges Jubiläum, sind allerdings in Europa so gut wie unbekannt und versuchen dies mit dieser Tour zu ändern. Nachdem nun auch mit „Girl with fishbowl eyes“ die erste CD als Europa Release erschienen ist geht die Band knapp 6 Wochen auf ihre erste Tour quer durch unseren Kontinent. Bleibt zu hoffen, dass die Zuschauerzahlen im Laufe der Tour steigen, verdient wäre es allemal. Nach bereits 30 Minuten verlassen die Hawaiianer leider schon die Bühne, nicht ohne sich artig zu bedanken und darauf hinzuweisen, wie „fucking cold“ es in Germany ist. Haha, und das bei sonnigen 7 Grad Anfang Februar. Erwähnenswertes Detail: der Bassist hat ein Tattoo der Peanuts auf dem linken Oberarm! Sehr cool!

Nach einer mit 15 Minuten erstaunlich kurzen Umbaupause steigert sich mein Erstaunen nochmals, als statt wie erwartet NO RELAX doch THE TOASTERS zuerst die Bühne betreten, mit denen ich eigentlich als Headliner gerechnet hatte. Mit den 25 Jahren auf ihren Buckeln nennen sich die New Yorker selbst die „Longest running U.S. Ska Band“. Einziges Gründungsmitglied im aktuellen Line-Up ist jedoch Sänger und Gitarrist Robert Hingley. Der Rest der Truppe dürfte nicht viel älter sein als die Band selbst. Der Fronter betont gleich zu Anfang, man habe bereits 1987 das erste Deutschland Konzert in Bielefeld gespielt. Von Anfang an geht das Publikum begeistert mit. Im Gegensatz zu GO JIMMY GO sind die Songs schneller und dreckiger und viel stärker im Ska-Punk verwurzelt. Der Basser, der ein großer Jägermeister-Fan zu sein scheint (immerhin hat er ein entsprechendes -Shirt an und Aufkleber auf der Bass-Box) könnte vom äußeren Erscheinungsbild problemlos mal die Rolle des SEPULTURA-Frontmannes übernehmen und auch der in einem FUCKIN’ SLAYER T-Shirt auftretende Saxophonist passt optisch eher in eine Hardcore Band. Diesen Eindruck unterstützt er auch noch mit seinem Stage-Acting, springt wie ein Irrer durch die Gegend und ist jedoch immer wieder pünktlich zu seinem Einsatz zurück am Sax-Mikro. Das Publikum kennt die Songs, singt/ klatscht mit und spart nicht mit Applaus. Leider nur ein kleiner Trost, wenn sich knapp 200 Leute nach mehr anhören, werden sie doch dadurch nicht mehr. Sehenswert auch der bisher im Hintergrund gebliebene Posaunist, der sein Solo mit einem Klostopfer als Dämpfer spielt. Nach einer Stunde und einer Zugabe, in die geschickt ein James Bond-Thema eingebaut wird ist leider schon Schluss, nicht ohne das hervorragende „German Beer Herforder“ zu preisen. Geschmackssache, aber wer aus Amerika kommt…

Nicht ganz so weit haben es an diesem Abend NO RELAX, eine noch recht junge Band aus Spanien, die 2003 vom SKA-P Gitarristen Joxemi während einer Pause seiner Hauptband gegründet wurde und nun bereits mit „Virus de rebelion“ ihre zweite CD veröffentlicht hat. Nach einem Western-Intro stürmt die Band um Frontfrau Micky die Bühne und gibt knapp über eine Stunde Vollgas. Der SKA-Anteil der Songs ist sehr gering, die meiste Zeit gibt es schnelle Punksongs, manche mit leichtem Ska, aber auch mal Irish-Folk oder sogar Country-Einflüssen. Dem Publikum ist dies egal, die Musik geht sofort auf die Leute über, die ab dem ersten Song mittanzen und der Sängerin bald darauf ergeben aus der Hand fressen. Wenn sie sich in kaum verständlichen Worten für ihr schlechtes englisch entschuldigt, kann ihr das keiner übel nehmen und wenn sie mehr Applaus fordert, wird dem Wunsch natürlich Folge geleistet. Im Gegenzug gibt Micky dem Publikum aber auch Energie ohne Ende, rennt und tanzt auf der Bühne von einer Ecke in die andere, dreht sich, legt eine bewundernswert abwechslungsreiche Mimik und Gestik an den Tag, um dann zwischen den Songs erschöpft nach Luft zu japsen. Wie sie neben dem ganzen Gewirbel den Gesang hinbekommt bleibt ein kleines Wunder. Zweimal verlässt sie die Bühne und überlässt den Gesang dem Gitarristen und diese Songs erinnern dann wieder stark an SKA-P, was ja nicht weiter schlimm ist. Um die Stimmung weiter anzuheizen, bemüht man mit „Blitzkrieg Bop“ DEN Klassiker des Punkrocks schlechthin und das Publikum grölt textsicher mit. Nach einer kurzen Pause, in der lauthals „We want more“ gefordert wird, kommt die Band für 4 Zugaben zurück, Sängerin Micky stellt ihre Mitstreiter vor und holt zum letzten Lied des Abends das Publikum auf die Bühne. Selber Schuld wer diesen geilen Auftritt verpasst hat, Ausreden (sei es das Handball-Halbfinale oder die eigene Faulheit) können da auch nicht mehr helfen. Kleiner Tipp fürs nächste Mal: HINGEHEN!!!

Copyright Fotos: Karsten Rzehak

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