Ort: Osnabrück - Kleine Freiheit
Datum: 12.10.2007
Die OHRBOOTEN sind ein Phänomen. Innerhalb kürzester Zeit hatten sie es geschafft, von den Straßen und Flohmärkten Berlins die ganz großen Bühnen zu erobern. Hatte ich sie letztes Jahr bereits beim Reggaejam in Bersenbrück sehen können, wo sie trotz relativer Unbekanntheit schon begeistern konnten, so war der Platz vor der Bühne beim Auftritt auf dem diesjährigen Summerjam in Köln bereits brechend voll und die Songs wurden alle lauthals mitgesungen. Nach den Erfolgen bei den großen Festivals geht man also nun dieser Tage auf die große „Babylon by Boot Tour“ durch Deutschland und entsprechend gespannt war ich, wie die Fans in den kleineren Clubs reagieren würden und wie groß überhaupt die Resonanz ist.
Über mangelnden Zulauf konnten sich die OHRBOOTEN in Osnabrück in der Kleinen Freiheit wahrlich nicht beklagen. Zwar ist das nicht der größte Club, für die Anzahl der Fans war er auf jeden Fall passend gewählt. Schon vor Beginn des Konzertes drängte sich ein überwiegend junges Publikum Richtung Bühne und wurde dort zunächst von PENSEN, den einige vielleicht von den MONSTERS OF LIEDREMACHING kennen, empfangen. Dieser brachte dann auch pünktlich ab 21 Uhr nur mit einer Akustikgitarre bewaffnet seine Songs unter das tanzwütige Volk. Musikalisch gab es nichts besonderes, doch bei den Ansagen stellte PENSEN ein ums andere Mal wahre Entertainerqualitäten unter Beweis. Auch bei den Texten lohnte es sich genau hinzuhören, da gab es den Song über die Pupe und unter hochgehaltenen Feuerzeugen „Kalt in Russland“. Das Publikum machte bereits von Anfang an prima mit, klatschte und liess sich auf Mitsingspielchen ein, was besonders beim letzen Song übers „Vögeln“ besonders gut klappte, als PENSEN verlangte man möge nach jedem Satz von ihm lauthals „NEIN“ schreien. Nach ca. einer halben Stunde und dem obligatorischen Hinweis auf die zu erstehende und unglaublich gute CD, bei der man 10 Songs für nur 5 Euro bekommen könnte, verließ dann der Hamburger Jung die Bühne, nicht ohne zu betonen, wie viel Bock auch er auf die OHRBOOTEN habe.
Die Temperatur in der Kleinen Freiheit war indes schon fast auf Sauna-Niveau, als nach kurzer Umbaupause (viel umzubauen gibt es nicht, wenn die Vorband nur mit einer Gitarre ausgerüstet ist) die OHRBOOTEN die Bühne bzw. das 30 cm hohe Podest betraten und mit „Bewegung“ gleich mächtig loslegten. Der brechend volle Raum begann zugleich heftig abzutanzen und feierte ab der ersten Sekunde die Band. Textsicher wurde jeder Song mitgesungen und mitgeklatscht und die Ohrbooten hatten an diesem Abend wirklich leichtes Spiel. Die sonst bei Konzerten im Osnabrücker Raum so gefürchtete Bannmeile vor der Bühne gab es an diesem Abend nicht und der Ruf des Osnabrücker Publikums, stur zu sein, schien auch völlig aus der Luft gegriffen. Als man bei „Kaufrausch“ zum mitsingen aufforderte, reagierte das Publikum prompt und gröhlte lauthals aus vollen Kehlen. Ein angedeuteter Hüpfer bei einer groovenden Stelle und der Saal sprang wie EIN Mann. Mittlerweile lief bereits der kondensierte Schweiß in kleinen Bahnen an den großen Scheiben seitlich des Raumes herab. Den Fans war es egal, die waren in Feierlaune und erkannten den nun folgenden Song „An alle Ladies“ ab dem ersten Ton und quittierten ihn mit riesigem Jubel. Selbst die nun folgenden Mitsingspielchen: „Wo sind die Ladies“, „Wo sind die Kerle“ und „Hey, Jungs, macht mal Lärm für die Ladies“ wurden in ohrenbetäubender Lautstärke auf Anhieb mitgemacht. Sänger Ben erinnerte sich an den letzten Auftritt bei dem seiner Meinung nach nur etwa ein Drittel der Leute anwesend war und kündigte einen neuen Song namens „Gypsy Queen“ an, der vom Publikum begeistert angenommen wurde. Was dann folgte, war ein technisches Problem mit den Keyboards, was aber wunderbar unter Beweis stellte, dass es sich um eine „echte“ Band handelte, die super aufeinander eingestimmt ist und wunderbar improvisieren kann. Kurzerhand spielte der Onkel einen Groove auf dem Schlagzeug, Matze stieg mit der Gitarre ein und Ben rappte dazu freestyle, bis eben das Problem gelöst war und man per fließendem Übergang zum Song „Maschine“ wechselte. Mit „Babylon bei Boot“ spielte man noch mal einen Hit, bevor man dann wieder PENSEN auf die Bühne holte und mit ihm zusammen „Mädchen“ sang. Besonders witzig dabei wie der Hamburger Dialekt von PENSEN auf das Berlinerische der OHRBOOTEN traf. Dem Publikum gefiel es, es forderte nun aber immer öfter und immer lauter „Autobahn“ und die Boote sagten die nun folgenden Songs alle mit irgendwelchen Autobahn-Geschichten an, wehrten sich aber noch standhaft den eigentlichen Song auch zu spielen. Irgendwann fragte Ben dann doch „Wer wollte noch mal Autobahn hören?“ und die Antwort war recht eindeutig: JEDER! Als Belohnung, dass die OHRBOOTEN den Song spielten, sang das Publikum den Refrain dann auch gern alleine.
Als letzter Song angekündigt folgte „Und tschüß“ und die Ohrbooten verließen unter tosendem Applaus die Bühne, kamen jedoch der lauten Zugaberufe wegen recht schnell wieder und Matze forderte gleich darauf, nun solle man auch mal Lärm für sich selber machen. Auf die folgenden „Ausziehen“ Rufe reagierte Sänger Ben dann prompt, zog sein Shirt aus und wrang es kräftig aus. Dann holte er noch einmal PENSEN zu einem Freestyle Rap auf die Bühne, der mir dann doch etwas sehr eingeübt vorkam, was dem Publikum natürlich völlig egal war. Mit „Miss Ugly“ schickten die OHRBOOTEN dann ganz mutig einen 1. langsamen und dann auch noch 2. neuen Song ins Rennen, sorgten aber im direkten Anschluss und zum erneuten Abschluss mit „Man lebt nur einmal“ dafür, dass das Publikum wieder laut und quicklebendig wurde. Wieder forderte man vom Publikum den Refrain mitzusingen und wieder konnte man den Lautstärkerekord der vorangehenden Songs brechen. Die OHRBOOTEN versuchten erneut die Bühne zu verlassen, wurden jedoch abermals mit lautem Applaus zurückbeordert. Im letzten Zugabeteil pfefferte man noch „Stadtkind“ und „Kommen und gehen“ in die Menge und versammelte sich dann zur letzten Verbeugung, zu der man abermals PENSEN auf die Bühne rief. Nach knapp 2 Stunden Spielzeit war dann endgültig Schluss und Band und Publikum wirkten gleichermaßen erschöpft und glücklich.
Setlist Ohrbooten
Bewegung
Eurose
Dschungelpartei
Keine Panik
Kaufrausch
An alle Ladies
Gypsy Queen
Maschine Bounce Remix
Babylon bei Boot
Mädchen/ Bild Dir Deine Meinung
Kaffee
Zeit zu gehen
Alle gegen Alle
Number One
Autobahn Groove Remix
Und Tschüß Latin Remix
Miss Ugly/ Irgendwas
Man lebt nur einmal
Stadtkind
Kommen & Gehen
Copyright Fotos: Karsten Rzehak
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