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OOMPH! – ALL ENDS – MINA HARKER

Ort: Hamburg - Markthalle

Datum: 16.11.2008

Einlasspolitik, die viertelvorzwölfte. Während draußen vor der Markthalle sich eine Schlange bildete, die an düstere Zeiten der Essensmarkenausgabe erinnerte (und sich unsereins leider mit Verweis auf journalistische Tätigkeit vordrängeln musste), begannen auf der Bühne MINA HARKER pünktlich um 20.30 Uhr mit ihrem Auftritt. Pech für diese, denn zu diesem Zeitpunkt befanden sich wohl noch zwei Drittel der Besucher an der Hamburger Luft… Macht die Tore das nächste Mal ein wenig früher auf, damit wäre uns allen doch geholfen und ihr könnt noch ein paar Astra mehr verkaufen.

MINA HARKER sind spontan unter deutschen Betroffenheitspop einzuordnen, kokettieren dabei aber genüsslich mit Gothic-Anleihen, Elektro-Spielereien, kalten Gitarrenriffs und etwas unbeholfenen Düster-Lyrics (als Mistress Harker einen Song an die Besucher in der ersten Reihe richtet, die vom Look her anscheinend zur „Clockwork Orange“ -Fraktion gehörten, wurde von „Dies Lied ist für Euch gefallene Engel“ gefaselt. Da musste nicht nur ich lachen…). Begleitet wurde die aparte Frontfrau (mit durchaus schöner Stimme) vom Gitarristen und Partner in Darkness Alexander Gorodetzki, der aber wenig Charisma und spielerische Finesse beizutragen hatte (was bei den doch recht einfach gehaltenen, eher belanglosen Arrangements auch schwer zu erreichen ist). Für die Beats sorgte der OOMPH Live-Drummer, was dem Ganzen ein wenig mehr Druck verlieh, da der Rest naturellement von der Festplatte kam. Für freundlichen Applaus konnte die Darbietung sorgen, damit war es aber auch getan. „Tiefer“ ist zwar ein kleiner Ohrwurm, hätte aber auch als ROSENSTOLZ-Cover durchgehen können (Which is worse? You decide!). Trotzdem verbeugten sich die Drei nach dem Auftritt und das schon wieder dem Geschehen abgewandte Publikum gab noch mal einen Höflichkeitsapplaus. Als Vorband für OOMPH durchaus passend und trotzdem recht wenig Feedback erhaltend, machte ich mir ein wenig Sorgen um die grenzenlos sympathischen ALL ENDS, die mit ihrem poppigen Metal-Hits in diesem Kontext eigentlich völlig fehl am Platze waren…

Na, noch ein wenig umgeschaut und den Joker im Publikum gesichtet (oder war es Oliver Pocher? Man weiß es nicht…), festgestellt dass viel älteres Publikum anwesend war und kaum Kuttenträger (powered by Rock Hard. Warum nur?). Nach rekordverdächtigen fünf Minuten Umbaupause ertönte aber schon das Intro zu dem kraftvollen 30 Minuten Auftritt der Liebhab-Schweden und ich wand mich dem Treiben auf der Bühne zu.

Sobald man die Band in Aktion sieht, sollte dem größten Zweifler klar werden, dass wir es hier mitnichten mit einer Plastik-Band zu tun haben, sondern mit gestandenen Musikern, die mit einer großen Portion Freude und Elan an ihre Musik herangehen! Die Vocals der beiden Frontfrauen Emma Gelotte (Schwester von IN FLAMES Gitarristen Björn/ schwarzhaarig) und Tinna Karlsdotter (frühere Musical-Sängerin/ errötet) verströmen live tatsächlich noch eine Spur mehr Klasse, Druck und Können! Diese beiden Frauen können wirklich singen und haben überdies eine Menge Spaß zusammen auf der Bühne. Emma zeigt, dass man auch mit Absätzen coole Metal-Dance-Moves auf das Parkett legen kann, während Tinna immer wieder versucht, das Publikum zum Klatschen zu Bewegen. Und während diese Aufforderungen zu Beginn noch weitestgehend im Sande verlaufen, ist spätestens bei „Pretty Words“ das Eis gebrochen und das „schwarze“ Publikum hat sich an die rockig-metallischen Forward-Tracks gewöhnt und sogar Gefallen daran gefunden. Es wird also fleißig mitgeklatscht und dabei auch den restlichen Mitgliedern auf die Finger geschaut. Als Mittelpunkt der Action ist unbedingt Drummer Joseph „Joey“ Skansås anzusehen, der als dunkelhäutiges Tier hinter den Fellen glänzt und live sehr akzentuiert und hart spielt. Dadurch setzt er mehr Akzente, als der Tonträger vermuten lässt. Auch die beiden Gitarristen Fredrik Johansson und Peter Mårdklint verströmen ein Rock-Flair ohne Ende, während der noch namenslose (und recht junge) Bassist solide agiert. Insgesamt macht es einfach Spaß den Schweden beim Treiben zuzusehen und selbst das Cover von „Apologize“ (TIMBALAND/ ONE REPUBLIC) klingt wie aus eigener Feder! Tolle Band, die gerne noch einmal in etwas passenderem Rahmen in unsere Breitengrade kommen darf. Ich stehe auf jeden Fall in der ersten Reihe und bin Euer Fan… Aufgrund der internen Geschmackssicherung meinerseits übergebe ich an Kollegin Dürkop, die sich mit der folgenden Materie ein wenig besser auskennt.
(Michael Päben)

Ohne Zwangsjacke, mit neuem Outfit und dem Song „ Beim ersten Mal tut’s immer weh“ eröffneten OOMPH! ihren knapp zweistündigen Gig. Im rasanten Tempo raste die Show mit einem Potpourri aus den verschiedenen Abschnitten der Bandgeschichte (es wurden unter anderem Stücke von den Alben „Unrein“, „GlaubeLiebeTod“, „Sperm“, „Plastik“ und dem aktuellen Release „Monster“ gespielt) über die Bühne. Nach diversen Auftritten hatte man heute endlich wieder das Gefühl gehabt, Teil einer einmaligen Show gewesen zu sein. Zum einem wurden OOMPH! durch eine technische Panne gezwungen, die entstandene Pause zu füllen, was der sonst so einstudierten Bühnenshow gut tat. So gab Dero „Mein Herz“ a Kapella zum Besten und die ersten Reihen erhielten die Möglichkeit, ausgiebig die Hände von Dero und Flux zu schütteln. Zum anderen hatte auch das Publikum einen großen Anteil an dem Erfolg dieses wirklich gelungenen Abends. Auch die Band zeigte sich von der im Saal herrschenden Fanbegeisterung sichtlich beeindruckt, so konnte man Dero des Öfteren beim verteilen von imaginären Kusshänden an das Publikum beobachten. Ich habe selten so ein begeisterungsfähiges Auditorium gesehen und es gab kein Lied, bei dem das Publikum den Refrain nicht mitsang. Zwischen den einzelnen Songs ertönten immer wieder OOMPH! Rufe (Bereits gegen 17 Uhr fanden sich Fans vor den verschlossen Türen der Markthalle ein, um zum Einlass um 20 Uhr die erste Reihe besetzen zu können). Auf Deros Frage „wollt ihr noch… könnt ihr noch?“ gab es aus dem Publikum den vereinzelten Zuruf MA-O-AM…MA-O-AM… welcher zum Lachen und Schmunzeln allerorts führte. Freude beherrschte die Szenerie, als Dero mit seinen an Eurythmie erinnernden Gestiken loslegte. Er verstand es, das Publikum immer wieder aufs Neue anzuheizen, so forderte er bei „Niemand“ zum gemeinsamen Hüpfen auf, bei „Revolution“ wollte er die Fäuste sehen und gemeinsam wurde „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ mehrmals angestimmt. Zu dem Titel „Mitten ins Herz“ sprang Dero in die Menge, um eine Runde Crowdsurfing zu betreiben.

Die meisten Songs verbrachte die Band hüpfend. Neben Dero überzeugte insbesondere die Spielfreude von Flux, so sang er mit und suchte den Blickkontakt mit dem Publikum. Zu den Zeilen „warum hast du so schöne Haare“ lag es natürlich nahe, dass Dero auf Flux Haarpracht anspielte.
Crap hingegen hielt sich gewohnt zurück, und wäre es nicht so verdammt warm in der Markthalle geworden, hätte er vielleicht nie seinen Mantel ausgezogen. Fragliche Aktion seinerseits war die Zigarette, die er während der Zugaben als Einziger im Saal öffentlich rauchte. Provokation, Ignoranz, Arroganz, Musikerstatus… bei OOMPH weiß man nie.

Bleibt zum Abschluss nur zu sagen Daumen hoch, OOMPH!… und Daumen hoch, Hamburger Publikum!
(Sandra Dürkop)

Copyright Fotos: Sandra Dürkop

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