Ort: Oberhausen - Eisenlager
Datum: 03.11.2008
Und auch dieses Jahr wieder organisierte das Label Out of Line eine Festival Tour mit fünf Bands aus dem hauseigenen Stall. Mit dabei die schwedischen Newcomer AUTO-AUTO, die Landsmänner(-frauen) von ASHBURY HEIGHTS, welche im letzten Jahr noch die Tour eröffnen durften, die Mexikaner AMDUSCIA, unsere blutigen Freunde von AGONOIZE und die Avantgarde Künstler von DIE FORM. Insgesamt gesehen also eine mehr als interessante Mischung aus Retro-Elektronik-Pop, harten Beats und experimentellen Klängen, die einen vergnüglichen Abend versprachen. So machten wir uns dann auch am Montagabend auf den Weg nach Oberhausen ins Eisenlager, um dem Tourauftakt der insgesamt sechs Termine beizuwohnen.
AUTO-AUTO
Als wir gegen kurz nach halb acht das Eisenlager betraten, waren die Schweden von AUTO-AUTO schon fleißig bei der Sache, man hatte also pünktlich begonnen. Nur das Publikum schien es mit der Pünktlichkeit nicht so genau zu nehmen, war es doch insgesamt noch recht leer und man drückte sich eher an den Seitenwänden der Location als vor der Bühne herum. Trotzdem bot sich ein recht nett anzuschauendes Bild. Drei junge Herren im Anzug, stilecht mit Krawatte, standen hinter ihren Keyboards und lieferten wohlklingenden elektronischen Pop ab. Man widmete sich ausgiebigst dem Ende Oktober erschienen Debütwerk „Celeste“ und auch das eingängige „Shadowlands“ welches schon auf dem „Awake the Machines“ Sampler in Erscheinung trat, durfte natürlich nicht fehlen. Nach einer kurzweiligen halben Stunde war der Auftritt des diesjährigen Openers aber auch schon wieder vorbei und es sollte nach einer kurzen Umbaupause dann erst mal mit Klängen für Freunde der härteren Gangart weitergehen. Dennoch konnte man die drei jungen Schweden im Verlaufe des Abends noch des öfteren im Publikum sichten.
AMDUSCIA
Ein deutlicher Härteschub stand nun zu erwarten, denn die Mexikaner AMDUSCIA stehen für tanzbaren Aggrotech der gehobenen Güteklasse. Ich war direkt etwas überrascht, dass das Trio schon so früh im Billing angesetzt war. Mag daran liegen, dass man in letzter Zeit nicht gerade präsent war, was sich mit der brandneuen Scheibe „Madness in Abyss“ aber wieder ändern sollte. Zu geschmackvollen Projektionen nahmen Polo, Edgar und Raul Aufstellung, der Vorturner wieder als eine Art Cyborg mit entsprechendem künstlichen Auge und auch ansonsten recht futuristisch gekleidet. Während der Herr mit dem grünen Iro wie ein Berserker über die Bühne flanierte, wirkten seine beiden Keyboarder doch etwas gelangweilt oder sagen wir lieber schüchtern. Scheint eine mexikanische Krankheit zu sein. Nun war deutlich mehr los im Eisenlager und das Parkett wurde zum wilden Tanzboden umfunktioniert. Das Material entstammte überwiegend den beiden letzten Scheiben, präsentiert wurden u.a. „Perverse Party“, „Touch That“ und „Absolution“. Zumal die Sachen doch insgesamt recht ähnlich klingen. Einige Klassiker des fulminanten Debüts „Melodies for the Devil“ hätten die Setlist doch etwas aufgelockert. Aber egal, das Energie Level war sehr hoch und das Gros der Anwesenden hatte seinen Spaß. Was man von den Musikern im nachhinein auch behaupten konnte, die den ganzen Abend über von ihren Fans belagert wurden.
ASHBURY HEIGHTS
Schweden die Zweite. Fungierten Yasmine U und Anders H im letzten Jahr noch als Opener der Festival Tour, hatte man sich in diesem Jahr schon auf Platz drei der Rangfolge hochgearbeitet und bekam dementsprechend auch mehr Spielzeit zugestanden. Mit dem Debütalbum „Three Cheers for the newlydeads“ und der in diesem Jahr erschienen EP „Morningstar in a black car“ hatte man ja nun auch genug Material an der Hand, um die Zeit zu füllen. Ich war auf jeden Fall sehr gespannt, was mich nach der eher mäßigen Performance auf dem diesjährigen Amphi Festival erwarten würde. Immerhin hat man sich mit Johan einen Live Keyboarder mit an Bord geholt, so dass für Anders und Yaz die Doppelbelastung wegfällt und sie sich ganz auf die Show/ den Gesang konzentrieren können. Wie ich denke, eine durchaus weise Entscheidung. Gestartet wurde mit dem Namensgeber der EP und ich gebe zu, dass ich von Yaz absolut fasziniert war. Ich fragte mich die ganze Zeit, wie sie es schaffte, auf den schwindelerregend hohen Absätzen quer über die Bühne zu tigern und was ihre Hose daran hinderte, ihr von den (sehr schmalen, Anm. des Fotographen) Hüften zu rutschen. Aber na ja gut, Frauen haben da ja so ihre Tricks. Weiter ging es mit meinen absoluten Favoriten „Christ“ und „Smaller“ vom Debüt und es fiel auf, dass man sich gesanglich doch um einiges verbessert hatte seit dem zuletzt von mir gesehenen Auftritt. Einzig die Show wirkte allerdings etwas unkoordiniert und so hätten sich Herr H und Frau U des öfteren fast über den Haufen gerannt. Mit „Die by numbers“ folgte dann ein weiterer Track der EP und irgendwie hätte es sich doch mehr als angeboten, diesen gemeinsam mit AGONOIZE zu performen, haben die Berliner doch einen wirklich gelungenen Remix dieses Titels abgeliefert und waren an diesem Abend zugleich auch noch anwesend. Weiter ging es mit „Stormbringer“ und dem „schmutzigen“ „Illusion“. Passend dazu lupfte Yaz ihre Jacke und zeigte uns, was Frau Unterwäschetechnisch so drunter trägt. Ob das nun unbedingt nötig war, sollte jeder selber beurteilen, mein mitgereister Fotograph war auf jeden Fall begeistert (natürlich nur wegen des guten Fotomotivs…). Zum Schluss folgten noch „Spiders“ und „Eternity at the end“, bevor auch dieser fast ekstatisch zu nennende Auftritt sich wieder dem Ende neigte. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass er mir ausgesprochen gut gefallen hat, die Setlist alle Kracher enthielt und ich auch beim nächsten Mal gerne wieder mit dabei sein werde, wenn die beiden Schweden sich in Deutschland blicken lassen. Vielleicht bekommt man dann nach der Steigerung der gesanglichen Leistung auch noch eine koordiniertere Bühnenshow zustande (Wobei auch dem Chaos eine sehr unterhaltsame Note beiwohnte, Anm. des Fotographen).
Setlist ASHBURY HEIGHTS
Morningstar in a black car
Christ
Smaller
Bare your teeth
Die by numbers
Stormbringer
Illusion
Spiders
Eternity at the end
AGONOIZE
Nach diesem denkwürdigen Auftritt hieß es nun “Warning – There will be Blood on the Floor”. Der Wahnsinn konnte also weitergehen, nur etwas kontrollierter. Das Berliner Trio AGONOIZE hat sich in den letzten Jahren im Genre „Harsh Electro“ ganz nach oben gekämpft, was nicht zuletzt an den schweißtreibenden Live Shows der Hauptstädter liegt. Wobei Schweiß noch die harmloseste aller Körperflüssigkeiten ist, mit denen man hantiert. Entsprechende Warnschilder am Eingang sorgten alsbald für Kopfzerbrechen bei den Knipsern an vorderster Front. Nun wurde es wieder richtig voll vor der Bühne und die Reaktionen der Anwesenden machten deutlich, dass wir es hier mit dem heimlichen Headliner zu tun haben. Aktuell hat man eine neue EP mit dem wohlklingenden Namen „For the Sick and Disturbed“ veröffentlicht, von der man dann auch gleich 4 Tracks intonierte. Doch zuerst erklangen die unheilvollen Klänge von John Carpenters „Halloween“, bevor Chris, Mike und Olli mit ihrem Inferno loslegten. Alsbald kam auch schon die Blutfontäne zum Einsatz, ein bereits bekanntes Stilmittel, das aber immer wieder bestens unterhält. So denn man sich geschützt an der Seite aufhält. Über die teils recht derben Texte mag man geteilter Meinung sein, auch in Punkto Innovation setzen AGONOIZE ganz sicher keine neuen Maßstäbe, dafür sind sie aber on Stage mit Leib und Seele dabei, kein Vergleich beispielsweise zu den Knöpfchendrehern von AMDUSCIA. Im weiteren Verlauf wurde bei „Glaubenskrieger“ mit kirchlichen Insignien gespielt und zum guten Sch(l)uss durfte auch Chris dann auch noch mal richtig abspritzen. Aber daran allein wird es nicht gelegen haben, dass vehement nach einer Zugabe verlangt wurde, die aber wohl aufgrund des engen Zeitrahmens nicht gewährt werden konnte.
Setlist AGONOIZE
Intro
A Cut inside my Soul
Sacrifice
Fight
Femme Fatale
Staatsfeind
In deinem Grab
Glaubenskrieger
Schaufensterpuppenarsch
Death, Murder, Kill.
Koprolalie
DIE FORM
Nun stand eine Formation auf dem Programm die mir vorab nur dem Namen nach bekannt war. Anderen schien es ähnlich zu gehen, denn nach AGONOIZE hatte sich der Saal merklich geleert und zurück blieb eine nicht mehr ganz so große Schar von Menschen, die mit dem nun folgenden wohl etwas anfangen konnte. Ich sichtete viele „ältere“ Menschen, was sich aber durchaus damit erklären lassen könnte, dass DIE FORM schon im Jahre 1977 gegründet wurde und seit 1982 regelmäßig Alben veröffentlicht. Doch zunächst wurde zum Ärger der Fotographen ein Bauzaun auf der Bühne aufgestellt, welche genaue Funktion dieser nun hatte, war nicht zu ergründen. Entweder optische Schikane oder (wahrscheinlicher) Teil der Show. Denn eine Show sollten wir auf jeden Fall geboten bekommen. Pünktlich um 23.15 Uhr setzte die (elektronische) Musik ein und vor unseren Augen stolperte eine Dame im weißen (und durchsichtigen) Gewand auf die Bühne, um dort eine Art Ausdruckstanz zum besten zu geben. Gewöhnungsbedürftig aber interessant. Erinnerte mich mehr an eine Kunstperformance als an ein Konzert. Zum zweiten Stück fanden sich dann Elaine P. im Fetisch- Schrägstrich Dominaoutfit aus Latex und Lack und Philippe Fichot mit Sklavenmaske und Keyboard auf der Bühne ein. Im Hintergrund lief auf der Leinwand ein schwarzweiß Film mit eindeutiger S/M (BDSM?) Thematik. Nennt mich spießig, aber das war mir dann doch irgendwie zu abgefahren. Zumindest, wenn man es wie hier unter dem Gesichtspunkt eines Konzertes laufen lässt. Und auch musikalisch war das irgendwie nicht so ganz meins. Aber nun ja, jedem das seine. Geschmäcker sind nun mal verschieden und das ist auch gut so. Im weiteren Verlauf wechselten sich immer wieder Gesangsstücke mit (sexuell aufgeladenen) Showeinlagen ab und die Zuschauer bekamen auf jeden Fall etwas geboten. Dennoch machten wir uns gegen Mitternacht auf den Heimweg, da die Müdigkeit ihren Tribut forderte und das warme Bett lockte.
Die diesjährige Out of Line Festival Tour bot sowohl viel musikalische als auch visuelle Abwechslung und ich halte das Ganze für eine ausgesprochen gute Idee, wenngleich sich die Zuschauerzahl diesen Abend ein wenig in Grenzen hielt. Mag aber auch daran gelegen haben, dass ein Montagabend vielleicht nicht der ideale Termin für so ein Event ist. Wir waren auf jeden Fall zufrieden und werden, wenn weiterhin so interessante Acts mit von der Partie sind, auch im nächsten Jahr wieder vor Ort sein.
Copyright Fotos: Karsten Thurau
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