Ort: Bielefeld - Ringlokschuppen
Datum: 15.11.2005
Konzertmarathon im Bielefelder Ringlokschuppen: Nach WIR SIND HELDEN am Vortag waren wir schon wieder vor Ort, um von einer echten Indie-Legende zu berichten. Dass die Dimensionen bei PHILIP BOA ein wenig kleiner sein würden, war ja abzusehen, aber der Zuschauerandrang in Ostwestfalen war doch eine kleine Enttäuschung. Nur ca. 300 Nasen verirrten sich in der (natürlich) mittleren Konzerthalle der bekannten Szene-Lokalität. Andernorts soll der VVK ja wesentlich besser gelaufen sein, aber egal, es ist schließlich nicht jeden Tag Sonnenschein, und auch mit so einer Menge kann man ordentlich abfeiern. Leider erwiesen sich die, die da waren, auch noch als relativ träge, worunter der Opener TIMID TIGER zu leiden hatte, der an diesem Abend sein Debüt auf der Tour feierte.
Doch wer sind eigentlich TIMID TIGER? 5 junge Kölner in besten Britpop-Klamotten und auf dem SPILLSBURY-Label beheimatet. Da spielten ein russischer Keyboarder (Evgeni), ein indischer Sänger (Keshav, mit PRINCE-Logo auf dem Poloshirt) und drei Deutsche (Christian, Thilo und Felix) englische Musik, die momentan vor allem in Schweden praktiziert wird (siehe MANDO DIAO). Internationaler könnte es kaum sein, leider ließen sich die Anwesenden nicht dazu bewegen, näher als 10 Meter an die Bühne heranzukommen, dabei ist dieser Tiger doch furchtsam! Nichtsdestotrotz legten die Jungs ordentlich los, wirkten zwar schon etwas aufgeregt, suchten aber auch die Kommunikation mit dem Publikum. Das Britpoppige Grundgerüst wurde durch ein paar Kleinigkeiten verfeinert/ ergänzt, so dass man schon einen eigenen Stil heraushörte, der nicht allzu aggressiv war. Die Setlist bestand zu weiten Teilen aus Songs des Full Length Debüts „Timid Tiger & A Pile of Pipers“, wie etwa die Single „Loveboat“ oder auch „Tiger is not a bird“. Beim brandneuen „Heathrow Capone“ hatte Keshav vergessen, seine Akustikklampfe einzustöpseln, und so begann man den Song noch einmal von vorne, wirkte sehr sympathisch. Dazu hatte man auch ein Stofftier an Bord, welches an Mr. Oizo erinnerte und einmal den pantomimischen Background-Gesang übernahm. Das bekannteste Stück „Miss Murray“ beendete den Auftritt, diese Komposition wurde sogar im Mutterland der BEATLES schon bei der BBC gespielt! Der Applaus am Ende war durchaus warmherzig, und man vernahm gar ein paar Zugabenrufe, ein gelungener Auftakt des Konzerts.
PHILLIP BOA, der Mann, der sich das Gitarrespielen selbst beigebracht hat, war danach zu Gast im Ringlokschuppen und seit 2003 ist auch Pia Lund wieder dabei, und das ist durchaus als Gewinn zu bezeichnen, bereichert sie den VOODOCLUB nicht nur rein optisch. Sie war etwa bei jedem zweiten Stück aktiv, dabei wurde aber auch deutlich, dass sich die beiden Ps auf der Bühne aus dem Weg zu gehen scheinen, es gab kaum Augenkontakt, kein Miteinander, nur ein nebeneinanderher. Das mag aber auch an Philips genereller Attitüde liegen, die zwischen schüchtern und ein klein wenig arrogant liegt, manchmal scheint er selbst nicht zu wissen, wo er genau hin soll mit seinen Armen. Dazu hatte man 4 Mitmusiker an Gitarre, Bass, Schlagzeug und Percussion/ Keyboard (ein sehr fähiger Mann in Doppelfunktion) mit dabei. Die Songs an diesem Abend waren eine gute Mischung aus neuem („Decadence & Isolation“) und altem Material („Skull“, ein ungewöhnliches Stück von der ersten Scheibe). Mit „Albert is a Headbanger“ war sogar ein relativ heftiges VOODOOCULT-Lied mit am Start, das ordentlich rockte. Die erste Zugabe enthielt dann Singleerfolge wie „Rome in the Rain“ oder den Ohrwurm „Containerlove“, bei der zweiten Zugabe war der Rausschmeißer das legendäre „Kill your Idols“, wo Boa und das Publikum freudig im Chor einstimmten: „Kill your Idols – Now!“. Das Programm war äußerst abwechslungsreich und wechselte zwischen Krachmachern und Ohrwürmern, von denen besonders die von Pia dominierten „Der Himmel“, „And then she kissed her“ sowie „Love on sale“ ein gutes Feedback vom Publikum bekamen! Eine gelungene leider fast zu intime Veranstaltung, ich hoffe, Herr Boa kommt noch mal wieder…
Setlist TIMID TIGER
Let the city save us
Combat Songs
Foxy End
Loveboat
Mississippi Dream
Napoli
Tiger is not a bird
Heathrow Capone
Miss Murray
Copyright Fotos: Jörg Rambow
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