Ort: Bremen - Aladin
Datum: 17.10.2009
Eigentlich ist Bremen ja mein regelmäßiger Abflugpunkt gen hohen Norden, doch wenn PORCUPINE TREE nach zwei Jahren mal wieder auf Tour in Deutschland sind, ist es die Fahrt von einer Hansestadt (Hamburg) in die nächste (über die Baustellengeplagte A1) allemal wert. Todesmutig ohne Navi und Beifahrer finde ich den Weg ins Aladin sogar auf Anhieb, doch die Freude währt nicht lange, denn schon beim Einlass sind von drinnen die dumpfen Töne vom Opener KATATONIA zu hören.
Laut Tickets hätten die Schweden erst um 20 Uhr beginnen sollen, auf der Webseite des Clubs war 19.40 Uhr angekündigt, doch es ist 19.15 und KATATONIAs Set ist zum Ärgernis ihrer Fans bereits in vollem Gange. Da der Einlass zügig verläuft, muss das Quartett zwar nicht vor leerer Halle spielen, doch sind deutlich mehr als nur eine Handvoll Fans über den verfrühten Beginn frustriert. Hinzu kommt, dass die Band mit technischen Problemen zu kämpfen hat (gnadenlos übersteuerter Bass), so dass hier keine rechte Spielfreude aufkommen mag, auch die anwesende Menge ist zu keinen Begeisterungsstürmen anzuregen, lediglich „Forsaker“, ein Vorgeschmack auf das neue Album „Night Is The New Day“ wird freudig umjubelt. Doch schon nach dem darauf folgenden „Follower“ müssen sich KATATONIA, die selbst etwas überrascht scheinen, verabschieden. Die Uhr zeigt 19.42.
Während der großzügigen Umbaupause werden die Fans Zeuge, dass man auch als gestandener Bühnentechniker schon mal zum Staubsauger greifen muss, wenn ein Steven Wilson, der gerne barfuß spielt, auf staubfreien Teppichboden besteht. Auch wird noch schnell eine Ansage gemacht, dass PORCUPINE TREE darum bitten, dass sämtliches Fotografieren und Mitfilmen von Seiten der Fans zu unterlassen sei, die Engländer scheinen schon ihre Ansprüche zu haben. Nun aber zum eigentlichen Geschehen:
Seit gut vier Wochen ist nun das neueste Meisterwerk „The Incident“ der Engländer erhältlich und weil PORCUPINE TREE eben nicht irgendeine Band sind, spielen sie wirklich die komplette erste CD des Doppelalbums und das in genau der Reihenfolge. Etwas anderes wäre wohl auch nicht in Frage gekommen, da dieses Konzeptalbum zwar aus mehreren Songs besteht, aber dennoch eine größere musikalische Komposition darstellt, die von härteren Stücken wie „The Blind House“ bis hin zu wunderschönen Balladen wie „Kneel and Disconnect“ sämtliche Bandbreiten des Progspektrums enthält. Immer wieder greift Bandschöpfer und Songschreiber Steven Wilson zur Akustikgitarre, begleitet sich auch gelegentlich auf dem Klavier und verzichtet dabei fast gänzlich auf große Gesten oder Ansprachen, hier spricht voll und ganz die Musik für sich. Entsprechend hören auch die Fans eher bedächtig zu, ganz nach dem Motto „Augen schließen und genießen“, erst bei „Anesthesize“, das im zweiten Teil des Konzerts gespielt wurde, gehen die ersten so richtig aus sich raus, ebenso wird beim sphärischen „Way out of Here“ begeistert mitgesungen, Beweis genug, dass „Fear of a Blank Planet“ bei den Fans wohl noch am beliebtesten ist. Einzig „Trains“ während der Zugabe, welches Steven eigentlich auf Deutsch ankündigen will, nur war ihm leider die Übersetzung entfallen, kann dies noch übertreffen.
Mit etwas über 2 Stunden Spielzeit beenden PORCUPINE TREE Punkt 22.30 ein eindrucks- und gefühlvolles Set, das Alt und Jung begeisterte (hier war jede Altersklasse von 15 bis 55 vertreten) und mehr als nur einmal Gänsehaut bescherte. Der im Anschluss normal stattfindende Discobetrieb erklärte dann auch, warum KATATONIA schon so früh auf die Bretter mussten und PORCUPINE TREE „nur“ 2 Stunden spielten, nicht die vom Hörensagen aufgeschnappten 2.5 Stunden. Schade, dass so was nicht von vornherein besser geplant wird. Ansonsten aber ein astreines Konzert, bei dem die Engländer ihren Fans wirklich noch „Value For Money“ boten!
Copyright Fotos: Juliane John
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