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PROGRESSION TOUR 2014

Ort: Frankfurt am Main – Batschkapp

Datum: 05.05.2014

Zum Ende eines jeden Jahres halten die Veranstalter um das Impericon-Team mit der Never Say Die!-Tour bekanntermaßen ein an allen Veranstaltungsorten reich besuchtes und Band-technisch überwiegend gut besetztes Spektakel für die Mosh-freudige Kundschaft bereit. Dass die Progression-Tour ein mehr als würdiges Frühjahrs-Pendant darstellt, konnte die letzte Auflage zweifelsohne beweisen, der unter anderem so geläufige Namen wie CALLEJON und AUGUST BURNS RED angehörten. Das diesjährige Aufgebot würde daran sicher nichts ändern, die Verantwortlichen setzten sogar eher noch einen drauf. Bei den fünf teilnehmenden Bands und der entsprechenden Menge an Breakdowns im Gepäck war es durchaus fraglich, ob der großen Schar an Besuchern nicht schon vor Beginn der deutschen Metalcore-Urgesteine CALIBAN, die dieses Mal als Headliner fungierten und immerhin ein taufrisches Album vorzustellen hatten, die Puste ausgehen würde. Dass sich die Besucher zum Startschuss der Tour im neuen Batschkapp zurück halten würden, war zumindest nicht zu erwarten… trotz entspannter Sonntags-Stimmung.

So ging es dann gegen 18:30, beinahe auf die Minute genau eine halbe Stunde nach Einlass, mit BREAKDOWN OF SANITY auch direkt in die Vollen. Ohne Label im Rücken haben es die DIY-Schweizer in den vergangenen Monaten erstaunlich weit gebracht und sind dieses Jahr zum zweiten Mal in Folge Teil der Konzertreihe. Daher war es kein Wunder, dass die Jungs von den schon Anwesenden nicht als bloßer Opener, den man auch für ein Bier in der Sonne mal sausen lassen kann, abgehakt wurden. Der unaufhörliche Breakdown-Reigen füllte die erste halbe Stunde bereits mit ein paar Moves im Pit, die präsentierten Songs, vorranging den letzten beiden Alben entstammend, waren Einigen durchaus bekannt, und auch die zarten Melodie-Sprenkler als I-Tüpfel auf dem durchdachten, knallharten Material wurden Sound-technisch nach ein paar kleinen Korrekturen transparent genug in die Halle geflutet. Ohne Schnickschnack und großes Gerede, dafür mit viel Druck und Energie startete der Abend mehr als angemessen, und es dürfte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass man die Jungs auf solch einer Tour zu Gesicht bekommt.

Auch I KILLED THE PROM QUEEN, die das Programm nach gut 30 Minuten Umbaupause fortsetzten, bedurften keiner großen Vorstellung mehr. Nach ihrer Wiedervereinigung 2011 und der letztjährigen Never Say Die!-Tour konnten die australischen Metalcorer erstmals mit neuem Album im Gepäck in unsere Breitengerade reisen. Die „Beloved“ getaufte Scheibe ist die erste seit acht Jahren und der bisher einzige Output in der neuen Besetzung, die gerade mal noch zwei der ursprünglichen Mitglieder enthält. Mit dem ehemaligen THE RED SHORE-Bassisten Jamie Hope am Mikrofon sind jedoch jegliche Sorgen um eine mögliche Bruchlandung unbegründet, denn der Herr ist nicht nur auf Platte, sondern vor allem live ziemlich gut unterwegs, auch wenn er sich zwischen den Stücken nicht als Mann großer Worte zeigte. Zudem passt er stimmlich absolut vorzüglich zu dem älteren Material, von dem in Frankfurt „Sharks in your mouth“ und das wohl den meisten bekannte „Say goodbye“ zum Einsatz kamen, und vermittelte vor Ort eher noch den Eindruck, als hätte er ohnehin schon seit Ewigkeiten in der Band gewirkt. Zu loben war auch der cleane Gesang von Gitarrist Jona Weinhofen, instrumental gab es, zumindest seitens der Band, ohnehin nicht viel zu beanstanden. Der Sound hätte vielleicht ein bisschen klarer sein können. Nichtsdestotrotz eine gute und entsprechend vom Publikum honorierte Darbietung, auch wenn die Bewegung beim Opener noch ein wenig intensiver gewesen zu sein schien.

Nach dem musikalischen Ausflug nach Down Under startete das amerikanische Doppelpack der Tour mit den ebenfalls regelmäßig von Impericon gebuchten THE DEVIL WEARS PRADA. Entsprechend gestaltete sich die Rückmeldung der anwesenden Fans, als das elektronisch gehaltene Intro verhallte und fließend in das nicht minder zur Bewegung der Extremitäten einladende Set des Sechsers aus Ohio überging. Klarer Gesang spielte hier jedoch zum ersten Mal eine wesentliche Rolle, der, konterkarierend zum derben Geschreie des rastlosen Fronters Mike Hrenica, von Gitarrist Jeremy Depoister glänzend in Szene gesetzt wurde. Neu waren auch die permanenten Keyboard-Sounds, die zunächst ziemlich vom Wall der Klampfen überdeckt wurden, damit aber glücklicherweise auch nicht zu aufdringlich in den Ohren dröhnten. Obwohl ein Großteil der Anhänger wohl im Zuge der letzten beiden Alben aufgesprungen zu sein schien, waren mir „Dead Throne“ und das aktuelle „8:18“ nur marginal bekannt. Daher freute es mich dann doch ein wenig, dass mit „Danger: Wildman“ zumindest ein „älteres“ Stück vom 2009er „With roots above and branches below“ den Weg auf die Setlist gefunden hatte. Gemessen am Jubel und Trubel im vorderen Bereich der Halle war ich damit auch nicht der einzige. Besonders für die Fans der jüngeren Epoche gab es unterm Strich einen ansprechenden Auftritt der Prada-Teufel, die sich sichtlich bemühten und den vorangegangen Kapellen in keinem Punkt nachstanden.

Teil zwei des US-amerikanischen Ausflugs sollte dann jedoch das vorangegangene Programm gänzlich in den Schatten stellen. Dass THE GHOST INSIDE derzeit im internationalen Hardcore-Wirrwarr ganz weit vorne mitmischen und entsprechend einer der am sehnlichsten erwarteten Acts des Abends sein würden, war im Voraus schon abzusehen. Der explosionsartige Einstieg nach dem Intro zum anschließend kredenzten Opener „Engine 45“ ließ mich jedoch mit Staunen zurück. Während der Hit vom noch aktuellen Album „Get what you give“ nach vorne rollte, weitete sich die Kluft vor der Bühne schlagartig zu einem glühenden Krater, der im Verlauf des Auftritts kaum kleiner werden sollte. Da musste sich Shouter Vigil zum dicken Singalong einfach zu den ersten Reihen gesellen. „Unspoken“ und „Chrono“ vom Vorgänger „Returners“ waren im Anschluss ebenso erfolgsträchtig wie später „The great unknown“ oder „Dark horse“. Aufforderungen zur Bewegung waren überflüssig, sämtliche bekannte Spielereien im Pit gestalteten sich im völligen Alleingang. Die Band selbst schien leicht verblüfft, honorierte die energetische Masse, die vor ihren Augen in Rage verfiel, mit herzlicher Dankbarkeit, aber vor allem mit durchweg hundertprozentigem Einsatz. Das Intro der aktuellen Scheibe funktionierte, gepaart mit „Outlive“, auch in der Mitte des Sets, und zum Abschluss gab es standesgemäß das etwas ältere „Faith or forgiveness“ auf die Ohren, wobei sich auch hier die deutliche Mehrheit als textsicher bewies. Gerne hätten beide Seiten wohl noch den ein oder anderen Song gefeiert, doch der strikte Zeitplan zwang die Show in die Knie, und so mussten die „Zugabe“-Chöre im Nichts verhallen… ungeachtet dessen konnten THE GHOST INSIDE mit einem solch intensiven Happening und maximaler, ehrlicher Spielfreude den Auftakt der Tour klar für sich entscheiden.

Während die meisten Anwesenden das Spektakel erst einmal unter dem mittlerweile dunklen Nachthimmel verdauen mussten, machte sich die Crew daran, das pompöse Bühnenbild des Headliners hochzuziehen. Passend zum Artwork des frisch im Januar erschienenen Silberlings „Ghost empire“ stürmten CALIBAN somit nach kurzem Intro vor einer postapokalyptisch angehauchten Atmosphäre in die letzte Etappe des langen Abends, die mit dem neuen „King“ eröffnet wurde. Obwohl sich einige doch lieber unbewegt oder kopfnickend am Rand erholten, fand der Einstieg noch reichlich Resonanz, die mit dem folgenden „We are the many“ vom allseits umschmeichelten Vorgänger „I am Nemesis“ noch weiter steigen sollte. Sänger Andy nahm es dann aber doch genauer mit seinen Motivationsreden, bekam schließlich auch den geforderten Circlepit ums Mischpult, und „I will never let you down“ bescherte dann noch die forcierte Wall of Death. Wie er schon im vorher geführten Interview angekündigt hatte, sollte sich die Tour vor allem um den aktuellen Longplayer drehen. So durfte die Single „Devil’s night“ nicht fehlen, auch „I am ghost“ war dabei. Da man sich erstmalig mit der Platte im Gepäck nun auch auf Deutschland-Tour befand, folgte auf das halb-deutsche „Dein R3.Ich“ selbstredend auch das erste ganzheitlich in der Muttersprache verfasste Stück. Auf CALLEJON-Sänger Basti musste bei „nebeL“ natürlich verzichtet werden, doch das Publikum bewies bereits ausreichende Textsicherheit, während Gitarrist Denis den Rest übernahm. Nicht nur dieser schien sich gesanglich im Vergleich zu früheren Auftritten gemacht zu haben. Auch Andy, der ja erstmalig von seinem Pfad des reinen Shoutens auf ein paar cleane Experimente umgestiegen ist, hatte sich trotz anfänglicher Bedenken erstaunlich gut im Griff. Mit „The boogeyman“ und „Davy Jones“ kurbelte „I am Nemesis“ die Bewegung noch einmal deutlich an, bevor „Nothing is forever“ als einer der wenigen älteren Tracks das vorläufige Ende einläutete. Natürlich ließ die Zugabe kaum eine Minute auf sich warten, und der wiederkehrende Fünfer startete mit dem Über-Hit „Memorial“ in die allerletzte Phase des Abends. „Chaos-Creation“ stellte noch einmal die Singalong-Kenntnisse der Meute auf die Probe, bevor „yOUR Song“, der ja direkt für die Fans geschrieben und entsprechend mit ein paar Danksagungen begleitet wurde, den Abend der Tour-Eröffnung zum Ende brachte und, was auch immer man von dem Stück halten mag, seine Wirkung nicht verfehlte. Trotz hoher Messlatte haben CALIBAN letztlich den willigen Verbliebenen noch einmal alles abverlangt und einen ordentlichen Abschluss bereitet. Ein paar ältere Songs und vielleicht ein paar weniger gesamplete Elemente hätte ich mir gewünscht, doch man muss sich wohl damit abfinden, dass das der Vergangenheit angehört.

Das dicke Band-Paket hat sich somit bewährt und zu keiner Zeit ernsthaft enttäuscht… und das bereits am ersten Tag der gemeinsamen Tour! Respekt auch an die unermüdlichen Pit-Artisten, die nach fünf Stunden Power immer noch auf zwei Beinen stehen konnten. Selbst als Angehöriger der Nicht-moshenden Gemeinde kam man definitiv auf seine Kosten, und somit bleibt am Ende nur meine uneingeschränkte Empfehlung, sich schnell noch ein Ticket zu besorgen und eines der verbleibenden Dates mitzunehmen. Los!

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