Ort: Hamburg - Headbangers Ballroom
Datum: 21.10.2005
Gras fressen! Durch Clubs tingeln und sich einen Namen erspielen. Alltag im deutschen Metal Business. Eigentlich hätten REBELLION das Zeug zu mehr. Doch das Mehr wird für Michael Seifert (Gesang), Uwe Julis (Leadguitar), Simone Wenzel (Guitar), Tomi Göttlich (Bass) und Gerd Lücking (Drums) noch ein steiniger Pfad. Denn hier gilt wieder einfach die Maxime: REBELLION sind eine Live Band durch und durch. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich das Glück zwei ihrer Auftritte zu sehen. Sie hatten mir das Angebot gemacht, auch einmal hinter die Kulissen zu schauen, sie als Menschen kennen zu lernen. Sicher hat ihr Album „Sagas of Iceland“ für eine deutsche Power Metal Band in diversen Fachgazetten gut abgeschnitten. Es hat aber eben noch nicht ausgereicht, um mittlere Hallen zu füllen. Um so mutiger der Schritt des Managements/ Labels, REBELLION auf eine Headlinertour zu schicken.
In der guten Stube des norddeutschen Metals im „Headbangers Ball“ direkt an den Landungsbrücken und beim Heimspiel von Uwe und Michi in Osnabrück (Norddeutschlands Metal Hochburg) 2 Tage darauf durfte ich sie sehen. Hamburg war enttäuschend schlecht besucht, nur wenige Headbanger hatten den Weg hierher gefunden, doch die Wenigen tanzten anschließend auf den Tischen. Wie in Ekstase skandierten sie immer wieder die Ohrwürmer der Metalheroen. Selten habe ich so wenige Leute so einen Krach machen hören. Der Sound in Hamburg war perfekt! Michi war in Höchstform. In seiner unnachahmlichen Art, seiner stimmlichen Bandbreite von hohen und tiefen Songparts, für die andere Gruppen zwei Sänger brauchen, blies er die Textinhalte in den Raum. Fies und düster dröhnten die Gitarren in die Nacht. Bass und Drums ließen die Bauchdecke beben. Was die befrackten Besucher der gegenüberliegenden Fischmarkthalle bei Ihrem Bankett bei Kerzenlicht wohl gedacht haben? Einige von Ihnen werden bestimmt mit den Füßen im Takt gewippt haben. In den kochenden Räumen des Ballrooms schaute ich gleich zu Beginn des Gigs auf eine junge unscheinbare Dame an der Gitarre. Simone Wenzel hatte die Bühne bestiegen. Doch von wegen unscheinbar, was hier aus den Fingern in den Äther floss war aller Ehren wert. Nach dem krankheitsbedingten Ausfall von Björn Eilen mussten sich die Bandverantwortlichen schnell um Ersatz kümmern, und mit der Ausstrahlung, der Spielfreude die Simone hier auf die Bühne legte, ist sie kein Ersatz sondern ein absoluter Gewinn für REBELLION. Nicht viele Bands hätten die Größe gehabt eine junge Frau in ihre Reihen der Wikinger-Recken zu stellen. Aber Simone übernahm im Kampf, Pardon beim Gig, ihre Rolle und gab REBELLION das Flair, den kein männlicher Krieger… äh Musiker auf die Bühne gebracht hätte.
In Osnabrück kam die Verstärkung, hier hatten REBELLION ein Heimspiel. Im N8 überließen sie zuerst der Vorhut das Feld. PREDATOR mit neuem Sänger aus Osnabrück und CHIMAERA aus Düsseldorf erwärmten die in der kalten Herbstnacht angereisten Fans. Als REBELLION die geheiligten Bretter bestiegen, brauchte Michi nur in die Menge zu blicken, und diese tobte sogleich. „The sons of the dragon slayer“, „Blood rains“ und „Macbeth“ ließen literweise Schweiß fließen. Stimmlich zu kommunizieren würde für einige der Metalheads am kommenden Tag einfach unrealistisch sein, denn ihr Organ ließen sie hier vor der Bühne liegen. Dahinter hatte ich es mit Menschen zu tun, die für ihre Musik ziemlich große Opfer bringen. So düsten Gerd Lücking und Simone Wenzel nach fast jedem Gig durch die halbe Republik, um am nächsten Tag ihren Jobd nachzugehen. Auf der Bühne gaben alle 5 ihr letztes Hemd und verausgabten sich völlig. Nach dem Konzert war aber noch nicht Schluss. Sie nahmen sich für viele ihrer Fans ausgiebig Zeit gaben Autogramme und übten sich in Fachsimpeleien. Unglücklicher Abschluss der beiden Konzerte war ein kleiner aber fieser Sturz von Uwe Julis, der sich dabei die Hand und einen Finger an einer zerbrochenen Flasche aufschnitt. Vermutlich die Höchststrafe für einen Gitarristen. Umgehend wurde er ins Krankenhaus gefahren. Und so verließ ich nach einem gelungenen Wochenende vier blasse und geschockte Musiker, die besorgt ihrem Gitarristen hinterher schauten, stand doch am kommenden Abend ein letzter Auftritt in Wetzlar an.
Für REBELLION wird die zukünftige Aufgabe sein, die Kraft, die Wut aber auch die Spielfreude, die sie live auszeichnet, auf einen Datenträger zu bannen. Ihre Idole, die Wikinger, haben mit diesen Emotionen ein Weltreich errichtet. Erst als sie die christliche Dekadenz übernahmen, begann dieses zu zerbröckeln. Nach dem Event in Hamburg lernte ich übrigens zwei verrückte Schweizer kennen. Zwei dieser megaharten Typen, die durch ganz Europe tingeln, um sich mindestens 50 Konzerte pro Jahr anzutun. Schnell bemerkte ich im Gespräch, dass ich bei den Beiden meine große Klappe ein wenig zurückschrauben sollte. Denn, was die Schweizer an musikalischem Fachwissen aufzubieten hatten war schon beeindruckend. Sie waren nach Hamburg gekommen, um sich MARIUS MÜLLER WESTERNHAGEN anzusehen. Das Konzert war ausgefallen und nun hatten sie sich entschlossen, spontan REBELLION die Ehre zu geben. „Das hat sich auf jeden Fall gelohnt, was wir hier sehen konnten hat verdammt viel Spaß gemacht“, war nach dem Gig auch die einhellige Meinung der beiden Alpenvorländer.
Nun noch ein paar Worte zum ständigen Tourbegleiter von REBELLION. CHIMAERA, das sind Pan, Izzy, Tony, Steffen, Nico und DanToka. Ihr von Mythen und Legenden gespicktes Programm brachten sie gut auf die Bühne. Sänger Pan hat ein ziemliches Potential. Wird abzuwarten sein, wie sie sich in der Szene etablieren.
Copyright Fotos: Olaf Gehr
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