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RELOAD FESTIVAL 2013 – TAG 3

Ort: Sulingen – Mühlenkampsfeld

Datum: 07.07.2013

Der Nachtteil an perfektem Festivalwetter ist eindeutig, dass man viel zu früh geweckt wird. Wenigstens kann man dann aber auch mal das Festivalangebot des Freibads nutzen. Die Idee haben anscheinend noch ein paar andere Reloader, und so mischen sich unter die sonntäglichen Frühschwimmer im Rentenalter auch diverse Besucher, von denen sich einige allerdings erst noch Handtücher und selbst die Badeklamotten bei der Bademeisterin ausleihen müssen.

Der Reload-Sonntag steht ganz im Zeichen verschlafener Menschen. Bis zum frühen Abend wird es auf dem Platz nie so richtig voll, viele haben schon gegen Mittag die Heimreise angetreten. So kommt es dann, dass bei GASMAC GILMORE auch gerade mal eine Handvoll Menschen auf dem Gelände zugegen ist. Die hat dafür aber eine Menge Spaß mit der verrückten Mischung aus Gypsy Punk, Rock und Metal, die die Österreicher da zum Besten geben. Mal mutet das Ganze etwas Rumänisch an, dann wieder eher wie eine kurze Fahrt durch eine Gypsy-Punk-Version der alten Piratenwelt von Pirates of the Caribbean in Disney World, und dann doch wieder, als hätten die Geschwister von Serj Tankian eine neue Band gegründet. In ihren eigenwilligen Outfits aus einheitlichen weißen Hemden und Anzugwesten, ziehen sie ihre Show professionell und gleichzeitig sympathisch durch. Die Security im Graben hat derweil nicht viel zu tun und vertreibt sich die Zeit mit Wasserschlachten und damit, Festivalbesuchern Schlauchduschen zu verpassen. Wer nicht nass werden will, sollte nicht zu nah an der Bühne stehen oder nicht mit bekannten Securities in Freizeit über den Platz schlendern. Ein Feuerwehrschlauch hat eben doch eine bemerkenswerte Reichweite. Und eine durchschlagende Wirkung. Die Folge sind triefende Menschen, von denen sich später einige auch noch ein Schlammbad vor der Bühne gönnen. Woodstock lässt grüßen!

So richtig wach wird das Reload dann zum ersten Mal bei den MONSTERS OF LIEDERMACHING. Zuvor haben BETWEEN THE BURIED AND ME und KADAVAR zwar auch schon ganz gut vorgelegt, aber erst mit den Monsters kommt die Partystimmung. Die Hamburger Liedermacher-Meister spielen sich gewohnt souverän durch ihr angestammtes Festivalprogramm, bei dem Songs wie „Marzipan“, „Tod in der Nordsee“, „Türen“ oder „Laterne“ natürlich nicht fehlen dürfen. Das Publikum lässt sich gerne zum Mitgrölen, Klatschen, Arme schwenken und Sitzpogo animieren und feiert die Monsters begeistert ab. Punkrock akustisch, auch das geht.

Alles andere als akustisch geht es im Gegensatz später bei BETONTOD zu. Party-Prollpunk deluxe – so könnte man den Auftritt zusammenfassen. Eingängige Melodien mit Textzeilen, die sich auch noch mit etwaigen Promille mitgrölen lassen, gespickt mit den üblichen Mittelfinger hoch-Phrasen und einer gewissen Sehnsucht nach einer besseren Welt geben den Ton an. Gleich mehrfach hört man danach auf dem Platz den Satz: „Wenn es ein Mallorca oder Ibiza für Punks gäbe, würde dort statt Schlager mit Sicherheit BETONTOD gespielt.“ Beim Publikum vor der Bühne kommt der Partypunk der Antirockstars gut an, das restliche Festival sucht sich derweil lieber Abendessen. Man braucht schließlich noch etwas Energie für CALIBAN, die DONOTS und PAPA ROACH.

CALIBAN machen den Platz dann noch mal fast richtig voll und geben das letzte Metalcore-Stelldichein des diesjährigen Reload Festivals in Sulingen. Die strahlende Abendsonne gibt ein schönen Kontrast zu den brettharten Klängen, mit denen das Urgestein-Quintett des deutschen Metalcores die Menge da vom Circle Pit in die Wall of Death und wieder zurück prügelt. Es wird gemosht, was die Knochen noch so aushalten, Sänger Andreas Dörner gibt alles, was die Stimmbänder zulassen und die Security dreht die Wasserhähne noch mal so richtig auf. Eine Stunde lang hält der feuchtfröhliche Metalreigen das Reload in Atem und hinterlässt jede Menge dreckverschmierter, glückliche Gesichter.

Doch noch ist das Festival ja nicht vorbei. Jetzt geht es im Endspurt von einem Tageshöhepunkt zum nächsten. Die DONOTS graben gewohnt tief und kreativ in der Kiste der Publikumsbelustigungsmaßnahmen. Warum nicht mal ein Circle Pit auf der Bühne? Und dann auch noch aus den ganzen Graben-Fotografen? Gibt es alles bei den DONOTS. Menschen, die sich splitterfasernackt für sieben Mal Gästeliste und sieben Tshirts in der Menge ausziehen und dann auch noch auf der Bühne tanzen? Gibt es ebenfalls bei den DONOTS. Dazu bekommt das Reload eine bunte Mischung vornehmlich aus Songs der letzten drei Alben plus einem Hosen-Cover von „All die ganzen Jahre“. Natürlich stehen auch „Whatever Happened to the 80s“ und „We‘re not gonna take it“auf der Setlist. Die Masse lässt sich nur allzu gern zu riesigen Circle Pits, Dreckraketen und Mitgröl-Arien hinreißen und feiert die Ibbenbürener frenetisch ab. Dazu Crowdsurfer soweit das Auge reicht. Die Knollmänner und Co. haben sichtlich Spaß und zu guter Letzt lässt Ingo sich von der Masse auf Händen tragen. Wenn es nach der Stimmung im Publikum ginge, hätten die DONOTS auch gerne noch ein Stündchen länger spielen dürfen.

Dann das große Finale mit PAPA ROACH. Zu einer dicken Lichtshow brettern Jacoby Shaddix und seine Mannen mit „Still Swingin‘“ los und liefern 90 Minuten lang eine ausgewogene Mischung aus alten Hits und einigen neueren Songs. Die Energie ist absolut mitreißend, sämtlich Arme recken sich gen Himmel, fast jeder tanzt und singt mit, und gefühlt fängt die Security alle 10 Sekunden einen neuen Crowdsurfer auf. Shaddix ist von dem Anblick all der surfenden Menschen schwer beeindruckt: „Look at all those crowdsurfers! Beautiful! This is what gets me off!“ Und auch die OKS Security im Graben hinterlässt bei ihm einen bleibenden Eindruck für ihre gute Laune und Tanzeinlagen – „best security crew ever!“ nennt Shaddix sie. Den letzten großen Knall gibt es mit der Zugabe. Auf „Last Resort“ hat der ganze Platz bis zuletzt sehnsüchtig gewartet. Noch einmal alles geben, noch einmal vollkommen durchdrehen. PAPA ROACH liefern mit dem Gig in Sulingen selbst einen gelungenen Abschluss ihrer Europatour, bevor es weiter nach Russland geht. Mit dem letzten Ton ist für die meisten das Reload Festival 2013 dann auch vorbei, man rennt förmlich direkt zum Auto, um schnell Richtung Heimat aufzubrechen.

Insgesamt präsentierte sich das Reload auch in diesem Jahr wieder als sehr herzliches, familiäres Festival mit einer weitestgehend tollen Organisation und einem sehr friedlichen, bestens gelaunten Publikum. Einziger Kritikpunkt vieler Festivalbesucher war die Regelung des Müllpfandes, der am Sonntag nur zwischen 12 und 16 Uhr und am Montag zwischen 8 und 12 Uhr abgeholt werden konnte. Viele bereitwillige Müllsammler blieben so verärgert auf ihren Tüten und Pfandmarken sitzen. Das könnte im kommenden Jahr besser gelöst werden. Die Veranstalter gaben sich rundum zufrieden, wenngleich das Line Up auch noch ein paar mehr Besucher als die 7500 im Durchschnitt pro Tag verdient gehabt hätte. Rettungsdienste und Security hatten zum Zeitpunkt der Pressekonferenz am Nachmittag jeweils lediglich fünf im Vergleich etwas ernstere Zwischenfälle zu verzeichnen. Noch ist nicht ganz klar, wo das Reload Festival im nächsten Jahr stattfinden wird. Eine Möglichkeit sei aber das Stoppelmarktgelände in Vechta, falls es im Sulinger Industriegebiet aufgrund diverser Baumaßnahmen nicht mehr genug Platz geben sollte. Egal wo, zum Reload kommt wohl jeder gerne wieder.

Copyright Fotos: Karsten Rzehak

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