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ROCK HARD FESTIVAL 2006 – TAG 1

Ort: Gelsenkirchen - Amphi-Theater

Datum: 03.06.2006

Seit dem Jahre 2003 nehmen sich viele Metaller für das Pfingst-Wochenende nichts vor, denn dort hat sich das „Rock Hard Festival“ mehr als nur etabliert. In Vergangenheit haben schon fast alle Größen des Metals dort gespielt, u.a. MACHINE HEAD, ACCEPT, KREATOR, BLIND GUARDIAN, IN FLAMES, DEATH ANGEL, OVERKILL, um nur einige wenige zu nennen. Auch dieses Jahr haben sich u.a. mit NEVERMORE, BOLT THROWER, DIO und CELTIC FROST wahre Legenden angekündigt. So konnte man nur hoffen, dass der Wetter-Gott Metaller ist, denn noch am Donnerstag hatte es in unseren Breitengraden heftigste Wolkenbrüche gegeben… Doch davon war am Samstag nichts mehr zu merken, denn in bester Stimmung (bei so manchen auch durch ein Promille-Frühstück verstärkt) enterten tausende Metaller aus ganz Europa das wunderschön am Rhein/ Herne-Kanal gelegene Amphi-Theater im westfälischen Ruhrpott!

Den Anfang machten dieses Jahr die Power Metaller von MYSTIC PROPHECY, welche erst kurz vor Tores-Schluss ins Billing rutschten. Die deutschen Metaller haben sich in den letzten Jahren einen wirklich guten Ruf erspielt und so verwunderte es nicht, dass neue und ältere Hymnen wie „Nightmares of Demons“ und „Burning Bridges“ schon freudig aufgenommen und mit den ersten fliegenden Matten honoriert wurden. Dies wurde neben den starken Songs natürlich noch durch die gelungene Performance vor allem der beiden Saitenhexer Markus Pohl und Martin Grimm, sowie durch die gute Gesangsleistung von R.D. Liapakis, der mit der meiner Mütze etwas an SCORPIONS-Klaus erinnerte, und dem ordentlichen Sound angefeuert. Ein schön smoother Einstieg in den ersten Tag des Festivals.

Pünktlich, wie am ganzen Wochenende, ging es dann mit den Durchstartern LEGION OF THE DAMNED weiter. Und zum ersten Mal wurde es doch schon recht voll vor der Bühne, waren doch viele neugierig, was für ein Brett die sympathischen Holländer auffahren würden. Und das war mächtig. Obwohl man nur einen Gitarristen am Start hat, feuerten die ehem. OCCULT-Mucker Thrash/ Death-Granaten vom feinsten in die Menge, welche trotz des mäßigen Sounds vom ersten Song an gut mitging. Kein Wunder, entfachen Songs wie „In the Eye of the Storm“ oder das viel umjubelte „Bleed for me“ live doch mind. so eine Wucht wie auf dem tollen Debüt-Album. Dies zockten LOTD auch in ihren gut 40 Minuten fast komplett runter, und für so einige der anwesenden Mattenschüttler war dieser Auftritt schon jetzt einer der Highlights des Wochenendes. So wurden Sänger Maurice und seine Mannen, die noch das ganze Wochenende über auf dem Gelände unterwegs waren, noch Stunden später mit ihren Fans feiernd gesichtet.

Etwas skeptisch erwartete ich nun die Iren PRIMORDIAL. Würde diese Band mit ihrem zumeist hypnotischen und fast monotonen Tracks die Stimmung im Amphi-Theater anfachen können? Eine schwierige Aufgabe, da sowohl die zahlenmäßig weniger angetretenen Fans als auch die Band selbst etwas schwer in Gang kamen. Das lag vor allem daran, dass erstmal der Sound nicht der beste war und man in erster Linie die Gitarren kaum hörte. Das besserte sich im Verlauf des Gigs dann aber etwas. Zum anderen war die Instrumental-Fraktion der irischen Black/ Doomster recht träge, was das Stage-Acting angeht. So war es an Glatzen-Sänger Alan A. Nemtheanga den Job des Entertainers zu übernehmen. Und dies tat der als einziger mit Corpse-Paint auftretende Shouter richtig gut. Ob mit extremem Gesang oder Viking-lastiger Stimme, im Gegensatz zu so manch einem Gig in der Vergangenheit saßen alle Passagen recht ordentlich. So sah man bei „The Coffin Ships“ schon einige Matten fliegen, beim BATHORY-Cover brandete sogar richtiger Jubel und zum Ende wurden sogar „Zugabe“-Rufe laut. So zogen sich PRIMORDIAL noch recht amtlich aus der Affäre, wobei man in Zukunft vor allem bei der Backing Band einige Verbesserungen angehen sollte.

Nachdem im letzten Jahr HEAVEN SHALL BURN die Position der „Quoten-Metalcorer“ übernahmen, standen in diesem Jahr deren Kumpels von CALIBAN auf dem Billing. Doch auch wenn die Ruhrpottler eigentlich ein Heimspiel hatten, waren viele der Metaller nicht so wirklich überzeugt von den deutschen Metalcore-Kings. Da konnte der Fünfer, vor allem wieder Gitarrero Marc und Sänger Andy, noch so über die Bühne fegen und Knaller wie „Moment of Clarity“ (leider ohne Mille) zocken, mehr als ein kleiner Pogo-Pit war diesmal nicht drin. Besonderes Augenmerk wird bei den Konzerten von CALIBAN ja immer auf den cleanen Gesang von Gitarrist Denis gelegt, welcher damit in der Vergangenheit alles andere als brillieren konnte. Und auch wenn schon eine deutliche Besserung zu erkennen ist, gehen Tracks wie „I rape myself“ und vor allem „Together Alone“ live gar nicht klar. Es ist halt eine Tatsache, dass Denis einfach kein richtiger Sänger mehr wird. Austricksen ließen sich dann viele Metaller beim Track „The Beloved and the Hatred“, denn beim Einstieg mit „Where is yaaaaaa“ muss man einfach mitgrölen, anders geht’s nicht. So zogen CALIBAN ihre Show routiniert und motiviert wie immer durch, konnten aber beim Großteil der über 5.000 Metaller keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Schon seit dem ersten RH-Festival hatte man versucht BRAINSTORM nach Gelsenkirchen zu holen, dieses Jahr hat es endlich geklappt. Und dies zur Freude viele Fans, wurde es doch wieder recht voll vor der Bühne. Und die „deutschen NEVERMORE“ zeigten auch gleich, was sie können. Auch wenn der Sound nicht so prall war und dadurch die Gitarren von Bass und Schlagzeug etwas überrollt wurden, sind Tracks wie „The Leading“, „Blind Suffering“, „Shadowland“ oder natürlich „All those Words“ auch live eine wahre Macht. Da wurde gemosht, geklatscht und mitgesungen, dass es auch für die Band sichtbar eine wahre Freude war. Doch da versuchte doch tatsächlich jemand der Band die Show zu stehlen. Denn genau bei BRAINSTORM stürmte ein Metal-Head die Bühne und machte seiner Freundin einen Heiratsantrag, wobei der Typ nicht mal auf die Knie ging! Nachdem dies auch positiv abgefertigt wurde und Sänger Andy sich mit „Will noch wer heiraten?“ wieder bemerkbar machte, ging es dann auch mit voller Fahrt in Richtung Gig-Ende. Keine Frage, mit einem weiteren tollen Album werden BRAINSTORM sicher bald wieder am Start sein und dann garantiert und verdienterweise später im Billing!

Im Vorfeld des NEVERMORE-Gigs gab es eine gute und eine schlechte Nachricht aus dem Camp der Ami-Progs. So war zwar Basser Jim Sheppard nach der Behandlung seiner Morbus Crohn-Krankheit wieder mit an Bord, aber Saiten-Zauberer Steve Smyth (ex-TESTAMENT, VICIOUS RUMORS) konnte nicht mit nach Deutschland kommen, da er aufgrund eines schweren angeborenen Nieren-Fehlers derzeit ans Dialyse-Gerät gefesselt ist. So widmeten seine Bandkollegen ihm diesen Auftritt und der war auch ohne zweiten Gitarristen ein wahrer Killer. Es ist wirklich kaum zu glauben, wie es Ausnahme-Klampfer Jeff Loomis schafft einerseits seine tollen Lead-Melodien zu zaubern und dennoch den Druck einer Rhythmus-Gitarre zu erschaffen. Nur wenn es in ganz filigrane Soli ging, fehlte das Backing von Steve Smyth etwas. So zockten die Amis ein ziemliches Killer-Set mit u.a. „I, Voyager“, „The Riverdragon has come“, „The 7 Tongues of God“, „Engines of Hate“, dem Monster „the Godless Endeavor“ und dem brettharten “Born”. Dabei überzeugte auch Sänger Warrel Dane mit einer klasse Gesangsleistung, welche sich ja mehr als deutlich gebessert hat, nachdem die gesamte Band dem Alkohol abgeschworen hat. Respekt! Und so verließen NEVERMORE viel umjubelt und unter lauten „Zugabe“-Rufen nach einer sehr kurzweiligen Show die Bühne, um der deutschen Thrash-Legende Platz zu machen.

Und diese Legende namens SODOM war im Vorfeld mit einer Special-Jubiläums-Pyro-Show angekündigt worden. Und da musste ich mir natürlich von dem ein oder anderen Kollegen Sprüche wie „Daran bist nur du und dein Interview Schuld“ anhören. Viele Thrasher freuten sich lautstark und schon den ganzen Tag sah man „Die stumme Ursel“ über das Gelände schweben. Doch die Ursel blieb heute tatsächlich stumm und auch der Rest der Band klang nicht wirklich toll. So war der Sound während der gesamten Show recht mies und vor allem schepprig. Das hielt die Massen aber nicht davon ab, Evergreens der Marke „Outbreak of Evil“, „The Saw is the Law“, „Bombenhagel“ (ohne Hymnen-Solo) und natürlich „Ausgebombt“ (in Deutsch/ Englisch-Kombi beim Text) amtlich abzufeiern. Zwischen diesen Klassiker mischten Tom Angelripper & und seine beiden Kollegen noch neue Granaten wie „Axis of Evil“ und den Knaller „Blood on your Lips“. Dabei klang Tom wirklich fast original wie zu alten SODOM-Zeiten und alle hatten sichtbar Spaß. Dennoch blieb unterm Strich eine „nur“ gute, aber vor allem recht klassische SODOM-Show. Die „Special-Pyros“ waren eigentlich recht unspektakulär, wenn auch schon cool (z.B. die Flames bei „Napalm in the Morning“). Doch von einer „Special-Jubiläums-Show“ hätte ich mir schon mehr erwartet. Und auch aus dem SODOM-Lager wurden im nachhinein noch Stimmen vernommen, die nicht so begeistert von dieser Ankündigung waren. Aber eine Überraschung hatte man dann doch nicht auf Lager und wer etwas die Augen offen gehalten hatte, ahnte schon was nun kommen würde. So hatte man beim Umbau mehr als nur eine Gitarre angecheckt und wer genau überlegte, bemerkte schnell, dass an diesem Abend ja auch alle Members einer weiteren legendären Band zugegen waren. RANDALICA! Und prompt stürmten Rock Hard-Chef Götz Kühnemund, der „dicke“ Albrecht & Co. die Bühne und sorgten mit dem Klassiker „Tote auffe Tanzfläche“, „Nach uns die Sintflut“ und natürlich „Potent, Willig & Solo“ für ordentlich Stimmung, auch wenn das geforderte „Schmeck den Prügel“ im Halfter blieb. Eine coole Überraschung, satte 10 Jahre nach „Knast, Tod oder Rock ’n’ Roll“ diese Bekloppten mal wieder rocken zu sehen!

Was für ein riesiger Jubel brandete vor einem Jahr beim Rock Hard Festival auf, als Götz bekannt gab, dass BOLT THROWER kommen würden. So spielen die Death-Legenden eigentlich nie auf Festivals, da man dort nie die ihnen so wichtige Fan-Freundlichkeit kontrollieren kann. Doch nun war es soweit. Und wie! Das Rund des Amphi-Theater war vor der Bühne und auf den Stein-Tribünen trotz des kurzen Regenschauers rappelvoll, und keinen hielt es mehr auf den Sitzplätzen, als BOLT THROWER mit „The IVth Crusade“ begannen, tausende Metaller platt zu walzen. Mit einem leicht breiigen Monster-Sound verplätteten die Briten einem Knaller von „Warmaster“ (Yes!) bis „the Killchain“ oder auch „Mercenary“. Was in unserem Interview angedacht wurde, bot der Fünfer dann leider nicht. So ging das geniale „WorldEater“ wieder in die Legende „Cenotaph“ über, was natürlich wie immer ein richtiger Hammer war, aber dennoch würden wohl alle Fans einiges dafür geben „WorldEater“ endlich mal wieder live ausgespielt zu erleben. Köstlich zu beobachten war wieder mal der neue/ alte Growler Karl. Im kultigen „Realm of Chaos“-Shirt (von dessen Album leider wieder nix gespielt wurde) grinste der Blondi wieder einmal über sämtliche Backen und grunzte nebenbei mal alles in Grund und Boden. Die Axt-Fraktion im Jo Bench, Gav und Baz sorgten für die mächtigen Riffs, wobei auch bei den dreien etwas mehr Bewegung (wenn man das so nennen kann) und sogar Anzeichen von Spaß erkennbar waren. Mitgröl-Highlight war natürlich „No Guts, no Glory“, bei dem wirklich jeder seine Stimmbänder anstrengte, und wer mit einem Klassiker „… for Victory“ als Zugabe sein Set beendet, kann nur gewonnen haben. BOLT THROWER rules! Ende der Durchsage!

Diese Performance hätte eigentlich nur noch durch eines getoppt werden können: The Return of CELTIC FROST. Doch was während der ganzen Euphorie beim BOLT THROWER-Gig unbemerkt blieb, war, dass die Briten etwas länger zockten als vorgesehen. Und was schon kurz vorher im VIP/ Presse-Bereich gemunkelt wurde, präsentierte man nun als Tatsache. So kam Götz mit CF-Basser und HELLHAMMER-Legende Martin Eric Ain auf die Bühne und der Schweizer übermittelte die Fans die Hiobs-Botschaft: Kurz vor dem Auftritt der Väter des Black Metals war Fronter Tom Gabriel „Warrior“ Fischer im Backstage-Bereich zusammengebrochen und musste mit dem Krankenwagen in die Klinik gebracht werden, wo eine schwere Nierenkolik verursacht von Nierensteinen festgestellt wurde! Doch anstatt zu buhen oder Randale zu machen, reagierten die Metal-Fans genau richtig und versuchten den sichtlich geknickten Martin Eric Ain mit „Frost, Frost“-Rufen etwas aufzubauen. Dieser versprach, dass man alles daran setzen werde, um nächstes Jahr diese Show nachzuholen und schon 2 Tage nach dem Festival brachte Tom G. Fischer in seinem Internet-Blog selbst sein Bedauern zum Ausdruck. Gute Besserung, Tom!!

Als kleine Wiedergutmachung, wenn das überhaupt möglich ist, hatten die Rock Hard-Leute aber spontan noch etwas organisiert. So hatte man die noch komplett anwesenden und halbwegs nüchternen SOILWORK, SODOM und die Nicht-Trinker NEVERMORE noch mal zusammen getrommelt, um sie noch einige Songs zocken zu lassen. Wobei nüchtern relativ zu sehen ist, betrachtete man den Zustand von SOILWORK-Basser Ola Flink. Aber so sorgte man noch für einige Songs für ordentliche Stimmung unter den verbliebenen Fans, wobei aber die Sorge um Toms Zustand immer im Vordergrund stand!

So ging ein sehr gelungener erster Tag zu Ende, dessen viele tolle Bands und super Stimmung leider durch die schlechte Nachricht aus dem CELTIC FROST-Lager getrübt wurde. Dennoch freuten sich alle auf Teil 2!

Copyright Fotos: Torsten Hellge

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