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ROCK HARD FESTIVAL 2011 – TAG 2

Ort: Gelsenkirchen - Amphitheater

Datum: 11.06.2011

Nachdem der Freitag schon ganz in der Hand der düsteren Metal-Kunst stand, ging es auch am Samstag mit deftiger Kost an den Start. Allerdings war Death Metal in der 2011er Ausgabe des Rock Hard Festivals eher weniger vertreten, so dass die ersten halbwegs wachen Metaller sich nur zu gerne die melodische Todesblei-Kost der jungen Schweizer DREAMSHADE als Beilage zum Hopfen- und Malz-Frühstück reinzogen! Auch die traditionelle Metal-Schiene ist bei der jungen Generation wieder stark angesagt, was die deutlich von MERCYFUL FATE inspirierten IN SOLITUDE gekonnt bewiesen! Ein schöner Start in den zweiten Festival-Tag!

Dieser nahm dann so richtig Fahrt auf, als die hessischen Death Metal-Veteranen DISBELIEF, welche uns schon seit über 15 Jahren mit satten Dampframmen, die ein Fest für jeden Fan von AMON AMARTH und BOLT THROWER sind, beglücken, aber nie so den riesen Durchbruch geschafft haben. Unverständlich, denn auch live machen die Jungs um Front-Hüne Jagger keine Gefangenen. Besonders jetzt, wo man wieder ein festes Line Up beisammen hat, scheinen Knaller wie „Navigator“, „A Place to hide“ und natürlich „Sick“ nochmal neuen Schwung zu bekommen, der auf und besonders vor der Bühne für ordentlich Rotation sorgt! Top!

Nach der langwierigen Krankheit ihrer hübschen Frontfrau Simone Simons sind die Holländer EPICA nun erfreulicherweise wieder mit Vollgas unterwegs und traten auch an diesem Nachmittag spürbar motiviert auf die Bühne des Amphitheaters. Nach dem Intro rotierte man auch gleich deftig mit „Resign to Surrender“ los und die rothaarige Sängerin bewies sogleich, dass sie nicht nur top aussieht, sondern auch mächtig ihre Mähne kreisen lassen kann, während Gitarrist Mark Jansen mit Screams, Grunts und satten Riffwänden für ordentlich Druck sorgte. Nachdem AFTER FOREVER weg sind und NIGHTWISH schwächeln, haben sich die eh schon etablierten EPICA zurecht zu einer festen Größe im Metal-Business gemausert. Grund dafür ist die starke Kombination der heavy-groovenden Mucke mit Simons‘ glasklarer Stimme, die live sowohl in kräftigen Stimmlagen als auch in Opern-Regionen zweifellos auf dem Punkt sitzt. Wenn die junge Frontfrau nebenbei auch noch spielerisch mit ihren gut Gas gebenden Band-Kollegen flirtet, möchtet wohl so manch ein Fan nur zu gerne in eben jener Band spielen! Und auch wenn es nicht jeder zugeben will und wird, aber den abschließenden Hit-Ohrwurm „Forever and Ever“ kennt man mittlerweile auch, und so erwischte man sogar den ein oder anderen Böse-Böse-Metaller beim heimlichen Mitgrooven. So muss dat!!

Unter den Fans wird schon seit Jahren diskutiert, ob die Durchstarter BULLET nun nach ganz viel AC/DC mit einem Schuss ACCEPT oder vice versa klingen. Egal, denn das Ergebnis rockt mächtig und so werden die Schweden auch schon fast wie Headliner gefeiert! Und natürlich lassen sich die Jungs mit den coolste Frisuren des Wochenendes nicht lange bitten und rocken das volle Amphitheater so richtig mit Hymnen und Knallern von „Stay Wild“ bis „Turn it up loud!“. Es ist einfach göttlich mit anzusehen, wie diese Typen auf der Bühne posen, zocken und ihre Locken schütteln und dabei noch einen Hit nach dem anderen aus den Boxen feuern. Und wenn die Menge ihre Lieblinge schon mit „Bullet Bullet“-Sprechchören feiert, setzen eben diese mit der quasi Hymne „Bite the Bullet“ noch einen drauf und gehen als einer der Gewinner des Wochenendes von der Bühne! Fett!

Sicherlich ein erstes Über-Highlight sollte für etliche Gourmet-Kenner der deutschen Metal-Szene die Rückkehr der ersten deutschen Death Metal-Combo MORGOTH sein! Nach 2 Warm Up Club-Gigs kurz zuvor war dies nun die erst dritte Show mit dem neuen Schlagzeuger Marc Reign und Bassist Thilo Mellies. Neben Marc Grewe am Mikro stehen noch die Ur-Gitarristen Harry Busse und Sebastian Swart auf der Bühne. Im Mittelpunkt bei den Reunion-Gigs der erste volle Longplayer „Cursed“ zu dessen 20-jährigem Releasejubiläum. Natürlich darf Stoff von den ersten beiden, nicht minder wichtigen und starken Mini-LPs „Resurrection Absurd“/ „The Eternal Fall“ nicht fehlen. Bei noch trockenem Wetter legen die 5 gealterten Herren los wie anno dunnemal, zumindest musikalisch. Denn das Stageacting ist natürlich nicht mehr mit dem zu vergleichen, was es Anfang der 90er war (man erinnere sich nur an den damaligen legendären Gig mit DARK MILLENNIUM im Bielefelder AJZ!!!). Die jugendliche Wüstheit ist eben nicht reaktivierbar und Herr Grewe growlt auch nicht mehr ganz so derbe tief wie in jungen Jahren. Dennoch wird´s mit Genre-Klassikern wie „White Gallery“, „Isolated“, „Sold Baptism“, „Body Count“, „Burnt Identity“, „Selected Killing“ oder dem gleichnamigen Demo-Killer „Pits of Utumno“ eine herrliche Zeitreise für alle Altfans, jene die damals nicht dabei waren und die junge Bangerschaft. Das Amphi ist gut gefüllt, aber auch nicht mehr (volle Hütte sollten eh nur ICED EARTH und OVERKILL schaffen in diesem Jahr) und der Mob tobt wild vor der Bühne ab.Kurz vor Ende der Show öffnet allerdings der Himmel wieder seine Schleusen, was flüchtende Massen zur Folge hat und die folgenden AMORPHIS mit Sicherheit zuerst eine Menge Zuschauer gekostet hat. MORGOTH überzeugen jedenfalls (ohne allerdings umzupusten), welcome back!

Diese Finnen brauche wahrlich keine Vorstellung mehr. Mit dem Einstieg von Sänger Tomi Joutsen begann quasi die zweite Erfolgswelle einer Band, die schon seit frühen 90ern eine Größe ist. So stehen AMORPHIS mit dem neuen Album „The Beginning of Times“ den Vorgängern „Eclipse“, „Skyforger“ und „Silent Waters“ in nichts nach und könnten sich mittlerweile eine runde Setlist nur aus Songs dieser Alben basteln. Aber da sowohl die Fans als auch die Band selbst seit Tomis Einstieg sich wieder voll mit der Band-History wohl fühlen, hauen die Nordlichter immer wieder alte Gassenhauser raus! So hat man dieses Mal neben den Hymnen „The Smoke“, „You I need“ und natürlich „Silver Bride“ auch wieder „Against Widows“ im Köcher und packt zum Ende des Sets auch wieder das grandiose „The Castaway“ aus! Knaller! Möglich wird eine solche Setlist eigentlich nur durch die überragende Gesangsleistung des Dread-Mannes am Mikro. So beherrscht der kleine Finne mit der merkwürdigen Mikro-Konstruktion sowohl die cleanen Vocals als auch die fiesen Grunts in Perfektion und ist obendrein noch ein Obersympathico vor dem mächtigen Thor! Dazu rocken seine Kollegen mit der bekannten Mixtur aus Spielfreude und Routine ein Set, welches absolut eines Co-Headliners würdig ist! Und wer bei der Mitsing-Passage des letzten Songs „House of Sleep“ noch daran zweifelt, dass diese Band zurecht zu den ganz großen gehört, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen!

Trotz empfindlicher Nass-Kälte ist das Amphi natürlich zum ersten Mal an diesem Wochenende proppevoll, als ICED EARTH während des Intros „1776“ aus tausenden Kehlen überschwenglich begrüsst werden. Markierte der Gig vor 3 Jahren an gleicher Stelle die Rückkehr von Publikumsliebling Matt Barlow, so heißt es in diesem Jahr wieder Abschied nehmen, da er zurück zur Polizei geht und sich für seine Familie und gegen ein Bandleben entschieden hat. Die letzte Deutschland-Show mit ihm soll natürlich etwas ganz besonderes werden, sprich es wird fast nur Material aus seiner Band-Ära präsentiert! Somit erschallen nahezu ausnahmslos Göttergaben und Sternstunden des US-Power Metals, die den Headlinerstatus der Band mehr als rechtfertigen! Dass Bandkopf Jon Schaffer seit dem 98er-Jahrhundertwerk „Something Wicked this Way Comes“ ja nichts wirklich prägnantes mehr auf die Kette kriegt, interessiert heute Abend niemanden. Daher ist es auch kein Wunder, dass der Großteil des Sets aus eben jenem Werk besteht. Der (graue!) Meister selbst scheint in diesem Gig vor beeindruckender Kulisse völlig aufzugehen und gibt Vollgas, Barlow singt mal eben wieder alles in Grund und Boden und wer in der Backing-Band spielt, ist mal wieder völlig unerheblich! Die zocken zwar einen fulminanten Teppich und sind alle fitte Musiker, aber auch komplett austauschbar (was Schaffer ja alle paar Tage auch macht…). Nun denn, mit „Declaration Day“ kommt sogar ein neuerer Track zum Zuge, der zu den stärkeren Bandtunes der Neuzeit gehört, aber auch klar aufzeigt, dass die Band nunmal nur mit Barlow richtig funktioniert. Nix gegen den Ripper, den ich ebenfalls sehr schätze, aber sein Timbre passt nicht zu den Schaffer-Kompositionen.

Ansonsten sorgt man für einen Gänsehaut-Moment nach dem nächsten und wenn die DVD von diesem Gig erscheint (bestimmt!), dann kann man nochmal kollektiv vorm TV niederknien! „Burning Times“, „Violate“, „Last December“, „The Hunter“, „Travel in Stygian“, „Vengeance is Mine“, „Colors“, die grandiose „Something Wicked-Trilogie“ oder die gefühlvollen (Halb)Balladen „Watching over Me“ und „Melancholy (Holy Martyr)“ bringen die vollversammelte Meute zum kollektiven Ausrasten. Agil wie schon lange nicht mehr und mit drückend-fettem Sound besorgen es uns ICED EARTH letztmalig in der einzig wahren Inkarnation. In dieser Form stellt die Band die absolute Speerspitze des Genres dar. Nach gut 90 Minuten plättet man die letzten Entkräfteten mit der Überhymne „Iced Earth“ vom legendären Demo und Debutalbum! Würdiger und amtlicher kann ein Headlinergig auf dem Rock Hard Festival nicht abräumen! Auch wenn der schon feststehende neue Sänger Stu Block von INTO ETERNITY (Killerband!!) ein Topmann ist, das Charisma und die einzigartige Stimme von Matt wird unerreicht bleiben. Was am heutigen Abend nochmal eindrucksvollst bewiesen wurde.

Setlist ICED EARTH
1776 (Intro)
Burning Times
Declaration Day
Vengeance is Mine
Violate
Watching over Me
Last December
The Hunter
I Died for You
Travel in Stygian
Jack
Melancholy (Holy Martyr)
Prophecy
Birth of the Wicked
The Coming Curse
Colors
Iced Earth

Copyright Fotos: Michael Werneke

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