Ort: Flugplatz Ballenstedt/ Harz
Datum: 11.07.2009
Die Frühaufsteher bekamen mit BLUTSBRÜDER in Form von Deutsch Punk mit lächerlichen bis geschmacklosen Texten wie „Scheidenkrampf“ ihre erste Ration serviert, doch erwies sich das ganze als recht überflüssig. Die NIGHTWISH Fans dürften bei LEGENDA AUREA voll auf ihre Kosten gekommen sein, die Schweizer orientierten sich musikalisch doch ein bisschen zu sehr an den Finnen, doch wem Anette ein Dorn im Auge ist, wird hier sicher einen würdigen Ersatz gefunden haben. Definitiv keine schlechte Kopie.
Der erste Höhepunkt des Tages stand mit LYFTHRASYR an. Mit komplexem Black Metal und zum Windmühlen Drehen verleitenden Riffs bekam man hier die erste Ladung Ersatzkoffein präsentiert, wer hier nicht wach wurde, muss sich wohl noch in der R.E.M.-Phase befunden haben. Im Lack- bzw. Latextfarbenoutift boten die Süddeutschen sowohl optisch als auch musikalisch eine Menge, und obwohl der Bandname aus der nordischen Mythologie entspringt, gab es hier vertrackten symphonischen Black Metal zu hören, der vielleicht am ehestens mit OLD MAN’S CHILD zu vergleichen ist. Absolut genial!!!
SUIDAKRA gehören seit Jahren zur Front der deutschen Folkszene und so durften sie natürlich auch auf dem Rock Harz nicht fehlen. Zur frühen Stunde vergewisserte Sänger Arkadius sich auch gleich, ob die Menge schon wach sei, denn obwohl LYFTHRASYR gute Vorarbeit geleistet hatten, war mit dem Publikum noch nicht allzu viel anzufangen. Da halfen auch Songs vom neuem Album „Crógacht“ sowie allbewährte Brecher à la „Darkane Times“ nicht viel, doch zu einer Wall of Death ließen sich doch ein paar Seelen animieren (wieso muss neuerdings jede Band egal welchen Genres ne Wall of Death veranstalten???). Irgendwie waren aber im groben Durchschnitt zu den früheren Stunden trotz qualitativ guter Bands keine Stimmungsrekorde zu erzielen.
Ob eine Textzeile wie „Es regnet Glas“ aus „Glas und Tränen“ wohl ein schlechtes Omen war? Anscheinend, denn ab der Mitte von MEGAHERZ Gig kam unser alter Freund, der Regen, wieder auf einen Besuch vorbei, verflixte Axt, das Wetter war absolut nicht auf unserer Seite. Trotzdem lieferten die Münchener dank ihrem charismatischen Fronter einen super Auftritt ab und da die Menge natürlich „nicht aus Zucker ist“ (O-Ton Alexx), harrten viele vor der Bühne aus, um zu Hits wie „Fauler Zauber“ oder „Gott sein“ abzurocken.
Trotz Regens füllte sich der Zuschauerraum kontinuierlich, kein Wunder, KORPIKLAANI sind schließlich für ihre Partystimmung bekannt (spielten aber ironischerweise auf der Dark Stage). Auch wenn die 6 Herren heute mehr als träge rüberkamen, war in der Menge sofort Bombenstimmung angesagt, mit den ersten Zeilen von „Journey Man“ drehte der Moshpit seine Kreise und auch die ersten Crowdsurfer bescherten den Securities endlich mal etwas Arbeit. Obwohl die Finnen mit „Karkelo“ ein neues Album am Start haben, fanden davon lediglich „Vodka“ und „Juodaan Viinaa“ ihren Weg auf die Setlist und generell fiel auf, dass mittlerweile die Trinklieder Überhand nehmen auf selbiger, obwohl man auch so viele andere tolle Songs hat. Auch wenn „Beer Beer“ und „Happy Little Boozer“ sicherlich unübertroffene Partylieder sind, könnten in Zukunft auch gern wieder welche der vernachlässigten Songs gespielt werden.
GRAVE DIGGER hatten wohl allein schon dafür den Rock Harz Sonderpreis verdient, dass sie doch tatsächlich die Sonne hervor beschworen. Teutonenschwermetall schien also das Geheimrezept zu sein oder vielleicht war es auch die Posierfreude von Chris und Co., jedenfalls stieg die Stimmung gleich um ein Vielfaches. Mit „Excalibur“ und „Hell of Disillusion“ hatte man auch die richtigen Stücke dabei, um die Temperaturen mal Richtung Siedepunkt zu bewegen.
Auf deutsche Wertarbeit folgte schwedische Präzision, DARK TRANQUILLITY sind ja für ihre energiegeladenen Gigs bekannt. Leider traf dies zunächst nur auf Fronter Mikael zu, der Rest seiner Band schien den Titel ihres Songs „Lost to Apathy“ ein bisschen zu sprichwörtlich zu nehmen und stand etwas demotiviert in der Gegend herum. Doch ein hyperaktiver, posierfreudiger und schlichtweg super gelaunter Herr Stanne braucht auch keine Unterstützung, um die Menge mitzureißen, die sich im wunderschönen Sonnenuntergang zu Krachern wie „The Lesser Faith“ oder „Final Resistance“ so richtig selbst in Fahrt brachte. Zusätzlich kündigten die Schweden noch ein neues Album an, da darf man also gespannt sein.
Schwedenpower die 2., nun mit größerer Thrash-Schlagseite. Auch ARCH ENEMY genießen ja einen exzellenten Ruf als Liveband, nicht zuletzt auch wegen ihrer Powerfrau Angela Gossow. Da diese nach so vielen Jahren in Schweden sich natürlich schwer tut mit ihrer Muttersprache, gab es immer wieder Ansagen auf Englisch (ob das „Deutschland rockt“ auf ihrem Metal Hammer-Shirt wohl als Ablenkmanöver gemeint war?), doch das störte hier natürlich die wenigsten. Da die Show für die kommende DVD aufgezeichnet wurde, zeigten sich die Fans natürlich von ihrer besten Seite und bedankten sich mit ordentlichen Moshpits and ansehnlichem Mattenschwingen! „Dead Eyes“, „My Apocalypse“ und „Nemesis“ bescherten den Rest, bei solchen Krachern kann auch kein Nacken stillstehen!
Nach so viel Schwermetall sind die Elektrotechniker von ASP das reinste Kontrastprogramm. Für die einen ist er sicher der Gott der Elektrorock-Szene, für die anderen Klischee überladener Kitsch, aber showmäßig zweifelsohne dank Pyros bis zur Bühnendecke ein kleines Highlight. Alles andere ist wohl Geschmackssache!
WASP sind in der Vergangenheit das ein oder andere Mal durch schlechte Laune und schlichtweg miese Gigs aufgefallen, doch war davon heute nichts zu spüren, Blackie ging ab wie Schmitz Katze und holte auch noch die letzten Energiereserven aus den Fans. Da er nur seine größten Hits im Gepäck hatte, war dies auch kein Kunststück, „L.O.V.E. Machine“, „Wild Child“ und natürlich „I Wanna be Somebody“, bei dem er die Menge gegeneinander ansingen ließ, hier war jeder textsicher und so manch lag sich in trauter Glückseligkeit in den Armen. Mit „Take Me Up” hatten die Kalifornier sogar eine Ballade im Programm, bei der ein unglaublich agiler Blackie dann auch mal verschnaufen konnte. Auch kündigt der Gute eine neue Europa- (Welt-?) Tour an, da scheint noch lange nicht die Luft raus zu sein. Krönender Abschluss!
Hätte das Wetter mitgespielt, hätte das Rock Harz sicher eins der Festivalhöhepunkte der Saison werden können, ein ausgewogenes Billing, bei dem für jeden Geschmack etwas dabei war und ein eigentlich tolles Festivalgelände boten den Fans hier einiges, wobei man mit 18 Bands pro Tag das Programm doch etwas überladen gestaltet hatte, hier stellte sich mitunter doch Übersättigung ein. Dafür gab es als bisher coolste Belohung für abgegebene Müllsäcke ein Poster mit der Luftaufnahme des Festivals, das ist doch mal ne super Idee gewesen! Im nächsten Jahr gern wieder!
Copyright Fotos: Juliane John
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