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ROSENSTOLZ – MIA.

Ort: Hannover - Gilde Parkbühne

Datum: 25.08.2006

Genau vier Monate nach dem Indoor-Konzert in Bielefeld hatten ROSENSTOLZ ein weiteres Mal zwei Terrorverleger vor ihre Bühne gelockt. Während im April die Sonne lachte, mussten wir nun open-air mit Regen und für den August viel zu niedrigen Temperaturen rechnen. Das alles konnte uns natürlich nicht abschrecken und so fanden wir uns bereits gegen 18.30 Uhr an der Gilde Parkbühne ein. Noch war das Gelände nicht übermäßig gefüllt, was sich aber noch ändern sollte, da das Konzert ausverkauft und somit ca. 4.000 ROSENSTOLZ-Fans überwiegend weiblichen Geschlechts anwesend waren. Bemerkenswert war die bunte Mischung des Publikums. Einige Zuschauerrinnen dürften bei Bandgründung vor 15 Jahren noch gar nicht auf der Welt gewesen sein und waren an diesem Abend mit Mama und sogar der junggebliebenen Oma angerückt. Des weiteren waren erstaunlich viele Paare mittleren Alters erschienen, allerdings sah der ein oder andere Herr so aus als hätte er lieber die Partie Schalke gegen Bremen gesehen, die zeitgleich mit ROSENSTOLZ ausgetragen wurde.

Doch zurück zum musikalischen Geschehen: Anders als in Bielefeld hatten AnNa R. und Peter Plate in Hannover Gäste mitgebracht. MIA – wie ROSENSTOLZ aus Berlin – legten dann auch überpünktlich um 19.00 Uhr mit ihrer Show los. Vielleicht hätten sie noch ein wenig warten sollen, damit die Fotografen auch Zeit gehabt hätten, früh genug im Graben zu sein. Außerdem verpassten so einige Zuschauer zumindest den Anfang des Auftrittes, da offensichtlich nur wenige schon so zeitig mit Live-Musik gerechnet hatten. Los ging es mit dem Opener „Uhlala“ der aktuellen Scheibe „Zirkus“. Frontfrau Mieze fegte in einem etwas gewöhnungsbedürftigem Outfit aus weißem Shirt, schwarzen Shorts, keckem Hütchen und überdimensionierten Knieschonern über die Bühne und konnte bei „Hungriges Herz“ vom 2004er-Album „Stille Post“ die ersten zum Mitsingen animieren. Weiter ging’s mit „Zirkus“ inklusive Drehorgeleinlage der selbsternannten Zirkusdirektorin Mieze. Natürlich machten MIA auch ein wenig Werbung in eigener Sache und verwiesen auf ihre aktuelle Tour und gaben sich alle Mühe, die ROSENSTOLZ-Fans optimal für den Hauptact anzuheizen. Es folgten drei weitere „Zirkus“-Stücke, von denen der „Tanz der Moleküle“ vielfach schon bekannt genug war, um textsicher mitgesungen zu werden. Nach 35 Minuten verabschiedete das Quintett sich unter artigem Applaus von der Gilde Parkbühne. Vereinzelt wurde Zugaberufe laut, doch das Gros wartete ganz offensichtlich ungeduldig auf ROSENSTOLZ.

Und sie sollten noch ein wenig auf die Folter gespannt werden. Obwohl der Umbau schon längst abgeschlossen war, tat sich so recht nichts auf der Bühne. Um so größer war der Jubel als um 20.10 Uhr die ersten Takte von „Willkommen“ erklangen. Sofort hatte das Duo, das wieder mit „großem siebenköpfigen Orchester“ unterwegs war, seine Fans im Griff und es wurde eifrig mitgeklatscht, getanzt und gesungen. Natürlich gab es auch wieder einen Bühnensteg, auf dem Peters Klavier postiert war. Des weiteren war auch eine riesige Videowand installiert nebst einer Art „Balkon“ mit Rampe, den AnNa R. später noch nutzen sollte. Mit „Perlentaucher“ wurde die Stimmung erstmals ein bisschen ruhiger, aber keineswegs schlechter und so erschall aus Tausenden von Kehlen der Refrain. Eine Premiere erlebte Hannover mit dem nächsten Stück, das erstmals live gespielt wurde. Allerdings musste das Publikum vorher versprechen, der Aufforderung zum Tanzen nachzukommen, die in riesigen Lettern auf der Videoleinwand noch bekräftigt wurde. Die Anwesenden kamen dem Wunsch gern nach und wurden mit „Bester Feind“ belohnt. Nun war es an der Zeit für ein sehr persönliches Lied der Berliner, wie Peter erklärte, und so erwartete uns „Nichts von alledem (tut mir leid)“. Passend dazu erschienen auf der Leinwand wie von Hand geschrieben die entsprechenden Textpassagen. Anschließend hievten die Bühnenroadies ein weiteres Mal das Piano auf den Steg (wenn es nicht benötigt wurde, verschwand es in der Versenkung, um Peter und AnNa mehr „Auslauf“ zu ermöglichen), Peter setzte Bandmitglied Zorro an das Tasteninstrument und schnorrte sich im Auditorium eine Zigarette. Da konnte es keinen Zweifel mehr geben, welcher Song als nächstes gespielt werden sollte. Es konnte nur „Die Zigarette danach“ sein, wofür Peter sogar unter großem Gejohle sein weißes Unterhemd auszog. Inzwischen dämmerte es auch und so kamen die ersten Feuerzeuge und Wunderkerzen schon gut zur Geltung. In der Zwischenzeit hatte AnNa sich ihres schwarzen Leder-Outfits entledigt und betrat in einer Minirock-Variation in schwarz und pink erneut die Bühne. Es war an der Zeit für einen feurigen Tango-Samba-Mix mit Saxofon-Solo: „Nur einmal noch“ verwandelte die Konzertstätte in einen wahren Hexenkessel! Bei „Klaus-Trophobie“ zeigten die Fans, dass sie besser kreischen können als die TOKIO HOTEL-Anhänger und feierten zusammen mit der Band das putzige kleine Keyboard zum Umhängen, das seit Anbeginn zu ROSENSTOLZ gehört und in Peters Wohnung über einen eigenen Altar verfügt. Brandneu war „Das Glück liegt auf der Straße“, das erst vor kurzem während der ungewöhnlichen teutonischen Hitzeperiode bei gefühlten 96°C im Studio aufgenommen wurde. Erneut wurde es Zeit für ein Meer aus Feuerzeugen als zu den Geigenklängen von Multi-Instrumentalistin Anne de Wolff (POEMS FOR LAILA) „Aus Liebe wollt ich alles wissen“ angestimmt wurde. Nicht selten spielt „Angst“ eine Rolle in den ROSENSTOLZ-Songs, da durfte das heftig beklatschte „Fütter Deine Angst“ natürlich nicht fehlen. Bevor nun der „Klavierblock“ begann, fand die obligatorische Sammlung für die Aids-Hilfe statt, bei der Sammelbüchsen durch das Publikum gereicht wurden. Außerdem sparte Peter nicht an Kritik hinsichtlich der geplanten Streichungen im Gesundheitswesen und warnte unter Beifall vor einer Zwei-Klassen-Medizin. Bei „Ich hab genauso Angst wie Du“ wurde AnNa nur von Peter am Piano begleitet, wofür die beiden samt Klavier über die Köpfe der Zuschauer gefahren wurden, so dass nun auch in der letzten Ecke der Gilde Parkbühne eine gute Sicht auf das Bühnengeschehen gewährleistet gewesen sein sollte. „Liebe ist alles“ sorgte abermals für tosenden Applaus und lautes Getrappel auf den Tribünen. Dann kam die Band zurück und Zorro übernahm ein weiteres Mal die Tasten während Peter „Ein Wunder für mich“ sang. Wie hätte es anders sein können, tauchte die weibliche ROSENSTOLZ-Hälfte erneut in neuem Look auf. Jetzt in Signalfarbe rot und weiterhin mit neckischer Kopfbedeckung sang sie „Ich geh in Flammen auf“, wozu auf der Videoleinwand ein Zeichentrickeinspieler lief. Kein ROSENSTOLZ-Konzert ohne „Schlampenfieber“! Doch gab es in den letzten 15 Jahren die verschiedensten Versionen – heuer sollte es die Mega-Power-Version sein, ein Highlight des Abends. Bei „Königin“ wurde echtes Rockstar-Posing durch die Gitarristen geboten, die Rücken an Rücken in die Saiten griffen und langsam auf den Boden glitten. Und wer hätte das bei dem ungemütlichen Sauwetter der vorangegangen Tage gedacht? Selbst bei „Auch im Regen“ fiel nicht ein Tropfen! Ganz anders sah es da wohl tags zuvor in Bremen aus, wo es 2.5 Stunden wie als Kübeln goss. Nach fast zwei Stunden beendete „Ich bin ich“ den regulären Teil des Jubiläumskonzertes.

Doch wäre ein Ende ohne Zugaben absolut undenkbar gewesen und so wurde erneut die Hydraulik bemüht und das ROSENSTOLZ-Duo inklusive Klavier dem Nachthimmel ein Stück näher gebracht. „Lass sie reden“ und „Die Schlampen sind müde“ brachten wieder Feuerzeuge und Wunderkerzen zum Einsatz, ohrenbetäubendes Johlen und Pfeifen setzte ein und auf den Rängen gab es Standing Ovations, während die Hauptakteure die Bühne erneut verließen. „Anders als geplant“ intonierte AnNa als weitere Zugabe von besagtem Balkon aus. Anfangs war dabei die Bühne fast dunkel und nur ein Spot auf die stimmgewaltige Hauptstädterin gerichtet. Mit akustischen Gitarren gab es dann noch „Woran hält sich die Liebe“ mit auf den Weg, bevor ROSENSTOLZ nach 140 Minuten ihr Publikum ins Wochenende entließen.

Abgesehen von dem zu frühen MIA-Auftritt und minimalen Unpässlichkeiten bei der Ausleuchtung des Steges ein perfektes Konzertvergnügen. Nicht nur, dass der Wettergott ein Einsehen hatte, auch die Location war optimal. Lobend sei auch der separate Bereich nahe der Bühne für Rollstuhlfahrer erwähnt. Nun, und ROSENSTOLZ selbst haben ein weiteres Mal bewiesen, warum sie bereits seit 15 Jahren im Rampenlicht stehen. Bei dieser Bühnenpräsenz und Liebe zum Publikum steht auch den nächsten 15 Jahren nichts im Weg!

Setlist MIA.
Uhlala
Hungriges Herz
Zirkus
Floss
Dann war das wohl Liebe
Tanz der Moleküle

Setlist ROSENSTOLZ
Willkommen
Es könnt ein Anfang sein
Perlentaucher
Bester Feind
Nichts von alledem (tut mir leid)
Die Zigarette danach
Nur einmal noch
Klaus-Trophobie
Da Glück liegt auf der Straße
Aus Liebe wollt ich alles wissen
Fütter Deine Angst
Ich hab genauso Angst wie Du
Liebe ist alles
Ein Wunder für mich
Ich geh in Flammen auf
Schlampenfieber
Königin
Lachen
Auch im Regen
Ich bin ich

Lass sie reden
Die Schlampen sind müde

Anders als geplant
Der Moment
Woran hält sich die Liebe

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