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SAMSAS TRAUM – SPIRITUAL FRONT – NACHTMAHR

Ort: Bochum - Matrix

Datum: 20.09.2007

„Zwischen Himmel und Hölle“…

Nach einigen Festivalshows im Sommer bekamen Alexander Kaschtes JüngerInnen nunmehr die Möglichkeit, ihren Liebling bei ausgedehnten Clubshows live zu erleben. Zwar sind die beiden neuen SAMSAS TRAUM Alben „Heiliges Herz – Das Schwert deiner Sonne“/ „Wenn schwarzer Regen“ in der „Normalversion“ noch nicht erschienen (die limitierten Editionen sind bereits ausverkauft!), dennoch durfte man annehmen, dass bereits einige neue Titel ihren Weg in die Setlist finden würden. Genauso wie deutlich über 500 Besucher, welche die Röhre der Matrix doch sehr ansehnlich füllten. Ähnlich wie bei seiner letzten Gastspielreise hatte der exzentrische Fronter wieder recht ungewöhnliche und vor allem qualitativ hochwertige Support Acts im Gepäck. Insbesondere SPIRITUAL FRONT, die ja fast schon zum Reisegepäck Alexanders gehören. Der Opener aber sollte analog zu MÜLLER OF DEATH für härteren Electro stehen, wenngleich man zuerst annehmen konnte, NACHTMAHR wären die gleichnamigen deutschen Schwarz-Metaller.

Aber mitnichten, hier handelte es sich um das neue Projekt von Thomas Rainer, bekanntermaßen ja einer der beiden zentralen Köpfe bei L’ÂME IMMORTELLE, die anscheinend unlängst das Zeitliche gesegnet haben. Der Wiener war elektronischer Musik ja schon immer zugetan, man denke nur an die Formation SIECHTUM, mit NACHTMAHR fischt der gute Herr nunmehr im FEINDFLUG-, XOTOX-, COMBICHRIST- etc. Gewässer. Also militaristisch im Konzept, provokant im Auftreten und mit oftmals monoton harten Instrumentalstücken. Um 19:55 Uhr betraten Herr Rainer in Uniform mit Armbinde sowie sein Keyboarder Masssimo (Hervorstechendes Utensil: Gasmaske) die Bühne, auf der im Hintergrund auch Projektionen gezeigt wurden. Erwartungsgemäß keine Kinderfilme, schon eher beißend ironische Cartoons oder Kriegsbilder, gespickt mit eigenwilligen Zitaten. Etwa: „Pazifisten sind Menschen, die andere für sich kämpfen lassen“. Es kam aber zu keiner Zeit zum Eklat wie bei den toten MÜLLERs, die damals von Teilen des Publikums (fälschlicherweise) in die rechte Ecke gedrängt wurden. Ganz im Gegenteil: Die treibenden Tracks wurden ziemlich abgefeiert, in OWL wäre das undenkbar gewesen, sage ich jetzt mal. Im weiteren Verlauf agierte der Keyboarder mit DEATH IN JUNE-Gedächtnismaske, während T.R. auch mal ans Mikro trat. Sehr live hörte sich das Ganze allerdings nicht an, was dem Unterhaltungswert keinen Abbruch tat. Die Songs waren natürlich den Meisten unbekannt, wenngleich man ihnen zum Teil auf MySpace oder der jüngst erschienen EP „Kunst ist Krieg“ begegnen kann. Diese enthält immerhin 11 Stücke (davon 4 Remixe) und Brecher wie „Schwarzflug“, „Feuer Frei“ oder „BoomBoomBoom“ waren auch heute in der Setlist enthalten. 45 Minuten spaßige Unterhaltung zwischen SHNARPH! und Trance, wobei die Performance des Österreichers manchmal etwas in Richtung Overacting tendierte. Ach ja, Stichwort Overacting: Beim letzten Titel enterte Jeyenne, Fronter von XPQ-21 (Labelgenossen, Remixer und Support der letzten LAI-Tour) die Stage und steuerte recht schrägen Gesang bei. Inkl. GRÖNEMEYER-„Bochum“-Einlage, die leider etwas im Gemurmel unterging.

Next up dann die Italiener SPIRITUAL FRONT um Charakterkopf Simone Salvatori, auf wir uns besonders gefreut hatten und die im Pastoren-Look auf der Bühne Platz nahmen. Sänger und Gitarrist Simone ist routiniert genug, um selbst sitzend mitreißend zu sein, insbesondere wenn man so ein starkes Album wie „Armageddon Gigolo“ im Gepäck hat, das mit gleich neun Stücken den Schwerpunkt des Sets bilden sollte. Los ging es mit „Cruisin´“ und „The shining circle“, während auf dem Videoscreen im Hintergrund diesmal nicht „Raging Bull“ von Scorsese, sondern der 61er Streifen und zugleich Debüt des Skandalregisseurs Pasolini „Accattone – Wer nie sein Brot mit Tränen aß“ lief. Sicher passend zum „Mafia-Folk“ des Quartetts, wobei aber auch etwas Western- oder Morricone-Einschlag sich gut eingefügt hätte. Der „Suicide Pop“ von „Armageddon Gigolo“, darunter Highlights wie „Bastard angel“, „I walk the (Dead)Line“ oder „Love through vaseline”, kam live etwas kantiger rüber und wurde einzig von zwei älteren, aber stilistisch ähnlichen Songs durchdrungen. Simone, der seine absoluten Altwerke bekanntermaßen verschmäht, entschied sich insoweit diesmal für den stimmungsvollen „Song for the old man“ von „Satyriasis“, der Kollaboration mit ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO, und für „Cold love in cold coffin“ von der „Bedtime / Badtime“ 10-inch mit NAEVUS. Leider meinten einige Gothic-Girls, sich nicht für den Auftritt interessieren und stattdessen ihre Unterhaltung mitten im Publikum führen zu müssen, so dass ständig der Eindruck von etwas Unruhe aufkam. Dabei hat es die Musik von SPIRITUAL FRONT doch gerade an sich, bewegend genug zu sein, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dementsprechend konnten sich die Vier auch über recht ordentlichen Applaus freuen, wobei sich sicher positiv ausgewirkt hat, dass man im Rahmen der letzten Tour mit SAMSAS TRAUM bereits einmal in der Matrix Station gemacht hat. Den Schlusspunkt setzten dann „No kisses on the mouth“ und „Slave“, bevor sich der sympathische Simone im FEINDFLUG-Shirt an den Merchandise-Stand zu seinen Fans begab.

Weitere 20 Minuten später zeigte das überdimensionale Backdrop die nun zu erwartende Richtung an: Im tiefdunklen Blaulicht postierten sich Alexander Kaschte und Mitmusiker rücklings vor ihren Fans, bevor es mit „Auf den Spiralnebeln“ gleich richtig in die Vollen ging. Und die aktuelle ST-Begleitmannschaft hat es wahrlich in sich: Am Drumkit agierte kein Geringerer als „Legende“ Adrian Erlandsson, vormals bei AT THE GATES oder CRADLE OF FILTH tätig. Kein Wunder, dass die neue CD ziemlich hart ausfallen soll, wovon wir uns bei neuen Stücken der Marke „Durch springende Lippen“ oder „Schlaf in den Flammen“ auch live überzeugen konnten. Growls, Doublebass und Symphonic Parts ließen beizeiten Erinnerungen an ATROCITY aufkommen. Auch die älteren Klassiker wurden gnadenlos ins Auditorium gedrescht, an den Saiteninstrumenten wirkten Andrew Ongley und der stark tätowierte Londoner Steven Lee, sonst in einer Punk Rock Truppe aktiv. Alex ließ es sich natürlich nicht nehmen, einige Sprüche loszulassen. So sprach er eine junge Dame in der ersten Reihe direkt an, die sich offensichtlich nicht enthusiastisch genug zeigte. Auch lobte er die Matrix, wo er ein warmes Essen bekommen habe, während am Vortag wohl nicht alles glatt gegangen war. Ansonsten ließ er seinen Mitmusikern, die er vornehmlich auf Englisch adressierte (außer natürlich Daniel Schröder am Saxophon), viel Raum zur Entfaltung. So gab es ausgedehnte Drum und Gitarrensoli, die jedem Metal Konzert zur Ehre gereicht hätten. Sogar eine (neue) Handpuppe war wieder im Einsatz, die ja eigentlich bereits in die ewigen Jagdgründe eingegangen war. Gegen Ende konnten die Klassiker „Endstation Eden“ und „Ein Foetus wie du“ noch mal das Letzte aus den Anwesenden holen, die unentwegt mitsangen und schließlich auch pogten. Etwas überraschend für mich auch, wie textsicher sich bereits viele bei den neuen Kompositionen zeigten. Der Zugabenteil bestand aus 2 mal einem Titel, für viele gab es hier keine Überraschungen. „Kugel im Gesicht“, eigentlich ein WEENA MORLOCH Song und dem neuen „Anti“ entließen eine begeisterte (übrigens auch recht junge) Hörerschaft in die Bochumer Nacht. Wirklich ein gelungenes Konzertereignis und dank auch noch mal an Herrn Kaschte, dass er auf innovative und eher non-konforme Begleitformationen setzt!

Setlist SAMSAS TRAUM
Intro
Auf den Spiralnebeln
Für immer
Sisyphos
Stromausfall im Herzspital
Heiliges Herz
Einer gegen alle
Bis an das Ende der Zeit
Blut ist in der Waschmuschel
Drum Solo
Durch springende Lippen
Die Zärtlichkeit der Verdammten
Khaosprinz und Windprinzessin
Rache
Schlaf in den Flammen
Guitar Solo/ Battle
Endstation Eden
Ein Foetus wie du

Kugel im Gesicht
Anti

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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